Soundtrack - Die neue Opernform?!?

  • Christophs Ansatz schaut auf einen ersten Blick reichlich verwegen aus, aber so ganz daneben scheint er mir auf einen zweiten Blick nicht.


    Und zwar dann nicht, wenn man eine vorsichtige Trennlinie zwischen den "Unterhaltungsopern" und den bewußt anspruchsvollen Opern zieht. (Mir ist klar, daß ich jetzt gesteinigt werde, wie es halt den Trennlinienziehern immer ergeht.)


    Die Opern vom Typus "Tote Stadt", "Ägyptische Helena", "Jonny spielt auf" etc. haben zumindest in Europa tatsächlich keine Fortsetzung gefunden. In den USA schon eher: Mit Menotti, Floyd, Ward usw.


    Bezeichnenderweise meinen mißgünstige Kritiker bei diesen dreien (und ihren Nachfolgern), es handle sich um "Filmmusik". Was eigentlich unsinnig ist, denn in einem Film wird in der Regel nicht durchgehend gesungen. Also scheint man die Tatsache des Gesangs auszublenden und die Rechnung zu machen: Spannende Handlung + süffige Musik = Film.


    Ich glaube nun zwar nicht, daß der Film wirklich die Oper beerbt hat, aber ein gewisser Escapismus ist im Publikum vorhanden, und wie er früher eben von den großen modernen Gesangsopern im Stil Korngolds oder mit Sensationsware à la Krenek bedient wurde, wird er heute mit Filmen gesättigt, während die zeitgenössischen Opern auch dann vom breiten Publikum weitgehend ignoriert werden, wenn sie sich eigentlich an es wenden.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Also "Opern mit Ansätzen zur Filmmusik" ist eine merkwürdige Konstruktion. Es müßte um Opern gehen, bei denen streckenweise nicht gesungen wird aber viel zu sehen ist und Musik dazu läuft. Erste Ansätze wären dann die Balletteinlagen der Barockoper.
    :D


    Es gibt ja vereinzelt das Melodram, also eine gesprochene Szene mit Musik, ist in der Oper aber eher selten geblieben (im 2. Fidelio-Akt kommt es vor).


    Da im Film (außer in Operetten/Musicalnahen Unterhaltungsfilmen wie "Die drei von der Tankstelle") normalerweise nicht gesungen wird und wenn, der Gesang eher ein Zusatzelement ist, kann ich nicht nachvollziehen, dass der Film ein Nachfolger der Oper sein soll. Er ist eher ein Nachfolger des Sprechtheaters, was aber auch nicht stimmt, denn anders als vielleicht Opern, werden ja Sprechttheaterstücke nach wie vor ziemlich viele geschrieben.
    (Ich bin kein Cineast, aber ich vermute mal, dass der Film besonders da interessant wird, wo er nicht einfach "abgefilmtes Theater" ist, sondern eben Mittel einsetzt, die dem Live-Theater gerade nicht zur Verfügung stehen. Die Photographie hat die Malerei ja auch nicht als Kunst ersetzt.)
    Filmmusik ist also eher ein Nachfolger der Programmmusik oder einer illustrativen Schauspielmusik als der Opernmusik, besonders weil normalerweise der Gesang fehlt.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    ... Frage: Wäre Puccini heute Filmkomponist?


    Durchaus möglich. Wagner aber ganz sicher! Der Monumentalfilm ist für ihn 100 Jahre zu spät erfunden worden. :D

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Den Film gibt es ja auch in unterschiedlichsten Ausprägungen.
    So gibt es um 1930 mehrere berühmte Beispiele, die eher als "Symphonie" verstanden werden wollen:
    Ruttmann: Berlin, Symphonie der Großstadt
    Vertov: Enthusiasmus
    Bei letzterem - einem frühen Tonfilm - sind Bild- und Tonspur sogar gleichberechtigt konzipiert. Eine Symphonie aus Fabrikansichten/Fabrikslärm bzw. Blaskapellen auf dem Weg zum Sieg des Sozialismus.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Knusperhexe
    ...
    Ich sehe sie nur als konsequente Weiterntwicklung der Oper.
    Warum werden kaum noch Opern komponiert?
    Warum gibt es so viele Filmkomponisten? ...


    1. Glaube ich nicht. Es sind zwei verschiedene Genres, die historisch aufeinanderfolgen.
    2. Großer Aufwand, kleine Erfolgschancen.
    3. Großer Bedarf bei erstklassiger Bezahlung.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Es gibt ja Opern, die Filme als Bestandteil vorsehen - insofern wäre die Oper während dieser Teile auch Soundtrack.


    Berg sah bei dem berühmten Lulu-Zwischenspiel, das ab der Hälfte rückläufig ist (also eine vertikale Spiegelachse in der Mitte des Stückes) einen Film vor, der Lulus Gang ins Gefängnis und ihre Befreiung daraus darstellt. Der Film ist meines Wissens nicht realisiert worden.


    Bei Zimmermanns Soldaten, wohl "der" Oper der 60er Jahre, sind auch Filme vorgesehen (leider kenne ich das Werk nur akustisch).


    Oper im Film - Schönbergs Moses und Aron wurde doch von Straub/Huilliet verfilmt - wenn das so ist, wie deren Hölderlinverfilmungen, wird das, was Johannes als eigentliche Qualität des Films vermutet, kaum eingelöst - das ist quasi Rampenfilm ...
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Oper im Film - Schönbergs Moses und Aron wurde doch von Straub/Huilliet verfilmt - wenn das so ist, wie deren Hölderlinverfilmungen, wird das, was Johannes als eigentliche Qualität des Films vermutet, kaum eingelöst - das ist quasi Rampenfilm ...


    Jetzt muss ich mich korrigieren - natürlich geht es bei Huilliet/Straub um filmische Qualitäten - da ist jeder Quadratzentimeter Leinwand gleich wichtig, jede Bewegung eines Blattes stiehlt somit eigentlich der künstlerischen Darbietung (Hölderlinsches Theater oder Bachsche Musik oder Schönbergsche Oper) die Show. Eigentlich sind die Rollen von Ton und Bild vertauscht: Man lauscht quasi den Bildern, während der Ton die Handlung angibt.
    :rolleyes:
    (ich sollte mir doch mal den bach-film ansehen ...)


  • In der letzten Münchener Inszenierung der LULU, die ich sah (weiß leider derzeit nicht, von wem die war), wurde ein solcher Film - angeblich nach den genauen Vorstellungen Bergs - eingespielt. Das war dann aber auch der (Stumm-)Film zur Oper, kein Opernfilm und schon gar nicht das Amalgam der beiden.


    Edwin hat insofern Recht (ich wies ja auch schon darauf hin), als der Film die Oper aus der Perspektive des Konsumenten, d. h. des früheren Opernpublikums, das vor allem den Genuss suchte (was ich nicht illegitim finde), die Oper tatsächlich beerbt hat. Leider konnte und kann der Film nur von diesem Publikum nicht leben, und deshalb hat er von Anfang an sein Publikum in Kreisen gesucht, die mit Oper nichts oder nur sehr wenig am Hut hatten. We bei fast jeder neuen Kunstform dauerte es immerhin Jahrzehnte, bis diese Kunstform halbwegs als solche anerkannt wurde. Ich kann mich jedenfalls noch an zahllose Diskussionen der 50er Jahre unter dem Motto "Ist Film Kunst?" erinnern.


    Der MOSES UND ARON - Film von Straub Huillet, die tatsächlich ihre Fiilme gerne als eine Art Filmopern sehen ließen, ist übrigens kein Rampentheater, sondern "on location" in wüstenähnlichen Landschaften gedreht worden. Trotzdem fand ich ihn unendlich langweilig. Das lag aber nicht (nur) an Schönberg, sondern vor allem daran, dass sich Straub/Huillet immer jeglichem Genuss verweigerten, der nicht aus intensivster Analyse resultierte. Sie sind deshalb nicht von ungefähr und aus ähnlichen Gründen außer Mode gekommen wie die Musik der "Darmstädter Schule". Wie die Musik gehen eben auch Filme, die sich ausschließlich an den Kopf wenden, selten tiefer. So wird von ihren Filmen m. E. lediglich DIE CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH im Gedächtnis bleiben, der wie nebenbei auch ein anrührendes Sozialportrait liefert.


    EDIT:

    Zitat

    Kurzstückmeister zu Straub/Huillet:
    Eigentlich sind die Rollen von Ton und Bild vertauscht: Man lauscht quasi den Bildern, während der Ton die Handlung angibt.


    (ich sollte mir doch mal den bach-film ansehen ...)


    Eine gute Beschreibung der Straub/Huillet-Filme und zugleich eine treffen Verurteilung: wenn in einem Bild - man muss bei ihnen tatsächlich eher von lebenden Bildern als belebten Sequenzen sprechen - alles gleich wichtig ist, dann verfehlt der Regisseur die entscheidende Aufgabe der Blickführung, die schon die frühesten Maler als eine wesentliche Aufgabe der "Inszenierung" erkannt hatten. Aber das geht jetzt zu weit OT.


    Wenn es den Film zu Wagners Zeiten schon gegeben hätte, wäre er wohl Regisseur geworden und hätte seine eigene Filmmusik geschrieben, denn mit der überwiegend dienenden Rolle des Filmkomponisten hätte er sich nie zufrieden gegeben. Das gilt vermutlich auch für Puccini und sicher für Richard Strauss, der ja seinen ROSENKAVALIER für den Film adaptierte und dafür eine eigene Partitur schrieb - ein Experiment, das er nie mehr wiederholen wollte.


    Es gibt also natürlich gewisse Gemeinsamkeiten, aber wir sehen in der Sprechplatte ja auch nicht die logische Weiterentwicklung des Buches oder auch nur einen Ersatz dafür - obwohl mir da langsam erste Zweifel (gefolgt von leichten Verzweiflungsschüben) kommen.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    We bei fast jeder neuen Kunstform dauerte es immerhin Jahrzehnte, bis diese Kunstform halbwegs als solche anerkannt wurde. Ich kann mich jedenfalls noch an zahllose Diskussionen der 50er Jahre unter dem Motto "Ist Film Kunst?" erinnern.


    Dabei gibt es wirklich viele zweifellose "Kunstfilme" in den 20er Jahren, auch vor 1920 genug, die sicher nie in den Verdacht kamen, keine Kunst zu sein.


    Diese Diskussion musste also andere Filme zum Thema haben, als die mit künstlerischem Anspruch gedrehten.

    Zitat

    Der MOSES UND ARON - Film von Straub Huillet, die tatsächlich ihre Fiilme gerne als eine Art Filmopern sehen ließen, ist übrigens kein Rampentheater, sondern "on location" in wüstenähnlichen Landschaften gedreht worden. Trotzdem fand ich ihn unendlich langweilig.


    Ich habe mich schon korrigiert. "Rampenfilm" war gemeint in Analogie zur Bewegungslosigkeit der an der Rampe stehenden Sänger - ebenso starr sind eben die Bilder.

    Zitat

    Das lag aber nicht (nur) an Schönberg, sondern vor allem daran, dass sich Straub/Huillet immer jeglichem Genuss verweigerten, der nicht aus intensivster Analyse resultierte.


    Ich würde sagen: Du verweigerst den Genuss.

    Zitat

    Sie sind deshalb nicht von ungefähr und aus ähnlichen Gründen außer Mode gekommen wie die Musik der "Darmstädter Schule". Wie die Musik gehen eben auch Filme, die sich ausschließlich an den Kopf wenden, selten tiefer.


    Hehe - nein, das war alles nie "in Mode", außer eben bei jungen Komponisten, und dass Moden bei jungen Komponisten wechseln, ist doch selbstverständlich. Ich bin mir aber sicher, dass Du alle Kunstwerke, die sich "nur an den Kopf wenden" nicht an Dich heranläßt - nicht einmal in Deinen Kopf, geschweige in Dein Gefühl.

  • Lieber Knuspi,


    Würdest unter dem Begriff "Soundtrack" auch z.B. die Kennmelodien von Fernsehserien etc. einschließen, oder siehst Du die schon als eigene Gattung an? Da sind schon oft Ohrwürmer geboren worden, die man ab und zu auch gezielt der Handlung unterlegt und damit Spannung oder Stimmung erzeugt.


    LG


    Waldi

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Dabei gibt es wirklich viele zweifellose "Kunstfilme" in den 20er Jahren, auch vor 1920 genug, die sicher nie in den Verdacht kamen, keine Kunst zu sein. Diese Diskussion musste also andere Filme zum Thema haben, als die mit künstlerischem Anspruch gedrehten.


    AUA! Jetzt wird's kompliziert. Mal sehen, ob ich wenigstens noch den (graphischen) Überblick behalten, wenn schon gezwungenermaßen nicht am eigentlichen Thema bleiben kann, denn hier bahnt sich die nur zu vertraute Konfrontation zwischen konträren "Genusstypen" an, die ich gerne vermeiden möchte. Sie endet nämlich unweigerlich darin, dass der jeweilige Kontrahent entweder (meist in weniger gewählten Worten) als denkfauler Genusskonsument oder als kopfgesteuerter Sprödian verunglimpft wird. Da dies regelmäßig nichts außer einer irreversiblen Verhärtung der Standpunkte belegt, sage ich schon jetzt, dass das Nachfolgende meine einzige Replik sein wird, in der ich den verunglimpfenden Ton Deiner Ansprache aufgreifen und zur Abwechslung auch begründen werde:


    Natürlich gab es schon sehr früh sogenannte Kunstfilme, auch im Animationsfilmbereich, aber die fanden fast immer außerhalb des gewöhnlichen Film- und Kinobetriebes statt. Leider wurden sie nicht selten als Beweis dafür herangezogen, dass der "gewöhnliche" Film keine Kunst sein KANN. Darüber sollten wir aber inzwischen hinaus sein, denn heute dürfte fest stehen, dass viele der damaligen vermeintlichen Kunstfilme viel weniger kunstvoll sind als mancher damalige "Kommerzfilm". Meist reflektieren sie vor allem ein Missverständnis von Kunst oder Film (oder beidem). Womit nichts gegen Hans Richter, Oscar Fischinger, Walter Ruttman, Luis Bunuel, Maya Deren und die vielen GUTEN Avantgardefilmer gesagt sein soll, die ihnen folgten. Glaub mir, ich kenne mich da nach Jahrzehnten Publikations- und Produktionstätigkeit in dem Sektor ein wenig zu gut aus um meine Zuflucht in einem Brocken hingeworfener Polemik suchen zu müssen/können/wollen. Nur muss Qualifikation auch gefragt sein.


    Zitat

    Der MOSES UND ARON - Film von Straub Huillet, die tatsächlich ihre Fiilme gerne als eine Art Filmopern sehen ließen, ist übrigens kein Rampentheater, sondern "on location" in wüstenähnlichen Landschaften gedreht worden. Trotzdem fand ich ihn unendlich langweilig.


    Zitat

    Ich habe mich schon korrigiert. "Rampenfilm" war gemeint in Analogie zur Bewegungslosigkeit der an der Rampe stehenden Sänger - ebenso starr sind eben die Bilder.


    In meinem edit bin ich auf Deine erst nach meinem Posting bemerkte Selbstkorrektur schon eingegangen, und das durchaus konstruktiv (s.o.).


    Zitat

    Das lag aber nicht (nur) an Schönberg, sondern vor allem daran, dass sich Straub/Huillet immer jeglichem Genuss verweigerten, der nicht aus intensivster Analyse resultierte.


    Zitat

    Ich würde sagen: Du verweigerst den Genuss.


    Warum sollte ich? Wenn dem so wäre, dann nicht ohne kräftige Nachhilfe. Ich kann mir jedenfalls Genussvolleres vorstellen als die starren Bilder des OTHON, in dem ich vor lauter Langeweile die Inschrift auf dem Septimius Severus-Bogen des römischen Forums zu entziffern versuche, weil mich weder das starre und keineswegs merklich sorgfältig komponierte Bild noch die ABSICHTLICH daher geleierten Texte Corneilles zu packen vermögen. Dem hat die sehr gute Aufnahme der Schönberg-Oper unter Michael Gielen tatsächlich eine Menge entgegen zu setzen, und ich hätte mir gewünscht, sie wäre nicht durch die weitgehend starre Bildführung konsequent konterkariert worden. Die durchaus merkliche Leidenschaftlichkeit der Musik wurde dadurch nämlich nicht etwa hervorgehoben, sondern unterlaufen.


    Zitat

    Sie sind deshalb nicht von ungefähr und aus ähnlichen Gründen außer Mode gekommen wie die Musik der "Darmstädter Schule". Wie die Musik gehen eben auch Filme, die sich ausschließlich an den Kopf wenden, selten tiefer.


    Zitat

    Hehe - nein, das war alles nie "in Mode", außer eben bei jungen Komponisten, und dass Moden bei jungen Komponisten wechseln, ist doch selbstverständlich.


    Dass sich Serialismus mehr an den Kopf als an den Schwanz wendet im Vergleich zu einem Pornofilm, kannst Du ihm aber auch nicht übelnehmen.


    Tue ich auch nicht, schon gar nicht im Vergleich zu meiner Haltung gegenüber geschmackloser Polemik, die nur darauf hinweist, dass es wunder-volle Menschen zu geben scheint, die überleben können, obwohl zwischen Kopf und, pardon, Schwanz nichts Wesentliches vorhanden zu sein scheint.


    Zitat

    Wenn es den Film zu Wagners Zeiten schon gegeben hätte, wäre er wohl Regisseur geworden und hätte seine eigene Filmmusik geschrieben, denn mit der überwiegend dienenden Rolle des Filmkomponisten hätte er sich nie zufrieden gegeben. Das gilt vermutlich auch für Puccini und sicher für Richard Strauss, der ja seinen ROSENKAVALIER für den Film adaptierte und dafür eine eigene Partitur schrieb - ein Experiment, das er nie mehr wiederholen wollte.


    Zitat

    Das ist alles Quatsch. (Wenn es gegeben hätte/wenn er heute leben würde ...)


    Wenn Du in einem Thread mehr lesen würdest als Bestätigungen Deiner eigenen Ansichten und darüber hinaus nicht nur nach Stichworten suchen, über die Du Dich wohlfeil echauffieren kannst, würdest Du bemerkt haben, dass ich mit diesem Satz eine Frage des Threadstarters beantwortet habe, die ich keineswegs für einen solchen Quatsch halte, wie Deine (im Wortsinn) unqualifizierte Beschimpfung.


    Zitat

    Es gibt also natürlich gewisse Gemeinsamkeiten, aber wir sehen in der Sprechplatte ja auch nicht die logische Weiterentwicklung des Buches oder auch nur einen Ersatz dafür - obwohl mir da langsam erste Zweifel (gefolgt von leichten Verzweiflungsschüben) kommen.


    Zitat

    Nein, das WWW ist der Nachfolger der Kunst im allgemeinen ...
    :hahahaha:


    Wenn es hier Smilies für Spiegel gäbe, würde ich Deine letzte Anmerkung einschließlich des Gelächters damit umstellen, damit Du Dich angemessen genießen kannst. So bleibt mir nur ein


    ;( Rideamus

  • Ich bn schon seit Jahren ein grosser Soundtrackfan, muss aber auch gestehen, dass ich in den allermeisten Faellen den Film VOR dem Soundtrack kannte und der Soundtrack nur deswegen "funktioniert". Die Bilder des Films kommen eben wieer hoch. Umgekehrt funktioniert das leider nur in wenigen Ausnahmefaellen.


    Eine dieser Ausnahmen ist fuer mich nach wie vor Philip Glass, den ich aber auch ansonsten sehr schaetze (wenn das bei Manchen auch nur hochgezogene Augenbrauen hervorruft) ...

  • Gibt es von Wagner nicht die Aussage, dass er nach dem unsichtbaren Orchester am liebsten das "unsichtbare Theater" haben wollte?
    Wie immer das zu verstehen ist, ich halte es für einen äußerst voreiligen Fehlschluß, dass Wagner lieber Filmregisseur geworden wäre, hätte es die Option gegeben. Filmmusik bleibt immer etwas sekundäres, bei Wagner ist die Musik aber sowas von eindeutig das Primäre, völlig gleich, was er sich vielleicht selbst mit seinem Gesamtkunstwerk eingeredet hat, was sehr stark gegen diese Idee spricht.


    Ob soziologisch der Film die Nachfolge der Oper angetreten hat, ist eine völlig andere Frage. Aber auch hier bin ich äußerst skeptisch. Der Film wendete sich von Anfang an in einem ganz anderen Sinne an ein Massenpublikum als es die Oper selbst zu ihren populärsten (und trashigsten) Zeiten tat.
    Im 18. Jhd. war die Oper keine eskapistische Flucht vor dem Alltag, denn das Opernpublikum hatte keinen stressigen Arbeitsalltag; selbst im 19. Jhd. dürfte es sich noch zum größten Teil aus der "leisure class" rekrutiert haben. Der Film hat, seit seiner industriellen Produktion und massenhaften, relativ preiswerten Verfügbarkeit dagegen ganz zweifellos die Rolle der kurzfristigen Entspannung nach hartem Alltag abhängiger "entfremdeter Arbeit" gespielt. Kein Vergleich mit dem adligen oder großbürgerlichen Divertissement der Oper.


    Die Polemik auf Hollywood usw. von alteuropäischen Bildungsbürgern jeglicher Provenienz kam nicht von ungefähr. Es ist ja nicht nur Adorno, sondern z.B. auch Huxley (der mit den "Feelies" in Brave New World, die damasl neuen "Talkies" verspottet) oder Hesse (etwa im Steppenwolf, da ist es Jazzmusik, aber es wird in eine ähnliche Kerbe geschlagen) und viele andere. Jetzt könnte man einwenden, dass sei alles Vorurteil oder Ressentiment, aber ich denke, dass diese Unterschiede damals sehr viel schärfer gesehen wurden, als wir das heute können. Wir haben uns eben durch mehr als ein halbes Jahrhundert Kulturindustrie dran gewöhnt, und natürlich auch die Einsicht gewonnen, dass Film selbstverständlich ein genuin künstlerisches Medium sein kann.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo KSM,

    Zitat

    In dem "Kanon", dem meine Betrachtungsweise angehört, findet sich Korngold eher als "unter ferner liefen" und die anderen sind völlig zu vernachlässigen


    Mein "Kanon" sieht halt anders aus.
    Aber nach reiflicher Überlegung werde ich jetzt nicht schreiben, wer für mich als "unter ferner liefen" läuft und welche Komponisten für mich völlig zu vernachlässigen sind.


    Solcher auf diesem Niveau geführten Diskussionen bin ich schon seit meiner Studienzeit überdrüssig.
    Sie bringen nichts als Ärger.


    Allerdings möchte ich irgendwann einmal den Aufschrei erleben, wenn ich wirklich drastisch sage, wessen Musik für mich völlig zu vernachlässigen ist.


    Aber das bringt auch nichts als Ärger, also lasse ich es.


    Aber die Selbstverständlichkeit und die (vermeintliche) Gewißheit, vom persönlichen Musikgeschmack und intellektuellem Hintergrund natürlich völlig das Recht zu haben, eine derartig herabwürdigende Meinung über Komponisten zu schreiben, diese Selbstverständlichkeit kenne ich aus meiner Studienzeit von bestimmten Komilitonen nur zu gut.


    Insofern ziehe ich mich aus diesem Thread zurück.
    Ich hatte schon meine Gründe, den vor langer Zeit gewünschten Thread über Korngold nicht aufzumachen.


    Gruß,
    Michael


  • Wirklich schade !!!


    Willst Du Dich wirklich nach einer (fast) einzelnen Stimme richten, die sich im singulären Besitz des Steins der Weisen glaubt und allein damit beweist, dass sie weit davon entfernt, nämlich dort vegetiert, wo die Arroganz zuhause ist?


    Ich fände es gerade für diesen Thread und die übrigen motiviert und ernsthaft daran sich Beteiligenden sehr schade, wenn Du Deine Ankündigung wahrmachst. Letzten Endes würde es nur die zu Recht ziemlich einsame Minderheit bestätigen, deren selbsterlauchte Mitglieder meinen, alle anderen wegbeißen zu sollen und sogar zu können, wenn sie nur rabiat genug um sich kläffen. Das geht nicht spezifisch gegen KSM, obwohl ich zugebe, dass er mir diese Gedanken nahelegte, sondern richtet sich allgemein an manche, die meinen, harsche Urteile streuen zu können ohne auch nur die geringste Notwendikeit einer Begründung für solche Pauschalverdammungen zu sehen, obwohl sie in jedem Einzelfall verdiente Menschen beleidigen, die nichts getan haben außer die Kühnheit zu besitzen, nicht dem Geschmack auf dero selbsterbauten Olymp zu entsprechen.


    Ich für mein Teil halte es mit einem selbstgesprägten Sprichwort: ich bin kein Baum und kann mir deshalb aussuchen, wer mich anpinkeln darf. Deshalb wäre ich froh, Dir nicht nur anderswo, sondern auch hier wieder zu begegnen.


    Mit besten Grüßen


    :hello: Rideamus

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  • Hallo Rideamus,
    ich schaue einfach mal, wie sich das hier so entwickelt.
    Die sinfonische Filmmusik ist mein absolutes Spezialthema, über das ich auch in Musikgeschichte und Analyse bei Prof. Heinrich Lindlar, einem Strawinsky-Spezialisten, sowie bei bei Prof. York Höller zu deren Leidwesen und gegen deren geschmacklichen Widerstand einige Studiengänge seinerzeit abgeschlossen habe.


    Diesen intellektuellen Grabenkriegen bin ich nicht gewachsen.
    Mir gefällt einfach sehr vieles an der damaligen sinfonischen Filmmusik.
    Darüberhinaus ist das Hollywood der 30er und 40er Jahre ein sehr interessantes Thema, da es sich bei sehr vielen Musikern um Emigranten handelte.
    Die Umstände, die zu ihrer Emigration führten, ihre Vorgeschichte bezw. Karriere vor Hollywood und die Arbeitsverhälltnisse dann dort haben mich schon immer interessiert.


    Ich warte einfach einmal ab.


    LG,
    :hello:
    Michael

  • Zitat

    Original von Michael Schlechtriem


    Mir gefällt einfach sehr vieles an der damaligen sinfonischen Filmmusik.
    Darüberhinaus ist das Hollywood der 30er und 40er Jahre ein sehr interessantes Thema, da es sich bei sehr vielen Musikern um Emigranten handelte.
    Die Umstände, die zu ihrer Emigration führten, ihre Vorgeschichte bezw. Karriere vor Hollywood und die Arbeitsverhälltnisse dann dort haben mich schon immer interessiert.


    Ich warte einfach einmal ab.l


    Das hört sich doch schon etwas hoffnungsvololer an. Danke


    Wie Du Dir denken kannst, habe ich als Filmproduzent UND Musikliebhaber natürlich ein besonderes Interesse an diesem Thema, und es wäre schön, wenn man das wieder konstruktiv angehen oder weiter führen kann, sei es in diesem Thread oder einem eigenen,


    :hello: Rideamus


  • Lieber Waldi,


    hmm, nein eher nicht. Ich denke da direkt an Schwarzwaldklinik und Konsorten. Ist das nicht eher Gebrauchsmusik? Viel Licht und viel Schatten? Ja, aber irgendwie zählt's natürlich schon dazu. Es gibt ja auch Opern, die derartig komponiert wurden. Aber irgendwas sträubt sich in mir, wahrscheinlich durch das Wort "Serie". Wobei, wenn ich an die Musik des Mehrteilers "Heimat" von Reitz denke. die ist schon sehr qualitätsvoll!


    Interessanterweise kam heute morgen im Radio ein Beitrag zu einem Bach-Melodram, das morgen in Knechtsteden in rekonstruierter Fassung uraufgeführt wird. Der Regisseur sprach im Interview von "Gefühlskino, Musikkino" und ähnlichem. Ein Ausschnitt bestätigte die Richtigkeit seiner Vokabeln.


    Lieber Michael,


    bitte bleibe uns erhalten! Ich habe viel durch Dich dazugelernt!!!!


    Zitat

    Original von Theophilus


    Durchaus möglich. Wagner aber ganz sicher! Der Monumentalfilm ist für ihn 100 Jahre zu spät erfunden worden. :D


    Lieber Theophilus,


    es gibt zum Fritz Lang Stummfilm " Die Nibelungen" eine sehr gelungene Komposition, die lange verschollen war. Mir fällt gerade nicht der Komponist ein. Du findest Anklänge an Wagner, aber auch viel eigens und Schönes. Und ansonsten hast Du natürlich recht: "Das Gewand" und "Quo vadis" - Filmmusik von Richard W. :D


    LG,


    Christoph

  • Hallo KSM,
    die Querbeziehungen Film-Oper gehen sogar noch wesentlich weiter. In der Sowjetunion wurden Opern regelrecht verfilmt, wobei in der regel die Rollen von Schauspielern dargestellt wurden, die zu einer vorher gemachten Musikaufnahme agierten. Gedreht wurden die Filme nach filmischen Kriterien, nicht nach denen nachgestellter Opernaufführungen. Teilweise wurden die Opern auch für den Film adaptiert, Schostakowitsch etwa bearbeitete selbst seine "Katerina Ismailowa", und der Dirigent Jewgenij Swetlanow kondensierte Mussorgskijs "Chownschtschina" zu einem 2-Stunden-Quasi-Drehbuch.


    Auch US-Fernsehsender sind einen ähnlichen Weg gegangen und haben beispielsweise Menottis "Consul" in einen sehr spannenden Fernsehfilm verwandelt, der allerdings, man höre und staune, von einer "Consul"-Verfilmung des ORF noch weit übertroffen wird. Regie führte Otto Schenk - und er setzte Menottis Oper in Szene, als wär's ein Hitchcock-Thriller. Meiner Meinung nach war Schenk nie wieder so gut wie in diesem Film.


    Relativ unbedeutend ist die Rolle, die direkt für den Film oder wohl eher für das Fernsehen geschriebene Opern spielen: Menottis "Amahl" ist die Ausnahme, hat sich nachher aber auch auf der Bühne durchgesetzt. Brittens "Owen Wingrave", ebenfalls für das TV geschrieben und auf der Bühne nachgespielt, liegt in einer sensationellen Neuverfilmung vor. Sonst fällt mir in diesem Bereich nichts Beeindruckendes ein.


    Übrigens: Die Verwendung des Films in der Oper ist übrigens nicht in "Lulu" erstmals erfolgt, sondern in "Tour de feu" (1925) von Silvio Lazzari.


    :hello:


    P.S.: Von Spekulationen, welcher Komponist Filmkomponist geworden wäre, halte ich nichts. Motto: "Wenn Puccini nicht Opernkomponist geworden wäre, hätte er dann als Pizzabäcker Furore gemacht?"

    ...

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Gibt es von Wagner nicht die Aussage, dass er nach dem unsichtbaren Orchester am liebsten das "unsichtbare Theater" haben wollte?
    Wie immer das zu verstehen ist, ich halte es für einen äußerst voreiligen Fehlschluß, dass Wagner lieber Filmregisseur geworden wäre, hätte es die Option gegeben. Filmmusik bleibt immer etwas sekundäres, bei Wagner ist die Musik aber sowas von eindeutig das Primäre, völlig gleich, was er sich vielleicht selbst mit seinem Gesamtkunstwerk eingeredet hat, was sehr stark gegen diese Idee spricht.


    Es wären halt sehr musiklastige Filme geworden. Aber nur der Film gewährt jene fast unbegrenzten technischen Möglichkeiten, die Wagner benötigt. Das wäre wirklich sehr interessant geworden...



    Zitat

    Ob soziologisch der Film die Nachfolge der Oper angetreten hat, ist eine völlig andere Frage. Aber auch hier bin ich äußerst skeptisch. Der Film wendete sich von Anfang an in einem ganz anderen Sinne an ein Massenpublikum als es die Oper selbst zu ihren populärsten (und trashigsten) Zeiten tat.
    Im 18. Jhd. war die Oper keine eskapistische Flucht vor dem Alltag, denn das Opernpublikum hatte keinen stressigen Arbeitsalltag; selbst im 19. Jhd. dürfte es sich noch zum größten Teil aus der "leisure class" rekrutiert haben.


    Glaube ich nicht. Natürlich gingen ins Palais Garnier oder in eine Staatsoper kaum die einfachen Leute hinein, aber es gab ja genug andere Opernhäuser. Schon Händel-Opern wurden von einfachen Leuten gestürmt (oder auch die Beggar's Opera) und im 19 Jhdt. wurde Oper zu einer Vergnügungsindustrie, die viele Ähnlichkeiten mit dem heutigen Hollywood hat. Der Film löste die Oper vor allem deswegen ab, weil er sich eine noch viel breitere Basis an Kundschaft schaffen konnte, ein Kino konnte in jedem kleinen Nest gebaut werden.



    Um wieder aufs Thema zurückzukommen., ich glaube nach wie vor nicht, dass Filmmusik in der Nachfolge der Oper steht. Für mich ist Filmmusik viel mehr mit Ballettmusik verwandt. Hier wie dort wird Geschehen musikalisch begleitet und illustriert. Und die großen Ballettmusikkomponisten der Vergangenheit wären heute die ersten Anwärter für die Filmmusik-Oscars.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Edwin,


    Du sprichst von Opernfilmen und weist auf einige sehr wichtige und gelungene Beispiele hin, zu denen sicher noch Max Ophüls' DIE VERKAUFTE BRAUT, Otto Premingers PORGY AND BESS, Powell/Pressburgers THE TALES OF HOFFMANN und, obwohl eine Musicalisierung, Premingers CARMEN JONES als Spitzenwerke hinzu gezählt werden müssen. Auch Carmine Gallones frühe Opernfilme mit Tito Gobbi ( RIGOLETTO-1946, LA FORZA DEL DESTINO-1948 ) sind nicht nur von dokumentarischem Reiz, obwohl sie heute ziemlich verstaubt wirken.


    Opernfilme wurden schon seit der Stummfilmzeit in allen Ländern, die Filme herstellten, immer wieder hervorgebracht. Auf den ROSENKAVALIER-Film wurde ja hier und anderswo bereits hingewiesen. Oskar Messter hat schon 1906 einen FRA DIAVOLO-Film gemacht, und 1907 gab es einen LOHENGRIN mit Henny Porten als Elsa. Weltberühmt wurde Cecil B. DeMilles CARMEN mit Geraldine Farrar, die Chaplin in seiner BURLESQUE ON CARMEN parodierte, während in Deutschland Ernst Lubitsch denselben Stoff mit Pola Negri in der TItelrolle aufgriff. Bemerkenswert ist auch die amerikanische Verfilmung von Aubers THE DUMB GIRL OF PORTICI (1916), in der die Starballerina Anna Pavlova die Stumme verkörperte, was ein gewitzter Einfall war, da man die Rolle auf diese Art visuell von den im Stummfilm naturgemäß durchweg sprachlosen Personal abheben konnte.


    In Deutschland hatte der Opernfilm in den 10er bis 30er Jahren nachgerade Hochkonjunktur. So wurde der damals enorm populäre EVANGELIMANN 1923 mit den "Superstars" Paul Hartmann und Elisabeth Bergner verfilmt. Kurzzeitig versuchte eine Firma namens Delog sogar, das Problem des fehlenden Tons zu lösen, indem sie ihre Verfilmungen von Opern wie DER FLIEGENDE HOLLÄNDER, UNDINE, MARTHA oder DER WAFFENSCHMIED mit Chören und Orchestern auf Tournee schickte, aber natürlich wurden auch die anderen Opernfilme mindestens bei ihren Uraufführungen und in den Großstädten mit mehr oder weniger vollem Orchester begleitet. Wenn man so will, waren das (und die vielen anderen Filmmusiken, die schon damals komponiert wurden), die frühesten Soundtracks, und ganz gelegentlich werden die heute sogar aufgenommen, wie die eine oder andere Musik des damals hoch geschätzten Filmkomponisten Giuseppe Becce, der 1913 in einem Film von Carl Froehlich sogar RICHARD WAGNER verkörpert hatte.


    Eigentlich ist das aber ein anderer Strang, denn hier geht es ja gerade nicht um Filmopern, sondern um den Film als Nachfolger der Oper. Dass er bei weiten Kreisen des Publikums die Oper beerbt hat, belegen m. E. unter anderem die genannten Produktionen und vor allem ihre Stoffauswahl. Damals gingen halt noch viel mehr und ganz andere Leute in diie Oper, die später zu Film und Fernsehen abgewandert sind, denn sie war bei weitem nicht die elitäte Veranstaltung, als die sie heute in der Regel wahrgenommen wird, wie Theophilus mit Recht anmerkt. Die Fahnenflucht des Publikums, die man heute bereits auf das Fernsehen übertragen müsste ("Das Fernsehen ist die Operette bzw. das Musical des Kinos?" :D ), lässt sich aber nicht auf die Musikgattung selbst übertragen, und insofern halte ich es für wenig fruchtbar, die Verdienste der Filmmusik dadurch zu beschneiden, dass man sie auf die Verwandtschaft mit der Oper reduziert, zumal sie etwas ganz anderes will, nämlich die heutige Variante der Schauspielmusik sein, wie schon weiter oben gesagt. Auch die Ballettmusik, die ja ähnlich der Oper eine Handlung trägt, scheint mir der falsche Vergleich zu sein, denn genau das tut Filmmusik nicht. Sie ergänzt, illustriert und verstärkt die Handlung und selten mehr. Ich habe als Produzent mit genug Regisseuren zu tun gehabt, denen schon das oft zu sehr von ihrer Leistung ablenkt, um das beurteilen zu können.


    Ansonsten, auch wenn die Frage nur wenig über den schwer denkbaren Pizzabäcker hinaus führt: was Verdi, Puccini oder andere getan hätten. haben Strauss, Schostakowitsch, Bernstein und andere praktiziert. Sie haben die eine oder andere Filmmusik geschrieben und sich mit schlechten Erinnerungen wieder von den dort regelmäßig praktizierten Verletzungen der Integrität ihrer Kompositionenen abgewandt. Selbst Prokoffief tat das, obwohl ihm mit Eisenstein einer der besten und musikalischsten Regisseure aller Zeiten zur Seite stand. Korngold wusste schon, warum er so ungewöhnlich strenge Forderungen stellte (und sich zu seinem und unserem Glück leisten konnte). Wie Michael ganz richtig ausgeführt hat, ist letztlich sogar er der Produktionsmaschinerie immer wieder unterlegen. Neben den beiden von Michael genannten gibt es allerdings noch eine Filmmusik, die ganz nach Korngolds Vorstellungen realisiert wurde. Was kein Wunder war, da Max Reinhardt da Regie führte. Da schrieb er aber nur Ergänzungen und Arrangements zu Mendelssohns EIN SOMMERNACHTSTRAUM (1935), die er u. a. um einen herrlichen Chor nach dem Schlussmotiv der Ouvertüre "Meeresstille und glückliche Fahrt" ergänzte, der den Film eröffnet.


    Auch deshalb sehe ich wenig Verbindungen zwischen Soundtracks, bei deren Verwendung oft sehr unmusikalische Leute das letzte Wort haben, und Opern, wo man schon lange dem Komponisten die fast absolute Vorherrschaft (sowie die Verantwortung für den Erfolg) lässt und deshalb einen schöpferischen Akt durch einen einzelnen Künstler unterstellen kann. Es sind halt beides Musikformen, die eine Geschichte stützen. Da hören die Verbindungen aber auch fast schon auf.


    :hello: Rideamus

  • Hallo Filmgucker und Soundtrackhörer,
    ich will mich auch als solche outen. Mein Nr.1 Soundtrack ist der zu "love actually", einer meienr Lieblingsfilme. Eine Zusammenstellung von Popsongs und auch zwei Kompositionen für den Film. Genial, wie der Regisseur mit der Auswahl der Stücke die Stimmung der jeweiligen Szene wie mit einem Brennglas verstärkt.
    Und die Szene, in der Hugh Grant die John-Travolta-Disco-Paradie ablegt - göttlich!
    Weil die Stücke und die Gefühlslage der speziellen Szenen so eng zusammenhängen, "sehe" ich die Szenen beim Hören - und zum Mitsingen gibt's auch noch einiges.


    Du erwähnst "interview with a vampire", die Schlusszene kommt bei mir unmittelbar nach DER Schlusszene der Filmgeschichte überhaupt - Casablanca. Die Idee, zu "sympathy with the devil" den Vampir wiederzu"beleben" und dazu der Dreh auf der Golden Gate - aber wir sind hier nicht beim Filmforum, von daher SCHLUSS....


    ach ja, klassisch und Film: die Musik zu "Ulysses' gaze" von Eleni Kareindrou


    Ist der Film die Oper der Gegenwart? Ich hoffe nicht! Das wäre wohl eher das Musical, da könnte man eine (für mich absteigende) Linie sehen: Oper - Operette - Musical.


    Viel Spass weiter beim soundtracken
    Viviane

    viviane

  • Zitat

    Original von Knusperhexe


    Lieber Waldi,


    hmm, nein eher nicht. Ich denke da direkt an Schwarzwaldklinik und Konsorten. Ist das nicht eher Gebrauchsmusik? Viel Licht und viel Schatten? Ja, aber irgendwie zählt's natürlich schon dazu. Es gibt ja auch Opern, die derartig komponiert wurden. Aber irgendwas sträubt sich in mir, wahrscheinlich durch das Wort "Serie". Wobei, wenn ich an die Musik des Mehrteilers "Heimat" von Reitz denke. die ist schon sehr qualitätsvoll!


    Lieber Knuspi-Christoph,


    Natürlich gibt es massenhaft Produkte, die man zunächst gerne verachten möchte, aber über Trivialkunst gab es schon viele Vorurteile, und nicht alle hatten oder haben Bestand. Prozentuell gesehen ist natürlich viel Mist dabei, aber es gibt auch - so wie bei der Kinofilm-Musik - Ausreißer nach oben, selten bei den Endlosserien, aber bei manchen Miniserien (BBC!) werden auch anspruchsvollere Erwartungen befriedigt. Ist Gebrauchsmusik grundsätzlich schlecht? Schließlich sind Plakate oder Werbegestaltungen auch inzwischen als voll kunstfähig anerkannt. Ich würde also auch meinen, daß man in dem von mir angesprochenen Bereich musikalische Qualität finden kann, auch wenn das wohl keine ganz leichte Arbeit ist.


    LG


    Waldi

  • Lieber Waldi,


    ich habe früher häufig vorm TV gehangen und Musik aufgenommen. Magst Du mal ein paar Beispiele nennen, die Dir sehr gefallen?


    LG,


    Christoph aus dem Knusperhaus

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  • Lieber Christoph,


    So spontan und weit ab von meinen DVDs fällt mir z.B. die BBC-Produktion von "Pride and Prejudice" von 1995 ein. Die von 1979 ist musikalisch wesentlich schlichter und billiger, aber wenn man sie öfter hört, fängt sie einem an, auch zu gefallen. Die BBC ist da überhaupt oft gut.
    Die Kennmelodie der "Dornenvögel" ist ein bisserl kitschig, aber ungeheuer suggestiv und passend, wurde für mein Gefühl auch gern paraphrasiert und ist vielleicht selbst irgendwelchen Vorbildern nachempfunden.
    "Tatort" oder "James Bond"mag ich im allgemeinen zwar nicht sehr, aber ich gebe zu, daß die Kennmelodien wirksam sind.
    Und der erwähnte Korngold-Reinhardt-"Sommernachtstraum": O ihr Götter, daß ich das erleben dürfen! (kein Tippfehler, sondern Grillparzer-Stil) :jubel: :jubel: :jubel:


    LG


    Waldi

  • Hallo Knuspi.


    "Die Dornenvögel" Das ist ein Roman von Colleen McCulloughs. Ein sehr guter, den ich bereits mehrfach gelesen habe. Dier Verfilmung ist meiner Meinung nach hervorragend.


    LG


    Maggie

  • Lieber Christoph,
    russische Opernfilme gibt's in Japan auf DVD, etwa bei http://www.hmv.co.jp/ . Die Sucherei ist etwas lästig. Ich suche meistens über das Label, da sich die Editionen auf ein Label konzentrieren.
    Die "Katerina Ismailowa" ist allerdings in besserer Qualität mittlerweile auf Decca-DVD erschienen, ebenfalls die Verfilmung von Schostakowitschs Operette "Moskwa - Tscherjomuschki". Der US-TV-"Consul" ist auf VAI-DVD zu bekommen, der Schenk-"Consul" ist leider (noch?) nicht erschienen, hier hilft eventuell eine Anfrage beim ORF-Kundendienst - aber Vorsicht: Die Überspielungen gehen unglaublich ins Geld!
    :hello:

    ...

  • Liebe Maggie,


    habe das Buch sogar damals auch gelesen. Ich meinte das Hauptthema in der Serie - sorry, war missverständlich.


    Lieber Edwin,


    vielen Dank für den Hinweis. Das wird aber echt teuer! Ich werde mal das Frankfurter Filmarchiv kontaktieren.


    Lieber Theophilus,


    noch was zum Nibelungenfilm von Fritz Lang. Habe den vor Jahren im Kino gesehen, als alle Rollen wieder komplett waren. Leider war da die Partitur noch verschollen. Im TV lief er aber dann mit der Originalmusik. Das hatte dann schon etwas sehr opernmäßiges.


    LG,


    Christoph

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