Wer komponierte die besseren Sinfonien – Haydn oder Mozart?

  • Odenwaldis vulgaris :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Angesichts unseres aktuellen Haydn-Projekts will ich hiermit diesen interessanten thread wieder wachküssen.


    Die Fragestellung hat mich 2006 schon beschäftigt, ich fand aber zu keiner Antwort. Damals wie heute lautet meine Antwort aber eher Mozart als Haydn.


    Aber jetzt werde ich mich ja inensiver mit Haydn beschäftigen und vielleicht mein Urteil ändern, zumal ich mich noch recht wenig mit seinen mittleren Sinfonien auskenne, die ihrem Etikett "Sturm und Drang" alle Ehre machen.


    Obgleich Haydns späte Sinfonien alles vorzügliche Meisterwerke sind, die die Form schufen und dennoch flexibel in ihrer Form waren, scheint mir Haydn doch etwas zu stark in seiner Form verhaftet zu sein. Im Vergleich zu Mozart fällt mir das vor allem in den langsamen, zweiten Sätzen auf. Überhaupt Mozart: Seine mittleren scheinen mir auch ausgezeichnete Konkurrenten zu Haydns Sturm und Drang Sinfonien zu sein, die späten (ab "Haffner") finde ich allesamt über Haydn stehend. Wie verschwenderisch Mozart ins melodisch-thematischen Füllhorn greift! Da gibt es Sonatenhauptsätze, in denen man mit dem Zählen zusätzlicher unabhängiger Themen kaum nachkommt. Und wie viele verschiedene bis gegensätzliche Stimmungen er in einem langsamen Satz aus dem Hut zaubern kann! Mozarts späte Sinfonien sind für mich richtige Persönlichkeiten mit einer Seele. Bei Haydn klingt mir vieles doch recht austauschbar. Langsame Einleitungen zum ersten Satz, die keine oder nur schwer nachweisbare Beziehungen zum folgenden Hauptteil des Satzes haben. Und dann noch dazu durch eine kräftige Zäsur getrennt sind. Nach der langsamen Einleitung des ersten Satzes der 104ten ertappe ich mich regelmässig dabei, wie ich auf den Beginn des Hauptthemas von Schuberts Dritter warte. Haydns Themen. Oft vorhersehbare 4-,8- oder 16-Takter. Erst im piano, dann im vollen Orchesterforte. Freilich spielt Haydn auch mit der Erwartungshaltung und verstösst oft schmunzelnd dagegen. Dennoch finde ich das oft streng formverhaftet. Auf die Erlösung wartend, die Beethoven mit seinen ersten beiden, dazu vergleichsweise wirklich kühnen, Sinfonien bringt, die Haydns Form zwar nutzen, aber in "nicht korrekt zusammengesetzten" Trümmerstücken. Bei Haydn weist mir vieles in Richtung Beethoven, Mozart erscheint mir vollendet und absolut unabhängig was Vorgänger und Nachfolger betrifft. Ich denke eher, dass sich Beethoven mit seiner Ersten und Zweiten ins von Haydn "gemachte Nest" setzt und dieses dabei auch gleich ein bisschen beschmutzt als dass sich mir bei Mozart dieser Eindruck aufdrängen würde.


    Naja, wie dem auch sei,


    ich wünsche uns dennoch einen Haydn-Spaß mit unserem "Projekt 104"


    :hello:

  • Mitlerweile nenne ich auch einige "Haydn - Sinfonie - Einspielung" mein eigen.
    Von Mozart ist es ja etwas leichter alle Sinfonien zu Hause zu haben.


    Und da fängt es auch schon an.
    Bei Haydn verliere ich völlig den Überblick.
    Dies hängt einmal mit der enormen Menge zusammen, auf der anderen Seite fehlt mir bei Haydn der "Wiedererkennungswert"
    Wärend Mozart Sinfonien schreibt, deren Themen einem nicht mehr loslassen, ist bei mir eine Haydn Sinfonie zwar im Moment des Erklingens eine tolle Sache, aber schon wenige Momente später auch schon wieder vergessen.



    Bei Haydn ist es ähnich wie bei Telemann, schöne Musik, die aber irgendwie nicht "haften" bleibt.


    Auch wenn die Sinfonie nur ein "Rand - Gengre" bei Mozart sein soll (41 - bzw. über 50 Sinfonien als Randerscheinung zu bezeichnen finde ich etwas befremdlich...aber nun ja)
    Würde ich Mozart doch den Vorzug geben.


    Und das nicht nur im Bereich der Sinfonie. Mozart ist eigentlich allen Komponisten in allen Gengres Haushoch überlegen, deshalb ist ein Vergleich unfair - Mozart ist einfach eine Wunder gewesen, etwas was die Natur nur alle paar Tausend Jahre hervorbringt - unerreichbar.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Und das nicht nur im Bereich der Sinfonie. Mozart ist eigentlich allen Komponisten in allen Gengres Haushoch überlegen, deshalb ist ein Vergleich unfair - Mozart ist einfach eine Wunder gewesen, etwas was die Natur nur alle paar Tausend Jahre hervorbringt - unerreichbar.


    Na ja, das scheint mir aber auch eine überschwängliche Spontan-Reaktion zu sein.
    Haydns letzte 15 bis 20 Symphonien enthalten ALLE Motive, Themen, Melodien, die haften bleiben udn eingägnig sind.


    Komisch, daß gerade Du, der Du bekanntermaßen kein Freund der Genie-Debatte und des allzuschnellen Rankings bist, nun mit einem solchen - IMO etwas haarsträubenden - Satz kommt.


    Was die Symphonie anbelangt, sollte Beethoven wohl bedeutender und in der Qualität mindestens ebenbürtig sein. Haydn in seinen letzten zwanzig bis dreißig Symphonien ebenso. Bei den Klavierkonzerten ist Beethoven mindestens auf gleichem Niveau...


    oder meintest Du das ironisch???
    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Und das nicht nur im Bereich der Sinfonie. Mozart ist eigentlich allen Komponisten in allen Gengres Haushoch überlegen, deshalb ist ein Vergleich unfair - Mozart ist einfach eine Wunder gewesen, etwas was die Natur nur alle paar Tausend Jahre hervorbringt - unerreichbar.


    :D


    Im Vergleich zu Haydn hat das meiner Meinung nach sogar einen Funken Wahrheit. Mozart hatte ab und an Einfälle, die man wirklich als "Wunder" bezeichnen kann. Wenn immer er solche Einfälle in ein Werk packte, gipfelt dieses Werk alle Vergleichswerke seiner Zeitgenossen, egal in welchem Genre. So denke ich zwar, dass Haydn insgesamt ein beachtlicheres Sinfonieschaffen hinterlegt hat - aber als Mozart mit seinen letzten beiden ankam, konnte auch Haydn nicht mehr überbieten. Und nicht ohne Grund findet man das Eröffnungsthema der g-Moll-Sinfonie auf jedem Handy als Klingelton.


    Du schreibst aber "allen Komponisten". Und da muss ich nochmal betonen, was Wulf bereits gesagt hat, nach Mozart kam ja noch ein zweites Wunder. Und ich wüsste gerne, wie du begründest, dass Mozart Beethoven in den Genres Streichquartett, Sinfonie, Klavierkonzert, Violinkonzert, Klaviersonate, Violinsonate etc. "haushoch überlegen" ist.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Aber jetzt werde ich mich ja inensiver mit Haydn beschäftigen und vielleicht mein Urteil ändern, zumal ich mich noch recht wenig mit seinen mittleren Sinfonien auskenne, die ihrem Etikett "Sturm und Drang" alle Ehre machen.


    Obgleich Haydns späte Sinfonien alles vorzügliche Meisterwerke sind, die die Form schufen und dennoch flexibel in ihrer Form waren, scheint mir Haydn doch etwas zu stark in seiner Form verhaftet zu sein. Im Vergleich zu Mozart fällt mir das vor allem in den langsamen, zweiten Sätzen auf.


    Das sehe ich exakt umgekehrt und halte das auch für relativ leicht zu belegen. Haydn ist sehr viel freier und flexibler als Mozart, wobei man natürlich bei dutzenden reifer Werke gegenüber 5-8 dennoch ab und an ähnliche Typen treffen wird, das ist kaum zu vermeiden. Gerade bei den langsamen Sätzen findet sich bei Haydn eine große Vielfalt: vom einfachen ABA' über Variationen und Doppelvariationen bis zu Sonatensätzen und solchen, die zwar als Variationssatz beginnen (wie in 104), aber dann sehr frei weitergeführt werden. Da Mozart nur eine Handvoll später Sinfonien geschrieben hat, kann man daraus natürlich auch nicht viel schließen.


    Zitat


    Bei Haydn klingt mir vieles doch recht austauschbar. Langsame Einleitungen zum ersten Satz, die keine oder nur schwer nachweisbare Beziehungen zum folgenden Hauptteil des Satzes haben.


    Das trifft auf die gigantische Einleitung zur "Prager Sinfonie", so grandios sie zweifellos sein mag, in viel höherem Maße zu als auf Haydns! Viele der Einleitungen sind "gestaltlose" Vorahnungen des folgenden Themas (besonders deutlich in 90, 97 und 98 ), zum Sonderfall der 103 siehe dort. Es stimmt aber gewiß, daß etliche Einleitung auch nur "die Bühne" für den folgenden Satz eröffnen.


    Zitat


    Und dann noch dazu durch eine kräftige Zäsur getrennt sind. Nach der langsamen Einleitung des ersten Satzes der 104ten ertappe ich mich regelmässig dabei, wie ich auf den Beginn des Hauptthemas von Schuberts Dritter warte. Haydns Themen. Oft vorhersehbare 4-,8- oder 16-Takter. Erst im piano, dann im vollen Orchesterforte. Freilich spielt Haydn auch mit der Erwartungshaltung und verstösst oft schmunzelnd dagegen. Dennoch finde ich das oft streng formverhaftet. Auf die Erlösung wartend, die Beethoven mit seinen ersten beiden, dazu vergleichsweise wirklich kühnen, Sinfonien bringt, die Haydns Form zwar nutzen, aber in "nicht korrekt zusammengesetzten" Trümmerstücken. Bei Haydn weist mir vieles in


    Auch das sehe ich genau umgekehrt. Verglichen mit Haydn klammert sich der frühe Beethoven oft beinahe ängstlich an die Vorgaben der Tradition (kühn ist er in zweitrangigen Details), während Haydn niemandem mehr was beweisen muß, sondern völlig souverän schaltet und waltet.


    Eine gewisse Uniformität findet sich lediglich in den Menuetten und einigen Finalsatztypen (und auch hier gibt es noch genügend, die sui generis sind, z.B. 98, 103 und 104). Wenn man von Mozart mehr als die letzten 6 betrachtet, wird man dort ebenso "Schemata" finden. (Seine Menuette sind mit Ausnahme der letzten 2 Sinfonien ziemlich uninteressant und viel schematischer als Haydns.) Der piano-Beginn mit folgendem Tutti ist halt ein üblicher Standard. Die Finali von Mozarts Klavierkonzerten folgen auch fast alle solch einem Schema.


    Die Sinfonie ist, ungeachtet der 40 oder 50 Stück ganz klar ein Rand-Genre bei Mozart. Er hat in den letzten 10 Jahren seines Lebens nur 6 oder 8 komponiert (ich bin jetzt zu faul nachzusehen, von wann 33 u. 34 stammen). Nr. 31, die "Pariser" stammt von 1778, alles vorherige sind "Frühwerke"!


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Vokabel "Wunder" lässt immer aufhorchen - der Autor hat das erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit. Deswegen stehe ich begriffen wie "Wunder" etc. kritisch gegenüber, weil sie meines Erachtens wenig aussagekräftig sind und mehr etwas über die Präfernezen des Schreibenden sagen.


    Aber sei es drum. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, daß die Jupiter-Symphonie der "höhere" Gipfel ist also Haydns !03. Wenn doch, weise man mir mal nach, warum das so ist.


    Mozarts 40. ist der Gipfel an Expressiviät innerhab der Wiener klassischen Periode. Aber ist das gleichbedeutend mit der Feststellung sie sei der Gipfel der Zeit schlechthin? Haydns Perrsonalstil war ein doch etwas anderer als der Mozarts - seine Behandlung von Motiven und Themen entspringt einer anderen "Geisteshaltung" .


    rappy: Vor Mozart gab es auch schon "Wunder", insofern....
    :angry: :angry: und bitte, bitte, laß doch mal dieses doofe Klingelton-Argument. Demzufolge ist Michael Jackson das größte Wunder.....


    :D
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Die Vokabel "Wunder" lässt immer aufhorchen - der Autor hat das erreicht, was er wollte: Aufmerksamkeit. Deswegen stehe ich begriffen wie "Wunder" etc. kritisch gegenüber, weil sie meines Erachtens wenig aussagekräftig sind und mehr etwas über die Präfernezen des Schreibenden sagen.


    Ich will mich insofern verteidigen, dass ich erstens den Begriff von Lullisten aufgenommen habe und zweitens mir kein besserer eingefallen ist, um die Besonderheit von Mozarts Ideen zu beschreiben ;)


    Zitat


    Aber sei es drum. Ich weiß nicht, ob man sagen kann, daß die Jupiter-Symphonie der "höhere" Gipfel ist also Haydns !03. Wenn doch, weise man mir mal nach, warum das so ist.


    Bei zwei erstklassigen Werken zu begründen, warum eines besser ist als das andere, ist immer äußerst schwierig. Ich habe das Gefühl, Mozart ist am Ende seines Lebens noch ein wenig kühner. Ich kann Thomas' Meinung gut nachvollziehen, auf wenn Johannes heftig widerspricht. Auch ich habe das Gefühl, dass Haydn gerade formal sich bis zur letzten Sinfonie an ein Schema hält, welchem er nur hier und da mal geistreich entgegenwirkt.
    Bei Mozart habe ich das Gefühl, es kommt erst die Idee und dann die Form und nicht andersrum. So fängt dann auch die 40. mal mit der Bratschenbegleitung an und die 41. besitzt im Kopfsatz drei markante Themen - auch ansonsten sich von den vorherigen Sinfonien völlig abhebende Werke, fast wie später bei Beethoven.


    Zitat

    Haydns Perrsonalstil war ein doch etwas anderer als der Mozarts - seine Behandlung von Motiven und Themen entspringt einer anderen "Geisteshaltung".


    Da stimme ich vollkommen zu.
    Ich will auch Haydn hier nicht schlecht reden, ich höre Haydn-Sinfonien lieber, weil sie mir persönlich näher liegen, aber ich kann die Kritik der "Haydn-Gegner" gut nachvollziehen.


    Zitat


    rappy: Vor Mozart gab es auch schon "Wunder", insofern....
    :angry: :angry: und bitte, bitte, laß doch mal dieses doofe Klingelton-Argument. Demzufolge ist Michael Jackson das größte Wunder.....


    Ich wusste gar nicht, dass ich das schonmal gebracht habe :D

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  • Zitat

    Original von rappy


    Ich will mich insofern verteidigen, dass ich erstens den Begriff von Lullisten aufgenommen habe und zweitens mir kein besserer eingefallen ist, um die Besonderheit von Mozarts Ideen zu beschreiben ;)


    War auch gar nicht auf Dich, sondern auf den Lullisten bezogen. Deswegen habe ich bei Dir den Klammeraffen und Deinen Namen davor gesetzt ;)

    Zitat


    Bei zwei erstklassigen Werken zu begründen, warum eines besser ist als das andere, ist immer äußerst schwierig. Ich habe das Gefühl, Mozart ist am Ende seines Lebens noch ein wenig kühner. Ich kann Thomas' Meinung gut nachvollziehen, auf wenn Johannes heftig widerspricht. Auch ich habe das Gefühl, dass Haydn gerade formal sich bis zur letzten Sinfonie an ein Schema hält, welchem er nur hier und da mal geistreich entgegenwirkt.
    Bei Mozart habe ich das Gefühl, es kommt erst die Idee und dann die Form und nicht andersrum. So fängt dann auch die 40. mal mit der Bratschenbegleitung an und die 41. besitzt im Kopfsatz drei markante Themen - auch ansonsten sich von den vorherigen Sinfonien völlig abhebende Werke, fast wie später bei Beethoven.


    Wow. Und ich habe dieses "Gefühl" nicht. Und nun?



    Zitat


    Ich will auch Haydn hier nicht schlecht reden, ich höre Haydn-Sinfonien lieber, weil sie mir persönlich näher liegen, aber ich kann die Kritik der "Haydn-Gegner" gut nachvollziehen.


    Höre beides gerne, obwohl mir Haydn auch etwas näher steht. Die Argumente der "Gegner" kann ich nicht ganz so nachvollziehen...

    Zitat


    rappy: Vor Mozart gab es auch schon "Wunder", insofern....
    :angry: :angry: und bitte, bitte, laß doch mal dieses doofe Klingelton-Argument. Demzufolge ist Michael Jackson das größte Wunder.....


    Ich wusste gar nicht, dass ich das schonmal gebracht habe :D[/quote]


    Da muß ich mich vertan haben ;) Ich denke, daß Du ein sehr melodiebetonter Mensch bist - erscheint mir zumindest aus Deinen beiträgen so. Melodie und Einprägsamkeit ist das a & o für einen Klingelton und generell für die ganze Pop-Branche. Wie Du ja sicher weißt, sit Melodie aber längst nicht das Einzige, was ein Werk der abendländischen Kunstmusik zu seinem Wert verhilft.
    Übrigens: habe Dir etwas zu Deinem Geburtstagsständchen geschrieben... :P


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Wow. Und ich habe dieses "Gefühl" nicht. Und nun?


    Dann haben wir beide unterschiedliche Gefühle und brauchen uns gar nicht zu streiten, wer Recht hat, denn es sind ja nur Gefühle ;-)
    Ist eh' zu schwammig, um da zu einem Ergebnis zu kommen, dem jeder zustimmt.


    Zitat


    Da muß ich mich vertan haben ;) Ich denke, daß Du ein sehr melodiebetonter Mensch bist - erscheint mir zumindest aus Deinen beiträgen so. Melodie und Einprägsamkeit ist das a & o für einen Klingelton und generell für die ganze Pop-Branche. Wie Du ja sicher weißt, sit Melodie aber längst nicht das Einzige, was ein Werk der abendländischen Kunstmusik zu seinem Wert verhilft.


    Ja, du kennst mich schon gut - obwohl das auch wieder sehr schwammig ist. Eine (deswegen einprägsame?) 8-Takter-Melodie im Volkston ist ja nicht die einzige Möglichkeit von Melodiebildung. Ich benutze eigentlich auch lieber das Wort "Thematik". Ist das Thema der Burleske aus Mahlers 9. eine "einprägsame Melodie"? Überhaupt eine "Melodie"?
    Starke Thematik ist mir wichtig. Sie muss nicht als Handy-Klingelton geeignet sein.


    Zitat


    Übrigens: habe Dir etwas zu Deinem Geburtstagsständchen geschrieben... :P


    Ja, vielen Dank, hatte es gesehen und sogar schon geantwortet :)


    lg

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Es geht hier nicht nur um "Gefühle". Man müßte schon genauer sagen, was man meint, wenn man behauptet, Haydn befolge stur irgendeine Form... Ich halte für problemlos objektiv nachweisbar, daß er das nicht tut, wenn man das übliche Verständnis von "Form" als einer Art starrem Schema zugrundelegt.
    Der Kopfsatz von 104 ist nahezu monothematisch, der von 103 hat mehrere deutlich unterschiedene Themen, dazu die Verklammerung mit der Einleitung. Dafür hat das Finale von 104 (für Haydn) ungewöhnlicherweise ein deutliches "2.Thema" und das von 103 läßt sich nur sehr schwer als normaler Sonatensatz erfassen, siehe dort. Der 2. Satz ist in 103 ein Doppelvariationssatz, in 104 ein sehr freier Variationssatz, in 102 besitzt er eine vergleichsweise einfache ABA'-Form. Und daß die genannten Sätze auch von Affekt und Stimmung alle mindestens ebenso verschieden sind wie die aus Mozarts Sinfonien halte ich für offensichtlich. Und so könnte man weitermachen...


    Natürlich erfüllen ALLE Hauptsätze die flexiblen Prinzipien der Sonatenform, aber auf dieser Ebene kann man auch keinen Unterschied zwischen beiden Komponisten machen.


    Inwiefern das Material die Gestaltung eines Satzes bestimmt, müßte man im Detail untersuchen. Darüber kann man sehr schlecht pauschale Aussagen machen.


    Mozart folgt selbstverständlich auch keinem starrem Schema, aber seine Stücke sind i.d.R. regelmäßiger, symmetrischer als die Haydns. Sowohl in der Thematik als auch in der Großform (z.B. Reprisen tendenziell weniger variiert). Nicht zuletzt wegen der thematischen Fülle und der Regularität der Rekapitulationen sind Mozarts Sätze oft etwas länger.

    Daher kann ich diese Behauptungen wirklich nicht nachvollziehen. Der Eindruck könnte allerhöchstens, wie ich eingeräumt habe, daher entstehen, daß man 20 Sinfonien von Haydn hört und erwartet, daß sie alle paarweise so unterschiedlich seien wie Mozarts letzte 4. Zwar wären 4 zufällig herausgegriffene vermutlich ähnlich divers wie Mozarts letzte 4, aber bei 20 oder 30 Sinfonien gibt es natürlich wiederkehrende Satztypen, besonders bei Tanzsätzen und Finali, teils auch bei Variationssätzen.


    Aber man nehme die letzten 4 Haydns, 101-104 oder die ersten 4 der Pariser, 82-85. Die sind untereinander ebenso verschieden wie Mozarts letzte 4.


    Was ich nachvollziehen kann, ist, daß man mitunter Mozarts Melodien "bezaubernder" findet als Haydns oder einige Sätze leidenschaftlicher.


    :hello:

    Struck by the sounds before the sun,
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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Es geht hier nicht nur um "Gefühle". Man müßte schon genauer sagen, kann, ist, daß man mitunter Mozarts Melodien "bezaubernder" findet als Haydns oder einige Sätze leidenschaftlicher.


    Ich glaube DAS ist hier der Punkt.
    Vorallem darauf kommt es bei Musik doch an.
    Danke Johannes!

  • Ich bin beeindruckt wie lange uns dierse Thema nun schon beschäftigt - und habe soeben den gesamten Thread von Anfang bis zum Ende durchgelesen.


    Dabei habe ich auch zahlreiche Abweichungen vom Thema konstatiert - allerdings im Rahmen...


    Kommen wir zur ursprünglichen Frage:


    "Wer komponierte die besseren Sinfonie- Haydn oder Mozart ?"


    (Wir haben bis heute keine eindeutige Antwort gefinden)


    Vielleicht war diese Frage auch ein wenig zu schwierig - und wir sollten bevor wir sie in letzter Schlüssigkeit zu beantworten versuchen uns einer leichteren zuwenden. Nach Beantwortung der ersten - die in ihrer Komplexität einfacher - und frei von subjektiven Einflüssen ist - sie keinnt nur EINE Antwort - und wenn sie richtig ist - müssten ALLE Forianer zum selben Ergebnis kommen - was bei der komplizierten, durch Zeiteinflüsse, Vorprägung und ähnlichen Gegebenheiten - nicht notwendigerweise der Fall sein muß.


    Die einfache Frage wäre:


    "Was war zuerst - die Henne oder das Ei ?"


    Wer diese Frage für deplaciert hält, und meint sie habe in diesem Thread nichts zu tun, dem möchte ich sagen, daß sie eine wichtige Gemeinsamkeit mit der Titelfrage hat......


    _____________________________


    Alles fließt


    Das konnte ich auch beim Lesen dieses Threads feststellen. Leute die zu Threadstart kaum Sinfonien der beiden Komponisten kannten, haben sich inzwischen informiert, haben (ohne es explizit zu wollen) ihren musikalischen Horizont erweitert. Und nun beziehe ich mich auf Mitglieder welche sich bisher noch gar nicht am Thread beteiligt haben:
    Einige werden erst in den letzten 3 Jahren zu Mozart oder Haydn - vielleicht auch zu beiden gefunden haben , andere werden sie (für einige Zeit ?) aus den Augen verloren haben - übersättigt und abgehört.
    Urteile sind variabel - im Raum Zeit Kontinuum, welches wir alle durchlaufen müssen. Die Menschen des 18. Jahrhunderts hatten zu vielem eine andere Meinung als wir heute.
    Die Menschen des 20. Jahrhunderts waren oft noch geprägt von den Clichee´s der "Wolferl", und des "genialen" Mozart sowie des "jovialen" "Papa Haydn. Auch wenn das aussermusikalische Dinge sind - und wir wissen daß sie "falsch" sind - sie haben uns - unmerklich aber doch - geprägt - und beeinflussen unser Urteil.
    So sind sich beispielsweise die meisten Leute einig, daß Josef Martin Kraus an die beiden genannten nicht heranreicht - auch wenn sie den Namen Kraus allenfalls vom Hörensagen kennen - oder speziell gerade dann.
    Mit solch einem Urteil ist man immer im "grünen Bereich"
    Ich glaube mich zu erinnern, daß in meiner Jugend - schon ein paar Monate her - die Sinfonien Haydns, vor allem die späten - jenen Mozarts als gleichwertig an die Seite gestell t wurden.
    Die frühen Sinfonien - lange unterschätzt - geinnen ihre eigentliche Qualität erst durch Interpretationen mit Originalinstrumenten.


    Gegen Ende des 20. Jahrhunderts hat man dann das Genie Mozart wieder hervorgekramt - und Haydn ein wenig in die Schublade "netter alter Herr" gelegt (was übrigens schon Robert Schumann einst getan hat)
    Zu Forenstart war hier Haydn (beinahe) eine "unbekannte Größe" BigBerlinBaer, der damals einen Thrad über Haydns Stum und drang Sinfonien gestartet hat - wird mir hierin vielleicht beipflichten......


    Irgendwann haben dann Forianer den "Neuerer" und "Experimentierer" für sich entdeckt - und Mozart in den Hintergrund geschoben.
    Haydn gilt nun als "mutiger" und "moderner".


    Mozarts Sinfonien oder jene von Haydn ?


    Eine Frage der momentanen Stimmung, eine Frage des Standpunkts, eine Frage der Interpetation. Sinfonien können so unterschiedlich klingen - je nach Orchester und Dirigent.


    Ich habe einmal geschrieben, die frühen Sinfonien Haydns seien interessanter gewesen , als jene von Mozart. Das stimmt nur bedingt: Man könnte auch den Standpunkt vertreten, daß wir nur die frühen Sinfonien Mozartsd kennen, weil er die späten gar nicht erlebt hat....


    Ich werde mich nun für einige Zeit der Beantwortung der Ei/Henne-Frage widmen, damit ich anschliessend - gereift und im Urteil gefestigt - die EIGENTLICHE, essentielle Frage dieses Threads beantworten kann....


    mfg


    aus Wien


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die einfache Frage wäre:


    "Was war zuerst - die Henne oder das Ei ?"


    Wer diese Frage für deplaciert hält, und meint sie habe in diesem Thread nichts zu tun, dem möchte ich sagen, daß sie eine wichtige Gemeinsamkeit mit der Titelfrage hat......


    Zur Lösung: Zuerst war der Schöpfer da und in diesem Fall haben wir es mit zwei Schöpfern zu tun, welche teilweise ganz unterschiedliche Vorstellungen von ihren Endprodukten hatten - u.a. auf unterschiedliche Empfänger ihrer Produkte zugeschnitten und natürlich mit unterschiedlichsten Ingredenzien kreiert... Das Ergebnis trägt dieselbe Bezeichnung - und entgegen der Behauptung, ein Ei gleiche dem anderen wie ein Ei dem anderen, ist einfach nicht korrekt.


    Möglicher Weise ist Heidn, der definitiv zuerst da war, aber doch der Vorzug zu geben, denn seine Nr. 83 trägt immerhin den Titel "Die Henne"... Aber hat je jemand beobachtet, daß diese Sinfonie Eier legt?


    ?(


    Sei's drum, ob nun Henne oder Ei zuerst da waren, beide wurden aus TON gemacht - und beide Komponisten sind TONschöpfer.


    Ulli

    „Vielleicht werden Stockhausen und Boulez für uns mal so sein wie Brahms und Beethoven, aber zum Glück lebe ich dann nicht mehr.“
    (David Oistrach)

  • Ich persönlich glaube, dass es auf die Anfangsfrage des Threads wirklich keine Antwort geben kann.
    Wahrscheinlich spricht jeder für sich einen bestimmten Typ Musikus an. Ich jedenfalls kam, obwohl in meiner Kindheit von beiden beständig die Sinfonien in unserer Wohnung erklangen über den Weg Haydn (und zwar über die "Londoner") zur klassischen Sinfonik. Und dann habe ich einen ganzen lieben Sommer dafür gearbeitet um die Dorati Einspielungen auf LP (respektive alle drei Bände des Hoboken Verzeichnisses) käuflich zu erwerben, und dazu jede greifbare Haydnbiographie. Und daraus hat sich dann eine fast adiktiv zu nennende Begeisterung für die Sinfonie des 18. und frühen 19. Jhd entwickelt, weil ich immer gerne die Musik zu den Namen in den Haydnbiographien kennen lernen wollte. Und das hat sich wirklich gelohnt. Kurzum: Ich verdanke Haydns Sinfonien meine wohl schönsten musikalischen Stunden und würde sie tatsächlich ein klein wenig über Mozart stellen. Jedoch, um den Kreis zu schließen, ist das wirklich eine Frage der Persönlichkeit. Ob das jetzt daran liegen mag, dass Haydns Sinfonien nach dem damaligen Geschmack angeblich "männlicher" klingen sollten lass ich jetzt mal so im Raum stehen.
    Es wäre sicher interessant gewesen, wie Haydn nach London seine Sinfonien gestaltet hätte. Seinen Einleitungen zu den Oratorien und den sechs letzten Messen nach zu urteilen hätte er wohl Beethoven noch ein wenig blaß aussehen lassen. (Die Einleitung zu den Jahreszeiten ist der beste Beleg).

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