Der Tag ist hin, die Sonne gehet nieder - Abendlieder

  • Neben Friedrich Schorr mit "Im Abendrot" läuft bei uns als Elternentlastung beim abendlichen Den-Stöpsel-zur-Ruh'-singen das Schubert'sche Wiegenlied "Schlafe, schlafe, holder süßer Knabe", wahlweise gesungen von Irmgard Seefried (mein Favorit), Elisabeth Schumann oder Ria Ginster.


    Was die Kitschgefahr angeht, so hilft stets eine Lektüre der "Fülle des Wohllauts" aus dem Zauberberg.


    LG,


    Christian

  • Buy one, get one free.
    Von Mendelssohn als Duett vertont und "Abendlied" benannt.
    Text von Heine, der auch irgendwas mit Revolution zu tun hatte.




    Wenn ich auf dem Lager liege,
    In Nacht und Kissen gehüllt,
    So schwebt mir vor ein süßes,
    Anmutig liebes Bild.


    Wenn mir der stille Schlummer
    Geschlossen die Augen kaum,
    So schleicht das Bild sich leise
    Hinein in meinen Traum.

    Doch mit dem Traum des Morgens
    Zerrinnt es nimmermehr;
    Dann trag ich es im Herzen
    Den ganzen Tag umher.


    audiamus



    .

  • Ach ja, wo wir schon bei Duetten sind, noch zwei von Schumann.



    Emanuel von Geibel , bei Schumann als „In der Nacht“:



    Alle gingen, Herz, zur Ruh,
    alle schlafen, nur nicht du.
    Denn der hoffnungslose Kummer
    scheucht von deinem Bett den Schlummer,
    und dein Sinnen schweift in stummer Sorge
    seiner Liebe zu seiner Liebe zu.



    (Auch unter dem Titel „Alle gingen, Herz, zur Ruh“ im Spanischen Liederbuch von Wolf)





    Elisabeth Kulmann, „An den Abendstern“:



    Schweb empor am Himmel,
    Schöner Abendstern,
    Sieht im Glanzgewimmel
    Jeder dich ja gern.


    Gehn sie auf, gehn nieder
    Sie am Himmelsrand,
    Keinen deiner Brüder
    Schmückt ein solch Gewand.


    Schweb empor am Himmel,
    Schöner Abendstern,
    Sieht im Glanzgewimmel
    Jeder dich ja gern.



    (Auch von Reinecke in den Kinderliedern)


  • Find ich genial vom Heine, daß der genau das Wörtchen in seinen Text genommen hat, das Du zu Deinem Usernamen auserkoren hast! Starker Schluß des Werkchens!


    Auf meiner Eschenbach/Varady/Schreier/Dieskau-Duettenplatte ist nur "In der Nacht" zu finden, wo krieg´ ich denn den andern Schumann her? Weißt Du etwas, das noch im "Plattenalter" sich befindet?


    Alex.


  • Unzweifelhaft in dieser Vertonung mein Lieblingsabendlied! ;( :faint:


    Meines Wissens aber verwendete Schulz das Lied auch gleich zu Beginn seiner Oper La Fee Urgéle - ob nun das Lied als solches zuerst da war oder die Oper, vermag ich nicht zu sagen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)


  • Lieber Nöck,


    das siehst Du invers.
    Die Wahrheit ist, dass mir Herr H. aus dem Sparstrumpf unter der Matratzengruft etliches an Tantiemen hat herausklamüsern müssen, um in dieser kryptisch-knappen vierten Strophe meinen seit der Schlacht von Azincourt ersturkundlich erwähnten, da von seinem Namensvetter höchstselbst verliehenen Kampfnamen verwenden zu dürfen.


    Aufnahmen von dem Schumannduett kenne ich leider selbst nicht, da mir das Werk nur von der exekutiven, nicht aber von der rezeptiven Warte aus geläufig ist.
    So könnte ich höchstens mit den Noten dienen.



    audiamus



    .

  • Hier ein weiterer Favorit:


    Schubert: Bertas Lied in der Nacht, D 653 (Text: Grillparzer)


    Nacht umhüllt
    Mit wehendem Flügel
    Täler und Hügel
    Ladend zur Ruh'.
    Und dem Schlummer
    Dem lieblichen Kinde,
    Leise und linde
    Flüstert sie zu:
    "Weißt du ein Auge,
    Wachend im Kummer,
    Lieblicher Schlummer,
    Drücke mir's zu!"
    Fühlst du sein Nahen?
    Ahnest du Ruh?
    Alles deckt der Schlummer,
    Schlumm're du, schlumm're auch du.


    Gut gesungen von Christa Ludwig, begleitet von Irwin Gage.



    LG,


    Christian

  • Abendstunde

    Die Amsel flötet,
    Es rieselt der Bach,
    Waldmeister blühet,
    Die Heerde ziehet dem Glockenton nach,
    Ich wandle im Grünen,
    Bin still und allein.
    Es fallen Tropfen; Mein Herz, welch Klopfen?
    O Schmerzen, o Pein!


    Dieses Lied kenne ich in den Vertonungen von Carl Loewe und Heinrich Marschner / Gesungen von Elisabeth Schwarzkopf
    Als Autor (oder Autorin?) wird lediglich K. Rose angegeben.

  • Mein persönlicher Favorit ist das Lied D.799 von Franz Schubert


    Im Abendrot
    (Karl Lappe)


    O wie schön ist deine Welt,
    Vater, wenn sie golden strahlet!
    Wenn dein Glanz herniederfällt
    Und den Staub mit Schimmer malet,
    wenn das Rot, das in der Wolke blinkt,
    In mein stilles Fenster sinkt!


    Könnt ich klagen, könnt ich zagen?
    Irre sein an dir und mir?
    Nein, ich will im Busen tragen
    Deinen Himmel schon allhier.
    Und das Herz, eh' es zusammenbricht,
    Trinkt noch Glut und schlürft noch Licht.


    Keiner hat dieses zum Niederknien schöne Lied m.E. so ergreifend und so schön gesungen wie Fritz Wunderlich in Begleitung von Hubert Giesen (Wien 11/1965).


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Wenn man etwas zur Vertonung dieses Textes sagt, kommt man an Richard Strauss nicht vorbei, muss dazu jedoch nicht viel erklären, weil es praktisch alle, die sich mit Liedern befassen kennen.; bekannt als das letzte der »Vier letzte Lieder« , die in aller Regel von Frauen gesungen werden. Aber keine Regel ohne Ausnahme – der Bariton Konrad Jarnot singt sowohl dieses Strauss-Lied (mit Klavierbegleitung) als auch die Vertonung von Hermann Zilcher.

    Im Abendrot


    Wir sind durch Not und Freude
    Gegangen Hand in Hand:
    Vom Wandern ruhen wir beide
    Nun überm stillen Land.


    Rings sich die Täler neigen,
    Es dunkelt schon die Luft,
    Zwei Lerchen nur noch steigen
    Nachträumend in den Duft.


    Tritt her und laß sie schwirren,
    Bald ist es Schlafenszeit,
    Daß wir uns nicht verirren
    In dieser Einsamkeit.


    O weiter, stiller Friede!
    So tief im Abendrot,
    Wie sind wir wandermüde -
    Ist das (dies) etwa der Tod?


    Joseph Freiherr von Eichendorff

    Hermann Zilcher vertonte das Gedicht 1927, also etwa drei Jahrzehnte vor Richard Strauss, und war mit 46 Jahren im besten Mannesalter. Strauss stand 1948 am späten Abend seines Lebens, er war 84 Jahre alt. Zilcher starb in der Neujahrsnacht zum 1. Januar 1948.
    Die Strauss-Komposition »Im Abendrot« wird zwar bei Konzertaufführungen als letztes Stück der vier Lieder dargeboten, wurde von Strauss jedoch als erstes dieser nachträglich so angeordneten Liederfolge komponiert.
    Die Zilcher-Vertonung stammt aus seinem Eichendorff-Zyklus Opus 60 und ist mit „etwas getragen“ bezeichnet. Dieses Lied ist das vorletzte von 12 Liedern, die höchst selten anzutreffen sind, soweit mir bekannt, gibt es nur eine einzige Einspielung auf CD.
    Bei Zilcher hört man für eine knappe Minute ein zunächst trällerndes, dann etwas melancholisches Klaviervorspiel, bevor die ruhige lyrische Singstimme einsetzt, aber in der dritten Strophe immer intensiver zu hören ist und bei „Einsamkeit“ an einen verzweifelten Schrei erinnert, begleitet von lauten, stampfenden Klavieranschlägen.
    Danach wird das wandernde Klavier immer verhaltener und das Lied klingt so getragen aus wie es begonnen hat.

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  • Abendreihn
    Guten Abend, lieber Mondenschein,
    Wie blickst mir so traulich in Herz hinein;
    Nun sprich und lass dich nicht lange fragen,
    Du hast mir gewiss einen Gruss zu sagen,
    Einen Gruss von meinem Schatz!


    Wie soll ich bringen den Gruss zu dir?
    Hab' ich doch keinen Schatz bei mir;
    Und was mir da unten die Burschen sagen,
    Und was mir die Frauen und Mädchen klagen,
    Ei, das versteh' ich nicht!


    Hast Recht, du lieber Mondenschein,
    Du darfst auch Schätzchens Bote nicht sein,
    Denn tät'st du zu tief ihr in's Auge sehen,
    Du könntest ja nimmermehr untergehen,
    Schienst ewig nur für sie!


    Dies Liedchen ist ein Abendreih'n,
    Ein Wandrer sang's im Vollmondschein,
    Und die es lesen bei Kerzenlicht,
    Die Leute verstehen das Liedchen nicht,
    Und ist doch kinderleicht!


    Wilhelm Müller

    Ein von der Struktur her recht nervös daher kommendes Lied (in diesem Hörbeispiel ein Mezzosopran), das in einer Art atemloser Eile vorgetragen wird. Die im Strophenabdruck sichtbaren typografischen Pausen sind im Gesang nicht zu hören und in 1:41 ist der Text durcheilt. An Abendlieder hat man normalerweise eher beschauliche Erwartungen, der Komponist hatte eben andere Vorstellungen. Aber zum Schluss heißt es ja auch: “die Leute verstehen das Liedchen nicht, und es ist doch kinderleicht!“
    In einem alten Buch findet sich – in Frakturschrift gedruckt – dieser Text, eine kritische Beurteilung des Gedichts:

    »Von dieser Digression zurückkehrend, bemerkt Referent, daß er in Müller`s volksthümlicher Lyrik zuweilen, wiewohl nur selten, doch einen falschen Ton angeschlagen findet, der ihren aus einer vornehmen Bildungssphäre hervorgehenden Ursprung zur Unzeit verräth und des Dichters subjektive Ansicht ungehörig hervortreten läßt. Hierher gehört z. B. das „Abendreihn“ überschriebene Gedicht im ersten Bande, Seite 90, worin im Ganzen eine gewisse gemachte Volksnatürlichkeit vorzuwalten scheint und besonders die letzte Strophe mißfällt:
    Dies Liebchen ist ein Abendreihn,
    Ein Wandrer sang´s im Vollmondschein;
    Und die es lesen bei Kerzenlicht.
    Die Leute verstehn das Liedchen nicht;
    Und ist doch kinderleicht.

    Eine solche Polemik des einfachen Gefühls gegen den vornehmen Dünkel der feinen Gesellschaft ist dem Volk und seiner Poesie völlig fremd; nur dem Dichter, der diesen Dünkel näher kennt und würdigt, kann dergleichen einfallen. Das Volk aber bleibt von den Gesinnungen und Ansichten der höhern Kreise, was die Regung des Herzens betrifft, ganz unberührt und denkt sich solche entweder als mit sich dem Inhalt nach übereinstimmend oder läßt sie ganz auf sich beruhen. Nie fällt es ihm ein, sich selbst ein tieferes oder reineres Gefühl zuzuschreiben, und noch weniger, daß seine Sprache nicht sollte verstanden werden können.«


    Der Vorname des Komponisten nimmt Bezug auf Felix Mendelssohn-Bartholdy, ein Wunsch der Mutter, in deren Elternhaus Mendelssohn oft zu Gast war. Felix Draeseke kannte Liszt und Wagner und korrespondierte mit Richard Strauss.
    Strauss´ »Salomé« kommentierte er mehr als unfreundlich („gräulich, am Ende seines Lebens diesen sich Musik nennenden Kot um sich herum aufquellen zu sehen“) und zu Robert Schumann meinte er, dass dieser sich vom Genie zum Talent herunter gearbeitet habe.

    Im Laufe seines langen Lebens wandelt sich Draeseke vom musikalischen Revolutionär zum musikalischen Konservativen. Innerhalb seines Gesamtwerkes schuf er über hundert Balladen, Melodramen und Lieder.
    Felix Draeseke selbst hatte zeitlebens Schwierigkeiten mit seinem Gehör, in den späten Jahren konnte er keine Pianostellen mehr hören, so dass ihm mitunter der Zusammenhang eines Stückes fehlte.

  • Abendständchen
    Horch, es klagt die Flöte wieder
    und die kühlen Brunnen rauschen,
    golden weh´n die Töne nieder,
    stille, stille, laß uns lauschen!
    Holdes Bitten, mild´ Verlangen,
    wie so süß zum Herzen es spricht!
    Durch die Nacht, die mich umfangen,
    blickt zu mir der Töne Licht!
    Clemens Brentano


    Das Lied leitete ursprünglich den vierten Auftritt des Singspiels Die lustigen Musikanten ein, das Brentano im November 1802 während eines Aufenthalts in Düsseldorf geschrieben hatte. Das Spiel erschien 1803 und wurde im gleichen Jahr in einer Vertonung von Peter Ritter in Düsseldorf, in der musikalischen Bearbeitung E. T. A. Hoffmanns 1805 in Berlin aufgeführt.
    Wenn man an die Vertonung dieses Gedichts denkt fällt einem eher Chorgesang und der Name Johannes Brahms (1833-1897) ein, aber dieser Text wurde auch als Sololied von Anton Urspruch (1850-1907), Paul Hindemith und anderen Komponisten vertont.
    In der Vertonung Urspruchs hat man beste deutsche Liedtradition, aber sein Name ist weitgehend in Vergessenheit geraten.
    Das Lied beginnt mit einem kurzen Klaviervorspiel und zwischen den ersten Zeilen des Gedichts gönnt das Klavier der Singstimme ganz kleine Pausen.
    »stille, stille, laß uns lauschen!« wird einige Male wiederholt. Wenn man dann glaubt, dass das Lied mit der Wiederholung von »blick zu mir der Töne Licht«, wobei »Licht« mit langem Atem gesungen wird, zu Ende ist, weil das scheinbare Klaviernachspiel den Vortrag beendet, beginnt die Singstimme erneut, um die ersten vier Zeilen zu wiederholen. Dann kommt aber das echte Nachspiel und das sind etwa 40 schöne Sekunden von insgesamt 4:49.

  • Ist zwar für Chor, aber m. E. eines der schönsten Abendlieder:


    Josef Rheinberger: Abendlied


    Bleib’ bei uns, denn es will Abend werden,
    und der Tag hat sich geneiget.


  • Da in meinem vorigen Beitrag (Nr. 42) schon Brentanos »Abendständchen« beleuchtet wurde, sollte auch Urspruchs Nachtgesang-Komposition hier ihren Platz finden.


    Nachtgesang
    O gib, vom weichen Pfühle,
    Träumend, ein halb Gehör!
    Bei meinem Saitenspiele
    Schlafe! was willst du mehr?


    Bei meinem Saitenspiele
    Segnet der Sterne Heer
    Die ewigen Gefühle;
    Schlafe! was willst du mehr?


    Die ewigen Gefühle
    Heben mich, hoch und hehr,
    Aus irdischem Gewühle;
    Schlafe! was willst du mehr?


    Vom irdischen Gewühle
    Trennst du mich nur zu sehr,
    Bannst mich in diese Kühle;
    Schlafe! was willst du mehr?


    Bannst mich in diese Kühle,
    Gibst nur im Traum Gehör.
    Ach, auf dem weichen Pfühle
    Schlafe! was willst du mehr?


    Johann Wolfgang von Goethe


    Natürlich hat jeder Liedfreund Schuberts geniale Vertonung dieses Textes im Kopf, aber das sollte einen nicht davon abhalten auch einmal zu hören, wie ein anderer Komponist diese Situation des Einschlafens, des Hinüberdämmerns in Töne setzt, was jedoch hier nur schwer zu beschreiben ist, aber ich möchte das zumindest ansatzweise versuchen...
    Der Komponist bietet vor dem Einsatz der Singstimme ein kurzes Klaviervorspiel, dann ist auffallend, dass das insgesamt fünf Mal im Text vorkommende Wort »Schlafe!« zwanzig Mal gesungen wird, wobei es in der ersten und letzten Strophe am häufigsten wiederholt wird. Eine weitere Charakteristik ist das langgezogen gesungene »mehr?« am Ende jeder Strophe.
    Beim allerletzten »mehr?« stiehlt sich die Singstimme extrem lange und leise aus dem Lied heraus und es folgen 20 Sekunden eines feinen Klaviernachspiels. Die gesamte Zeit der Darbietung beträgt 5:48

  • Die relativ wenigen Lieder, die von Anton Urspruch als Aufnahmen vorliegen, enthalten immerhin drei Nacht- und Abendlieder, als viertes Stück könnte man sogar noch »Allnächtlich im Traume seh´ ich dich« dazu nehmen, dieses klitzekleine Liedchen, das durch Schumanns Vertonung so bekannt wurde, ist nämlich auch von Urspruch vertont worden.
    Jordan, der Textdichter dieser Urspruch-Vertonung hat nicht den Bekanntheitsgrad eines Brentano oder Goethe, war aber ein Zeitgenosse des Komponisten und ein recht umtriebiger Mann.
    Der Dichter starb 1904 in Frankfurt am Main und der Komponist ebenda im Jahre 1907.
    Der Booklettext sagt - in der Betrachtung aller Urspruch-Lieder - zu diesem Lied folgendes:
    »... dagegen das "Nachtgesicht" ein filigranes, schlicht anmutendes, aber voller Raffinesse kunstvoll gearbeitetes Strophenlied«


    Nachtgesicht
    Allabendlich vor Schlafen geh´n
    Muss ich der Liebsten Bild besehn.
    Dem sag ich leise gute Nacht
    Und frag es: hast du mein gedacht?


    Und lösch' ich dann der Lampe Licht
    So taucht dein holdes Angesicht
    Hervor aus finsterm Hintergrund
    Wie aus Gewölk des Mondes Rund.


    Da lächelst du so liebevoll
    Und winkst mir dass ich folgen soll;
    Du reichst mir helfend deine Hand,
    Schlägst auch um mich ein Lichtgewand.


    Wir halten innig uns umfasst
    Und schweben, frei der Erdenlast,
    Bis in ein Land voll Sonnenschein -
    Da bin ich dein, da bist du mein.


    Doch ach, dies Land ist nur ein Wahn
    Und wachend find ich nie die Bahn.
    Mein Glück hat nicht im Leben Raum,
    Es ist und bleibt ein schöner Traum.


    Carl Friedrich Wilhelm Jordan

  • Zit: " ein filigranes, schlicht anmutendes, aber voller Raffinesse kunstvoll gearbeitetes Strophenlied«"

    ... so lautet der "Booklet-Text" zu diesem Lied. Man liest das hier, kennt weder das Lied noch seinen Komponisten, und kann aus diesem Grund mit einer solch nichtssagenden, weil viel zu allgemein gehaltenen und zu wenig konkretisierten Aussage nicht das Mindeste anfangen.


    Sollte, so fragt sich der Leser solcher Beiträge, die ja wohl auf das Vorstellen eines unbekannten Liedkomponisten abzielen, derjenige, der sie verfasst, seine Aufgabe nicht darin sehen, eben diese Konkretisierung, die Booklet-Texte per se nicht leisten können, hier in diesem Liedforum vorzunehmen?
    Ganz einfach deshalb, weil er als Leser dieses Lied-Forums es erwarten darf, - und dies mit gutem Recht?


    Um mal konkret zu werden:
    Was an diesem Lied ist in seiner Faktur "filigran"?
    Wieso kann es dennoch "schlicht" anmuten, - denn das widerspricht sich ja nun zunächst einmal?
    Worin besteht seine "Raffinesse" ganz konkret, - wo doch ein "Strophenlied" in seiner Orientierung am Modell des Volksliedes eigentlich gemeinhin keine kompositorische "Raffinesse" aufweist?

  • Lieber Helmut,


    ich habe bei der Threadgründerin einmal nachgelesen. Dort stand aber nichts von dem, was du von Verfassern von Beiträgen dieses Threads forderst. Wie ich dich aber kenne, hast du sicherlich die spezifischen und "eingehend konkretisierten Aussagen" zu diesem Lied schon in petto. (?)


    Liebe Grüße


    Willi :D

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Du wendest ein, lieber Willi: „Dort stand aber nichts von dem, was du von Verfassern von Beiträgen dieses Threads forderst“.
    Und Du hast darin völlig recht!.
    Aber ich „fordere“ ja auch gar nichts in allgemeiner Weise von "den Verfassern“ von Beiträgen zu diesem Thread (wie käme ich auch dazu!?). Hier geht es um einen speziellen Fall.


    Es wird Dir nicht entgangen sein, dass hart diesen Thread nutzt, um – in Gestalt von durchaus themenbezogenen Beiträgen – auf den Liedkomponisten Anton Urspruch aufmerksam zu machen. Das ist eine löbliche Sache und ich finde das sehr gut.


    Und eben weil das so ist, habe ich mich in die Situation eines Lesers versetzt und aus dieser Haltung heraus meinen Beitrag verfasst. Ich selbst „fordere“ auch darin nichts. Ich denke nur, ein Leser sollte einen hinreichenden Eindruck davon bekommen, wie diese Lieder von Anton Urspruch klingen, damit er vielleicht neugierig wird und sich sie sich anhört.
    Denn dieser Mann ist nach seinem Tod buchstäblich in der Versenkung verschwunden. Es kennt ihn heute kaum einer mehr, und er taucht in den gängigen Nachschlagewerken nicht auf. Dabei sind viele seiner Lieder durchaus hörenswert.


    Also noch einmal: Mir geht´s hier ausschließlich um die Sache, - diesen Anton Urspruch nämlich. Und im übrigen: „In petto“ habe ich nichts. Das Vorstellen dieses Liedkomponisten bringt hart selbstverständlich mindestens ebenso gut hin, wie ich das könnte (zumal er ihn wahrscheinlich besser kennt).

  • Danke! Lieber William B.A., dass Du darauf hingewiesen hast, was die Intuition der Threadstarterin Carola vor sechs Jahren war; der Klarheit wegen sei hier die Originalaufforderung als Zitat eingefügt:

    Zitat

    Welche weiteren Abendlieder kennt und mögt Ihr? Wie lautet ihr Text und wer hat sie besonders schön gesungen?


    Meine Schlamperei war eigentlich, dass ich auf Carolas Schlussforderung »...und wer hat sie besonders schön gesungen?« nicht eingegangen bin, aber ich kann das begründen. Nach meinem Kenntnisstand wird dieses Lied gegenwärtig nur von der Sopranistin Heike Hallaschka auf CD angeboten, die von Michael Biehl am Klavier begleitet wird; eine Auswahl aus unterschiedlichen Interpretationen ist mir also leider nicht möglich.


    Und nun zu einigen allgemeinen Gedanken zu solchen Liedeinstellungen, denn natürlich sollte man etwas denken, bevor man schreibt.


    Ich sehe diesen Thread eher als lose Sammlung von Gedichten in diesem Genre, die vertont wurden. Wenn jemand diesbezüglich etwas sucht, kann er hier fündig werden und damit hat dieser Thread seinen Sinn auch schon erfüllt. Da ich weiß, dass es diesen Thread hier gibt, fühle ich mich als Forumsmitglied praktisch »verpflichtet«, die von Carola einmal angestoßene Sammlung zu bedienen, wenn mir in irgendeinem Zusammenhang ein Abend- oder Nachtlied über den Weg läuft.


    So kam ich Anfang März auf dem Frankfurter Hauptfriedhof an dem schön gestalteten Grab von Anton Urspruch vorbei (siehe Thread »Der Musiker Gräber« Beitrag Nr. 156). Das pauschale »schön« lasse ich hier einmal unbegründet stehen, denn da tut sich ein weites Feld auf...
    Ja, und dann schlendert man da natürlich nicht einfach nur vorbei, sondern versucht herauszufinden, was diesen Mann zu seiner Zeit so bedeutend gemacht hat, denn da muss ja logischerweise eine beachtenswerte Lebensleistung vorhanden sein. Und so ganz nebenbei kommt man dann auch zu drei Nacht- und Abendliedern und versucht Carola eine späte Freude zu bereiten...


    Aber dann kommt ein wissbegieriger Tamino, pocht auf sein Recht auf mehr Information und stellt Zusatzfragen wie diese:
    »Was ist an diesem Lied in seiner Faktur "filigran"? Wieso kann es dennoch schlicht anmuten, - denn das widerspricht sich ja nun zunächst einmal? Worin besteht seine "Raffinesse" ganz konkret, - wo doch ein "Strophenlied" in seiner Orientierung am Modell des Volksliedes eigentlich gemeinhin keine kompositorische "Raffinesse" aufweist?«


    Die Fragen sind natürlich berechtigt und ich hatte mir die schon selbst gestellt, sah jedoch keinen Anlass in diesem Rahmen (Textsammlung) darauf näher einzugehen. Die von Helmut Hofmann hinterfragte Formulierung stammt von dem Pianisten Michael Biehl, einem studierten Musikwissenschaftler und Germanisten, der vielleicht doch Dinge hört, die einem "nur Musikhörer" wie ich einer bin, verschlossen bleiben...
    Die von mir gehörten 21 Stücke der Urspruch-Lieder-CD hören sich für mich gut an, dem Stück »Nachtgesicht« würde ich allerdings keine Priorität einräumen wollen und ich sehe diesen Widerspruch genauso.
    Aber ich finde es grundsätzlich richtig, wenn das Schaffen einstmals bedeutender Künstler in unserer Zeit, wo die Herstellung einer CD keinen immensen Aufwand mehr bedeutet, beleuchtet wird.


    Frau Professor Dr. Veronica Kircher ist die Urenkelin des Komponisten Anton Urspruch. Sie lebt in Münster und war bis zu ihrer Emeritierung als Professorin an der Katholischen Fachhochschule NW für die Fächer Psychologie und Heilpädagogik tätig. In der Zeit ihres Ruhestandes hat sie sich den Recherchen über den Nachlass ihres Urgroßvaters gewidmet und die Neuentdeckung und Wiederaufführung seiner Werke in die Wege geleitet.

  • Zit.: "Aber dann kommt ein wissbegieriger Tamino, pocht auf sein Recht auf mehr Information und stellt Zusatzfragen wie diese: ..."

    Es ist schon ein wenig verwunderlich - das "ärgerlich" schlucke ich runter - wie hier mit der Intention meines Beitrags umgegangen wird. Ich bin eben gerade nicht(!) als "wissbegieriger Tamino" dahergekommen, sondern habe meine Fragen aus der Situation eines Lesers solcher Beiträge formuliert, in denen Lieder vorgestellt werden. Ich zitiere:
    "Sollte, so fragt sich der Leser solcher Beiträge, die ja wohl auf das Vorstellen eines unbekannten Liedkomponisten abzielen, ..."
    Ich selbst hätte diese Fragen gar nicht stellen müssen, da ich das Lied kenne und sie mir selbst beantworten kann.


    Nach wie vor bin ich der Meinung, dass dieses Anliegen, das ich vorgebracht habe eine wohlbegründete Berechtigung hat. Es sei denn, man möchte diesen Thread in strikter Orientierung an den Vorgaben seiner Starterin Carola halten: "Welche weiteren Abendlieder kennt und mögt Ihr? Wie lautet ihr Text und wer hat sie besonders schön gesungen?"
    Dann muss man sich aber darüber im klaren sein, dass man sich damit auf dem Niveau eines Poesiealbums arretieren lässt.

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  • Dann muss man sich aber darüber im klaren sein, dass man sich damit auf dem Niveau eines Poesiealbums arretieren lässt.


    Es war nicht meine Absicht dem Niveau des Forums einen Schaden zuzufügen. Ich bitte mein Fehlverhalten zu entschuldigen.

  • Die letzten Beiträge von Helmut Hoffmann erwecken beim Leser - dies trotz oder gerade auch wegen ihrer Tendenz, um die Bratensauce herumzuschleichen - einen äußerst seltsamen Eindruck. Analogien zum ersten und zweiten Gebot des Dekalogs oder solche aus dem Fleischereiwesen drängen sich dem unvoreingenommenen Betrachter auf. Dies ist angesichts des Meisters sonst sehr gehaltvoller Analysen, die mir immer dann (es ist aus Zeitgründen nicht allzu häufig der Fall) Freude bereiten, wenn ich zwischendurch nachhöre, einigermaßen unverständlich. Schade! Manche Menschen besitzen ein unerschütterliches Talent, andere urplötzlich und grundlos vor den Kopf zu stoßen.


    Insofern empfinde ich die mehr oder minder sarkastische Reaktion des Users hart als sehr zurückhaltend. Ich hätte anders reagiert, bin aber möglicherweise denn doch zu wenig distingierter Kunstliedexperte.


    :P Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Das Thema „Abendlieder“ ist hochinteressant und zugleich hochkomplex. In der Lyrik zu diesem Thema spiegelt sich die ganze Vielfalt und Ambivalenz der Erfahrung von „Abend“. Schließlich ist das zugleich die Erfahrung von Ruhe und Befreiung vom Aktivismus des Tages, aber auch die der Nähe von Nacht, die seit eh und je für den Menschen eine höchst ambivalente ist. In den vielen Liedern, die es zu diesem Thema gibt, spiegelt sich dies auf eindrucksvolle Weise. Vor allem ist interessant, wie die Komponisten die jeweiligen lyrischen Texte rezipiert und musikalisch umgesetzt, und welchen Aspekt von Abend-Erfahrung sie besonders akzentuiert haben.


    Dieser Thread soll sich nach der Zielsetzung, die ihm von seiner Starterin mitgegeben wurde, auf all diese hochinteressanten Aspekte der Beschäftigung mit dem Kunstlied nicht einlassen. Hier soll einfach nur aufgelistet werden, was die Mitglieder dieses Forums an „Abendliedern“ kennen und allenfalls auch die sängerische Interpretation derselben eingegangen werden. Das kann man so machen. Dagegen ist gar nichts einzuwenden.


    Was aber gar nicht geht, das ist, dass man – wie das eben gerade wieder einmal geschehen ist - mit Ironie und zynischem Spott über einen Menschen herfällt, der darauf hinweist, dass ein Thread mit einer derartigen Zielsetzung seinem Thema nicht gerecht wird. Es tut mir leid. Aber ich wiederhole es noch einmal:
    Das schlichte Eintragen von Liedtexten ohne jeglichen Kommentar zur zugehörigen Musik unterscheidet sich in gar keiner Weise vom Eintrag von Versen in ein Poesiealbum. Mit „Kommentar“ meine ich nicht eine liedanalytische Betrachtung. Ich meine eine Wiedergabe des subjektiven Höreindrucks vom jeweiligen Lied unter dem Aspekt des Themas dieses Threads.
    Was ich für völlig ungenügend halte, das ist das so beliebte Zitieren aus dem Booklet. Man sollte sich schon die Mühe machen, eigene Worte für das zu finden, was man beim Hören eines Liedes wahrgenommen hat. Das fällt schwer, ich weiß es, und man stößt dabei an seine Grenzen.
    Aber es ist dieser Mühe wert, - des Liedes, seines Komponisten und der Leser dieses Liedforums wegen.

  • Es mag sein, dass in meinem Beitrag Spott mitschwingt. Dieser Spott verbirgt eine direktere Ausdrucksweise. Ich wollte hart unterstützen, damit nicht der Eindruck entsteht, seine "Entschuldigung" sei sein Privatproblem.


    Insbesondere der wirklich zynische Vermerk mit dem "Poesiealbum" stellt eine Unverschämtheit dar. Dort steht das, "[w]as aber gar nicht geht" und wovon der Verursacher jetzt ablenken möchte.


    Es ist nicht das Recht von Herrn Hofmann, in anderen Threads irgendetwas einzufordern. Auf das grundsätzliche Missverständnis, das Herrn Hofmanns Forderung zugrundeliegt, hat überdies bereits William B.A. hingewiesen !!


    Zitat

    Ich bin eben gerade nicht(!) als "wissbegieriger Tamino" dahergekommen, sondern habe meine Fragen aus der Situation eines Lesers solcher Beiträge formuliert, in denen Lieder vorgestellt werden.

    Auch hier kann ich nur staunen, mit welcher unverfrorenen Attitüde jemand auftritt. Es tut mir leid!


    :thumbdown: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zit. hart: „Es war nicht meine Absicht dem Niveau des Forums einen Schaden zuzufügen. Ich bitte mein Fehlverhalten zu entschuldigen.“

    Diese Worte sitzen mir im Nacken, seitdem sie hier stehen. Objektiv betrachtet handelt es sich um eine Reaktion auf meine Beiträge, in denen allgemeine und sachbezogene Überlegungen zur Intention dieses Threads und zur Betätigung darin angestellt wurden. Darin wurde niemand persönlich angegriffen.


    Die Äußerung von hart nimmt Bezug auf Ausführungen meinerseits, die, vollständig zitiert, so lauten:
    „Nach wie vor bin ich der Meinung, dass dieses Anliegen, das ich vorgebracht habe eine wohlbegründete Berechtigung hat. Es sei denn, man möchte diesen Thread in strikter Orientierung an den Vorgaben seiner Starterin Carola halten: "Welche weiteren Abendlieder kennt und mögt Ihr? Wie lautet ihr Text und wer hat sie besonders schön gesungen?"
    Dann muss man sich aber darüber im klaren sein, dass man sich damit auf dem Niveau eines Poesiealbums arretieren lässt.“
    Diese Feststellungen sind ausdrücklich im Konditional und allgemein gehalten „Es sei denn (also: wenn), … dann“. Dafür, sie als Angriff auf irgend ein Tamino-Mitglied zu verstehen und zu werten, gibt es keinen sachlichen Grund.


    Ein Fehler war das Vergleichen des Einstellens von nicht oder nur wenig kommentierten Lied-Texten mit dem Eintrag von Versen in ein Poesiealbum. Dieser Vergleich ist zwar sachlich durchaus naheliegend, er ist in seiner Wirkung aber polemisch. Und eben deshalb hätte ich ihn nicht vornehmen dürfen.


    Wie auch immer: Aus dem obigen Zitat spricht persönliche Betroffenheit. Der Auslöser können nur meine Beiträge gewesen sein. Ich bin also schuld daran!
    Weil dem so ist, möchte ich hier ausdrücklich mein Bedauern aussprechen und um Entschuldigung bitten.


    (Und wenn ich noch um ein weiteres bitten dürfte: Diesen Beitrag bitte einfach so hinnehmen und nicht weiter kommentieren. Wir haben uns ohnehin hier schon viel zu weit von der Thematik und der Zielsetzung dieses Threads entfernt)

  • Des Müden Abendlied
    Verglommen ist das Abendrot,
    Da tönt ein fernes Klingen;
    Ich glaube fast, das ist der Tod,
    Der will in Schlaf mich singen.
    O singe nur zu,
    Du Spielmann du!
    Du sollst mir Frieden bringen.


    Ein weiches Bette der Rasen gibt,
    Es säuseln so kühl die Zypressen,
    Und was ich gelebt, und was ich geliebt,
    Ich will es alles vergessen.
    Keinen Ruhm, kein Glück
    Laß ich zurück,
    Hab' nichts als Schmerzen besessen.


    So fahr denn wohl, du arge Welt
    Mit deinen bunten Schäumen!
    Was dich ergötzt, was dir gefällt,
    Wie gern will ich's versäumen!
    Schon wehet die Nacht
    Mich an so sacht;
    Nun laßt mich ruhn und träumen.
    Emanuel Geibel



    Dieses Lied ist mehr als ein Dutzend Mal vertont worden, unter anderem auch von Robert Franz und Joachim Raff, ich beziehe mich hier auf die Komposition von Charles Tomlinson Griffes (1884-1920). Griffes gilt als bekanntester amerikanischer Vertreter des musikalischen Impressionismus. Er studierte in Berlin unter anderem auch bei Engelbert Humperdinck.
    Es ist ein ganz stilles Liedchen mit einem stimmungsvollen Klaviervorspiel, aber sobald die Singstimme anhebt, sind vom Klavier nur noch sehr zurückhaltende Anschläge zu vernehmen. In der mittleren Strophe werden Instrument und Singstimme lauter und der Sänger wird expressiv, wenn er verkündet, dass er nichts als Schmerzen besessen habe. Die letzte Strophe versinkt dann im fast tonlosen Nichts.
    Griffes hat auch das Nachtlied von Geibel "Der Mond kommt still gegangen" vertont; auch davon gibt es eine Menge Kompositionen, unter anderen auch eine von Clara Schumann, die recht weit verbreitet ist; es ist von vielen Interpreten zu hören (Barbara Bonney - um ein Beispiel zu nennen - singt diese Vertonung von Clara Schumann sehr schön),aber das war nur eine kleine Abschweifung, denn hier soll die seltener anzutreffende Version Griffes im Vordergrund stehen.


    Wenn man die beiden Vertonungen Griffes miteinander vergleicht, stellt man fest, dass das zweite Lied mehr melodische Musik als das vorgenannten Lied bietet, aber es sind ja auch unterschiedliche Texte...


    Nachtlied
    Der Mond kommt still gegangen
    mit seinem goldnen Schein,
    da schläft in holdem Prangen
    die müde Erde ein.


    Im Traum die Wipfel weben,
    Die Quellen rauschen sacht,
    Singende Engel durchschweben
    Die blaue Sternennacht


    Und auf den Lüften schwanken
    Aus manchem treuen Sinn
    Viel tausend Liebesgedanken
    Über die Schläfer hin.


    Und drunten im Thale, da funkeln
    Die Fenster von Liebchens Haus;
    Ich aber blicke im Dunklen
    Still in die Welt hinaus.


    Anmerkung: Der Komponist weicht geringfügig von der Originalfassung ab


    Dieses Lied ist das packendere und schönere, wenn man es mit dem vorigen vergleicht. Es ist melodiöser und legt den sängerischen Höhepunkt auf die "Viel tausend Liebesgedanken", danach verabschiedet sich die Singstimme elegant aus dem Text und das Klavier spendet dem geneigten Hörer noch ein ganz sensibles Nachspiel.
    Man merkt deutlich, dass sich diese Amerikaner damals sehr stark an ihren deutschen Vorbildern orientierten. Es wird zum Beispiel berichtet, dass man um 1890 mitunter mehr als hundert amerikanische Musikstudenten in Leipzig antreffen konnte...