Geistliche Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy

  • Hallo Paul,


    da ja die ersten Sätze rein sinfonisch sind und nur der letzte große Teil kantatenförmig ist und das Werk zudem in der Musikgeschichte als Sinfonie eingegangen ist, sollte es ähnlich anderen Vokalsinfonien (Vaughan Williams 1, Mahler 2, Beethoven 9) als Sinfonie betrachtet und besprochen werden.
    Also nicht unbedingt hier. ;)



    Gruß, Peter.

  • Hallo Peter!


    Beim Lesen Deiner Beiträge habe ich schon vor längerer Zeit vom Protestantischen in Mendelssohns Musik gelesen. Wie wäre das protestantisch im allgemeinen in der Musik und im speziellen bei Mendelssohn?


    Von mir aus käme ich nicht auf das adjektiv, ein Stück als prostestantisch zu beschreiben. Für mich war es bis dato Kirchenmusik/sakrale Musik.


    Ich weiß, dass Bach oder Schütz Protestanten waren, aber das war für mich hinsichtlich der Musik ohne Bedeutung und somit auch kein Kriterium, die Musik mit dem Wort protestantisch zu beschreiben. Was ist der klangliche Unterschied zwischen von protestantischer oder katholischer Lebenssicht geschriebener Musik?


    Kannst Du mir 2 Stücke Vorschlagen, wo der Unterschied sehr deutlich zu hören ist, auch für einen Menschen mit "Schweinsohren"?


    lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Lieber Franz,


    Du hast ja na klanglichen Beispielen gefragt, um den Unterschied für Dich hörbar werden zu lassen. Wahrscheinlich kann Peter damit dienen, aber ein Gedanke noch: Erkennbar ist der Unterschied, ob es sich um protestantische oder katholische Kirchenmusik handelt auch an der Auswahl der vertonten Texte: So gibt es beispielsweise die lateinische Totenmesse in der "protestantischen" Kirchenmusik gar nicht- was nicht bedeutet das es keine Totenmessen gibt. Oder auch Mendelssohns "Reformationssymphonie" wäre ein gutes Beispiel. Hier erklärt sich der Unterschied schon aus dem Titel. Und wenn ich es recht bedenke: Ich bin mir nicht sicher, ob man den Unterschied am Klang überhaupt festmachen kann?


    Herzliche Grüße, :hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)


  • Volle Zustimmung, ein tolles Werk. Es gehört natürlich auch ein entsprechender Chor dazu, der dieses Werk aufführen kann. 16 Stimmen wollen schließlich besetzt werden....


    Mich wundert, dass hier der Hymnus "Hör mein Bitten" für Mezzosopran und vierstimmigen Chor noch nicht genannt wurde. Vielleicht, weil bei diesem Stück die Gefahr besteht, dass es etwas zu "zuckergussig" interpretiert wird?


    Ich habe folgende Aufnahmen davon, die mich aber beide hinsichtlich dieses Stückes nicht überzeugen. Ich wäre also für Empfehlungen dankbar.



    LG
    Rosenkavalier

  • Zitat

    Original von Caesar73
    Du hast ja na klanglichen Beispielen gefragt, um den Unterschied für Dich hörbar werden zu lassen. Wahrscheinlich kann Peter damit dienen, aber ein Gedanke noch: Erkennbar ist der Unterschied, ob es sich um protestantische oder katholische Kirchenmusik handelt auch an der Auswahl der vertonten Texte: So gibt es beispielsweise die lateinische Totenmesse in der "protestantischen" Kirchenmusik gar nicht- was nicht bedeutet das es keine Totenmessen gibt.


    Das bedeutet doch eigentlich schon, dass es keine Totenmessen gibt? Gibts nämlich bei den Protestanten im engeren Sinne nicht. Aber es gibt natürlich geistliche Trauermusik.
    Wie man das am Klang hören kann, weiß ich auch nicht. Der Protestantismus ist ja auch von den Anfängen an keine einheitliche Strömung, sondern gerade was die Musik und Gottesdienstgestaltung betrifft gibt es vom Luthertum (das noch recht viele "katholische" Elemente in Liturgie usw. enthält) bis zum kargen Puritanismus (nur von der der Gemeinde gesungene Psalmen, keine Prachtentfaltung usw.) ein breites Spektrum.
    Es hängt darüberhinaus auch von der jeweiligen Zeit ab, was theologisch besonders in den Vordergrund gestellt wird. Einige der wichtigsten Unterschiede, die sich auch in den vertonten Texten niederschlagen, dürften sein:


    - Maria und Heilige spielen keine oder kaum eine Rolle
    - Im Mittelpunkt des Gottesdienstes steht nicht das Mysterium (Meßopfer), sondern Verkündigung, die Predigt (sola scriptura). Diese zentrale Rolle der Schrift, nicht liturgischer Texte und die Tatsache, dass protestantische Laien sehr früh verbreitet die Bibel in ihrer Sprache zur Verfügung hatten, führt dazu, dass eine Fülle von Anspielungen, Querverbindungen, gerade auch aus dem AT in Texte, etwa von Kantaten einfließen können und vom bürgerlichen Publikum verstanden werden
    - Musik dient ebenfalls nicht in erster Linie der Verherrlichung Gottes und der Selbstdarstellung der Kirche, sondern ebenfalls der Verkündigung des Wortes und der Belehrung und Erbauung der Gemeinde
    - Der einzelne Gläubige spielt eine wichtige Rolle. Alle protestantischen Richtungen unterstützen (wenigstens im Prinzip) das Laienpriestertum aller Gläubigen
    - Entsprechend wird der Einzelne stärker angesprochen. Dabei wird häufig die Sündhaftigkeit und Fehlbarkeit des Menschen betont. Er kann nur durch unverdiente Gnade (sola gratia) gerettet werden, nicht durch gute Werke, Ablässe usw.
    - Christi Tod (Karfreitag) wird stärker akzentuiert als Auferstehung (Ostern) und Geburt (Weihnachten)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Rosenkavalier
    Mich wundert, dass hier der Hymnus "Hör mein Bitten" für Mezzosopran und vierstimmigen Chor noch nicht genannt wurde. Vielleicht, weil bei diesem Stück die Gefahr besteht, dass es etwas zu "zuckergussig" interpretiert wird?


    Liebe Rosenkavalier,


    Du meinst das "Hear my prayer". Das wird in England öfter gesungen und ist ziemlich bekannt. Ich habe es in mindestens zwei Versionen. Ich kenne es nur als Ausführungen mit einem Knabensopran.


    Englischer Text ist


    Die Deutsche Übersetzung lautet


    Es gibt sogar noch eine Französische Übersetzung.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil


    Liebe Rosenkavalier,


    Du meinst das "Hear my prayer". Das wird in England öfter gesungen und ist ziemlich bekannt. Ich habe es in mindestens zwei Versionen. Ich kenne es nur als Ausführungen mit einem Knabensopran.


    Lieber Paul,
    die Übersetzungen kannte ich noch nicht, den deutsche Text umso besser, da ich den Solopart mehrfach selbst gesungen habe. Mit Knabensopran kann ich mir das Ganze nicht wirklich vorstellen, vor allem nicht den recht expressiven, rezitativischen Teil ab "Mich fasst des Todesfurcht..." Aber ich bin auch generell kein Freund von Knabenstimmen.


    LG
    Rosenkavalier


  • Hallo Franz,


    wenn ich das Protestantische in Mendelssohns Musik meine, ist damit natürlich immer der dazugehörige Text verbunden. Rein musikalisch wüsste ich auch nicht, was besonders protestantisch klingt und was eher katholisch.


    Nur nebenbei: In meiner Kirche kam vor anderthalb Jahren ein neues Gesangbuch raus und viele haben sich darüber beschwert, dass die Lieder jetzt alle so evangelisch klingen... :rolleyes:



    Gruß, Peter.

  • Hallo Peter!


    Danke für Deine erhellende Antwort!


    lg,
    Franz

    Sagt nicht:"Ich habe die Wahrheit gefunden", sondern:"Ich habe eine Wahrheit gefunden." (Khalil Gibran; Der Prophet, dtv, 2002)

  • Zitat

    Original von Rosenkavalier
    die Übersetzungen kannte ich noch nicht


    Liebe Rosenkavalier,


    Wenn ich mich nicht irre, ist der Deutsche Text eine Übersetzung. Da steht ganz deutlich "Original text and translation".
    Dann wäre der Dichter der Engländer W. Bartholomew.


    LG, Paul

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat

    Original von petemonova
    wenn ich das Protestantische in Mendelssohns Musik meine, ist damit natürlich immer der dazugehörige Text verbunden. Rein musikalisch wüsste ich auch nicht, was besonders protestantisch klingt und was eher katholisch.
    Gruß, Peter.


    In letzter Zeit höre ich recht viel geistliche Musik von Mendelssohn, daher freue ich mich, diesen Thread entdeckt zu haben. Als Konvertit (von katholisch zu evangelisch) habe ich zumindest eine gefühlte Vorstellung von den Unterschieden zwischen katholischer und evangelischer Kirchenmusik. Die katholische Musik habe ich oftmals als auf vordergründige Effekte zielend empfunden. Ein Klassiker: "Fest soll mein Taufbund ewig stehen". Wohlverstanden, ich meine das überhaupt nicht wertend. Die protestantischen Lieder müssen in einen Gottesdienst passen, der sehr stark wortbasiert ist und üblicherweise -wenn nicht gerade wild kreative Kräfte walten- eher ruhig und wenig mystisch ablaufen. Das spiegelt aucht die musilkalische Sprache. Ein Klassiker hier: "Gehe aus mein Herz und suche Freud'" von Paul Gerhardt.


    Bei den Gesangbüchern übrigens Vorsicht: überall wo ö steht, sind's ökumenische, also von beiden Konfessionen gesungen werden.


    Das Protestantische bei Mendelssohn wäre für mich schon die Sprache. Wenn ich mich nicht irre, basieren die Psalmvertonungen auf den Übersetzungen von Dr. Martin Luther (wie übrigens auch bei Brahms' Deutschem Requiem). In der katholischen Kirche wird die Messe noch nicht sehr lange auf deutsch zelebriert. Folglich ist auch alles, was aus der traditionellen Liturgie vertont wurde, dem römischen Messbuch entnommen (basierend auf der Liturgiereform von Pius V aus dem Jahre 1520 ), ergo Latein. Die protestantische Kirchenmusik hat da schon größere Freiheiten.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.


  • Lieber Paul,
    t'as raison!
    Und wieder was gelernt..... :]


    Beim Carus Verlag findet sich zu den Noten folgender Text:
    Fassung für Solo, Chor und Orgel
    Mendelssohns berühmte, 1844 komponierte Hymne, eigentlich ein englisches Anthem, hat der Komponist kurz vor seinem Tod meisterhaft orchestriert.
    Textquelle: englischer Originaltext von William Bartholomew
    Bibelstelle: Ps 55,2-8


    LG
    Rosenkavalier

  • Hallo!


    Inzwischen ist ja Mendelssohns komplette geistliche Chormusik, geleitet von Frieder Bernius, bei Carus erschienen.
    Ein Exemplar der Reihe gibts bei Zweitausendeins zum Kennenlernpreis von 9,99 Euro:



    Kennt jemand das Oratorienfragment "Christus"? Wie ist es im Vergleich zu "Paulus" und "Elias" einzuschätzen? Wie weit ist die Jesus-Geschichte denn vertont? Gehe ich recht in der Annahme, daß das Werk aufgrund von Mendelssohns Tod nicht vollendet wurde? Dann gehört es ja zu seinen letzten Werken (das würde ein Kennenlernen zusätzlich interessant machen).


    Viele Grüße,
    Pius.

  • hallo pius, ich glaube mich zu erinnern, daß nur zwei stücke aus dem christus existieren, die mendelssohn vertonen konnte und meiner erinnerung nach - ich kann mich da sehr täuschen - jedoch nicht die höhe des paulus oder gar des elias haben.

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Zitat

    Original von petemonova
    Die Brilliant-Box mit seinen Chorwerken deckt ja schon so ziemlich sein gesamtes Schaffen auf diesem Gebiet ab



    ich habe einmal anhand des mendelssohn-werkverzeichnisses in der mgg die vollständigkeit dieser edition geprüft.


    es fehlen tatsächlich nur einige kleinigkeiten:


    In secula seculorum – 1820 - ist lediglich eine Fugenübung des 12-jährigen


    Salvum fac populum tuum – 1827(?) - ist eine Alternativ-Version des entspr. Satzes im Te Deum (1826) nur eine der beiden ist wohl hier eingespielt


    Herr Gott, Dich loben wir (Chor, Soli, Orgel, Pos., Streicho.) - 1843 - komponiert zur Feier des tausendjährigen Bestehens von Deutschland – nun das könnte doch ruhig dabei sein !?


    Tag des Zorns, Gericht der Sünden – 1844 – Auftragswerk für das Gesangbuch von Aargau (Schweiz)



    interessant ist was klassika noch extra aufführt:


    Vocal-Chor – 1833 – was soll das sein ???


    Und ob du mich züchtigest, Herr – 1835 – gleichfalls weder in der mgg noch in der cd-edition


    und besonders interessant ! :


    Er wird öffnen die Augen der Blinden (Chor und Orchester) – 1846 eine entdeckung von klassika ??? – wohl kaum !


    andersherum kann ich die in der trackliste aufgeführte psalmmotette „Gelobet sei Gott“ als einziges werk in der mgg nicht finden.

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

  • Zitat

    Herr Gott, Dich loben wir (Chor, Soli, Orgel, Pos., Streicho.) - 1843 - komponiert zur Feier des tausendjährigen Bestehens von Deutschland – nun das könnte doch ruhig dabei sein !?


    Aber das ist doch dabei!
    Und für mich persönlich ein absolutes Highlight der gesamten Edition! :jubel: :jubel:



    LG, Peter.

  • Zitat

    [Wie weit ist die Jesus-Geschichte denn vertont? Gehe ich recht in der Annahme, daß das Werk aufgrund von Mendelssohns Tod nicht vollendet wurde? Dann gehört es ja zu seinen letzten Werken (das würde ein Kennenlernen zusätzlich interessant machen).


    Viele Grüße,
    Pius.


    Hallo,
    Ich habe zwar das Werk leider noch nicht kennengelernt, aber mich auch schon darum interessiert inwieweit es lohnenswert wäre sich die Einspielung anzuschaffen.
    Es ist auf jeden Fall ein Fragment (1847 begonnen) und es sollen zum. ein paar Recitative, ein Männer-Terzett ("Wo ist der neugeborene König"), Chorsatz als Choral (für 4-stimmigen Männerchor) vorhanden sein - inwieweit diese ausgearbeitet wurden bzw. ergänzt werden mußten, konnte ich noch nicht ausfindig machen.
    Auf der Einspielung von Bernius sind bzgl. dessen zum. folgende Titel aufgelistet:


    2. Da Jesus geboren ward (Recitativ) / Es wird ein Stern aus Jacob aufgehen (Chorsatz)
    3. Und der ganze Haufe stand auf / Er nimmt auf seinen Rücken (?)


    Also 2 CD-Titel, der Rest ist mit Psalmvertonungen, einer Motette und einem Kyrie ergänzt worden. Das Männer-Terzett scheint scheinbar nicht dabei zu sein, warum auch immer.
    Wenn man vergleicht wieviel an Material bei Paulus und Elias vorhanden ist, dann ist das leider doch ziemlich mikrig - inwieweit das wenig vorhandene aber von der Qualität zum. ebenbürtig wäre würde mich auch interessieren.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Zitat

    Original von Prometeo


    Herr Gott, Dich loben wir (Chor, Soli, Orgel, Pos., Streicho.) - 1843 - komponiert zur Feier des tausendjährigen Bestehens von Deutschland – nun das könnte doch ruhig dabei sein !?


    Und ob du mich züchtigest, Herr – 1835 – gleichfalls weder in der mgg noch in der cd-edition


    geklärt ! :]


    ersteres ist in der tat enthalten - in der trackliste übersehbar wie ein satz von op. 23 verzeichnet


    das zweite ist in der mgg unter den vokalkanons gelistet.
    (die kanons von mendelssohn bilden einen schwer überschaubaren komplex und sind bisher nicht vollständig erfasst !)

    "Der moderne Komponist darf seine Werke einzig und allein auf der Grundlage der Wahrheit schreiben."
    Claudio Monteverdi


    "Der Komponist komponiert erstens für sich selbst und zweitens für das Publikum; aber für ein ideales Publikum und nicht für das...welches real existiert"
    Nikolai Rimski-Korsakow


    "Tradition ist die Weitergabe des Feuers und nicht die Anbetung der Asche."
    Gustav Mahler

  • Auch wenn es nur sehr kurz ist, sind die Stücke zu diesem Fragment neben dem in einem anderen Thread
    von mir erwähnten neu entdeckten dritten Klavierkonzert von Mendelssohn für mich DIE Entdeckung der letzten Monate!


    Das Fragment habe ich auf folgender CD:


    http://www.amazon.de/Felix-Men…sic&qid=1254613764&sr=8-5


    Wunderschön sind
    Terzett: Wo ist der neugeborene König?
    Chor: Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen
    und vor allem ein überirdisch schöner, ergreifender Chor "Ihr Töchter Zions,..." (!!)
    und wieder ein herrlicher Choral "Er nimmt auf seinen Rücken"
    Dazu gibt es eine packende "Kreuziget, kreuziget ihn" - Szene vor Pilatus, ähnlich der Baalspriesterszene im Elias.


    Diese Stücke stehen in keinster Weise denen vom Pausus und Elias
    nach und ich kann es nur einmal mehr bedauern, dass Mendelssohn so früh gestorben ist.


    Durch diese CD habe ich auch die Choralkontate "Verleih uns Frieden gnädiglich" kennengelernt, die mich ganz, ganz tief bewegt (was in der Brilliant CD-Box noch nicht der Fall gewesen ist)


    Außer Beethoven's Missa Solemnis und Palestrinas Missa Pappae Marcelli gibt es keine geistliche Musik, die mich auch geistlich so anrührt wie die von Mendelssohn!!


    Gerd

    "When I was deep in poverty, you taught me how to give" Bob Dylan

    Einmal editiert, zuletzt von gerdprengel ()

  • Hallo,



    http://www.youtube.com/watch?v=Gaveu09DOYE


    in der Box mit 8 CDs ist auf der CD 1 der 42. Psalm "Wie der Hirsch schreit…" Op. 42 zu hören. Der gesamte Text ist entweder im AT oder auf Wikipedia, dort einschl. einer ausführlichen Besprechung des Op. 42, nachzulesen.


    Ich kann mich also im Folgenden darauf beschränken, meinen Höreindruck wiederzugeben:
    I - III, V Coro, Aria, Recitativo und Aria, Recitativo: Eine sehr romantische Vertonung, die dem recht verstandenen Text des AT nicht gerecht wird - diese Musik könnte zu jedem anderen "sehnsuchtsvollen" (geistlichen) Text verwendet werden.
    IV Coro: Bei "Harre auf Gott" kann durch die Melodieführung des Chores, die Rhythmik und das Bläsermotiv ein gewisser Aufforderungscharakter gehört werden.
    VI Quintetto: Die Stellen der Männersolisten geben der tröstlichen Verheißung Ausdruck, während der Solosopran der ängstlichen Vergessenheit Stimme zu geben versucht.
    VII Schlusschor: Siehe IV - und der "Preis" entspricht dem in solchen Textstellen damals üblichen Klangcharakter.



    Zu einem Vergleich - als Kontrast - bietet sich Distlers Vertonung an, der nur die ersten beiden Strophen des Psalms vertont.


    "Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser,
    so schreit meine Seele, Gott, zu Dir.
    Meine Seele dürstet nach Gott,
    nach dem lebendigen Gotte!
    Wann werde ich dahin kommen,
    dass ich Gottes Angesicht schaue?"


    http://www.youtube.com/watch?v=XWqVZhX7eDg


    Meine bessere LP-Aufnahme mit dem Mülheimer Singkreis ist nicht mehr erhältlich.


    Die typischen Wortwiederholungen bei Distler "Wie der Hirsch schreit" und die Chromatik machen den Inhalt des Textes deutlich; die oftmaligen Wiederholungen und das Tempo"Wann werde ich…" lassen überdeutlich die Sehnsucht nach… hören und das "nach" wird durch eine ruhige Bewegung und sehr einfache Chromatik verdeutlicht.
    Wie immer: Eine Vertonung von Distler - ganz nahe am Text!


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo,


    in lockerer Folge will ich zu einzelnen Werken der CD-Box posten; ich bleibe zuerst bei der CD 1 aus dem letzten Beitrag und nun dem „Singet dem Herrn ein neues Lied…“op. 91


    Bachs Motette BWV 225 gleichen Textes ist mit op. 91 nicht vergleichbar – viel zu unterschiedlich sind die Herangehensweisen der Komponisten an die Textvertonung**, was an ihrer unterschiedlichen Lebensauffassung gelegen haben dürfte. Eine kleine Gemeinsamkeit haben dann Beide doch:
    Bach vertont die ganze Motette a-cappella, Mendelssohn nur die 1, Strophe der Vertonung des Psalms 98 – und damit beweist er musikalisches Textverständnis.


    „Singet dem Herrn ein neues Lied“ – aber schon wie der Chor „singet“ zu singen hat, macht den großen Unterschied aus – hier der fast marschmäßige, freudige Chor, bei Bach ein himmelhoch jauchzender Chor, der das „singet“ mehrmals wiederholt, (Damit soll der Vergleich auch schon beendet sein, es ging nur um die Erläuterung**.) Auch wenn der Chorsopran in große Höhen aufsteigt, die Erdgebundenheit des Marschtempos bleibt erhalten, bis der dann folgende Textteil ruhig und in Moll erklingt.


    „Jauchzet dem Herrn“ – die Bläser geben anfangs dem Chor den festlich, feierlichen Klang, bevor das volle Orchester zur 3. Strophe überleitet.


    „ Er wird den Erdkreis richten“ – was mit „Pauken und Trompeten“ (die Zimbeln fehlen wohlweislich) verkündet wird. (Ob das Ende etwas opernhaft klingt, mag der Hörer selbst entscheiden.)


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,


    auf der in Betrag Nr. 50 vorgestellten CD-Box gibt es auf der 2. CD u.a. zu hören:


    Chorale Cantate Nr. 1 „Ach Gott, vom Himmel sieh darein“ - Text und Melodie Luther.
    1.Coro - es ist ein kämpferischer Text und eine ebensolche Choralmelodie – und genauso hat Mendelssohn vertont, dabei wird kein Unterschied hörbar zwischen Chor und Orchester (Parallelen zur Reformationssinfonie sind zu hören). Es ist bemerkenswert, wie ein Konvertit so nahe am Text vertont.
    2. Recitativo – der Text ist nicht von Luther – von wem?
    3. Aria – der Text ist z. T. der 5. Strophe des Chorals entnommen – musikalisch finde ich es nicht so überzeugend.
    4. Chorale – Text von wem? (Vielleicht ist der Text original Luther und nur im ev. Kirchengesangbuch nicht vollständig wiedergegeben.) Der Musikcharakter entspricht dem „Coro“.


    Cantata Nr. 8 „Wir glauben all an einen Gott“ – Text von Luther nach Textvorlagen Breslau 1417 und Zwickau um 1500, Choralmelodie Wittenberg15. Jh.
    1. Strophe des Chorals – wird in einer Chorfuge mit Orchester dargestellt.
    2. Strophe…………...... – ist einem Kanon angelehnt, das Orchester, mit Bläsern verstärkt, ist betont kämpferisch, was auch durch das marschartige Tempo bedingt ist.
    3. Strophe……………...- mit „Pauken und Trompeten“ wird „Wir glauben…“ hinausposaunt, mit einem mächtigen „Amen“ schließt Strophe 3.
    4. Herr Gott, dich loben wir - Text liturgischer Gesang, Te Deum – 4-stimmiger Chor/groß mit und ohne Bläser, 4-stimmiger Chor/klein a cappella, aber auch mit Streichern, Vokalquartett a cappella, stets im Wechsel. Musikalisch nicht sehr anspruchsvoll, für den kirchlichen Gebrauch (Posaunenchor, ev.) sehr geeignet.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Hallo,
    ich verweise auf die im Beitrag Nr. 50 vorgestellte Box.


    Hier geht es nun um die CD 5 – Mendelssohn, geistl. Chormusik a-cappella und mit Orgel.


    Nr. 16-18 The German Liturgy für zwei 4-stimmig gem, Chöre und Stimmsolisten – a-cappella.
    Ob die Bezeichnung vom Komponisten stammt weiß ich nicht – sie scheint mir zumindest merkwürdig. Der Chor singt gut, die Stimmsolisten sind nur zum Teil im Chorklang integriert


    Nr. 1 Hora est für vier 4-stimmig gem. Chor und Orgel – die Orgel fungiert hier überwiegend als Akkord- bzw. Harmonikstütze (m. E. entbehrlich).


    Nr. 2 Te Deum a‘4 für 4-stimmig gem. Chor, Stimmsolisten und Orgel – die Orgel übernimmt hier teilweise den b .c. kommt also kompositionsbedingt deutlicher zur Geltung.



    Bei der Gegenüberstellung der Nr. 16 – 18 zu Nr. 1 und 2 geht es mir vor Allem um den Unterschied zwischen A-cappella-Chorgesang und begleitetem Chorgesang, hier mit Orgel.
    Bei guten, insbesondere aber bei sehr guten bzw.Spitzenchören leidet der Chorklang unter der Begleitung, es sei denn die Begleitung ist durch die Komposition bedingt. Chöre die nicht unter diese Einteilung fallen, gewinnen durch Begleitung, weil die Gefahr von z. B. Intonationsschwierigkeiten usw. durch die Instrumentalbegleitung abnimmt (es sei denn, auch die Instrumente spielen unsauber/falsch). Wenn die Begleitung durch Orgel geschieht, wirkt sich das weniger aus (siehe diese Beispiele), als wenn andere Instrumente bzw. Instrumentalgruppen oder ganze Orchester begleiten; selbstverständlich kommt es auch auf die Art der Ausführung der Begleitung an, zurückhaltend oder forciert.


    Ich bin mir relativ sicher, dass meine Meinung einigermaßen zutreffend ist (das wäre im Detail noch zu klären) und auch so nachgehört werden kann.

    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler