ZitatOriginal von Zwielicht
Hallo Wulf,
Die Live-Aufnahme von 1976 gehört m.E. in die Spitzengruppe, äußerst aggressiv und lebendig.
Die gehört auch für mich zu den schönsten Einspielungen der Diabelli-Var..Ich finde sie vor allem voller subtilem, hintergründigem Witz, wobei das, was ich an Brendel so schätze, besonders zur Geltung kommt, nämlich seine unglaublich vielseitige Anschlagskultur und feine Farbigkeit und subtile Phrasierung ohne jede Effekthascherei.
Das schätze ich jedoch auch an seinen Beethoven-Sonaten. Ich habe beide Philips- und die Vox-GA - keine Aufnahme zuviel, weil alle unterschiedlich sind, aber nie gedankenlos so runtergespielt.
ZitatVehementer Widerspruch - nicht nur Brendel ist deutlich inspirierter als früher, auch Rattle schafft ein sehr konturiertes, stellenweise hip-nahes Klangbild. Dem gepflegten Klangbrei der Herren Haitink und Levine in den früheren Gesamtaufnahmen weit überlegen.
Endlich einmal jemand, der diese Aufnahme auch so schätzt, wie ich. Bei aller Konturiertheit und HIP-Nähe ist das natürlich eine sehr "runde", einfach sehr schöne Aufnahme, auch hier ohne Extreme und Effekte. Aber wie genau hier Rattle und Brendel aufeinander hören, Klavier und das angenehm schlank klingende Orchester (und das mit den Wienern!) aufeinander abgestimmt sind, muß m-E. seinesgleichen erst einmal suchen. Brendel klang noch nie bei den Konzerten vorher so leichthändig, ohne an Subtilität zu verlieren, Rattle hier einmal wirklich erstklassig. Levine fand ich auch fürchterlichen Klangbrei. Haitink würde ich das zwar nicht vorwerfen, aber er lieferte für mich gepflegte Langweile.
ZitatNoch vehementerer Widerspruch. Brendel gehört zu den wenigen, die Liszt als Komponisten ernstgenommen haben und seine Werke nicht - wie Horowitz - als Vehikel des Virtuosentums herunterdreschen. Exemplarisch an Brendels Aufnahmen des Spätwerks zu erkennen, das der Großteil der angeblichen Liszt-Pianisten nie auch nur angefasst hat
Auch hier kann ich Bernd nur zustimmen. Brendel ist einer der wenigen, neben z.B. Pollini und Lewis, bei dem ich überhaupt Lust habe, Liszt zu hören.
Lewis ist mir jedoch als Nachfolger dann doch zu nah an Brendels Ansatz dran und zu wenig originell und zu eng im Repertoire.
Von Schiff finde ich nur einige wenige Aufnahmen wirklich in die erste Liga mit Brendel, ABM, Gilels usw. hineinragend. Dazu gehören seine Goldberg-Var. (ECM). einige, aber eben nur einige wenige seiner Beethovensonaten (z.B. Op.110+111), aber sehr viel finde ich auch, wie Alfred, etwas farblos, seine Rhythmen und Klangfarben häufig zu gleichförmig. Insbesondere bei Bartok liegen m.E. Welten zwischen Schiff und den alten Ungarn wie Anda und Sandor.
Wirklich durchgehend begeistert mich Mitsuko Uchida, die mit Brendel auch gemeinsam hat, das das "Wiener Kernrepertoire" bei ihr bis Schönberg reicht. Auch Brendel hat ja lange und sehr gut für die Durchsetzung Schönbergs geworben, bis er meinte, die Moderne Jüngeren überlassen zu können. Uchida ist bei Schönberg und Berg wirklich in ihrem Element. (Merkwürdig, das hätte doch schon längst von Special Agent amfortas 008 kommen müssen! )
Matthias