Liebe Forianer
Kaum sollte man es für möglich halten, aber selbst der unvergleichliche Joseph Haydn braucht scheinbar immer wieder "Fürsprecher" bzw Argumente, welche seine Großartigkeit bestätigen.
Aber ist das überhaupt möglich ?
Schon Schumann übte Kritik an jenem "liebenswürdigen alten Herrn" den man gerne erwähnte, dessen Musik aber den Zeitgenossen Schumanns nichts mehr zu sagen hatte.
Ähnlich scheint es heute zu sein.
In meiner Jugend war Haydn - wenn meine Erinnerung mich nicht trügt - noch viel populärer - aber auch damals spielte man immer wieder dieselben Werke - vorzugsweise die "Namenssinfonien" (und da nicht alle) und einige Werke, die man Joseph Haydn zuschrieb, die aber den kleinen Schönheitsfehler hatten in Wahrheit nicht von ihm zu sein.
Haydn steht heute nach wie vor im Schatten Mozarts - ob das zu deren Lebzeiten auch so war ist IMO nicht eindeutig geklärt - Haydns Berühmtheit gegn Lebensende ist jedoch unumstritten - sie war legendär.
Heute "verkauft" man Haydns Werk in erster Linie dadurch, daß man immer wieder seinen "Witz" betont (den die meisten Hörer sowieso nicht orten können)
Leider aber hat der große Mann drei epochale Fehler begangen:
1) Er hat sein Leben vorzugsweiose in der Provinz verbracht, für Eskapaden, Amouren und Intrigen war da nur wenig Gelegenheit - sowas dämpft das Interesse des Publikums automatisch
2)Er hat zu lange gelebt.
Die allzu beliebte Geschichte mit dem viel zu früh verstorbenen Genie, welches noch vieles geschaffen hätte - hätte es nur länger gelebt - ließ sich auf ihn nie anwenden - eindeutig ein Minuspunkpt in seiner Biographie
3) In dieser relativ langen Lebensspanne hat er noch dazu fleissig komponiert - ein Vielschreiber.
Das Publikum verliert in solchen Fällen schnell die Übersicht - und auch die Lust alles zu hören. Vivaldi, Scarlatti und andere mussten auch für dieses Vergehen büssen, und es soll sogar Leute geben, die es begrüßen, daß von Bachs Kantaten nur etwa 200 erhalten sind.
Zudem findet sich in Haydns Musik nur wenig offensichtlich Revolutionäres - wobei die Betonung auf "offensichtlich" liegt...
Finden die späten Sinfonien noch einigermaßen gnade vor den Ohren des gestrengen mahler- und schostakowitschgeschulten Publikums, so werden die frühen (IMO völlig zu Unrecht) in die nähe von "Kleinmeistern" des frühen 18. Jahrhunderts gerückt.
In der Zeitung konnte ich neulich lesen, daß der Fremdenverkehrsindustrie ein Mozartjahr wesentlich lieber wäre - aber da eben derzeit keines sei, müsse man sich eben mit Haydn "begnügen" (!!!)
Auf diesen Thread kam ich durch folgende Statements in einem anderen Thema - aber dergleichen kann man offen oder versteckt immer wieder lesen:
Zitatbis auf den ersten satz auch in die kategorie fallend: EUNW. einmal und nie wieder
ich finde es bemerkenswert und habe es auch schon öfters festgestellt, daß mich bei haydn (neben den menuetten) am ehesten die langsamen sätze langweilen, die m.m.n. auch oft zu den kompositorisch 'harmlosesten' sätzen zählen. (ganz im ggs. zu mozart)
komisch, bei einem großen komponisten sind doch vor allem die langsamen sätze oft die besten und tiefsten. hat jemand das gleiche empfinden oder eine ähnliche meinung?
Tja und jetzt können einerseits diese Fragen hier beantwortet werden - und man kann auch drüber nachdenken, warum einer der zu Lebzeiten berühmtesten Komponisten heute nicht die volle Anerkennung geniesst, die er meiner Meinung nach verdienen würde.
mehr zu diesem Thema von mir weiter unten im Thread
mfg aus Wien
Alfred