Ein Fall für den Chirurgen: Chopins Etüden op.10 & op.25

  • @Alle


    Ich werde am Wochenende einen detaillierten Beitrag zu Slenczynska verfassen.
    Bisher fehlte mir leider die Zeit, ich bitte euch um ein wenig Geduld :)


    Gruß
    Matthias

  • Ich habe in den letzten Tagen wieder einmal intensiver in verschiedene Aufnahmen der Etüden hereingehört, an den Präferenzen hat sich dabei zwar nichts weltbewegendes verändert, (Meine Favoriten sind Pollini und Backhaus [Ja, der hat eben nicht nur Beethoven gespielt :) ]) aber überrascht hat mich die Aufnahme von Perahia trotzdem. Normalerweise bringt man diesen Pianisten ja nicht unbedingt mit hochvirtuoser Literatur in Verbindung. Perahia nimmt die Etüden in der Regel etwas bedächtiger als Pollini und ohne dessen stählern-federnden Zugriff: Der Klang ist weicher, voluminöser. Das Perahia sich aber nicht vor Horowitz und Co zu verstecken zeigen die letzten drei Etüden von op. 25:



    Vielleicht kennt ja noch jemand eine Aufnahme der Etüden die hier noch nicht empfohlen wurde?


    Herzliche Grüße,:hello: :hello:


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Meine Lieblingsaufnahme, dazu gekoppelt mit allerhand Liszt:
    CZIFFRA. op.10, Nr. 1- der absolute Wahnsinn!
    Übrigens hat Lipatti in jungen Jahren op.10 und op.25 in einem Konzert gespielt. Schade, daß es da keine Aufnahmen gibt....


  • :jubel:Noch besser als CZIFFRAs op. 10 Nr.1 gefällt mir op. 10 Nr. 4. Er holt wirklich alles heraus was in dieser Etudes an Leidenschaft und Raserei mögich ist. Cziffra Interpretation de Etudes ist mal ein ganz anderer Ansatz; wild, leideschaftlich und ungehobelt..... aber sehr spontan und für Überraschungen offen.


    Viele Grüße
    Niko

  • OK, mal wieder ein Beitrag zu den Chopin Etudes


    Diesmal eine sehr persönliche und sicher nicht konventionelle Einspielung des Stanislav Bunin. Leider ist diese CD (noch) nicht in Deutschland erhältich. Schon die erste Etude C-Dur läßt aufhorchen....Nein, so haben wir sie noch nicht gehört! Er fängt mich einer Wucht an und....ja man staune.... er läßt sich zeit! Befremdlich für einen der Pollinis Klarheit und Brillianz im Ohr hat......doch nach einigen Takte geht man als Zuhörer mit! Mir scheint es sehr wahrscheinlich, dass Bunin hier ein normales "Tempo" wählt, dass Chopin vielleicht im Sinne hatte!?


    An dieser Aufnahme gefallen mir besonders die letzten drei wuchtigen Etudes aus op. 25.....Bunin zeigt hier seine "Pranke". Hier wird nix verzärtelt oder gar überspietzt! Nein, ein Schlachten-Gemälde eröffent sich dem Zuhörer. Das hätte ich ihm nicht zugetraut! Schade, dass ich ihn im Konzert vor einigen Jahren mit allen 24 Etudes verpasst habe.....Dafür genieße ich seine Aufnahme :hello:

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  • Liebe Chopin Etuden-Fans,


    gerade bin ich im Internet über die Seite des italienische Pianisten Pietro de Maria gestolpert. Er ist kein unbeschriebenes Blatt mehr, auch wenn seine Karierre erst langsam startet. Auf dieser Seite findet ihr unter folgendem link:


    http://www.pietrodemaria.com/audioVideo_eng.htm


    einen Konzertmitschnitt der 12 Chopin Etudes op. 25 aus dem Lincol Theater! Ich will nicht voreillig sein, aber mich dünkt, dass Pietro de Maria bald in den Olymp der besten Interpeten dieses Zyklus aufgenommen werden darf! :jubel:


    Viel Freude bei anschauen und hören:-)


    Niko

  • Als Antwort auf die Anfrage von Axel im Ashkenazy-Thread:


    Vladimir Ashkenazy - Pianist am Prüfstand(?)


    George Cziffra war anders als viele Liebhaber von Klaviermusik vermuten alles andere als ein undisziplinierter Virtuose, sondern ein sehr gewissenhafter Interpret, der genau wusste, wann er seine überirdischen virtuosen Fähigkeiten einsetzen durfte und wann nicht. Er weiß auch sehr genau, dass Chopin kein Liszt ist - so bei seiner überragenden Interpretation der Sonate b-moll. Hier bei den Chopin-Etüden wollte er wohl demonstrieren, wie sich jegliche manuellen Grenzen überwinden lassen. Cziffra zielt dabei nicht etwa auf den bloßen Effekt, produziert kein Tastentheater, sondern versteht die Etüden als transzendentale Übungen, Experimente, welche die Grenzen des Menschen-Möglichen auf dem Klavier austesten. Das ist kein "idiomatischer" Chopin, aber ein wahrlich aufregender!


    Enthalten ist die Aufnahme in der - inzwischen vergriffenen - Cziffra EMI-Box mit den kompletten Aufnahmen (die Einspielung der Etüden ist bei Philips gemacht):



    Erhältlich ist die Aufnahme nach wie vor in dieser Edition (gebraucht ab 6,50 Euro und neu 25 Euro):


    Unbedingt bei Youtube anhören und ansehen sollte man sich dieses Dokument, wo Cziffra sich unfassbar virtuos warm spielt mit einer Improvisation rund herum um die Etüde op. 10 Nr. 1 mit ihren sperrigen Dezimengriffen quer über die Tastatur, die er ein einem aberwitzigen Tempo über die Tasten fegt. Er endet, nachdem er die Flammen aus dem Flügel hat lodern lassen, cool mit: "I´m finished". ^^ Dazu passt die Anekdote, die Cziffras ungarischer Landsmann Tamas Vasary erzählt (von ihm selbst stammt übrigens eine der besten Aufnahmen der Chopin-Etüden, die leider viel zu wenig bekannt ist). Cziffra hatte sich in frühen Jahren sein Geld als Pianist in Bars verdient. Vasary, damals noch Student, kommt abends in eine solche Bar in Budapest und hört von weitem hochvirtuosen Klavierspiel. Er fragt: "Wer sind die zwei Pianisten?" Als verblüffende Antwort erhält er: "Nicht zwei Pianisten, Cziffra!" :D



    Schöne Grüße

    Holger

  • Cziffras Etüden gibt es auch in ca. 5 CDs umfassenden Boxen mit Chopin-Werken bei EMI (diverse Ausgaben über die Zeit). Auch eine großartige 4. Ballade (anscheinend hat er nicht alle Balladen eingespielt).

    Mein Favorit für op.25 ist nach wie vor Sokolov, aber das war auch die erste, die ich gehört habe.

    Eine weitere, die mehr auf musikalischen Inhalt als auf Virtuosität setzt, ist Samson Francois', ebenfalls entweder in der Integrale oder in Chopin gewidmeten Boxen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Mein Favorit für op.25 ist nach wie vor Sokolov, aber das war auch die erste, die ich gehört habe.

    ... mit einer unglaublich gespielten Etüde op. 25 Nr. 12, die einen wirklich vom Stuhl haut :) - hier als Zugabe von ihm präsentiert:


    You Tube teilt mit:

    Dieses Video ist nicht mehr verfügbar, weil das mit diesem Video verknüpfte YouTube-Konto gekündigt wurde.



    Wirklich sehr ermpfehlenswert ist die im Moment preisreduzierte Box der Chopin-Aufnahmen von Tamas Vasary - mit den Etüden. Die Aufnahmen - allesamt aus den 60iger Jahren - sollten in keiner Chopin-Sammlung fehlen. Die Chopin-Etüden von ihm, klar, natürlich und ungemein schlüssig interpretiert, gehören nach wie vor zu den allerbesten:



    Zu den anderen Aufnahmen später mehr! :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Die von Johannes erwähnte Aufnahme von Samson Francois habe ich auch sehr positiv in Erinnerung - irgendwo schon besprochen. Seine kompletten Chopin-Aufnahmen - ebenfalls sehr empfehlenswert - gibt es derzeit sehr günstig: 10 CDs für nur 22 Euro.



    Schöne Grüße

    Holger

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  • Diese Francois-Chopin-Box ist ebenfalls in unterschiedlichen Auflagen erhältlich (meines Wissens alle mit identischem Inhalt, ich hatte eine braune in dem Design mit Ornamenten). Es sind allerdings nicht sämtliche Chopin-Aufnahmen des Pianisten, da er einiges innerhalb relativ kurzer Zeit mehrmals eingespielt hat (in der Gesamtbox sind es 14 CDs und dann noch ein paarmal die b-moll-Sonate live...). Ist aber irrelevant für op.10+25, denn die gibt es nur je einmal komplett (ein paar einzelne aber auch doppelt).


    Die Aufnahme mit Sokolov ist ein Live-Mitschnitt aus den 1980ern (+ b-molll-Sonate). Wie gesagt, war das meine erste dieser Musik vor fast 25 Jahren und bei op.25 gefällt sie mir immer noch am besten. Niemals hat man den Eindruck von Etüden, die erste ist außerordentlich poetisch und die drei letzten spielt er praktisch ohne Pause, was trotz des Tonartenwechsels, so wirkt, als ob der letzte Aufschwung der vorletzten in die letzte Etüde hinenleitet, ein grandioses Finale.

    Und die teils übertriebene Langsamkeit und Detailliertheit, die sich bei dem Pianisten später manchmal zeigt (schon die Préludes sind sehr breit angelegt) fehlt hier.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Diese Francois-Chopin-Box ist ebenfalls in unterschiedlichen Auflagen erhältlich (meines Wissens alle mit identischem Inhalt, ich hatte eine braune in dem Design mit Ornamenten). Es sind allerdings nicht sämtliche Chopin-Aufnahmen des Pianisten, da er einiges innerhalb relativ kurzer Zeit mehrmals eingespielt hat (in der Gesamtbox sind es 14 CDs und dann noch ein paarmal die b-moll-Sonate live...). Ist aber irrelevant für op.10+25, denn die gibt es nur je einmal komplett (ein paar einzelne aber auch doppelt).

    Lieber Johannes,


    ich dachte, die unter dem Label Erato erhältliche CD-Box von 2018 ist mit der vergriffenen EMI Icon-Box identisch (auch 10 CDs), die ich habe:



    Oder meinst Du die große Gesamtbox mit sämtlichen Aufnahmen von ihm, die inzwischen erhältlich ist?

    Die Aufnahme mit Sokolov ist ein Live-Mitschnitt aus den 1980ern (+ b-molll-Sonate). Wie gesagt, war das meine erste dieser Musik vor fast 25 Jahren und bei op.25 gefällt sie mir immer noch am besten. Niemals hat man den Eindruck von Etüden, die erste ist außerordentlich poetisch und die drei letzten spielt er praktisch ohne Pause, was trotz des Tonartenwechsels, so wirkt, als ob der letzte Aufschwung der vorletzten in die letzte Etüde hinenleitet, ein grandioses Finale.

    Und die teils übertriebene Langsamkeit und Detailliertheit, die sich bei dem Pianisten später manchmal zeigt (schon die Préludes sind sehr breit angelegt) fehlt hier.

    Die Sokolov-Aufnahme muss ich mir nach langer Zeit nochmals anhören. Ich habe auch noch die RIAS-Aufnahme von Jorge Bolet (op. 25) zu hören, die ich bisher nicht kannte. Da bin ich schon sehr gespannt. Einzeln veröffentlicht war sie so - die CD hatte ich mir zuerst gekauft:



    Der Kauf der Einzel-CD lohnt sich heute nicht mehr (für 11 Euro plus Porto), da ist die Box mit den kompletten Sokolov-Mitschnitten, wo sie drin ist (die ich inzwischen auch habe), deutlich günstiger (10 CDs für 40 Euro):



    :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Diese 10-CD-Boxen mit Francois haben alle den gleichen Inhalt, soviel ich weiß. Die EMI, die ich hatte, sah noch anders aus, braun mit einem kleinen Bild Francois'.


    Ich habe die abgegeben, als ich mir die ganz große der franzöischen EMI mit allen Francois-Aufnahmen gekauft habe. Die kompletten Etüden sind 1958-59 aufgenommen.

    Anders als in den immer wieder neu mit unterschiedlichem Design aufgelegten 10-CD-Boxen sind in der Gesamtbox 14 CDs mit Chopin enthalten, da Francois zB die Walzer, Polonaisen, Konzerte zweimal aufgenommen hatte, einzelne Werke sogar noch häufiger. Ist für die Etüden aber egal, da die komplett nur einmal eingespielt wurden.


    Ebenso sind die Sokolov-Aufnahmen bei op.111, Naive etc. identisch.

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  • Ich habe die abgegeben, als ich mir die ganz große der franzöischen EMI mit allen Francois-Aufnahmen gekauft habe. Die kompletten Etüden sind 1958-59 aufgenommen.

    Meinst Du diese kürzlich erschienene Box, Johannes?



    Vgl. meine aktuelle Besprechung seiner Aufnahme der Ungarischen Rhapsodie Nr. 2


    Wozu Interpretationsvergleiche? (I) Antworten auf die Frage am Beispiel von Franz Liszts Ungarischer Rhapsodie Nr. 2


    Schöne Grüße

    Holger

  • Es hat sich bei mir ein Vergleich von neueren Aufnahmen zwischen Zlata Chochiewa und Ragna Schirmer (nur op. 10, aber dafür mit Symphon. Etüden op. 13, vom Schumann) einerseits und weiteren, oben ab 2020 erwähnten Aufnahmen andererseits ergeben. Die beiden genannten Damen würde ich zur Spitzenklasse der jetzt verfügbaren Interpretationen der Chopin- Etüden dazunehmen. Jeder kann und soll sich überdies überzeugen, dass Györgyi Cziffra (s.o.) einzelne, typische Stücke noch ein Quäntchen schneller spielt, z.B. op. 10,1 und somit "Weltmeister" wäre ;).



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  • Nun bin ich doch in einen Chopin Thread geraten :). Die Wege des Schicksals sind unergründlich. Ich kenne die Einspielung Pollinis sehr gut, leider so gut, dass sie sicher schon eine Art BIAS erzeugt hat. Sie ist auch schon mehrfach positiv erwähnt, aber nie gezeigt worden.


    Wedel:



    Die Aufnahme gibt's auch auf CD, da ist das Cover nur nicht so schön. Ich hatte die Platte bekommen, als sie frisch raus war und noch heute ergreift mich ein beklommenes Gefühl, wenn ich die Etüden von Pollini höre. Und zwar nicht, wenn ich mir mal so eine rauspicke, sondern im Gesamten. Das ist für mich auch noch zusätzlich eine der großen Stärken dieser Einspielung. Sie hat einen enormen Atem. Wenn Pollini op.25 /12 spielt höre ich sogar noch Op. 10 dazu. ;)


    Das macht es anderen Aufnahmen naturgemäß etwas schwer. So schön auch die Aufnahmen von einigen hier erwähnten Pianisten für mich sind, einige Etüden zum Teil sehr originell interpretiert, spielen sie für mich keine vergleichbare Rolle.


    AcomA02  romeo&julia Den Gavrilov versteht man nur, wenn man sich seine Geschichte einmal anhört, von ihm erzählt. Klar passen da Prokofieffs Kriegssonaten besser ;);)


    Vielleicht eine erwähnenswerte Einspielung, die noch nicht zur Sprache kam, die auch eine gewisse Originalität hat und trotzdem den großen Rahmen beherrscht. Die Koreanerin Yeol-Eum Son hat die Etüden so um 2004 eingespielt


    R-12378114-1534054592-3675.jpeg.jpg



    Was das im Thread erwähnte Schneiden von Studioeinspielungen angeht, traue ich der Technik mittlerweile viel zu, aber die Pollini-Einspielungen sind von 1971. Das waren sicher noch mehrspurige analoge Bänder ....

  • Die im Web einhörbare Einspielung von Op. 25 vom Arthur Rubinstein Wettbewerb 2005 in Tel Aviv ist am Anfang etwas "Wischiwaschi" (:( vielleicht dem Live Auftritt geschuldet) und geben klanglich leider auch nicht alle Feinheiten der Studioeinspielung wieder.


    Trotzdem sei hier der Link angegeben



  • Für solche Tips in Tamino bin ich immer dankbar. :) Meine unmaßgebliche Meinung:


    Zlata Chochieva: De Eindrücken der Hörschnipsel zufolge ist das sicher eine gute Aufnahme. Sie entspricht dem heutzutage international üblichen hohen klaviertechnischen Standard. Was mir allerdings fehlt ist eine einheitliche interpretatorische Linie, die der Aufnahme ein Profil geben könnte, was sie aus dem großen Konkurrenzangebot heraushebt. Die langsameren, poetischen Stücke finde ich mit einer zudem eigenwilligen Phrasierung etwas blass. Spontan fallen mir jetzt mindestens 10 Aufnahmen aus meiner umfangreichen Sammlung speziell der Etüden op. 10 u. op. 25 ein, die ich dieser Aufnahme vorziehen würde. Ich brauche sie also nicht!


    Ruth Slenczynska: Eine interessante Veröffentlichung ohne Frage. Die Pianistin war mir bislang unbekannt. Ihre Aufnahme der Etüden reißt mich allerdings auch nicht vom Hocker. Wie im Begleittext hervorgehoben wirken ihre extremen Rubato heutzutage doch eher etwas schrullig - obwohl sie Ausdrucksvermögen zweifellos hat. Die schnellen Nummern sind klaviertechnisch eindrucksvoll, ihr Ton ist aber auch ein bisschen laut und rustikal.


    Was historische Aufnahmen angeht, zwei Empfehlungen:


    Wilhelm Backhaus machte die erste Gesamteinspielung aller Etüden auf Tonträger, die - auch von heute aus gesehen - zu Recht berühmt war wegen ihrer Virtuosität und Musikalität. Selbst Horowitz war von Backhaus´ Chopin-Etüden beeindruckt. Sehr empfehlenswert das auch technisch hervorragende Remastering des Labels apr:



    Shura Cherkassky ist einer der Virtuosen und Klavierpoeten alter Schule. Er verabscheute eigentlich Studioaufnahmen und war ein äußerst beliebter Konzertpianist. Seine Aufnahme der Chopin-Etüden finde ich wirklich sehr hörenswert - die preiswerte Box zudem empfehlenswert:



    Schöne Grüße

    Holger

  • Die schnellen Nummern sind klaviertechnisch eindrucksvoll, ihr Ton ist aber auch ein bisschen laut und rustikal.

    Mir fiel eine gewisse Ähnlichkeit mit der Einspielung von Gavrilov auf. Beide beginnen schon in der C-Dur Etüde donnernd und lassen wenig Luft für das gesamte Werk.

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  • Mir fiel eine gewisse Ähnlichkeit mit der Einspielung von Gavrilov auf. Beide beginnen schon in der C-Dur Etüde donnernd und lassen wenig Luft für das gesamte Werk.

    Gawrilows Aufnahme ist etwas technisch hart (so spielte er in der Zeit), aber einmal wirklich modern und hat ein einheitliches Konzept. Diese Einheitlichkeit fehlt bei Slenczynska - das ist mal exzessiv poetisierend und mal rustikal. Die Gawrilow-Aufnahme kenne ich natürlich, habe sie aber auch nicht in meiner Sammlung bezeichnend! :D

  • Gawrilows Aufnahme ist etwas technisch hart (so spielte er in der Zeit), aber einmal wirklich modern und hat ein einheitliches Konzept. Diese Einheitlichkeit fehlt bei Slenczynska - das ist mal exzessiv poetisierend und mal rustikal. Die Gawrilow-Aufnahme kenne ich natürlich, habe sie aber auch nicht in meiner Sammlung bezeichnend! :D

    Danke für den Hinweis, ich bin bei Sleczynska nicht über die ersten beiden Etüden hinausgekommen. Es fehlte etwas an Zeit ...

  • Grosse Namen, bedeutende Aufnahmen in diesem Thread.


    Im Würfel mit den Chopin Aufnahmen, die Idil Biret, die türkische Pianistin, die in den Anfängen des Labels Naxos das pianistische Grundrepertoire aufgenommen hatte, sind auch Etüden Op. 10 und 25 enthalten. Ich kenne nur diese Aufnahme. Auf der Wikipediaseite der Etüden ist sie unter den Interpreten nicht aufgeführt, welche die Etüden eingespielt haben.


    Frederik Chopin lebte von 1810 bis 1849. Als Beethoven starb, war er 17, war Zeitgenosse von Franz Schubert und Robert Schumann. Ich muss mir ins Gedächtnis rufen, dass der polnische Komponist das Klavierspiel revolutioniert hat, auch mit Werken wie den Etüden Op. 10 (zwischen 1829 und 1832 komponiert) und Op. 25 (zwischen 1833 und 1837 entstanden).

    Schumann verehrte seinen gleichaltrigen Komponistenkollegen, widmete ihm die Kreisleriana, worauf Chopin sich mit der Zueignung Ballade Nr. 2 F-Dur op. 38 bedankte.


    Die Etüden Op. 10 sind Franz Liszt gewidmet, während die Etüden Op. 25 Gräfin Marie d’Agoult, der damaligen Lebensgefährtin Franz Liszts, gewidmet sind.


    .

    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



  • Holger, heeeiii,


    du hast aber schon richtig gelesen, dass ich nicht das ganze repräsentative Angebot an Aufnahmen durchgehört hatte ?! Zur genaueren Positionierung meines Beitrags, den ich dicht nach den CD- Erlebnissen getippt habe, steht jetzt in diesem noch ein zugefügtes "jetzt":P.


    Trotzdem bin ich mit den fraglichen Phrasierungen einverstanden, mit deshalb mag ich ihr Spiel so


    Und Idil Biret ist Klasse... ---> bestellt, € 7.99 in GMH

  • Eine neuere Einspielung der chopinschen Etüden Op. 10 und Op. 25. Ich habe die Aufnahme bei einem befreundeten Pianisten hören dürfen, weil ich zur Zeit dazu nicht die Möglichkeit habe. Er war "von den Socken" und voll des Lobes.


    Der südkoreanische Pianist Yunchan Lim hat als erste Veröffentlichung die 24 Stücke beim Label DECCA herausgebracht. Mit 19 Jahren verfügt er über die geforderten pianistischen Techniken, steht über ihnen und hat etwas dem Hörer mitzuteilen. Virtuosität nicht um ihrer selbst willen.


    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



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  • Perahia nimmt die Etüden in der Regel etwas bedächtiger als Pollini und ohne dessen stählern-federnden Zugriff: Der Klang ist weicher, voluminöser. Das Perahia sich aber nicht vor Horowitz und Co zu verstecken zeigen die letzten drei Etüden von op. 25:

    lch habe die Perahia Einspielung seit ihrem Erscheinen und finde sie in Ordnung aber nicht außergewöhnlich. Pollini erspielt für mich bei den Etüden einen übergeordneten Zusammenhang, der auf einige Affektiertheiten wie bei Perahia problemlos verzichten kann.


    Eine neuere Einspielung der chopinschen Etüden Op. 10 und Op. 25. Ich habe die Aufnahme bei einem befreundeten Pianisten hören dürfen, weil ich zur Zeit dazu nicht die Möglichkeit habe. Er war "von den Socken" und voll des Lobes.


    Der südkoreanische Pianist Yunchan Lim hat als erste Veröffentlichung die 24 Stücke beim Label DECCA herausgebracht. Mit 19 Jahren verfügt er über die geforderten pianistischen Techniken, steht über ihnen und hat etwas dem Hörer mitzuteilen. Virtuosität nicht um ihrer selbst willen.


    Auch die vielgelobte Einspielung von Yunchan Lim kann mich nicht wirklich begeistern. Von seinen virtuosen Fähigkeiten abgesehen, die der Pianist ganz offensichtlich besitzt, fehlt mir hier tatsächlich ein verstehbarer Zusammenhang. Ich will dabei nicht ausschließen, dass ich ihn nur nicht höre. Aber so manche Beschleunigung und Dynamikschwankung will sich mir nicht erschließen.


    Eine schöne Einspielung der Etüden, die bisher noch nicht erwähnt wurde, scheint mir die von Garrick Ohlsson zu sein. Sie entsatnd 1996 im Perferming Arts Center in Purchase


  • Meine Lieblingsaufnahme der Etüden ist von Géza Anda, es gibt mehrere Live-Einspielungen (SWR, Audite, Orfeo/Salzburg 1966!).


    Im Unterschied zu fast allen anderen Interpreteten spielt Anda die Wiederholungen immer ein bisschen anders - man höre sich nur mal op. 10,2 an. Das ist zauberhaft und sehr frei gestaltet. Bewunderswert auch, wie sinnhaft er die Musik in Bögen gliedert. Wenn man die Etüden von Anda gehört hat, vermisst man bei allen anderen Pianisten etwas. Mir geht es zumindest so.


  • Hier hatten wir schon einmal über Andas phänomenale Aufnahme gesprochen ;) :


    Géza Anda, der Mozart-Interpret - und darüber hinaus


    Unglaublich allein schon, an einem Konzertabend hintereinander die 24 Preludes und die 24 Etüden zu spielen!


    Gute Aufnahmen der Etüden gibt es viele. Zu den herausragenden würde ich neben den beiden (!) von Maurizio Pollini unbedingt Vladimir Ashkenazy und Claudio Arrau zählen - dazu noch Murray Perahia. Von Cziffra nicht zu reden...


    Jan Lisiecki hatte ich glaube ich auch irgendwo besprochen. Sicher auch eine gute Aufnahme. Aber mit dem 18jährigen Pollini möchte ich sie nicht vergleichen...


  • Eine neuere Einspielung der chopinschen Etüden Op. 10 und Op. 25. Ich habe die Aufnahme bei einem befreundeten Pianisten hören dürfen, weil ich zur Zeit dazu nicht die Möglichkeit habe. Er war "von den Socken" und voll des Lobes.


    Der südkoreanische Pianist Yunchan Lim hat als erste Veröffentlichung die 24 Stücke beim Label DECCA herausgebracht. Mit 19 Jahren verfügt er über die geforderten pianistischen Techniken, steht über ihnen und hat etwas dem Hörer mitzuteilen. Virtuosität nicht um ihrer selbst willen.

    Lieber Moderato,


    die Hörschnipsel bei jpc habe ich mir inzwischen zu Gemüte geführt. Op. 10 Nr. 1 gefällt mir sehr gut (die Etüde kenne ich in- und auswendig, denn daran mühe ich mich selber ab ^^ ), zugleich technisch beeindruckend und sehr musikalisch gestaltet, nicht einfach runtergespielt. Auch die schwierige chromatische Etüde op. 10 Nr. 2 (für die drei letzten Finger der rechten Hand) gefällt mir. Die bekannte Etüde op. 10 Nr. 3 dann weniger - gleich mit Arpeggio am Anfang und sehr altmodisch phrasiert. Da fehlt mir die klare Linie. (Vorbildlich hier etwa Tamas Vasary - das ist die Aufnahme, mit der ich in meiner Jugend die Etüden kennenlernte, sie ist finde ich immer noch eine der besten! Oben habe ich sie erwähnt!) Je mehr man sich durchhört, desto mehr stört einen die Tempo-Forcierung. Technisch ist er eindeutig Lisiecki überlegen. Aber das ständige Sich-Bewegen an der oberen Tempo-Grenze wirkt übertrieben. Z.B. op. 25 Nr. 11. Aber man merkt der Aufnahme an, dass er großes Potential hat. Das muss er dann aber irgendwann auch zeigen an den "Klassikern"!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Was man berücksichtigen muss, es sind Etüden, pianistische Übungsstücke. Eine gewisse Fertigkeit wird eingeübt: Jede verlangt vom Spielenden je eine besondere Fingertechnik. Ich höre Chopins Stücke Op. 10 (1829) und Op. 25 (1832) nicht als grosses geschlossenes Ganzes. Virtuosentum in Perfektion.


    Als heutiger Hörer der CD oder Konzertbesucher führt man sich die Etüden als ganzen Brocken zu Gemüte, den die Pianisten aufführen.

    Ob es von Chopin so gedacht war, mögen pianistisch Bewandertere und mit dem Werk Chopins Vertraute beurteilen.


    Bei Robert Schumanns Symphonischen Etüden Op. 13 (1837) ist es für mich mit eröffnendem Thema und den anschliessenden Variationen eine geschlossene Gruppe.


    * * * * *


    Warum das Label Warner die legendäre Pollini-Einspielung von 1960 als SACD veröffentlicht, erschliesst sich mir nicht, weil entsprechende Player nur noch im High-End-Bereich produziert werden. Man will die bestmögliche Wiedergabe. (Veröffentlichung 28.02.2025)



    Das Label Testament hat die 1960-Aufnahme als CD veröffentlicht:



    Die Produktinformation des Werbepartners zur SACD liefert diese Information:


    „Dieser Junge spielt besser als jeder von uns!“, kommentierte der legendäre Arthur Rubinstein das Spiel des 18-jährigen Maurizio Pollini. Es war das Jahr 1960 und Rubinstein saß in der Jury des Internationalen Chopin-Wettbewerbs, bei dem Pollini den ersten Preis holte. Mit einem Schlag lag dem jungen Pianisten die Musikwelt zu Füßen. EMI bot ihm einen Exklusiv-Vertrag an und noch im selben Jahr entstanden zwei Einspielungen: Chopins Klavierkonzert in e-Moll sowie die Etüden op. 10 und 25. Doch ohne Erklärung untersagte Pollini die zweite Veröffentlichung und zog sich spontan aus dem Medienrummel zurück. Erst in reifen Jahren änderte Pollini seine Meinung, 2011 erlaubte er die späte Herausgabe. Zu Ehren des 2024 verstorbenen Pianisten erscheint die Einspielung von 1960 nun remastered und in hoher Auflösung. Der Ausgangspunkt jeder der 24 Etüden ist ein technisches Thema. Doch Chopin verlieh jeder einzelnen Etüde einen tiefen poetischen Kern, und so gaben spätere Stimmen ihnen Spitznamen wie Winterwind, Wasserfall oder Äolsharfe. Zahllose Pianisten stellten sich der Herausforderung, die Essenz der einzelnen Miniatur-Meisterwerke hörbar zu machen. „Der junge Pollini lauscht seitwärts, nimmt sich Zeit, stellt Fragen“, verglich die Wochenzeitung Die Zeit die 1960er-Aufnahme mit einer späteren Einspielung des Pianisten. Neugierde und Entschlossenheit prägen die frühe Interpretation des 18-Jährigen. Auch der britische Guardian feierte 2011 die Neuauflage: „Wenn es eine natürlichere und makellosere Aufnahme der Etüden als diese Aufnahme von 1960 gibt, dann habe ich sie nicht gehört“, wunderte sich der Kritiker.

    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



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