BEETHOVEN, Ludwig van: Symphonie No. 2 D-dur op. 36

  • Ich kenne Krivines nicht, aber ich würde mich wundern, wenn man allzuviele Interpretationen der 2. Sinfonie, seien sie traditionell oder HIP fände, die annähernd Harnoncourts "Spannweite" (und Spannung) besäßen. Obwohl sie mir im Hauptteil des Kopfsatzes vielleicht sogar einen Tick zu langsam ist, ist es (ähnlich wie bei seiner 4.) einer der spannungsvollsten Einspielungen, die ich kenne. Allerdings kann ich mich momentan wohl nicht zu einem größeren Vergleich motivieren (daher kaufe ich auch erstmal weder Krivine noch Järvi noch Chailly noch...).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Ich kenne Krivines nicht, aber ich würde mich wundern, wenn man allzuviele Interpretationen der 2. Sinfonie, seien sie traditionell oder HIP fände, die annähernd Harnoncourts "Spannweite" (und Spannung) besäßen. Obwohl sie mir im Hauptteil des Kopfsatzes vielleicht sogar einen Tick zu langsam ist, ist es (ähnlich wie bei seiner 4.) einer der spannungsvollsten Einspielungen, die ich kenne. Allerdings kann ich mich momentan wohl nicht zu einem größeren Vergleich motivieren (daher kaufe ich auch erstmal weder Krivine noch Järvi noch Chailly noch...).


    Hallo Johannes,


    schön das du deinen Favoriten gefunden hast.


    Die Zweite hat für mich noch eine besondere Qualität: Sie ist für mich "offen", was temporeiche Interpretationen angeht. Das heißt, wenn sie schnell gespielt wird, "verkrafte" ich klangliche Eigenarten besser und bin hier toleranter als z.B bei der Eroica. Die Zweite ist so etwas wie eine Referenz zur Beurteilung einer GA.


    Viele Grüße Thomas

  • Zitat

    Thomas: Die zweite ist so etwas wie eine Referenz zur Beurteilung einer GA.

    Diesen Satz, lieber Thomas, kann ich durchaus nachvollziehen. Auch ich habe eigentlich bei den meisten Gesamtaufnahmen zuerst die Zweite gehört, vor allem auch wegen jener Gänsehautstelle im Larghetto, die ich bei Karajans erster Berliner Aufnahme von 1962 so empfunden habe. Es handelt sich um die große Streichersteigerung in der Mitte des Larghetto, die ich bisher nie wieder so stark empfunden habe wie seinerzeit. Vor einigen Wochen habe ich die Zweite als "erste" Aufnahme der quasi-GA von Celibidache (dort fehlt die Erste, sie hat aber dafür zwei verschiedene Vierte) gehört und vorgestellt, da ging es mir an dieser Stelle so ähnlich, dafür wies sie zwei andere Gänsehautstellen auf, die Coda des Kopfsatzes und die Coda des Finales. Und nun habe ich gerade die Zweite aus dieser GA gehört:

    Was ich vorhin über die Erste im entsprechenden Thread sagte, gilt unvermindert auch für die Zweite. Konwitschny legt ein ungemein spannungsreiches Dirigat vor. Hier wird so richtig deutlich, warum die Zweite, die einzige Beethovensinfonie mit der Gegen-Tonart zur Neunten, schon so kühn auf diese vorausweist und eigentlich auch schon auf die Romantik vorausweist. Deswegen steht dieser Sinfonie auch ein großes Orchester ganz gut zu Gesicht. Wieder eine gute Transparenz, eine grandiose Coda im Kopfsatz (Gänsehaut), eine sehr gute Streichersteigerung im Larghetto (mäßige Gänsehaut) und eine formidable Coda im Finale (Gänsehaut), wie bei Celi, obzwar schneller als er.
    Ich habe noch bei keiner älteren GA die tiefen Streicher so deutlich herausgehört wie bei dieser, und sicherlich hat seit Cluytens, Karajan, Walter und dem früheren Bernstein keine frühere Zweite mehr so großssinfonisch geklungen wie diese (natrülich ohne die großartigen Mono-Aufnahmen von Furtwängler zu nennen), die ich aber nicht in meinem Bestand habe.
    Das scheint wirklich eine ganz ausgezeichnete Gesamtaufnahme zu sein.
    Als nächste Hörsitzung folgt dann die mit der Eroica, wahrscheinklich morgen, mit dem ersten zeitumfänglichen "Achttausdender", dem Kopfsatz "Allegro con brio" in 19:40 Minuten. Schaun wir mal.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Aus dieser heute erhaltenen Box von Sir Thomas Beeacham habe ich vorhin Beethovens Zweite gehört. Sie begann mit einem wahren Paukenschlag. Welch eine fulminante Raserei im Kopfsatz. Wenn es das gäbe, wäre das kein bloßes "Allegro con Brio" gewesen, sondern ein "Allegro con briissimo et presto" gewesen. Bei der "Original-Metronom"-Version Chaillys ist das aber noch um Einiges langsamer. Und wie bravourös haben die Musiker des Royal Philharmonic Orchestra dieses hohe Tempo gemeistert. Ich war regelrecht hingerissen.
    Die zweite Überraschung war dann das Larghetto. Der Tempogegensatz hätte größer nicht sein können. Nach dieser Hetz' und Kraftentfaltung im Kopfsatz entwickelte sich nun ein vollkommen entspanntes, in seiner ungeheuren Zartheit fast überirdisches Larghetto im durchaus angemessen langsamen Tempo mit einer wunderbaren zu Herzen gehenden Streichersteigerung in der Satzmitte, mit herrlichen Pianissimi. Dies ist nun schon das zweite Larghetto, dass ich nach dem kürzlich gefundenen von Celibidache dem Karajanschen aus der 1962er Aufnahme an die Seite stellen möchte.
    Das Scherzo und das Finale waren dann in normalem, durchschnittlichen Tempo, aber nicht weniger gekonnt musiziert. Schade, dass von Beeacham kein kompletter Zyklus vorliegt. Er würde, wenn er denn so ausgefallen wäre wie die Zweite, ganz oben mitschwimmen. Es ist mir nach Anhören dieser Aufnahme unbegreiflich, wie hier im Booklet geschrieben wird, Beecham habe Beethoven stets für einen weniger guten Komponisten gehalten als Mozart.

    Zitat

    Seiner Ansicht nach war das Beste, was dieser Komponist geschrieben hat, im Vergleich mit Mozart zweitklassig, "wenn man von den ersten vier Klavierkonzerten sowie der dritten, vierten und sechsten Sinfonie absieht".

    Kann denn ein Dirigent, der Beethoven derart "gering" achtet, eine solch mitreißende Aufnahme zustande bringen? Muss er dann nicht diesen Komponisten doch lieben, obwohl er fast das Gegenteil behauptet?


    Liebe Grüße


    Willi ?(

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Aus dieser Box nun die Zweite, ebenfalls wie die Erste unter dem Dirigat von Monica Huggett. Der Klang ist insgesamt heller, strahlender als bei der Ersten, das mag daran liegen, dass ab der Zweiten Alle Heiligen (All Saints) in Tooting, der Pfarrkirche im Südwesten Londons, das Orchester und den Aufnahmstab beherbergt haben, während die Erste in St. Giles, Cripplegate, London, aufgenommen worden war.
    Diese Zweite ist weitgehend unauffällig, sehr schön musiziert. Sie steigert sich aber vor allem tempomäßig in den beiden letzten Sätzen. Das von mir immer mit Argusaugen betrachtete (bzw. mit Ohren gehörte) Larghetto klang wenig aufregend und verursachte mir keinen Schauer auf dem Rücken oder sonstwo. Aber das Finale war mitreißend. Die Hanover Band spielte wieder auf sehr hohem Niveau.
    Ich bin jetzt auf die Eroica gespannt, die erste Sinfonie, die in dieser GA von Roy Goodman dirigiert wird.
    Goodman ist mir ja in sehr guter Erinnerung von der Gesamtaufnahme der Schubert-Sinfonien und von einem ausgezeichneten Mozart-Requiem mit der großartigen Gundula Janowitz.


    Liebe Grüße


    Willi :)

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  • Symphonie Nr. 2 Dur op. 36


    Kopfsatz:
    Solti lässt die Einleitung in einem wirklichen Adagio molto spielen, also "viel langsam", aber nicht langweilig, getragen von excellent aufspielenden Instrumentalisten, die wiederum trotz ihrer großen Zahl sehr transparent spielen, was in den Bläsern keine Kunst ist, aber in den mittleren und tiefen Streichern.
    Die berühmte Stelle, die das Hauptthema im Kopfsatz der Neunten schon über zwanzig Jahre vor der eigentlichen Erstaufführung voraussagt, ist noch näher an der originalen Neunten dran als in vielen anderen Beispielen. Die dann zutage tretenden Strukturen im Allegro con brio sind ungeheurerlich und beinahe unbeschreiblich. Man hört immer wieder etwas Neues. Auch die solistischen Holzbläser sind exzellent. Ich denke, wenn man, wie hier Solti, die Partitur gelassener entfaltet, kann man mher sichtbar und vor allem hörbar machen.


    Larghetto:
    Hier erklingt von Anfang an Himmelsmusik und Struktur: man hört, wie sich alles fügt.
    Und- bei diesem Hören kommt es nicht darauf an, wer als Erster am Ziel ist, sondern wer das Ziel (den musikalischen Weg), am besten begreift. Eindrucksvoll stellt sich hier auch der Dialog zwischen den Holzbläsern und den Streichern dar, vor allem das Fagott tritt hier wie selbstverständlich meisterlich hervor. Und dann läuft es, zu Beginn der zweiten Satzhälfte, auf des große Streichercrescendo zu: Himmlisch, Gänshaut pur; das dritte Beispiel in dieser Intensität überhaupt nach Karajan I und Celibidache.
    Dann- die entspannende entspannte Reprise. Hier hat ein wahrer Meister einen meisterlichen langsamen Satz wahrhaft mustergültig gestaltet. Dieses langsame Tempo zeitigt hier eine Schönheit der Partitur nach der anderen.


    Scherzo:
    In diesem ziemlich schnell gespielten Satz zeigt Solti wieder eine andere Seite seiner Interpretationsweise ganz deutlich, prägnanten, scharf begrenzten Klang unter einer großen Klangkuppel, kein bisschen schwindsüchtig und dünn und kein bisschen Klangmulm, wie die Liebhaber des Sparklangs immer gerne suggierieren wollen. Da Solti nicht noch mal wiederholt, ist dieser Satz nach 3:38 Minuten zu Ende.


    Finale: Straight away geht es weiter, kräftige Tutti, dann wunderbare Streicherführung, und dann taucht wieder dieses hervorragend gespielte Fagott auf, immer wieder sind die herrlichen Celli und Kontrabässe zu vernehmen. Die Pauken sind auch in dieser Sinfonie nicht vorwitzig, sondern klanglich integriert: Diese Interpretation muss nicht durch die Pauken punkten, sie hat andere Meriten, z. B. ist mir, währende ich dies geschrieben habe (entspannt im Liegesessel sitzend, nicht am PC!!), wieder das Fagott aufgefallen, dann wieder. Auch die herrlichen Pizzicati in den Streichern nehmen ein, zum Schluss die wunderbare Coda.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

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    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Welch ein Genuss sind deine Zeilen - da musste ich sofort die CD heraussuchen und wieder einmal bewusst hören. Die Solti analog GA war meine erste GA - ich höre sie jetzt wieder mit neuer Freude. Digital habe ich von Solti nur die 9. - ich habe bei den online Händlern nachgesehen - mir ist unklar welches der digitale Zyklus ist. Ich bin schon gespannt auf einen Vergleich aus berufenem Munde.


    schönen Sonntag noch,


    kalli

  • Lieber Willi,


    Deine begeisternden Zeilen spiegeln in der Tat wieder um welche tiefgehende Beethoveninterpretation es sich hier bei Solti handelt.
    Bei deinen Worten könnte ich fast in Zweifel geraten, ob meine Meinung, dass Solti´s Aufnahme (Decca, 01/1990) noch besser ist, anzuzweifeln ist. Aber mitnichten !
    Trotz des weit schnelleren Tempos von krassen 1,5Minuten in Satz 1 und ganzen 3Minuten in Satz 2 verliert die Aufnahme nicht an der von Dir beschrieben Durchsichtigkeit, sie ist eher noch packender. Die Vorwegnahme der Sinfonie Nr.9 kommt dabei ebenfalls ebenso gut weg, wie Du es für die ADD-Aufnahme beschreibst.
    Mir gefällt das besser, wenn das Larghetto nicht so ausgedehnt wird; es ist schieisslich kein Largo.
    Die Sätze 3 und 4 sind im Tempo und Stimmungsgehalt exakt gleich geblieben - auf jedenfalls in beiden GA TOP gelungen !


    Die Zeiten auch hier zum Vergleich: ADD / DDD 13:02 / 11:35 - 13:31 / 10:31 - 3:38 / 3:33 - 6:32 / 6:31

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang, wenn du mir jetzt noch sagen könntest, wo und wie man an den digitalen Zyklus kommen kann, wäre ich dir sehr dankbar.


    Liebe Grüße


    Willi ?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Den digitalen bekommt man z. Zt. nur schwierig:


    Analog:



    Digital:



    Aber: 2012 ist Solti-Jahr. Würde mich nicht wundern, wenn Decca den (preiswert) neu auflegt. ;)


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Schönen Dank für den Tipp, lieber Joseph, ich habe gerade gesehen, es gibt den Zyklus doch, aber für schlappe 311 €. Da warte ich dann doch lieber.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    bereits 2009, als ich mir die Solti-GA zulegen wollte, hatte diese aussergewöhnlich hohe Preise.
    Wie ich bereits im Sinfonie Nr.1-Thread schrieb, hatte ich mir die DDD-Aufnahmen alle als Decca-Einzel-CD´s zugelegt. Auf allen Covern ist Solti abgebildet und es steht auch DIGITAL unter dem Decca-Emblem (da kann man gar nicht falsch laufen). Trotz der 3,-Euro Versandkosten pro CD hat mich der Zyklus unter 30Euro gekostet !
    :jubel: Dann kam auch noch die Freude dazu, die man beim Erwarten und Eintreffen der einzelnen CD´s hatte - und das Hörerlebnis war immer Megaklasse !


    :thumbsup: Ganz besonders bei dieser CD:


    -->
    DECCA, 1989/90, DDD


    Ich habe gerade mal bei den Amazonen nachgesehen - es sind alle 9 Sinfonien in DDD verfügbar !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • hallo,


    ich habe gerade auch bei amazon nachgeschaut - komme auf 48 € für 1-8 ( mit Versand ) - die Neunte habe ich schon. Das ist mir zu teuer - welche sollten es unbedingt sein , als Ergänzung zun analogen Zyklus ?


    gruss


    kalli

  • Zitat

    Solti lässt die Einleitung in einem wirklichen Adagio molto spielen, also "viel langsam", aber nicht langweilig, getragen von excellent aufspielenden Instrumentalisten, die wiederum trotz ihrer großen Zahl sehr transparent spielen, was in den Bläsern keine Kunst ist, aber in den mittleren und tiefen Streichern.
    Die berühmte Stelle, die das Hauptthema im Kopfsatz der Neunten schon über zwanzig Jahre vor der eigentlichen Erstaufführung voraussagt, ist noch näher an der originalen Neunten dran als in vielen anderen Beispielen. Die dann zutage tretenden Strukturen im Allegro con brio sind ungeheurerlich und beinahe unbeschreiblich. Man hört immer wieder etwas Neues. Auch die solistischen Holzbläser sind exzellent. Ich denke, wenn man, wie hier Solti, die Partitur gelassener entfaltet, kann man mher sichtbar und vor allem hörbar machen.


    Hallo Willi,


    ich höre mir gerade diesen Satz auf you tube an.


    Es ist langweilig.


    Solti lässt im allgemeinen die langsamen Stellen wirklich ausspielen, dehnt, jedes Instrument bekommt seinen Klangraum.


    Wenn dann das ganze Orchester einsetzen muss, haut er mit voller Wucht gegen die zarten Solostimmen, wenig Fluss, Homogenität, manche Stellen gelingen im besser, besonders wenn das Orchester eine Tonleiter nehmen muss, so zu sagen mit Anlauf.


    Hier wird wieder in jedem Detail ein dramatisierender Beethoven zelebriert.


    Wem es gefällt, mir nicht.


    Grüße Thomas

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  • welche sollten es unbedingt sein , als Ergänzung zun analogen Zyklus ?


    Hallo Kalli,


    die Sinfonien Nr.1, 2, 3 und 8 finde ich in der digitalen GA besonders herausragend. Hier finde ich persönlich die flotteren Tempi weit stimmiger und Solti megaspannend und alles Andere als langweilig.
    Ist wirklich zum :hahahaha: - Solti und langweilig :no: !


    Die Sinfonie Nr.5 ist auch in DDD vorzuziehen, aber nur in Soltis Wiener Aufnahme von 1958 für mich (der es mit grösster Dramatik haben will) wirklich brauchbar.
    Die Sinfonie Nr.6 ist in DDD ebenfalls eine famose bis in alle Details ausgefeilte Aufnahme. Allerdings habe ich hier andere ausgefallene Vorlieben, die ich nicht als allgemeingültig betrachten würde - da ich es hier so flott und unsentimental wie Karajan (DG, 1984) haben will (und genau diese wird von vielen weniger geschätzt).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • so,


    ich habe jetzt bestellt - aber auch von amazon england und amerika - damit habe ich den zyklus komplett - ich freue mich schon ! jetzt habe ich aber genug.....GA von Gardiner, Hogwood, beide Soltis, Rattle , Bernstein NY, Vänskä und alles nochmal in Einzelausgaben ( kleiber, wand karajan,böhm ,pärvi......) - das ist für einen Laien ja schon ziemlich viel.


    gruss


    kalli

  • Hallo teleton,


    ich schreibe nicht, das Solti langweilig interpretiert, sondern das die Einleitung langweilig wirkt.


    Ganz wichtiger Unterschied.


    Ich habe mich aber nicht klar genug ausgedrückt, sorry.


    Grüße Thomas

  • Felix Weingartner, London Symphony Orchestra, 02. März 1938



    Lyrisch beginnt die langsame Einleitung, mit liebevoll gesetzten Akzenten, gar nicht herrisch oder schroff. Ca. 92 Halbe pro Minute bringen für die Exposition eine Menge Schwung. Überhaupt ist das Spiel frisch und vital, geradezu jugendlich. Wie in der ersten Sinfonie, so erfreut auch hier schlanker Klang, in dem alles, was es in der Durchführung an kontrapunktischen Verwicklungen gibt, schön transparent bleibt.


    Ca. 72 Achtel pro Minute im Larghetto gehen gerade noch als „tempo ordinario“ durch. Doch Weingartner bleibt hellwach und sorgt dafür, dass der Satz nicht als beschauliche lyrische Insel unter Wert gespielt wird. Sehr sorgfältige Umsetzung der differenzierten dynamischen Vorschriften!


    108 Takte pro Minute liegen oberhalb von Beethovens Wünschen (100) für das Scherzo – der Musik bekommt’s unter Weingartners Händen. Es klingt nicht wie ein Parforceritt, vielmehr straff und kraftvoll.


    Im Finale präsentiert Weingartner mit leichter Hand ein Wechselspiel von herrischen und lieblichen Stellen. Die Schlankheit des Klanges finde ich abermals ganz wunderbar.


    Der schlanke Zugriff auf Beethoven mag überraschend klingen – er belegt, dass es auch damals nicht nur die titanische und majestätische Sicht auf Beethoven gab. Schon unsere Vorfahren erkannten, dass nicht nur potenzielle (majestätische, triumphale, … ), sondern auch kinetische (freudige, lebenspralle, … ) Energien in dieser Musik verborgen sind. Zum Naxos-Preis herzlich empfohlen! Natürlich hält der Klang modernen Ansprüchen nicht stand, aber die Restauration durch Remastering-Guru Mark Obert-Thorn kann sich sehr gut hören lassen.



    Willem Mengelberg, Koninklijk Concertgebouworkest, 21. April 1940



    Mit 84 Halben pro Minute klingt das erste Thema in dieser Aufnahme geradezu hintergründig-lauernd. Und wirklich: Mengelberg lädt dann die Überleitung zum zweiten Thema dramatisch auf und lässt in der Schlussgruppe die Trompeten schmettern und die Pauken knallen. Wiederholung der Exposition. Gut, dass hier keine auffälligen Ritardandi eingebaut sind wie in der ersten Sinfonie unter diesem Dirigenten. In der Durchführung klingt es eingangs richtig spannend. In der Coda zieht Mengelberg dann das Tempo. Insgesamt wird der Satz sehr schlüssig präsentiert.


    Der zweite Satz erklingt dunkel abgetönt, als ob die Musiker dem lichten A-Dur nicht über den Weg trauen. Auch das Tempo ist eher vorsichtig-tastend – wo will Beethoven hin? Das Ganze hat etwas höfisch-Geziertes, wie eine Szene aus einer Opera seria.


    Ca. 92 Takte pro Minute lassen das Scherzo etwas gebremst klingen. Deutlichkeit ist Trumpf!


    Mit unter 140 Halben pro Minute gilt dasselbe zunächst auch für das Finale, doch Mengelberg lässt die Energien der Musik gut ausspielen. Das zweite Thema darf sich aussingen, ohne allzusehr in die Breite zu gehen. Auch der Orchesterklang ist nun im Vergleich zum zweiten Satz heller und leichter. Schön ist das Ritardando kurz vor Schluss und der Durchbruch zur Coda - überzeugend!


    Insgesamt finde ich diese Aufnahme viel gelungener als die der ersten Sinfonie, die unter zahlreichen Ritardandi sehr litt. Mengelberg setzt sicher keine Temporekorde, einschläfernd ist es aber auch nicht. Die Dramaturgie des ersten Satzes war spannend! Ungewohnt waren die dunklen Farben im zweiten Satz. Nicht mein Favorit bei dieser Sinfonie (Wand, Harnoncourt?) aber hörenswert.



    Leonard Bernstein, New York Philharmonic, 1964



    Bernstein nimmt die Einleitung mit viel Legato und schönen „Bäuchen“ in der Dynamik. Mit Beginn der orgelpunktartigen Sechzehntelbässe wird es flüssiger und lebendiger. Der d-moll-Höhepunkt hat Wucht, ohne titanisch zu wirken, die Sache bleibt in Bewegung. Hier wird erfahrbar, was eine Aufgabe einer langsamen Einleitung sein kann: Der Aufbau von Spannung. – Halbe = 88 sind kein Rekordtempo, aber Bratschen, Celli und Bässe gehen das erste Thema mit Schwung an, der auch die ganze Exposition dominiert. Dabei bleibt der Orchesterklang recht kompakt – ich könnte mir manchmal mehr Trompetenglanz und Paukenknall vorstellen. Sofern nicht explizit anders vorgeschrieben, lässt Bernstein ein beseeltes Legato spielen. Sehr gut wird die Dramaturgie des Satzes herausgearbeitet. Die Piani könnten trotzdem manchmal etwas leiser sein.


    Wie eine Romanze klingt der Beginn des „Larghetto“ unter Bernsteins Händen – bei Achtel = 60 (es wird noch zügiger). Es hat hier durchaus die Keuschheit einer Romanze, aber nicht die Schlichtheit. Bernstein kostet die Emotionen aus, belässt es nicht nur bei der Andeutung. Später entfaltet Bernstein sehr wohl das sinfonische Potenzial dieses Satzes, lässt die Steigerung mit vollem Klang spielen.


    Der Anfang des Scherzos klingt schon ziemlich knallig (Blech, Pauken). Um 100 Takte pro Minute liegen auf Linie mit Beethoven. Kaum langsamer im Trio. Das Ganze klingt sehr energiereich und füllig.


    Der knallige Eindruck setzt sich dann eingangs des Finales fort – da lässt Bernstein seiner New Yorker Philharmoniker tatsächlich atemberaubend spielen, mit prallem Klang, mit Tempo und Spielwitz. Wie an Tuttistellen aufgespielt wird, wie bei den unerwarteten Modulationen kurz vor Schluss noch mal ein Brikett draufgelegt wird, das hat was, das macht Spaß! Der Finalsatz gelingt in dieser Aufnahme am besten.


    Wiederum lustvoller Beethoven mit Bernstein und den New Yorkern – hörenswert, aber nicht bei den Besten.

  • Riccardo Chailly, Gewandhausorchester, 26. – 30. Januar 2009



    Sehr scharf wird der 32tel-Auftakt genommen, große Spannung auf der langen zweiten Note, gefühltes Crescendo. Was kommt jetzt? Klare Phrasierung und Artikulation sind in den Holzbäserstellen hören, bedeutungsschwer setzen die Hörner ein. Aber alles ist recht zügig - keine Zeit verlieren. Die langen auf- und absteigenden Tonleitern hat man schon erfüllter gehört, sie ziehen vorbei wie die Landschaft bei einer Zugfahrt. Nur eine Episode. Gut sitzen die Sforzati, als solche klar zu erkennen, ohne herauszuplatzen. Doch insgesamt lässt mich diese langsame Einleitung ziemlich unbeteiligt. Sollte da nicht Spannung entstehen? – Das erste Thema weiß besser zu gefallen: Mit schlankem, doch spannendem Ton geht es in Celli und Bässen los, leicht fiedeln die Violinen ihre Tonleitern darüber. Paukenfans kommen hier nicht auf ihre Kosten. Auch das Fortissimo in der Überleitung zum zweiten Thema wird nicht herausgeballert. Dadurch wird das zweite Thema sehr organisch angeschlossen. Kontrastdramaturgie ist Chaillys Sache in diesem Satz nicht. Es bleibt für die Exposition der Eindruck eines detaillierten und sorgfältigen, schlanken und eleganten Spiels, das eher auf Homogenisierung der Musik angelegt ist. – Die Zusage, sich an Beethovens Tempi zu halten, wird übrigens nur teilweise einglöst: Beim ersten Durchspielen sind es doch eher 92 Halbe pro Minute statt 100, die die Partitur fordert. Bei der Wiederholung scheint Chailly zunächst ein Brikett mehr auflegen zu wollen und agiert zwischen 96 und 100, ist jedoch beim ersten Tutti wieder im behaglichen 92er Tempo. – In der Durchführung und der Reprise gibt es dann nichts grundsätzlich anderes zu hören: Ausgezeichnete Musik, gut gespielt, aber doch recht leichtgewichtig.


    Mit ca. 88 Achteln pro Minute hebt der zweite Satz nur knapp unter Beethovens Vorgabe an, Chailly gibt jedoch hin und wieder nach. Auch hier dominiert ein leichter Ton, was zusammen mit dem zügigen Tempo dem Satz den Charakter einer Serenade verleiht. Dabei enthält er genug dramatisches Material.


    Knapp oberhalb der Partiturvorschrift von 100 Takten pro Minute navigiert Chailly sein Orchester durch das Scherzo. Hier finde ich den Ton sehr leicht, den Sforzati wird die Spitze genommen, die Fortissimi werden nicht voll ausgespielt. Seltsam.


    Die Marschroute für das Finale ist keine andere, wenngleich Chailly hier zupackender musizieren lässt als im Scherzo, vor allem in den Bässen. Dies verleiht zumindest diesem Satz etwas mehr Biss und Gewicht. Positiv fällt auch hier hohe Präzision des großen Apparates auf, der genau auf den Punkt spielt und auch in Tremolostellen und rhythmisch vertrackteren Abschnitten absolut zusammen ist. Man hört hier durchaus eine vom technischen Standpunkt großartige Orchesterleistung. Letztlich bleibt aber auch dieser Satz eher locker und leicht. Überraschung in der Coda: Hier lässt Chailly mal das Orchester vor der Leine, hier darf es kräftig aufspielen und Ton geben. Mitreißend! Aber warum erst jetzt … ?


    Leichtigkeit ist Trumpf. Chailly rückt diese Sinfonie in Mozart-Serenaden-Nähe. Nach meinem Verständnis spiegelt dieses Werk jedoch eine deutliche Weiterentwicklung seit der 1. Sinfonie wieder, es bildet sozusagen eine eigene Stufe zwischen der ersten und der dritten Sinfonie. Nicht nur enthält es etliches dramatisches Potenzial, sondern erhebt mit der ausführlichen langsamen Einleitung und dem Scherzo (statt des Menuetto) sehr wohl Anspruch auf größeres musikalisches Gewicht, als es einer Serenade zukäme. Darum finde ich Chaillys Zugang interessant und hörenswert, aber letztlich unangemessen. Kein Argument für die Anschaffung dieses Zyklus.



    Christian Thielemann, Wiener Philharmoniker, Dezember 2008



    Thielemanns Vorliebe für kräftige Bässe ist schon in der langsamen Einleitung gut zu vernehmen. Wieder ist ein Klang, der „steht“, zu hören. Das weitet die klangliche Perspektive und klingt bedeutend. Breiter als bei Chailly, aber schlüssiger klingt hier die Einleitung: Thielemann bringt sie besser auf den Punkt, erzeugt mehr Spannung vor dem ersten Thema, lässt bei weitem nicht so beiläufig spielen wie in Leipzig. Sehr schön: Die Holzbläser zeigen ihre ganze Klasse. – Schon beim ersten Thema ist gut zu hören, dass Thielemann keineswegs die Sinfonie auf ihre Leichtigkeit befragen will, sondern das symphonische Gewicht sucht und findet. Etwas zu laut kommt das erste Thema daher, vor allem in den Begleitstimmen, das erleichtert es ihm jedoch, die Tuttistellen stringent anzuschließen. Mit ca. 92 Halben pro Minute ist er temposeitig auch dicht bei Chailly. Kräftig und energiegeladen klingt es. Das zweite Thema vibriert geradezu vor Spielfreude. Die Sforzati in der Schlussgruppe sind sehr gut dosiert. – Aufregend klingt dann der Beginn der Durchführung, die folgenden chromatisch fallenden langen Noten in den Bässen klingen sehr bedeutungsvoll-dramatisch. Thielemann treibt die Musik energisch voran. – In der Reprise scheint das Thema dann auch tatsächlich anders zu klingen, nachdem es das Drama der Durchführung passiert hat. - Sehr schlüssig, großer Klang mit stabilem Bassfundament, dadurch mit breiterem Pinsel als bei Chailly, was mir hier aber auch angemessen scheint.


    Ca. 72 Achtel pro Minute erlauben einen romanzenhaften Zugang zu zweiten Satz, der jedoch nie sentimental wird. Mit gerundetem Klang lässt Thielemann die Musik liebevoll und kulinarisch präsentieren. Höhepunkte werden kräftig und energisch ausgespielt, der volle Klang wird nicht gescheut. Das alles klingt sehr schön und geordnet, kann aber nicht wirklich packen. Wie bei Chailly bleibt es in der Sphäre des Nebensächlichen.


    Wie schon in der 1. Sinfonie nimmt Thielemann den Tanzsatz schneller, als es der Partiturvorschrift entspricht. Er setzt die leise-laut-Dramaturgie des Satzes sehr klar um. Auch hier wird viel Energie hörbar, man spürt den Wunsch, es gut zu machen. Und es ist gut!


    Ca. 144 Halbe pro Minute dann im Finale (Partitur: 152), beim zweiten Thema weniger. Wieder kräftiges und bewegtes Musizieren mit großem Klang in den Fortestellen, wieder eine gut dargestellte Dramaturgie. Auch die Coda weiß zu gefallen, ohne allerdings zu überwältigen. Was haben Wand und Harnoncourt da doch für Wunder offenbart!


    Gut gemacht, aber letztlich nur eine Aufnahme unter vielen – und keinesfalls eine herausragende. Schade ist, dass Thielemann sich und den Zuhörern im Saal und am heimischen Lautsprecher kein echtes Piano gönnt. So bleibt vieles unter dem gnädigen Schirm eines gefälligen, aber wenig differenzierten Gesamteindrucks. Dieser Eindruck ist allzu oft der, dass die Musik mit viel Energie nach vorne getrieben wird, aber vor lauter Kraft „untenrum“ aber nicht immer so richtig mitreißend wird. Ein starkes Argument für diese Aufnahmen könnte ja die Klangtechnik sein – aber gerade diese enttäuscht. Es klingt eher mulmig, und Thielemanns Wunsch nach einem kräftigen Fundament führt leider häufig zu aufgequollenem Klang in den oberen Bässen. Wehe, jemand hat in seinem Hörraum nicht genug Platz, um die Boxen weit genug von der Wand entfernt aufzustellen. Das hätte die Technik geschickter einfangen müssen – schade!

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  • Es ist wieder herrlich Deine vergleichenden Analysen zu lesen, lieber Wolfram.


    :thumbup: Das bestätigt meine eigenen Eindrücke wieder einmal mehr, die ich selber mit der Zeit auch erfahren habe.
    Was soll man zu Bernstein (SONY) auch anders sagen ? Da stimme ich mit Dir ein: "das hat was, das macht Spaß!"


    8) Immer mehr festigt sich bei mir der Eindruck, dass ich keinen der neuen Beethoven-Zyklen (Chailly und Thielemann) wirklich noch brauche.
    ;( Ein starkes Stück, dass im 21Jhd von Klangmulm bei den neuen Zyklen überhaupt die Rede sein kann. Du bist ja nicht der Erste der davon schreibt ! :( Nicht zu glauben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ein starkes Argument für diese Aufnahmen könnte ja die Klangtechnik sein – aber gerade diese enttäuscht. Es klingt eher mulmig, und Thielemanns Wunsch nach einem kräftigen Fundament führt leider häufig zu aufgequollenem Klang in den oberen Bässen.


    Ich kann diese Aussage nicht bestätigen. Man hat offenbar bei der Tontechnik versucht, den warmen und samtigen Klang des Musikvereins zu konservieren. Der ist völlig anders als bei den meisten Konzertsälen. Natürlich ist dieses Unterfangen nicht ganz unproblematisch, letztlich aber gar nicht so übel realisiert. Das Orchester klingt sehr rund, mit vollem, körperhaften Ton, mit viel Substanz von unten herauf. Was es hier NICHT gibt - und das sicher mit Absicht - jegliche Analytik und auch keine extreme Durchhörbarkeit. Aber schon das ganz klare Herausarbeiten der dynamischen Abstufungen widerlegt den Begriff "mulmig", obwohl hier natürlich subjektive Grenzen eine Rolle spielen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Auch ich möchte die Tontechnik verteidigen. Die Sony Tontechnik klingt nun mal anders als jene der Deutschen Grammophon:
    Voluminöser, "räumlicher" und "runder". Wer will auch "wärmer" und "musikalischer" - Gerade in letzter Hinsicht lässt diese Aufnahme keine Wünsche offen.
    Es ist aber sicher auch eine Frage der verwendeten Anlage und der Boxenaufstellung. Die Boxen sind Canton Vento 809DC - sie stehen auf einem (schwingenden) Fertigparkettboden und sind ca 60 cm von der Rückwand des Raumes entfernt.


    Der Klang unterscheidet sich nur marginal von der tendenziellen Abstimmung meiner AKG500 Kopfhörer, die heller und IMO Besser Klingen als meine 700er....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe mir auch mal die Mühe gemacht und die Hörschnipsel bei Amazon mehrer Male durchgehört.

    Zitat

    Theophilus: Was es hier nicht gibt - und das sicher mit Absicht- jegliche Analytik und auch keine extreme Durchhörbarkeit.

    Das möchte ich so nicht ganz stehen lassen. Thielemann wollte sicher seinen Beethoven auch analysieren, und das hat er in den Gesprächen mit Kaiser auch anklingen lassen, und die Stellen, die ich hören konnte, klangen dynamisch durchaus geschärft, vor allem in den Blechbläsern, teilweise kristallin und- und da bin ich ganz bei dir, keineswegs mulmig. Und es ist in der Tat ganz etwas anderes, ob man die DVD's sieht, oder ob man die CD hört. Eines hat dieses Hineinhören für mich noch zusätzlich gebracht, nach dem noch zu bewältigenden Durchhören der GA's von Dohnany, Leinsdorf und Herreweghe wird auch Thielemann noch folgen (und, wenn er wieder lieferbar ist, Leibowitz). So lange werde ich noch mein Hauptaugenmerk auf Beethoven richten.

    Zitat

    Alfred: Die Sony-Tontechnik klingt nun mal anders als jene der Deutschen Grammophon: Voluminöser, "räumlicher" und "runder". Wer will auch "wärmer" und "musikalischer".

    Du hast sicher gemeint, lieber Alfred, dass die mit Sony-Tontechnik angefertigten Aufnahmen anders klingen als jene der Deutschen Grammophon. Wenn du sie als runder und wärmer empfindest, ist das sicher dein subjektiver Eindruck. Ich sehe das etwas anders (s.o.). Aber musikalischer, wie soll das denn gehen? Ich denke, ob eine Aufnahme musikalischer klingt als eine andere, hängt nicht in erster Linie von der Tontechnik ab, sondern von der Qualität der Musiker. Wie sagte weiland Mozart: "Es gibt keine gute oder schlechte Musik, es gibt nur gute oder schlechte Musiker".


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das möchte ich so nicht ganz stehen lassen. Thielemann wollte sicher seinen Beethoven auch analysieren, und das hat er in den Gesprächen mit Kaiser auch anklingen lassen, und die Stellen, die ich hören konnte, klangen dynamisch durchaus geschärft, vor allem in den Blechbläsern, teilweise kristallin und- und da bin ich ganz bei dir, keineswegs mulmig.


    Die "fehlende" Analytik bezog sich bei meiner Aussage rein auf klangliche Aspekte. Da wird nichts herausgemeißelt, man hört nicht die Flöhe husten und die einzelnen Instrumente sind nicht in Reih und Glied aufmarschiert. Es ist alles verhältnismäßig integriert, das Orchester hört sich als bemerkenswert homogener Klangkörper an. Und gerade, weil die dynamischen Abstufungen dennoch so gut herauskommen, kann man nicht von einem mulmigen Klang sprechen. Das ist sicherlich Geschmackssache, aber in diesem Fall meines Erachtens explizit gewollt und ich kann sehr gut damit leben. Es erinnert wirklich ein wenig an den Musikverein (obwohl der Eindruck natürlich nur geschickt am Mischpult erreicht wurde).


    Allerdings spielen die Wiener auch außerordentlich klangschön, das muss ihnen ein anderes Orchester erst einmal nachmachen. In Verbindung mit den durchaus interessanten Interpretationen Thielemanns ist das Ergebnis bei den paar Symphonien, die ich aus diesem Zyklus kenne, absolut hörenswert, ohne dass ich diese Aufnahmen irgendwo einordnen will.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Diese Symphonie höre ich sehr gerne in den Interpretationen der Herren Thielemann (u.a. ein sehr tolles Scherzo) und Wand (zum Hören der Thielemann-Aufnahme auf den verlinkten Namen des Dirigenten klicken)



    Der von mir für viele Beethoven-Symphonien überaus geliebte und favorisierte Karajan überzeugt mich hier eher nicht:



    Ja - man hört den edlen Klang und die grossen Linien, allerdings verträgt diese Symphonie dieses Sostenuto+ Legatissimo (z.B. Einleitung 1. Satz oder Anfang 2. Satz) aufgrund des noch vom Barock herkommenden rhetorischen Sprachgestus m.E. weniger, d.h. diese z.B. bei Wagner und Sibelius überaus überzeugende Eigenart Karajans wirkt auch mich hier etwas aufgesetzt. Allerdings macht er (bzw. das Orchester....) dieses "Aufsetzen" oder "Stempel aufdrücken" sehr gut. Wenn man das so mag....warum nicht?


    Als Nebeneffekt muss man eine Einebnung vieler in der Partitur vorhandener und schön anzuhörenden Dinge in Kauf nehmen.
    Wenn man z.B. den Anfang der Sätze 1. und 2. z.B. in der letzten Karajan-Aufnahme und dann in Harnoncourts-Einspielung hört, weiss man glaube ich ungefähr, was damit gemeint sein könnte.


    Am meisten überzeugt mich für diese Symphonie ( und für die 1.) die Aufnahme Harnoncourts mit dem COE, und dies sogar mit beachtlichem Abstand.
    Es ist sicherlich eine überaus ausgearbeitete und dynamisch-lebendig gespielte Interpretation, die sowohl durchatmet ist vom Personalstil des Interpreten, als auch beim Mitlesen der Partitur einem als "richtig" vorkommt.
    Die Holzbläser, hier vor allem die Oboe, finde ich auch sehr klangschön, während die Streicher zwar sehr kammermusikalisch ausdrucksvoll, nicht aber so "einschmeichelnd warm" klingen, wie etwa die Wiener Philharmoniker in der Thielemann-Aufnahme.

    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Schon vom ersten Takt des Kopfsatzes an an war die rhythmische Präsenz dieser Einspielung hörbar, und sie erinnerte mich stark an die Zweite in meiner zuletzt besprochenen Gesamtaufnahme von Sir Georg Solti I (70er Jahre). Auch hier, wie schon in der Ersten, legt Christoph von Dohnanyi ein gehöriges Tempo an den Tag. Die Pauken treten noch stärker hervor als in der Ersten, und es herrscht auch hier der helle ("bright") Klangeindruck vor, im Verein mit einer schärferen Akzentuierung in den Streichern und Blechbläsern. Gleichzeitig fällt in den tiefen Streichern, wie auch schon bei Solti, eine ungeheure Klangtransparenz auf. Ist es ein Zufall, dass in meinem zuletzt besprochenen Zyklus (Chikagoer/Solti), in dem jetzigen (Clevelander/Dohnanyi) und in dem nächsten (Bostoner/Leinsdorf) ausgerechnet drei der amerikanischen Big Five vertreten sind? Da ich schon vor geraumer Zeit etwas zu den New Yorkern/Bernstein und ihrem Beethovenzyklus gesagt habe, habe ich mich eben dazu entschlossen, nach Leinsdorf auch noch den Zyklus aus Philadelphia mit Riccardo Muti zu besprechen, den ich selbstverständlich auch in meiner Sammlung habe.


    Dieses hohe Tempo legt Dohnanyi (leider) auch im Larghetto vor, denn ich finde langsam und spannungsvoll einfach passender für diesen Satz als schneller und spannungsvoll. Dieses Tempo hier ist eigentlich Andante. Umso mehr hat es mich erstaunt, als es mich an der schon vielfach zitierten großen Violinensteigerung in der Mitte des Satzes regelrecht durchgeschüttelt hat, nicht nur heftige Gänsehaut, nein auch Tränen. Das kommt bei mir seltener vor, aber es war hier einfach ganz toll. Da habe ich Dohnanyi das schnellere Tempo schnell wieder verziehen.


    Für das Scherzo und das Finale passte das schnelle Tempo natürlich viel besser, zumal im Scherzo und im Finale die Bezeichnung Allegro molto e con brio noch passender gewesen wäre. Das Finale (5:58) war noch schneller als bei Chailly (6:10), Solti (6:32) und Leinsdorf (6:32), um nur einige meiner aktuellen Gesamtaufnahmen zu nennen. Die Krönung war das Finale mit der gewaltigen Coda, die beinahe alles mitriss. Das war Kraft und Brio pur. Es würde mich an dieser Stelle schon brennend interessieren, ob die erst jüngst entstandene Gesamtaufnahme von Dohnanyis mit seinem NDR-Sinfonieorchester auch in irgendeiner Form zu haben wäre. Es wäre schon interessant, da vergleichen zu können.
    Von der Eroica an werde ich meine Höreindrücke wieder während des Hörens mitschreiben.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • 1. Satz: Adagio molto - Allegro con brio (12:16):


    Den Adagio molto - Beginn mit den beiden Tuttischlägen nimmt Leinsdorf ungewöhnlich zügig, gewohnt transparent und lässt es spannungsvoll musizieren und führt unerbittlich auf den Ausblick auf die Neunte hin: gewaltig. An der oberen Streicherkante ist der Klang geschärft. Nach 2.40 min. beginnt das Hauptthema in "normalem" Tempo, sehr schwungvoll, großsymphonisch, sehr akzentuiert, mit schönen, selten gehörten Einzelheiten und knackigen Tuttischlägen.
    So klingt es nicht, wenn man sich zu solchen Aufnahmen überreden lassen muss.
    Auch die d-moll-Schläge kommen wieder sehr überzeugend. Die Pauken melden sich auch vernehmlich. nach 5:00 min. wird das Hauptthema wiederholt (ich werfe solche Tempoangaben hier ein, um im Gegenhören von Leibowitz feststellen zu können, ob er wirklich 3 Minuten schneller ist oder nur die Wiederholung weglässt). In den Streicherpassagen kann man wieder sehr schön die einzelnen Stimmen verfolgen. Auch das Seitenthema ist in der Wiederholung wunderbar. Die Durchführungsfuge ist auch sehr schwungvoll und vorwärtsdrängend mit markanten Blechbläsern.
    Dies ist ein vorbildliches Allegro con brio, äußerst virtuos von den Bostonern vorgetragen. Die Reprise setzt bei 9:00 ein mit wiederum beeindruckenden d-moll-Schlägen, die dann langsam in die rauschende Coda mit der herrlichen Crescendo-Steigerung mit den noch stärker hervortretenden Pauken mündet.


    2. Satz: Larghetto (11:18):


    Traumhafter Beginn, auch die Wiederholung mit den Klarinetten. Die Zeit scheint still zu stehen, nur noch die Musik zählt. Das ist wahrhaft ein Larghetto, kein Andante, sehr expressiv gespielt, mit wunderbaren Klarinetten, schön auch die kurze Changierung nach Moll und die wiegenden Streicher. Diese Passagen sind wirklich packend, auch die kuren Striche, dann das bedächtige Schreiten mit den Streichern, den Klarinetten und Hörnern, kurzes Variieren nach Moll und Crescendo mit anschließenden bezaubernden Fagott, das zur kurzen, dramatischen Durchführung weist, die dann zur herrlichen Streichersteigerung hinführt, mein eigentlicher Höhepunkt dieser Symphonie, dieses Mal mit etwas weniger Gänsehaut.
    Über diesem ganzen Satz liegt gleichwohl eine große Gelassenheit, weniger Drama, im Gleichmaß geht es weiter, mit herrlichen Melodievarianten, meisterhaft dargeboten. Wenn ich all diese mitreißenden Aufnahmen aus der Vergangenheit höre, dann tut es mir nur sehr leid, dass ich nicht persönlich dabei war. Beeindruckend noch mal das Ende mit der Soloflöte.


    3. Satz: Scherzo.Allegro (3:46):


    Mit prägnanten Pauken geht es im ruhigen, aber nicht langsamen Tempo, Allegro eben, weiter. Ein schöner, zwischen pochendem und wiegendem Rhythmus wechselnder Fortgang. Das Trio gestaltet sich sehr interessant mit zwischenzeitlich grummelnden Streichern, nach 2:48 min. folgt die Reprise mit kernigen Tuttischlägen und einem kernigen Schlussakkord.


    4. Satz: Allegro molto (6:32):


    Es geht sofort in ff zur Sache mit hervorstechenden Pauken, der swingende Rhythmus setzt sich auch hier fort. Schön tritt das Solofagott auf, die pochenden Tuttischläge, immer wieder die Paukenwirbel darunter, die Streicher immer auf der vorderen Stuhlkante; die Pauken steigern sich noch mehr, dann folgt die herrliche Durchführung, das Nebenthema in Oboe und Fagott, das dann bald wieder zur Reprise führt, nach 4:18 min, die sich aber sofort abgeändert fortsetzt mit großen Blechbläsern und wieder in jenen hüpfenden Rhythmus mündet, den Beethoven so meisterhaft beherrscht. FF-Tutti gehen zur rauschenden Coda über, in der Leinsdorf nicht acceleriert aber crescendiert. Großartig!!


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    trotz deiner begeisternden Worte für Leinsdorf sage ich Dir jetzt schon voraus, dass die nächst folgende Aufnahme und Rezension von Dir über Leibowitz mit der Sinfonie Nr.2 Dich nochmal mehr aufwühlen und begeistern wird.


    Was Du schon nachvollziehbar bei der fantastischen Aufnahme (mit Leibowitz) der Eroica in Worte gefasst und erkannt hast, wird hier nochmal getoppt. :thumbsup: Für mich ist Leibowitz einer meiner ganz grossen Favoriten für die Sinfonie Nr.2.


    :hello: Bin gespannt auf deinen nächsten Beitrag hier - und ob ich Recht behalte !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Genau das passt.


    Der Klang der Streicher beschreibt einen seltsamen Bogen, so durchhängend, als ob der Streicherklang in eine Mulde fällt und wieder herauskommt.


    Dies als etwas Positives zu sehen halte ich für fragwürdig. Hier wird wieder die Dynamik im Fortgang der Musik ausgebremst.


    ist das so gewollt? Mit Sicherheit ja, eine dem Wohlklang untergeordnete Interpretation, die sich durch den ganzen Zyklus zieht.


    Ein Beethoven zum einschlafen.

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