@ Severina
Herr Verdi wird gern glorifiziert.
Un natürlich hat er sich auch politisch engagiert.
Aber in erster Linie ging es ihm um publimumswirksamkeit - und mit fortschreitendem Alter suchte er sich seine Vorlagen immer gezielter aus. Die publikumswirksamsten Autoren seiner Zeit - und auch solche davor. Don Carlos ist ja an sich schon eine Geschichtsfälschung - schon bei Schiller. Der Kretin "Don Carlos" wird da plötzlich zum Freiheitshelden, in Wahrheit war er ein geistig unterbegabter Sadist. Den edlen Marquis de Posa hat es nie gegeben. Aber Friedrich von Schiller - Geschichtsprofessor in Jena - setzt sich gerne über historische Wahrheiten hinweg, wie auch bei "Maria Stuart".
Die Liebrettisten tun ihr übriges bei der notwendigen Kürzung der Stücke.
ABER: Übrig bleibt ein publikumswirksamer Kitsch, die Sehnsucht nach Gedankenfreiheit, etc - sowas kommt immer gut an - eingebettet in ein historisches Ambiente und Verdis himmlische Musik. Jeder Opernbesucher kannte sehr bald den Inhalt der Opern - und wahrscheinlich war der für die Opernbesucher nicht mehr so wahnsinnig interessant - Dennoch besuchte man diese Opern immer und immer wieder. Man konnte sich nicht von ihnen sattsehen. Ich glaube aber kaum, daß Verdis Publikum an gesellschaftskritrischen Umwälzungen wirklich interessiert war. Bei der Gelegenheit fällt mir auf, daß wir zwar sehr viel über Operninszenierungen von gestern und heute geschrieben haben - aber kaum etwas über die Motivation in die Oper zu gehen, bzw warum gewisse Opern sich als "Renner" erwiesen haben - und andere gemieden werden. Bzw wie sich die Erwartungshaltung des Publikums des 19. Jahrhunderts von jenem der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts unterschied - und warum das heutige Publikum (angeblich) eine andere Sicht der Dinge hat.
Das wäre mal ein neues Thema für einen Thread....
LG
aus Wien
Alfred