Ich weiß noch sehr gut, daß in meiner jugend und auch davor, etliche sehr individuelle, bzw eigenwillige Pianisten gab.
Jeder drückte den Werken seinen individuellen Stempel auf, was für viele reizvoll war. Irgendwann, als die Schallplatte wichtiger schien als das Konzertereignis und die nächste Generation von Pianisten darauf angewiesen war bedeutende und weniger bedeutende internationale Klavierwettbewerbe zu gewinnen um mehr oder weniger lukrative Schallplattenverträge zu ergattern, da war folgende tendenz zu erkennen: Die Pianisten wurden technisch immer perfekter, entwickelten sich zu Klavierspielautomaten erster Güte die in dieser Disziplin alles bisher dagewesene in den Schatten stellten - jedoch die eigene Individualität blieb auf der Strecke. Man war darauf angewiesen den Juroren zu gefallen - und so entwickelte sich mit der zeit ein gewisser "Einheitsgeschmack", viele Pianisten waren kaum mehr von ihren Konkurrenten, äh Kollegen zu unterscheiden.
Es herrschte eine gewisse sportive zeitgeistige Grundhaltung vor.
Das Publikum hatte sich damit irgendwann abgefunden, daß die Individualisten ausstarben, deren spielerische "Unarten" ausgemerzt schienen. Falsche Töne im Konzert (Eddie Fischer schau oba ) gab es nur mehr in Ausnahmefällen - und auf Tonträge natürlich schon gar nicht.
Seit einiger Zeit ist jedoch verstärkt der Trend zu relativ eigenwilligen, individuellen Interpretationen zu bemerken, welche (aus meiner Sicht) dazu geeignet scheinen den Klassikmark erneut zu beleben. Man möchte die Lesart des Pianisten X mit jener von Y vergleichen und darüber diskutieren, sei es in einem Internetforun oder einfach nur in der Konzertpause zwischen 2 Gläsern Sekt.
Das wirft erneut die Frage nach der Werktreue bzw individuellen Lesart auf - was ist erlaubt, was ist erwünscht - wann wird ein Tabu gebrochen ?
Und welches sind Eurer Meinung nach die "neuen Individualisten" deren Interpretation euch interessieren könnte ?
mfg aus Wien
Alfred