Sankt Martin in der Musik

Martinsgans zählt nicht, darüber gibt es wohl keine Musik. Ist aber lecker.

La Roche

Es gibt ein Buch zum Thema, das ich aber nur vom Titel und nicht vom Inhalt kenne. Es soll auch einschlägige Musik auflisten. Beim Verlag heipßt es dazu: "Martin von Tours, der leuchtende Heilige des 4. Jahrhunderts, ist mit der Geschichte und Gegenwart des Christentums eng verbunden: Seine "Mantelteilung" gehört zum großen Erbschatz der christlichen Bilder. Auch als Idealgestalt eines Bischofs war Martin stets mit dabei, wenn sich Kirche erneuerte. Kunst und Musik aus über 1000 Jahren legen hierfür ein beredtes Zeugnis ab. Das Buch versammelt die schönsten Martinsbilder und -plastiken aus der Diözese Rottenburg-Stuttgart vom Mittelalter bis in die Moderne. Auch die neu eingespielte Musik-CD schlägt einen eindrucksvollen Bogen von der Spiritualität der Gregorianik bis hin zu fröhlichen Kinderliedern und stimmungsvollem Jazz."

Statt La Roches schwer verdaulicher Gans schlage ich die "Missa de Sancto Martino", 1497 komponiert von Jacob Obrecht, vor. Das «Benedictus» dieser Messe findet sich als Abschrift in einer St.Galler Quelle. Unten das Kyrie mit Audio.

https://abcnotation.com/tunePa…kern2abc/jrp/obrecht/0010

Eine "kurze und leichte Messe für zwei ungerade Stimmen zu Ehren des heiligen Bischofs Martin

" ist die "Messa a San Martino vescovo" Op. 201, von Luigi Bottazzo (1922).

St. Martin ist durch die berühmte Academy of St.-Martin-in-the-fields indirekt sehr häufig in der Klassik vertreten

In Wahrheit ist die Palette allerdings tatsächlich ziemlich klein. Das scheint mir daran zu liegen, dass er kein biblischer Heiliger ist. Die Heilige Schrift und ihre Figuren sind in der gesamten Musikgeschichte ein zentrales Thema für viele Komponisten. Darüber hinaus wird es aber häufig schnell dünn. Bach z.B. fällt damit komplett raus. St. Martin als nicht-biblischer Heiliger ist bei Lutheranischen Komponisten zudem sehr unwahrscheinlich, weil die Heiligenverehrung nun einmal keine protestantische Tugend ist (von wegen: Luther oder Bach können wir ganz gut als Heilige verehren ). Ähnlich wie Nikolaus ist Martin von Tours aber durchaus noch auf dem Schirm der Lutheraner; grade Martinus als Nicht-Märtyrer und Namenspatron Luthers. Doch auch römisch-katholische Komponisten halten sich in der Regel eher an die biblische Auswahl von Heiligen und zu Grunde liegenden Texten.

Tatsächlich fällt mir über die von Orfeo genannte Obrecht-Messe auch nichts ein. Wenn man darüber nachdenkt, ist das geradezu kurios. Beim im Brauchtum verankerten Martini-Singen werden eher die von Johannes erwähnten Kinderlieder und noch dazu Luther-Choräle und andere Martinslieder gesungen. Kunstmusik sucht man auch hier vergebens.

Einzig die zum Martintstag gehörende Perikopenordnung, sprich Bibeltexte, sind freilich vertont worden. Diese haben aber naturgemäß nichts mit Martin von Tours zu tun. Dazu gehören Psalm 146, 1. Petr 4 und aus der Bergpredigt Mt 6, 19-24. Psalm 146,10 findet sich z.B. in BWV 143 (Nr. 5, Arie "Der Herr ist König"); 1. Petrus 4 findet in der Kantate BWV 44 Niederschlag. Aber das alles hat halt nichts mehr direkt mit St. Martin zu tun.