Können kurze Stücke große Werke sein?

  • Hallo liebe TaminoanerInnen


    Es gibt einige sehr eindrückliche kurze Werke, insbesondere im 20. Jahrhundert. Erwähnung verdient hier sicherlich der am vergangenen Wochenende 80 Jahre alt gewordene György Kurtág.


    Sehr gerne hören wir folgende CD mit Werken von György Kurtág.



    Signs, Games and Messages für Streicher; Orlando Trio bei ECM erschienen


    Gänzlich instrumental gehalten sind seine Signs, Games and Messages für Streichtrio, ein 1989 begonnenes „Work in Progress“, Miniaturen (oftmals mit gleichsam programmatischen Titeln oder Widmungen versehen), die charakteristisch für Kurtágs Musiksprache sind (besonders gelungen etwa das Farbenspiel in der Hommage à J.S.B.). Auch mit dem Zyklus …pas à pas – nulle part… nach Gedichten von Samuel Beckett und Sébastien Chamfort für Bariton, Streichtrio und Schlagzeug – zwischen 1993 und 1998 komponiert – gelingt dem Komponisten assoziative Musik von eindringlicher Intensität, Zartheit und voller Anspielungen.


    Herzliche Grüsse


    romeo&julia

  • Mir fällt spontan die "Tromba Lontana" von John Adams ein ( ich habe sie mit dem San Francisco Orchestra unter de Waart). Ein Stück von 4 Minuten, das ich aber unheimlich gerne höre. Meist kombiniere ich es mit dem fetzigen "Short ride" oder auch mit "Christian Zeal".

  • Hallo Martin,


    besitze den Adams unter Rattle. Kennst Du diese Aufnahme auch und wenn ja, wie siehst Du sie im Vergleich zu Deiner mit de Waart??


    LG
    Wulf.

  • Hallo,


    ein weiteres faszinierendes und wunderschönes Musikstück ist das 8-minütige a-capella Chorwerk (d.h. 16 Einzelstimmen, die Klangwolken ersingen) "Lux aeterna" von Ligeti. Für mich das Eintauchen in eine andere Sphäre.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo Uwe,
    Das ist es, was ich "Sphärenmusik" nennen würde! (Bloß: IMO etwas lang für ein "kurzes Stück".)
    LG
    P.S.: Hat eigentlich schon jemanden den "Minutenwalzer" erwähnt? Auch kein übles Stück...

    ...

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  • Hallo!


    Wo schon gerade der Name Chopin fiel...
    Ich höre gerade seine Etüden. Da sind viele kleine Stücke darunter, die ich sehr schön finde, am meisten die letzte (op. 25 Nr. 12 in c-moll) - großartig!


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    P.S.: Hat eigentlich schon jemanden den "Minutenwalzer" erwähnt? Auch kein übles Stück...


    Hat es denn schon mal jemand geschafft, das Stück auch wirklich in einer Minute unterzubringen? Geht das überhaupt, auch wenn man die Wiederholungen weglässt?
    Ich meine mal, was gehört zu haben...



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Hat es denn schon mal jemand geschafft, das Stück auch wirklich in einer Minute unterzubringen?


    Eine Bekannte von mir, die eine ausgezeichnete Pianistin geworden wäre, wenn sie's nicht in die Kommunalpolitik gezogen hätte, hat's in einer Privatvorstellung im vierten oder fünften Anlauf mit knapp über einer Minute geschafft. Aber frag' nicht, wie das geklungen hat. Auch Rudolf Buchbinder soll es gelungen sein.


    Natürlich ist das ein völliges Missverständnis, Chopin meinte wohl eher, eine besondere Minute in Musik ausdrücken zu wollen, nicht, dass das Stück in einer Minute zu spielen ist. Aber möglich ist es (bei gestrichenen Wiederholungen) schon.

    ...

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  • Ja ja, der Minutenwalzer.
    Das einzige Klavierstück, das meine Frau Mama fehlerfrei vom Blatt spielen konnte. Dementsprechend hat sie es häufig - nein korrigiere - sehr häufig gespielt.
    War damals kurzdavor bei den Jungs von ai anzurufen....aber sie hat uns einfach weiter gequält.....meine eigene Mutter....
    Schicksale gibts....


    Ja, ich muss mich wirklich schwer zusammennehmen um nicht in ein übertriebenes Smiley-Posten zu verfallen, wenn ich nur den Namen "Minutenwalzer" höre.

    :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz: :kotz:



    Oh, entschuldigt, ich mach auch sauber :)


    Und entschuldigt die extreme Unseriosität dieses Beitrags,aber irgendwie geht es mir jetzt besser. das musste einfach mal von der Seele.

  • Soweit ich weiß soll "valse minute" nur andeuten, das es ein kleiner Walzer ist (und kein "grande valse brillante". Mit der Zeiteinheit hat das wohl erstmal gar nichts zu tun...Das Stück möglichst schnell runterzuhudeln, ist gewiß nicht angemessen...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mit der Eröffnung dieses Threads scheine ich den einen oder anderen irritiert zu haben, aber jetzt, nachdem ich den Chopin nach erfolgter Aufklärung im Internet gehört habe, bin ich irritiert: Der Minutenwalzer ein großes Werk, ein Meisterwerk? Oder habe ich irgend etwas falsch verstanden?


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Hallo Wulf!


    Diese Problematik kenne ich auch, allerdings wars bei mir meine Großmutter, die mich mit Minutenwalzer, Türkischem Marsch usw. täglich gequält hat. Sie hat in "höherer Töchter-Manier" entsetzlich, aber mit Hingabe, Klavier gespielt. Seit dieser Zeit kann ich diese Kompositionen, so schön sie auch sind, nicht mehr hören, ich höre dabei immer das Klavierspiel meiner sonst sehr geliebten Großmutter in mir drinnen. Andererseits bin ich ihr dankbar, das waren in meiner Kindheit die ersten Eindrücke der klassischen Musik, trotzdem habe ich für diese Gattung eine große Liebe entwickelt.


    Die Frage, ob kleine Stücke große Meisterwerke sein können, beantworten die Chopin-Etüden, der Minutenwalzer und viele andere wohl von selbst. Die Länge eines Stückes sagt nichts darüber aus, ob es ein Meisterwerk ist, sondern nur sein Inhalt. Umgekeht gibt es lange Musikwerke mit wenig Aussage genauso.

  • Zitat

    Original von Erna
    Die Frage, ob kleine Stücke große Meisterwerke sein können, beantworten die Chopin-Etüden, der Minutenwalzer und viele andere wohl von selbst. Die Länge eines Stückes sagt nichts darüber aus, ob es ein Meisterwerk ist, sondern nur sein Inhalt. Umgekeht gibt es lange Musikwerke mit wenig Aussage genauso.


    Man könnte sogar behaupten, dass kurze Stücke in gewisser Weise besser sein müssen als lange, um sich überhaupt durchzusetzen. Ein Roman kann großartig sein, auch wenn er ein paar dutzend etwas fade Seiten enthält. Bei einem Aphorismus oder einem kurzen Gedicht muß dagegen jedes Wort, oder gar jede Silbe passen. Vermutlich (obwohl gewiß jedem Gegenbeispiele einfallen...) gelten für Sinfonien oder Opern ein wenig strengere Regeln als für Romane, dennoch trägt der Vergleiche, glaube ich ganz gut.
    Selbstverständlich kann ein Roman/eine Sinfonie andererseits einen wesentlich vielfältigeren Inhalt, mehr Kontraste der Emotionen usw. bieten als ein kurzes Gedicht.
    Zurück zu Musik. Ich glaube nicht, eine exotische Ansicht zu vertreten, wenn ich viele Lieder von Schubert und Schumann, Klavierstücke von Scarlatti, Chopin oder Brahms (um nur einige zu nennen), die alle weniger als 5 min. dauern, für gelungenere, lohnendere, großartigere Werke halte als Heldenleben, Sinfonia Domestica, Hunnenschlacht u.v.a. größtenteils gnädigerweise recht obskure "große" Werke...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

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  • Hallo Johannes!


    Ich denke, dass in der Musik wie in der Literatur tatsächlich ähnliche Kriterien gelten, bei längeren Werken fällt ein "Durchhänger" nicht so auf, wie bei kurzen Stücken. Bei einem Werk von 5 Minuten kann sich ein Dichter oder ein Komponist keine derartige Panne leisten, sonst setzt sich das Werk nicht durch.
    Mich beeindruckt die komprimierte Form eines Liedes oder eines Gedichtes, wenn sie wirklich gut sind, fast mehr als die große Form einer Symphonie oder eines Romanes. Der Kosmos eines Schubert-Liedes ist für mich ungleich weiter und grösser als z.B. in seiner Oper Fierrabras. Bei manchen Komponisten ist es eben so, dass sie Meister der kleinen Form sind, sie benötigen offensichtlich,manchmal zumindest, keine großen "Worte" um den Inhalt ihrer Aussage transportieren zu können.

  • Hallo!!


    Es gibt nur eine möglich Antwort:


    JA!!!!!!!!!!!



    Ich finde, dass wenige Takte, das große Genie ausmachen. Es gab viele gute Komponisten, aber wenige geniale Komponisten, an wenigen Takten aus Opern, Knzerten, Symphonien, an kleinen Werken, sticht das große Genie hervor.


    LG Joschi

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Man könnte sogar behaupten, dass kurze Stücke in gewisser Weise besser sein müssen als lange, um sich überhaupt durchzusetzen. Ein Roman kann großartig sein, auch wenn er ein paar dutzend etwas fade Seiten enthält. Bei einem Aphorismus oder einem kurzen Gedicht muß dagegen jedes Wort, oder gar jede Silbe passen. Vermutlich (obwohl gewiß jedem Gegenbeispiele einfallen...) gelten für Sinfonien oder Opern ein wenig strengere Regeln als für Romane, dennoch trägt der Vergleiche, glaube ich ganz gut.
    Selbstverständlich kann ein Roman/eine Sinfonie andererseits einen wesentlich vielfältigeren Inhalt, mehr Kontraste der Emotionen usw. bieten als ein kurzes Gedicht.


    Lieber Johannes,


    sehr treffend formuliert, kann ich nur unterschreiben- alles andere hieße Eulen nach Athen tragen. :D :D


    Herzliche Grüße,:hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)