John Field: Musik für Klavier Solo

  • Zu meiner Verwunderung fand ich keinen Thread zu Fields Solo-Klaviermusik, obwohl in den letzten 2 Jahrzehnten einiges am Markt gekommen ist.

    John Field wurde 1782 in Dublin geboren und ist 1837 in Moskau gestorben. Sein KlavierLehrer und Freund war Muzio Clementi mit dem er nach Russland übersiedelte. Als Clementi wieder abreist, übernahm er dessen - oft aristokratische - Schüler. Seinen ersten Auftritt als Pianist hatte er 1804 in St. Petersburg. Er komponierte ausschliesslich für Klavier und git heute als Erfinder des Nocturnes.Chopin wurde durch Field zu seinen eignen Nocturnes inspiriert.

    Heute höre ich eine CD mit Sonaten und Nocturnes von Field, die seinerzei sowohl von "Gramophone" als auch von Fono Forum positiv beurteilt wurden.

    Diese von John O'Connor bespielte Aufnahme für TELARC ist leider bereits gestrichen - aber noch antiquarisch günstig erhältlich

    Hier ein Clip daraus


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Zu meiner Verwunderung fand ich keinen Thread zu Fields Solo-Klaviermusik

    Ich hätte schwören können, daß ein solcher Thread seit Jahrzehnten vor sich hin schlummert ...


    John Field war wohl der erste Komponist, der seine Miniaturstücke Nocturnes nannte. Er selbst komponierte 21 dieser Kleinode (eines ging verloren: Dernière pensée H&&) und inspirierte wohl Frédéric Chopin zu dessen 21 Nocturnes. Leider wird John Field bei dieser Gattung gerne vergessen und Chopin in den Himmel gehoben. Letzteres sicher zu Recht, ersteres wohl weniger... Fields Nocturnes bleiben in ihrer Anlage in der Regel dem originären Wort resp. der Form „Notturno“ oder „Serenade“ treu - es handelt sich also um ruhige, anheimelnde, warmherzige Musik, selten in virtuosen Eskapaden endend, wie dies später bei Chopin ff. der Fall ist, wohl aber gelegentlich aufflammend.


    Meines Wissens wurden die Nocturnes, die gelegentlich auch als Préludes firmieren, nicht zyklisch komponiert und sind eher Gelegenheitswerke Fields.


    John Fields Nocturnes im Überblick

    H = Cecil-Hopkinson-Verzeichnis, 1961

    Nr. 1 Es-Dur (H24)

    Nr. 2 c-moll (H25)

    Nr. 3 As-Dur (H26)

    Nr. 4 A-Dur (H36)

    Nr. 5 B-Dur (H37)

    Nr. 6 F-Dur (H40)

    Nr. 7 C-Dur (H40)

    Nr. 8 e-moll (H46)

    Nr. 9 Es-Dur (H30)

    Nr. 10 E-Dur (H54)

    Nr. 11 Es-Dur (H56)

    Nr. 12 G-Dur (H58)

    Nr. 13 d-moll (H59)

    Nr. 14 C-Dur (H60)

    Nr. 15 C-Dur (H61)

    Nr. 16 F-Dur (H62)

    E-Dur (H13)

    A-Dur (H14)

    C-Dur (H55)

    B-Dur (H63)


    Das Notturno B-Dur (H37) gibt es zudem in einer (offenbar von Field selbst stammenden) Fassung mit Orchesterbegleitung. In der O'Rouke-Box wurde dies als Mittelsatz des originär nur zweisätzigen Klavierkonzertes Nr. 3 verwendet. Staier spielt stattdessen solistisch das Nocturne Nr. 2 c-moll (H25) und hält sich damit an Fields eigene Verfahrensweise, das Konzert mit einem Nocturne als Mittelsatz oder einer freien Improvisation zu bereichern.


    Erfreulicher Weise gibt es einige Einspielungen der Nocturnes auf historischen Instrumenten, die sogar eine gewisse aktustische Vielfalt bieten:


    Die Nocturnes Nrn. 1 bis 15 werden hier im Kontext zu Chopins Nocturnes und ähnlichen Werken diverser Zeitgenossen präsentiert:



    Bart van Oort bespielt hier einen Broadwood von 1823, ein sehr sonores und bodenständiges, aber auch lieblich klingendes Instrument, das ich als sehr passend empfinde.


    Es gibt auch eine Variante der Brilliant-Box mit 21 Nocturnes und in ähnlicher Weise hinzugestellten Kompositionen von Zeitgenossen, wobei hier das "Noctune" an sich das Zentralgestirn ist (die obere Box hat eher Chopin und seine Zeitgenossen zum Programm):



    Die 16 herkömmlich gezählten Nocturnes hat Joanna Leach auf drei verschiedenen Takelklavieren eingespielt:



    Tafelklaviere sind recht praktische Hammerklaviere im Clavichord-Look 8-)

    Gespielt wird auf einem (Adam?) Stodart (c1823), John Broadwood (1826) und D'Almaine & Co. (c1835).


    Ebenfalls auf verschiedenen historischen Flügeln spielt Richard Burnett eine Auswahl (die Nocturnes 1-6, 11, 12 und 14):



    Eine wunderbare Auswahl an Clavierstücken, vorgetragen von Richard Burnett an verschiedenen Instrumenten:


    Nocturne Nr. 1 Es-Dur

    Nocturne Nr. 5 B-Dur

    Fortepiano Johann Fritz, Wien c1815


    Sonate Es-Dur op. 1 Nr. 1

    Grand Pianoforte Clementi & Co., London 1822


    Nocturne Nr. 6 F-Dur, Nocturne Nr. 4 A-Dur

    Nocturne Nr. 2 c-moll, Nocturne Nr. 3 A-Dur

    Fortepiano Michael Rosenberger, Wien c1800


    Nocturne Nr. 11 Es-Dur, Nocturne Nr. 12 G-Dur

    Grand Pastorale E-Dur

    Cabinet Piano Clementi & Co., London c1825


    Variationen a-moll über ein russisches Air für vier Hände

    "The Bear Dance" Es-Dur für vier Hände

    Andante c-moll für vier Hände

    Variationen B-Dur über das russische Air "Kamarinskaya"

    Variationen d-moll über ein russisches Lied

    Nocturne Nr. 14 C-Dur

    Fortepiano Conrad Graf, Wien 1826


    Die dritte und vierte Hand spendet Lorna Fulford.


    Neben den Nocturnes, von denen mir die Darbietung auf dem Rosenberger ganz klar am besten gefällt - er perlt und glänzt, hat einen Ton wie sanfte Sommerregentropfen - ist der Bear Dance für mich von besonderem Vergnügen: hier kommt mein heißgeliebter Fagottzug zum Einsatz.


    :hail::hail::hail:

    Man muß nur den Schuh umdrehen, dann wird ein Spieß daraus.
    (Johann König)


  • Nocturnes 1-18

    Nocturne B-Dur "Andantino"; C-Dur "Troubadour"


    Ewa Poblocka, Hammerflügel Érard 1838


    „World's first recording on period piano“ stimmt wohl nicht so ganz ... sehr wohl aber - soweit ich das Angebot überblicke - die erste Gesamteinspielung aller 20 überlieferten Nocturnes.


    Der gewählte Érard-Flügel, der ein Jahr nach Fields Tod erbaut wurde, gibt die salonhaftigkeit der Nocturnes durchaus repräsentativ wieder, manchmal klingt er mir ein wenig (zu) metallisch, ihm mangelt es etwas an singenden Tönen, was aber auch am Zugang der Interpretin liegen könnte. Mit solchen Stücken hat man damals die Mädchen- und Knabenherzen schmeichelnd, tief atmend und schüchterne Blicke erntend um sich scharen können ... das waren noch Zeiten. *shame*


    Aus heutiger Sicht schon arg knapp am Kitsch vorbeigeschrammt, spiegelt das Andante A-Dur (Nr. 8 ) hier sehr schön die den langsameren Stücken innewohnende Romantik wieder; aber Zeit zum Träumen muß es auch heute noch geben ... die Gedanken verlassen behutsam, ganz vorsichtig, den Körper der/des Hörenden und entschwinden in geheime Welten heimlicher Liebschaften ...

    Man muß nur den Schuh umdrehen, dann wird ein Spieß daraus.
    (Johann König)

  • Ich weiss natürlich um Ullis Vorliebe für historische Instrumente. Aber mit ausschliesslich diesen - wird am nur eine kleine Gruppe innerhalb der Klassikgemeinde ansprechen können. Wenn Field dereinst populärer werden sollte, so wird das durch Aufnahmen am modernen Konzertflügel geschehen.


    Für mich stellt sich Miceal O'Rourke als der "Pionier" und "Klassiker" der modernen Field-Interpretation schlechthin dar. Die hier gezeigte Doppel-CD entstand bereit 1989/93 und ist immer noch am Markt - wenngelich in anderer Verpackung (Es gibt au die Klavierkonzerte mit ihm - aber das ist ein anderes Thema und dafür gibts einen speziellen Thread) Ich errinnere mich, daß es damals die einzige mir bekannte aufnahme war.

    Die einzige "mir bekannte" Aufnahme - in Wirklichkeit hat Pietro Spado bereits 1986 an einer Serie mit Field Werken gearbeitet. Aber in Wien waren Arts CDs Mangelware - bzw man hat sie kaum gekannt.

    Überraschend kamen 2024 und 2025 zwei Neuaufnahmen auf den Markt


    PIANO CLASSICS setzt auf den rising Star Tyler Hay (wir werden ihn bei Gelegenheit vorstellen)

    - Cd CD erschien im Februar 2024

    Und 2025 - ebenfalls im Februar - überraschte uns die Deutsche Grammophon mit einer weiteren CD der Nocturnes von John Field.

    Es tut sich also was in Sachen John Field......

    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Wenn Field dereinst populärer werden sollte, so wird das durch Aufnahmen am modernen Konzertflügel geschehen.

    Das ist ebenso unwichtig wie Klassik allgemein einem größeren Publikum zugänglich machen zu wollen. ;)

    Mit modernen Instrumenten verkommt diese tolle Musik zu Chopinkaufhausfahrstuhlschnulzen.

    Man muß nur den Schuh umdrehen, dann wird ein Spieß daraus.
    (Johann König)

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  • Wenn Field dereinst populärer werden sollte, so wird das durch Aufnahmen am modernen Konzertflügel geschehen.

    Das sehe ich genau so! In meinem Besitz befindet sich eine CD aus der Reihe "British Composers", die hier bisher gar nicht genannt wurde. Sie enthält insgesamt 11 Nocturnes von Johnn Field, gespielt von dem israelischen Pianisten Daniel Adni (geb. 1951). Diese Aufnahmen, die leider hierzulande nie die rechte Würdigung gefunden haben, erbringen IMO den klaren Gegenbeweis zu dieser These:

    Mit modernen Instrumenten verkommt diese tolle Musik zu Chopinkaufhausfahrstuhlschnulzen.

    Ich bin nicht vom Fach, aber es würde mich schon interessieren, was Ulli zu diesem harschen Urteil veranlaßt hat. Es gibt die Adni-CD übrigens gebraucht noch zu kaufen. Die Aufnahmen entstanden 1978. Hier ein Bild der CD, die noch Stücke von Halmiton Harty, John Ireland und Walter Leigh beinhaltet:


    (CD) Daniel Adni - John Field: Nocturnes 724356743120 | eBay


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich bin nicht vom Fach, aber es würde mich schon interessieren, was Ulli zu diesem harschen Urteil veranlaßt hat.

    Das war diese Box, die wie eine Medikamentenschachtel ausschaut und Schlaftabletten enthielt:



    Nach dem Verzehr einiger Tracks war ich mit Chopin erstmal fertig. Nix für mich. Erst, nachdem ich - um Jahre später - mit Ausgaben auf historischen Instrumenten in Kontakt geriet, traute ich mich erneut, Chopin zu hören und wurde zum meinem Erschrecken gewahr, daß es gar nicht an Chopin per se liegt: ich war plötzlich ganz aus dem Häuschen, was seine Musik betrifft, die alles andere als belangloses Gedudel ist.


    Inzwischen höre ich überhaupt keine Aufnahmen mehr auf modernem Instrumentarium, da zum einen die Stimmung für mein Ohr falsch ist, zum anderen insbesondere bei Clavier- und Blasinstrumenten der Farbenreichtum verloren geht. Ich mache keine Ausnahmen mehr; meine Zeit - insbesondere die Hörzeit - ist auch begrenzt und mir dafür zu schade.

    Man muß nur den Schuh umdrehen, dann wird ein Spieß daraus.
    (Johann König)

  • Wenn Field dereinst populärer werden sollte, so wird das durch Aufnahmen am modernen Konzertflügel geschehen.

    ...

    Das sehe ich genau so!

    ... und ich auch! Um Aufnahmen mit dem Hammerklavier, diesen tonlosen, unausgewogen basslastigen, nach Holz klappernden statt wirklich klingenden Kisten mache ich einen großen Bogen! Dieser scheppernde Klang geht mir einfach nur auf die Nerven - mit wenigen Ausnahmen. ^^ Die Aufnahme mit Alice Sarah Ott ist sehr schön - ich habe sie zu 2/3 gehört und werde noch berichten! :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Da ich selber kein Instrument spiele, vermag ich nicht zu sagen, inwiefern John Field in den Stuben der Menschen präsent war, die selber am Klavier musizierten. Diskographisch tritt er bereits in den späten 1960ern in Erscheinung. Das ist insoweit bemerkenswert, als der der markt by far nicht so dermaßen angeobtsübersättigt war wie heute. Um Komponisten wie Field oder Dussek oder das Klavierwerk von Mendelssohn oder Weber kümmerten sich kleine Label wie vor allem VOX und deren Pianisten von der Güte einer Rena Kyriakou oder eines Hans Kann. Von denen gab's auch Aufnahmen der Nocturnes oder einzelner Klavierkonzerte. Freilich nicht so, daß sich jedermann daran abarbeitete, solange man die Möglichkeit bekam oder für sich einforderte, seine Duftmarken zu setzen und wie ein vergnügter Rüde sein Beinchen an den Goldeberg-Variationen oder op. 111 zu heben. Dagen schätze ich das Schaffen von Rena Kyriakou (Chabrier, Mendelssohn, Field), Evelyne Cochet (Faure), Hans Kann (Weber, Field) oder Aldo Ciccolini (Satie, Massenet, Severac) doch sehr hoch ein.


    Zurück zu John Field: der hatte seinen Exegeten in den 1980er Jahren in John o' Conor, ein wunderbarer irischer Pianist, der freilich auch mit Beethovens allen 32, brillierte und auch Mozart im Gepäck hatte, aber eben ach John Field. Aufgenommen hatte er für das Edellabel Telarc, der Klang der CDs war umwerfend. In Kölner Plattengeschäften war es auch überhaupt kein Problem, die CDs zu bekommen, die standen in den Regalen und mussten nicht bestellt werden. Un, ebenfalls im John Field Fach (der hatte wirklich seinen eigenen Regalreiter) die Aufnahmen von Pietro Spada.


    Die Aufnahmen von Pietro Spada haben bis heute überdauert, John o' Connor hatte das Pech, dass das Label Telarc samt Katalog verkauft wurde und die Rechtsnachfolger auf dem Hort sitzen und nichts damit machen.


    Schaut man sich die Liste der verfügbaren Aufnahmen an, ist ein anständiges Spektrum seines Schaffens verfügbar. Übrigens: Aufnahmen von einzelnen seiner Nocturnes auf einem historischen Flügel gab es schon 1974 (allerdings nicht in Deutschland).


    Dass er nun auch bei einem der Majors vertreten ist ist erfreulich. DECCA hatte ihn allerdings schon vor Jahren mit Elizabeth Joy Roe, natürlich vergriffen und nicht mehr aufgelegt. Warten wir's ab, welches Schicksal Alicia Otts Field-Aufnahmen wiederfahren wird.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Zurück zu John Field: der hatte seinen Exegeten in den 1980er Jahren in John o' Conor, ein wunderbarer irischer Pianist, der freilich auch mit Beethovens allen 32, brillierte und auch Mozart im Gepäck hatte, aber eben ach John Field. Aufgenommen hatte er für das Edellabel Telarc, der Klang der CDs war umwerfend. In Kölner Plattengeschäften war es auch überhaupt kein Problem, die CDs zu bekommen, die standen in den Regalen und mussten nicht bestellt werden. Un, ebenfalls im John Field Fach (der hatte wirklich seinen eigenen Regalreiter) die Aufnahmen von Pietro Spada.

    Du meinst, lieber Thomas, Saturn damals, das war das Schallplatten-Paradies schlechthin. :) Die Telarc-Aufnahme von John O´Connor kriegt man wohl nur noch via USA als Import.


    Das habe ich gerade entdeckt:



    Schöne Grüße

    Holger

  • Du meinst, lieber Thomas, Saturn damals, das war das Schallplatten-Paradies schlechthin.

    Saturn, Kaufhaus Ludwig Beck auf der Schildergasse (die hatten nur Jazz und Klassik, ein Paradies)und Musikhaus Tonger (Klassik und Jazz). Und dann gab's noch WOM am Neumarkt, das waren paradiesische Zeiten, lieber Holger, allerdings nicht für mein Konto. Als dann Tonger auch noch mit gebrauchten LPs anfing.....


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
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