Liebe Musikfreunde,
nach einer mehr oder weniger allmählichen Ausdehnung harmonischer Freiheiten wurde zu Zeiten Schönbergs die Bezogenheit auf einen Grundton bzw. auf eine Grundtonart erstmals aufgegeben; in diesem Sinne, und nicht im polemischen, ist der Titel gemeint.
Besonders in diesem Forum ist große Skepsis hin zur völligen Ablehnung der „Atonalität“ wahrzunehmen. Die Hintergründe dafür interessieren mich, besonders weil dies bei mir eine fundamentale Frage der Musikästhetik war und immer noch ist.
Vom reinen Hörempfinden her habe ich mit dem Hören „atonaler“ Musik noch nie Probleme gehabt. Mir hat das gleichzeitige oder horizontale Hören von tonartlich nicht aufeinander bezogenen Tönen noch nie Unbehagen bereitet, ich habe das Empfinden von „schrägen“ Tönen bezüglich der Relation der Töne zueinander nie gehabt. Im Gegenteil: So manche 12-Tonmusik empfinde ich, da die selben Intervalle durch die Reihen häufig wiederkehren und sie ein Wiedererkennungsgefühl hervorrufen, als harmonische Musik, wohl wissend, dass sie nicht auf einen Grundton bezogen ist.
Von meiner ästhetischen Betrachtung her war und ist dies nicht immer so einfach gewesen, und auch heute noch setze ich mich mit der Frage auseinander: Braucht Musik für mich so etwas wie Grundtonbezogenheit, um den gestalterischen Organismus zu erhalten? Oder kann 12-Ton- oder serielle Musik diesen Anspruch auch bzw. besonders gut erfüllen? Macht das Fehlen der „Naturbezogenheit“ gemäß der Obertonreihe die Musik minderwertig oder gar absurd?
Nun meine Frage an Euch, die Ihr „atonale“ Musik ablehnt: Kommt für Euch diese Musik nicht in Frage, weil sie generell schlecht klingt oder ist es eine prinzipielle, ästhetische Ablehnung? Oder an die anderen: Fiel der Zugang zu dieser Musik schwer?
Mit der Hoffnung, mich nicht allzu kompliziert ausgedrückt zu haben grüßt
Uwe