Zeitgenössische Musik - Womit beginnen?

  • Hallo Leute!


    Wer kann mir helfen?
    Ich habe mich bis dato hauptsächlich mit Jazz und (anspruchsvollerer) Pop- und Rockmusik beschäftigt. Da ich aber sehr hungrige Ohren habe, habe ich vor, wieder mal in neue Gefielde zu schnuppern. Dabei habe ich vor allem an die sog. "Neue Musik" bzw. die "zeitgenössische Musik" gedacht.


    Warum gerade die zeitgenösschische Musik und nicht z.Bsp. die Romantik? Es gibt dafür mehrere Gründe. Zum einen beschäftige ich mich eben gerne mit "neuen" Dingen und sehe es als Herausforderung, die sich sehr lohnen kann (Ich persönlich hatte diese Erfahrung beim Avantgarde- und Freejazz). Zum anderen möchte ich mir meine eigene Meinung über diesen Zeitabschnitt bilden. (Habe schon mitbekommen, dass die Musik seit 1945 beim Publikum nicht gerade Wellen der Begeisterung auslöst.)


    Nun zu meiner Bitte: Womit kann/soll man beginnen? Ich bin durchaus bereit, mich etwas länger mit etwas zu beschäftigen und verliere sicher nicht die Geduld, wenn mir etwas beim ersten Hören nicht gefällt. Allerdings sollte es nach mehrmaligem Hören dann doch spannend werden. Für Werke, die auch nach zwanzigmaligem Hören nur Geräuschkulisse bleiben möchte ich weder Zeit noch Geld opfern.
    Es soll sich also um Musik handeln, die durchaus experimentell und anspruchsvoll sein darf, für die man aber nicht gleichzeitig ein zehnjähriges Studium in Musiktherie benötigt, um überhaupt zu verstehen, worin der "Wert" des Werks liegt.
    (Anders gesagt: ich liebe es, wenn Musik neu und ungewohnt ist - allerdings sollte sie nicht nur "neu", sondern auch noch interessant und spannend sein..)


    Ich kenne bis dato nur ein paar Namen, habe allerdings keine bzw. wenig Ahnung, um welche Musik es sich dabei handelt! Also: Karlheinz Stockhausen, Luigi Nono, Luciano Berio, Joch Cage, György Ligeti, Iannis Xenakis, Morton Feldman, Alfred Schnittke, Wolfgang Rihm - gibt's da irgendetwas, das von einem aufgeschlossenen Laien und "Normalsterblichen" verstanden werden kann?


    Vielen Dank im voraus für Eure Tipps!


    Liebe Grüße
    Stefan Fahrner

  • Hallo Stefan,


    Also, ich würde mal provokant sagen: von einem aufgeschlossenen Laien kann grundsätzlich die Musik der von Dir genannten Komponisten verstanden werden ;-) Weil, sonst wäre ich ja doof und würde dauernd Sachen hören, die ich nicht verstehe. Aber das hilft Dir wahrscheinlich eher nur periphär, daher und weil es gerade (noch) billig ist, ein erster Tipp: Bei Warner/Teldec gibt es eine Reihe mit Orchester- und Ensemblewerken György Ligetis, die insgesamt auf einem ganz hervorragenden Niveau ist. Ligetis stilistische Bandbreite ist enorm, so dass es mich wunderte, wenn da nicht für Dich auch was dabei ist, was vielleicht den Zugang zu anderen Sachen auch eröffnet. Ich würde einmal auf das Klavierkonzert, eventuell die Orchesterstücke "Atmosphères" und "Lontano" oder das Violinkonzert oder "Clocks and Clouds" tippen, aber man weiss ja nie. Vier CDs aus der Reihe (eine fünfte ist gerade erschienen) kosten derzeit soviel wie normalerweise eine CD der Reihe alleine, zumindest bei den gängigen Internetversendern:




    Ich denke mal, das ist von den Interpretationen her und den Werken ein guter Einstieg, von dem aus sich dann ganz viele andere Perspektiven eröffnen, zum Beispiel hin zu dieser CD:



    auf der der hervorragende französische Pianist Pierre Laurent Aimard Musik von Ligeti und Steve Reich (einem Vertreter der sog. Minimal Music) traditionelle Musik der Aka Pygmäen aus Afrika gegenüberstellt, die sowohl Ligeti als auch Reich beeinflusst hat.


    Und wenn es etwas ganz aktuelles sein darf und bei der Bestellung noch Geld über ist, will ich auch noch auf Werke des Engländers Mark Anthony Turnage hinweisen, der stilistisch bisweilen stark vom Jazz beeinflusst ist. Da gibt es gerade auch eine hervorragende Einspielung recht günstig:



    (darauf: "Drowned Out" für Orchester, "Kai" für Cello und Ensemble, "Three screaming popes" und "Momentum" für Orchester mit dem City of Birmingham Symphony Orchestra unter Sir Simon Rattle)


    So, ich denke, das reicht für den Anfang, weiteres ergibt sich sicher, wenn Du das Forum hier von Zeit zu Zeit mitliest!


    Viel Spass und beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Claus!


    Na das ist ja schon mal eine ganze Menge. Werde mir mal Ligeti und Turnage zu Gemüte führen. Bin schon gespannt.


    Danke auf jeden Fall für Deine konkreten Tipps.


    Liebe Grüße
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    die Ligeti-Edition auf Teldec kann ich auch nur nachhaltig empfehlen. Ein weiterer Komponist, der in den letzten Jahren im Kommen ist, wäre Harrison Birtwistle, empfehlenswert die letzte CD mit den Werken "Earth Dances" und "Theseus Games".



    Ein weiterer Tipp für alle, die mit moderner Musik noch ein wenig auf Kriegsfuß stehen: Im Febraur veröffentlicht die Firma Erato eine 5-CD-Box zu Ehren des Dirigenten Pierre Boulez: Darauf finden sich sowohl Interpretationen von Werken Schoenbergs, als auch von Berio, Carter, Kurtag, Birtwistle, Xenakis etc.


    Und wenn Du einen Zugang zu Abert Ayler oder Peter Brötzmann gefunden hast oder auch zu Coltranes Ascension sollte keines dieser Werke Dir ein Problem bereiten.

    Gruß,
    Gerrit

  • Hallo Stefan,


    liest Du hier noch mit? Mich würden Deine Erfahrungen interessieren, wenn Du inzwischen mal dazu gekommen bist, in einige der empfohlenen CDs reinzuhören.....


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • hallo leute!


    war in letzter zeit ziemlich in stress und hatte deshalb auch wenig zeit, musik zu hören bzw. hier im forum zu diskutieren.


    habe mir soeben bei amazon die mark anthony turnage-cd bestellt, die mir claus empfohlen hat. diese günstige ligeti-serie hab' ich leider versäumt. sie war vor ein paar wochen noch sehr billig bei amazon zu haben, ist jetzt aber wieder nur mehr zum normalpreis zu haben (werde da wohl eher abwarten - vielleicht ist sie wieder mal verbilligt erhältlich).


    ich habe mir aber noch was anderes bestellt: eine box mit 6 cd's vom dirigenten ingo metzmacher ("who's afraid of the 20th century"), angeblich eine recht gute compilation mit werken aus dem 20. jhdt., wenn auch mehrere sachen aus der ersten hälfte das 20. jhdts. dabei sind. kennt ihr diese serie?


    und zwei weitere sachen habe ich mir nebenbei zugelegt:
    eine cd vom kairos-label: "neue musik kommentiert"; auf dieser cd sind ausschnitte von den werken mehrerer zeitgenössischer komponisten zu hören und auch kurz kommentiert: helmut lachenmann, giancinto scelsi, morton feldman usw.
    konnte mich zwar noch nicht intensiv damit beschäftigen, aber bis jetzt hält sich meine euphorie sehr in grenzen :-((


    was mir jedoch auch empfohlen wurde - und mir wirklich sehr gut gefällt:
    john adams: harmonielehre
    wie steht ihr übrigens zu john adams?


    p.s.: ich werde mich spätestens wenn ich von weiteren "erfahrungen" berichten kann hier wieder zu wort melden!


    lg
    stefan

  • Hallo Stefan,


    für zeitgenössische Musik eine Empfehlung auszusprechen ist schwierig, da man nicht weiß welche Richtung Du bevorzugen würdest. Aber Du hast jetzt einen Richtungstipp selbst gegeben:


    Jahn Adams: Harmonielehre
    und
    +The Chairman Dances;Tromba Lontana;
    Short Ride in a Fast Machine
    Holland, Warren, City of Birmingham SO, Rattle

    Diese CD ist mir auch empfohlen worden und ich war angenehm überrascht, ja begeistert.

    Diese CD von der hervorragenden Dirigentin Marin Alsop steht auf meiner Wunschliste:


    :O Die anderen amerikanischen Minimalisten, wie Phillip Glass, lösen bei mir keine großen Begeisterungsstürme aus.


    Man hat fast den Eindruck, das die Ära der großen amerikanischen Komponisten, die Amerika im 20.Jahrhundert hervorgebracht hat, vorbei ist: Leonard Bernstein, Aaron Copland, William Schuman, Virgil Thomson, Roy Harris, Morton Gould, Howard Hanson, Charles Ives um nur die wichtigsten zu nennen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Stephan,


    die ersten beiden Folgen der Ligeti-Serie gibt es noch für jeweils 4,99 Euro bei 2001. Und jpc hat, soweit ich sehe, noch alle Folgen ebenfalls für 4,99 Euro im Angebot.


    Ansonsten kann ich die Metzmacher-Box "Who´s afraid..." nur empfehlen. Meistens sind es kurze, oft unterhaltsame Stücke "quer durch den Garten" des 20. Jahrhunderts, die Appetit auf mehr machen! :)


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo Stefan,


    danke für die Rückmeldung - das ging ja prompt!


    Zitat

    Original von Stefan Fahrner
    war in letzter zeit ziemlich in stress und hatte deshalb auch wenig zeit, musik zu hören bzw. hier im forum zu diskutieren.


    Warum sollte es Dir anders gehen als mir ;)


    Zitat


    habe mir soeben bei amazon die mark anthony turnage-cd bestellt, die mir claus empfohlen hat. diese günstige ligeti-serie hab' ich leider versäumt. sie war vor ein paar wochen noch sehr billig bei amazon zu haben, ist jetzt aber wieder nur mehr zum normalpreis zu haben (werde da wohl eher abwarten - vielleicht ist sie wieder mal verbilligt erhältlich).


    Wenn man sich eilt, könnte man die letzten billigen Exemplare bei jpc vielleicht noch ergattern.....


    Zitat


    ich habe mir aber noch was anderes bestellt: eine box mit 6 cd's vom dirigenten ingo metzmacher ("who's afraid of the 20th century"), angeblich eine recht gute compilation mit werken aus dem 20. jhdt., wenn auch mehrere sachen aus der ersten hälfte das 20. jhdts. dabei sind. kennt ihr diese serie?


    Ja, und sicher nicht schlecht zum Einstieg. Überwiegend "unterhaltsames" hat Metzmacher für die fünf Silvesterkonzerte in Hamburg ausgewählt, die da mitgeschnitten sind. Die Idee war wohl, zu zeigen, dass es auch im 20. Jahrhundert genug "Unterhaltsames" gibt, mit dem man das neue Jahr beginnen kann, ohne gleich auf den ewigen Wiener Walzer zurückzugreifen. Der Erfolg der Konzerte und der CD-Edition gibt Metzmacher recht: Man muss die Leute manchmal nur heranführen.


    Zitat


    und zwei weitere sachen habe ich mir nebenbei zugelegt:
    eine cd vom kairos-label: "neue musik kommentiert"; auf dieser cd sind ausschnitte von den werken mehrerer zeitgenössischer komponisten zu hören und auch kurz kommentiert: helmut lachenmann, giancinto scelsi, morton feldman usw. konnte mich zwar noch nicht intensiv damit beschäftigen, aber bis jetzt hält sich meine euphorie sehr in grenzen :-((


    Immer an Cage denken: Hören, nochmal hören, nochmal hören und nochmal hören (sinngemäß). Ich könnte mir vorstellen (ich kenne die CD nicht), dass "Ausschnitte" bei den genannten Komponisten durchweg schwierig sein könnten. Ich wüsste jedenfalls nicht, was ich aus einem Stück von Feldmann sinnvoll "herausschneiden" würde.


    Zitat


    was mir jedoch auch empfohlen wurde - und mir wirklich sehr gut gefällt:
    john adams: harmonielehre
    wie steht ihr übrigens zu john adams?


    Er ist in Europa nicht immer wohlgelitten, aber mir persönlich gefällt viel an seiner Musik. "Harmonielehre" ist natürlich ein guter Einstieg, wenn Dir das zusagt, versuch es auch mal mit "El Dorado" (Einspielung unter Nagano, immer mal wieder günstig) oder mit "Native and sentimenal music" (Einspielung unter Salonen, auch immer wieder günstig. Die Oper "The Death of Klinghoffer" ist auch bemerkenswert, wenn man es mit der Oper hat (Einspielung wieder unter Nagano).


    Sorry, für Cover fehlt mir heute die Zeit ;)


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

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  • Hi allesamt!


    Danke wieder mal zwischendurch für die weiteren Tipps.
    Werde mir das alles der Reihe nach zu Gemüte führen und freue mich für jede weitere Anregung.


    Hab mir inzwischen auch entsprechende Lektüre besorgt.
    "Moderne Musik nach 1945" von Ulrich Dibelius. Allerdings dürfte es nicht das bringen, was ich mir erhoffte. Der Schmöker hat fast 1000 Seiten - was ja an sich nicht schlimm wäre. Das Ganze ist allerdings noch dazu total akademisch gehalten - und jemand wie ich, der Nichtmusiker ist - ja nicht mal die Noten lesen kann, dürfte damit schwer überfordert sein. Aber einen Versuch war's wert. (Auf die Idee bin ich eigentlich nur deshalb gekommen, weil ich vor längerer Zeit, als ich zum Jazz kam, das Standardwerk über Jazzmusik, "Das Jazzbuch" von Joachim-Ernst Berendt, gelesen habe. Es war auch für Nichtmusiker ohne weiteres verständlich und hat bei mir eine ziemliche Horizonterweiterung herbeigeführt.)


    Zu euren vorherigen Tipps betreffend JPC und 2001:
    ihr in Deutschland (ich bin Österreicher) lebt in dieser Hinsicht anscheinend wirklich im gelobten Land. Ich habe gesehen, dass es bei JPC und 2001 wirklich super-günstige CD's gibt - allerdings fallen für mich als Österreicher schon bedeutend mehr Portokosten an - weshalb es für mich dann erst nicht günstiger ist als wenn ich meine Bestellung bei Amazon mache (noch dazu muss ich als Österreicher ja eine höhere MWSt bezahlen...) :-((


    Anschließend hab ich noch eine Frage an Claus:
    Du hast die Metzmacher CD's mehrmals "unterhaltsam" bezeichnet.
    Meintest du damit "Unterhaltungsmusik" im Gegensatz zu "ernster Musik"?
    Ich persönlich bin nämlich immer wieder verwirrt, wenn ich auf die Begriffe "U-Musik" und "E-Musik" treffe. Ich verstehe natürlich, dass es mehr oder weniger anspruchsvolle - leider sehr oft auch komplett anspruchslose - Musik gibt.
    Welche Frage sich für mich stellt: Kann bzw. soll es "ernste" Musik geben, die nicht gleichzeitig auch "unterhaltsam" ist?
    Ich habe bis jetzt sicher auch schon einiges an anspruchsvoller (ernster?) Musik gehört. Allerdings wäre ich niemals bereit gewesen, auch nur eine Stunde zu opfern bzw. 18,- Euro für eine CD auszugeben, wenn ich mir nicht gleichzeitig auch Unterhaltung erwartet hätte. Hat also "ernste" Musik eine Berechtigung, wenn sie NICHT gleichzeitig auch unterhaltsam ist?
    Und zweite Frage: Versteht ihr unter E-Musik in erster Linie Klassik, oder gehört da mehr dazu, z.Bsp. auch Jazz, zumindest wenn's mehr als der leidliche Fahrstuhljazz ist?
    In Österreich gibt's eine Tageszeitung, die im Kulturteil zwei getrennte Rubriken hat, eben "E-Musik" und dann "U-Musik". Zur E-Musik zählt alles, was mit klassischer Musik zu tun hat (und wenn es sich um den Donauwalzer handelt) - und zur U-Musik alles andere.


    Mit dieser "E" und "U"-Debatte hätte ich wahrscheinlich ein eigenes Thema starten sollen - aber was soll's - mich würd's auf jeden Fall interessieren, wie ihr darüber denkt!


    So, das war's mal.


    Liebe Grüße aus Wr. Neustadt
    Stefan

  • Ganz richtig: E und U-Musik wird ein eigener Thread. Such einen zugkräftigen Titel aus und fang gleich an :D


    Gruß aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Stefan,


    morgendlich schnelle Antwort:


    Zitat

    Original von Stefan Fahrner
    Hab mir inzwischen auch entsprechende Lektüre besorgt.
    "Moderne Musik nach 1945" von Ulrich Dibelius. Allerdings dürfte es nicht das bringen, was ich mir erhoffte. Der Schmöker hat fast 1000 Seiten - was ja an sich nicht schlimm wäre. Das Ganze ist allerdings noch dazu total akademisch gehalten - und jemand wie ich, der Nichtmusiker ist - ja nicht mal die Noten lesen kann, dürfte damit schwer überfordert sein. Aber einen Versuch war's wert.


    Ich schätze den Dibelius inzwischen als Nachschlagewerk, v.a. weil er auch die Zusammenhänge ganz gut aufzeigt - und mit der Zeit hoffe ich, dass er Dir auch etwas bringen kann. Vielleicht interessant für Dich - wo wir doch schon über Metzmacher reden - könnte dessen neues Buch sein: "Keine Angst vor neuen Tönen":



    Es ist gerade erst erschienen, ich habe es auch noch nicht gelesen, aber nach allem, was ich so vernehme, richtet sich Metzmacher ausdrücklich auch an Anfänger, setzt also den theoretischen Überbau keineswegs so an wie Dibelius und referiert wohl eher aus einer direkt persönlichen Perspektive.


    Zitat


    Anschließend hab ich noch eine Frage an Claus:
    Du hast die Metzmacher CD's mehrmals "unterhaltsam" bezeichnet.
    Meintest du damit "Unterhaltungsmusik" im Gegensatz zu "ernster Musik"?


    Da ich die Unterscheidung nicht treffe (zwischen E- und U-Musik), weil sie mir schlicht bemüht erscheint, meinte ich es nicht in diesem Sinne, sondern tatsächlich im Sinne des direkten Spassfaktors, den die meisten Sachen bringen, die Metzmacher da ausgewählt hat (und in Hinblick auf den Anlass der Konzerte ja auch mit recht). Da sind trotzdem ganz anspruchsvolle Sachen dabei! Aber ich denke eben doch, dass das komplette Hornkonzert von Ligeti oder auch nur das vollständige "Drowned out" von Turnage etwas mehr "Hörarbeit" (und das meine ich nie negativ, Mozart fordert die auch!) fordern als die 5-Minuten-Häppchen, die Metzmacher anbietet.


    Der Rest der U und E-Debatte gehört bestimmt in einen eigenen Thread, dafür ist mir noch ein guter Tipp für Dich eingefallen, der einen der wichtigsten deutschen Komponisten der Nachkriegszeit, Bernd Alois Zimmermann, vorstellen kann und dazu neben allem Anspruch der Musik auch richtig Spass macht (zumal die Aufnahmen in jeder Hinsicht exzellent sind):


    Bernd Alois ZIMMERMANN - Märchensuite, Canto di speranza, Impromptu, Alagoana (Lucas Fels, RSO Berlin / Peter Hirsch)



    Zwar eine CD, für die man bestimmt 18 EUR ausgeben muss, für die sich das aber lohnt - und die zeigt, wie müssig die ganze U/E-Debatte sein kann ;)


    Beste Grüsse,


    Claus

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Stefan,


    Ich hatte vor Jahren mal das Glück Philip Glass und Ensemble live bei einer Aufführung ihrer "Filmmusik" Powaqqatsi (keine Garantie für Schreibweise) zu erleben - die Verbindung der schnellen Bildfolgen und der Musik war absolut hypnotisch. Vielleicht nicht das, was ich mir traditionell unter "klassischer Musik vorgestellt hatte, aber für sich gesehen ohne zweifel ein künstlerisches Werk. Später habe ich dann auch mal eine Aufführung des Schwesterwerkes "Koyannisqatsi" (dito) in einem jener engagierten Kleinkinos, von denen es leider zu wenige gibt, erlebt. Ebenfalls magisch - und trotz gleicher Machweise erstaunlich anders als das erstgenannte Werk. Leider sind die DVD-Veröffentlichungen dieser beiden Filme anscheinend vom Bildtechnischen her ziemlich lausig - aber sollte mal eines dieser Werke in einem Kino / einer Konzerthalle in deiner Nähe aufgeführt werden, kann ich einen Besuch nur dringend empfehlen!!!


    Gruß


    katlow

  • Hallo Katlow!


    Danke für deine Empfehlung! Philipp Glass und Steve Reich sind mir aber - obwohl ich in der zeitgenössischen Musik ein absolutes Greenhorn bin - schon länger bekannt. (Das vor allem deshalb, weil in einem ehem. CD-Geschäft meiner Wahl Glass & Reich immer beim Jazz eingereiht waren - warum auch immer.)


    Von Steve Reich kenne ich "Music for 18 Musicians", mit dem ich ehrlich gesagt nicht allzuviel anfangen kann. Die hypnotische Wirkung, die manche Hörer bei sich feststellen, hat sich bei mir leider nicht eingestellt. Das Ganze hört sich zwar ganz angenehm an - aber letztendlich finde ich es einfach zu wenig abwechslungsreich/spannend.


    Philipp Glass: manches gefällt mir gut ("Songs from Liquid Days", "Songs from the Triology"). Andere Sachen fand ich wieder eher nicht so berühmt. Wobei es sicher einen riesigen Unterschied macht, ob man den zur Musik gehörenden Film - vielleicht sogar im Kino - sieht oder ob man sich einfach nur eine CD reinzieht. Filmmusiken für sich allein genommen finde ich meistens nicht zufriedenstellend.


    P.S.: Es wirkt jetzt vielleicht ein bisschen komisch, dass ich über Glass & Reich Bescheid weiß - am Beginn dieses Threads aber kein Wort darüber verloren habe. Der Grund liegt eben darin, dass ich die beiden schon als "Jazzer" kennen gelernt habe und deshalb bei meiner Anfangsfrage von Haus aus in eine andere Richtung gedacht habe.


    Liebe Grüße
    Stefan

  • Hallo Claus!


    Nicht schlecht - bist schon frühmorgens am Klassik-Trip! ;-)


    Von konkreten Hörerlebnissen kann ich dir leider noch immer nicht berichten, da mein "Amazon-Päckchen" frühestens nächste Woche eintreffen wird. (Kann's ohnehin schon nicht mehr erwarten...)


    Sollte mir die Metzmacher CD-Reihe halbwegs zusagen, werd ich mir sein Buch sicher auch zulegen! Ich kann mir auch vorstellen, dass Metzmacher da sicher "populärer" unterwegs ist. Den Dibelius werd ich wohl für eine Zeit zur Seite legen müssen...


    B. A. Zimmermann interessiert mich natürlich auch. Werde wohl bald meine nächste Bestellung im Netz aufgeben müssen :-))
    Habe allerdings in der Vergangenheit auch schon öfters den Fehler begangen, mir zuviele CD's auf einmal zuzulegen - mit dem Effekt, dass ich mir dann nur 2-3 angehört habe und den Rest quasi "jungfräulich" ins CD-Regal geschlichtet habe...


    Freue mich aber natürlich weiterhin über jede Anregung!


    Schöne Grüße
    Stefan

  • Hallo Stefan,


    hatte es die ganze Woche vergessen, noch darauf hinzuweisen, dass man umfangreiche Informationen über John Adams und sein Werk auf seine offiziellen Homepage http://www.earbox.com/ abrufen kann. Ein Besuch lohnt sich durchaus, wenn man an seiner Musik gefallen findet.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo Stefan,


    mir ging es eher umgekehrt, als ich ausgehend von der Klassik zunächst etwa die Mothers of Invention im Pop oder Miles Davis im Jazz schätzen lernte. Im Grenzbereich entdeckte ich sehr spannende Ideen bei "Bang on a Can", die ich 1996 in Darmstadt live erlebte. Sie arbeiten mit zahlreichen jüngeren amerikanischen Komponisten zusammen. Stilistisch könnten sie am ehesten in der Nachfolge des Minimalismus einzuordnen sein. Mir persönlich gefällt von ihren CDs am besten: Renegade Heaven.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Dieser thread erscheint bei mir unter "Themen, die weitergeführt werden wollen". Zum gleichen Thema gibt es - wenn ich mich recht entsinne - zwei, drei weitere threads. Vielleicht können die zusammengeführt neues Interesse wecken??


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Dieser thread erscheint bei mir unter "Themen, die weitergeführt werden wollen". Zum gleichen Thema gibt es - wenn ich mich recht entsinne - zwei, drei weitere threads. Vielleicht können die zusammengeführt neues Interesse wecken??


    Zusammenfügen vielleicht weniger, aber verweisen:
    Schlüsselwerke
    :hello:

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