Der "ungeliebte" Bruder - Leben und Werk des Michael Haydn

  • Zitat

    Original von BigBerlinBear
    Unmittelbar vor seinem Tode arbeitete Michael Haydn an einem weiteren Requiem, das er jedoch nicht mehr vollenden konnte.



    Von diesem Requiem gibt es seit Kurzem eine komplette Aufnahme*:



    Requiem B-Dur (vervollständigt von P. Gunter Kronecker)


    dazu von Mozart: God is our refuge KV 20; Misericordias KV 222;
    Venite Populi KV 280 & Ave verum KV 618


    Lydia Teuscher, Manami Kusano, Julian Pregardien, Jens Hamann
    KammerChor Saarbrücken, Kammerphilharmonie Mannheim,
    Georg Grün




    Michael Haydn konnte die ersten beiden Sätze (Introitus und Kyrie) noch vollenden. Beide Teile sind in Reinschrift überliefert. In der Sequenz (beginnt mit dem Dies Irae) bricht diese Reinschrift dann ab. Man geht aber davon aus, dass Haydn schon weiteres skizziert hatte, denn er hat weitere Teile einem Freund auf dem Klavier vorgestellt. Diese Skizzen sind verloren gegangen.


    1839 komplettierte Pater Gunter Kronecker das Fragment. Er verwendete dazu einige Teile aus dem vollständigen Requiem von M. Haydn (Schrattenbach-Requiem) und lehnte sich in Gestaltung und bei den musikalischen Themen an die Requien von Mozart und Pasterwitz (das bei oben diskutierter CD M. Haydn zugeschriebene c-Moll Requiem) an.


    Das Ergebnis ist IMO ein homogenes Werk, dem man die wechselnde Autorenschaft kaum anmerkt. Es beeindruckt durch eine reichhaltige Besetzung, neben den obligatorischen Posaunen und Trompeten kommen noch Hörner und auch Holzbläser zu den Streichern hinzu. Auch Gesangssolisten dürfen mitmachen.


    Mir gefällt die Aufnahme sehr gut. Der Chor ist klasse, das Orchester auch. Gerade bei dem reichhaltigen Blech kommt es dem Gesamtklang sehr zugute, dass auf historischem Instrumentarium gespielt wird, was beispielsweise den satten Sound der alten Posaunen ergibt. Die Gesangssolisten haben doch immer mal wieder was zu tun und machen das ganz souverän.



    herzliche Grüße,
    Thomas



    *von Rilling gibt es eine Einspielung des Fragmentes

    Da freute sich der Hase:
    "Wie schön ist meine Nase
    und auch mein blaues Ohr!
    Das kommt so selten vor."
    - H. Heine -

  • Salve,


    die Anlehnungen , welche vorgenommen wurden, merkt man schon deutlich. Ansonsten bin ich mit dem B-Dur-Requiem [noch] nicht warm geworden...


    Ich habe mir gestern was zugelegt, damit der ungelibte Bruder nicht zu kurz kommt:




    Johann Michael HAYDN [1737-1806]


    Sinfonie Es-Dur MH 473
    Missa Sancti Francisci Seraphici C-Dur MH 119
    Sinfonie G-Dur MH 474 [ist das DIE ???]
    Regina coeli C-Dur MH 80


    Zürcher Sängerknaben
    Gregory Limburg, Sopran [Messe]
    Sascha Keller, Sopran [Regina]
    Serge-Etiénne Freytag, Alt [ein Elsässer??]
    Tino Brütsch, Tenor
    René Koch, Baß


    Zürcher Kammerorchester
    Howard Griffiths


    Mein Verdacht, dass die Kombination von Sinfonien mit geistlichen Werken nicht gerade "glücklich" ist, hat sich bestätigt. Aber naja, man kann ja zappen.


    Die beiden enthaltenen Sinfonien in Es MH 473 und in G MH 474 kannte ich bereits in einer qualitativ mindestens gleichwertigen Einspielung der Deutsche Kammerakademie Neuss, Johannes Goritzki. In der vorliegenden Einspielung werden die Sinfonien m. E. ziemlich durchrast, der Cembalist bekommt beinahe einen Asthma-Anfall. Aber je nach Gemütslage gefallen mit diese Interpretationen durchaus, denn sie sind sehr gut gespielt.


    Die Missa Sancti Francisci Seraphici allerdings nervt mich - gähnend langweilig, bis auf ein paar Passagen im Credo, Sanctus. Vor allem das Dona ist Herrn Haydn ausgezeichnet gelungen. Ansonsten aber ein eher typisches Salzburger Gebrauchswerk ohne jeglichen Anspruch, besonders bedeutend sein zu wollen. Zunächst entfaltet sich die Messe in dieser Darbietung eher als "Klangbrei", was dann aber im weiteren Verlauf etwas besser wird, so ab dem 'resurrexit' kann man dann akustisch etwas erkennen.


    Begeistert war ich vom 'Redschina Tschöly' [muss man das so singen?]. Das ist ein wirklich nettes Kleinod in drei Teilen.


    :jubel:


    Die Knabensolisten gefallen mir nicht so sehr, am ehesten noch Sascha Keller im Regina Coeli, als der Kollege bei der Messe. Die Solisten haben, wie ich häufiger bemerkte, offensichtlich immer größere Probleme, von oben herab in die Tiefe zu treffen... hingegen sind die Höhen einwandfrei.


    Der Chor und die Tenor- bzw. Basssolisten allerdings sind recht ordentlich, das Orchester auch: Hervorragendes Blech, nur manchmal etwas zu leise [mag an der Positionierung in der Neumünster-Kirche, Zürich liegen?]. Das Zürcher Kammerorchester war mir bereits durch seine Einspielungen von Sinfonien und Klavierkonzerten von Kozeluch positiv aufgefallen, hier allerdings muß ich deutliche Abstriche vornehmen.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo ihr Kenner,


    Kennt jemand ein Werk von M.Haydn das da heisst: "Benedictus und Alleluja"
    - Gut, warscheinlich hat der mann 100 Stück davon Komponiert...aber wer weiss...
    Kann auch as irgendeinem größeren Werk entnommen sein.
    Es wurde bei einem Weihnachtskonzert unserer Schule von einigen Mädchen gesungen - ich fand es rechts schön. Das "Programmheft" gaba ber keine weiteren Infos preis. Wenn wer die Aufnahme unseres Mitschnitts möchte melde er sich bitte per PN bei mir!


    Danke und herzliche Grüße,


    Raphael

  • Hallo!!


    Gestern trudelte bei mir folgende CD ein:


    Darauf enthalten sind:
    Der Bassgeiger von Wörgl MH 205 (ein Singspiel) (1773-1775)
    Die Ouvertüren zu "Andromeda e Perseo", "Rebekka als Braut" und "Der büßende Sünder"
    Sechs Menuette MH 354 (P70, 1784)
    3 Märsche (MH 421, MH 515, MH 441)


    Die CD ist ganz in Ordnung (mein Eindruck nach dem ersten Hören)


    Herausragend, da es den Großteil der CD ausmacht ist das "Singspiel" der Bassgeiger von Wörgl. Eigentlich ist es ein Intermezzo im Stile der "serva padrona", auch wenn ich dem Titel nach eher einen Heimatfilm oder eine drittklassige Schlagersendung vermuten würde! :D :untertauch:


    Die Personen im Stück heißen Bartl (Bassbariton) und Liesl (Sopran). Es geht ziemlich derb zu und es wird auch häufig Mundart gesprochen.
    (Hab scho ´dacht du bist ersoffen,
    Ich bin weißt wie weit
    nach dem Bach hing´loffen)


    oder (Tränk dich mein´twegen
    wenn so nicht du willst krepieren)


    Auch geschimpft wird relativ häufig (Schweinpelz, Mehlhund uä), aber trotzdem ist das Werk sehr reizvoll und lustig.


    Die Handlung ist einfach und schnell erzählt. Bartl hat zu viel gesoffen und will in sein Haus hinein. Die Liesl lässt ihn aber nicht, da sie seine Sauforgien satt hat. Sie streiten hin und her und am Ende versöhnen sie sich wieder.




    Die Menuette sind eher fad, ebenso die Märsche. Die Ouvertüren sind sehr schön anzuhören.


    Eine Empfehlung von mir für diese CD!


    LG joschi

  • Du empfiehlst mir eine CD, die nur ganz in Ordnung ist und die fade Menuette und Märsche enthält?


    :(


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Du empfiehlst mir eine CD, die nur ganz in Ordnung ist und die fade Menuette und Märsche enthält?


    :(


    Ulli


    Ja die Menuette sind richtig fad.


    Ich empfehle dir die CD aufgrund des "Bassgeigers von Wörgl", der ja der Hauptteil der CD ist. Die Menuette sind nur eine (nicht notwendige) Zugabe. Die Ouvertüren und ein Marsch haben mir richtig gut gefallen, ebenso der Bassgeiger.


    Darum meine Empfehlung.


    LG joschi

  • Zitat

    Original von DonBasilio
    Hallo!!...............Wörgl.........
    LG joschi


    Wörgl bei Jenbach bei Innsbruck Joschi? gggg


    Isch des nor Tirola Dialekt ? Kennsch des?: "Bisch a Tirola, bisch a Mensch, bisch a Touri, bisch ......:rolleyes:


    LG Michael:hello:



  • Hallo Michael!


    Zitat

    Isch des nor Tirola Dialekt ? Kennsch des?: "Bisch a Tirola, bisch a Mensch, bisch a Touri, bisch ......:rolleyes:


    Das (Tiroler Sprichwort) ham wir schon ein paar Mal (Donizetti-Thread ua) gehabt.
    Nicht hier auch noch!


    Zitat

    Wörgl bei Jenbach bei Innsbruck Joschi?


    Wörgl in Tirol. Wenns kein zweites gibt, JA!


    LG joschi

  • Hallo BigBerlinBear,


    kammermusikalisch kann ich diese CD empfehlen.





    Leider ist sie fast nur mehr gebraucht erhältlich. L'archibudelli bürgt wie immer für Qualität. Die drei Quintette sind wirklich sehr schön und erinnern manchmal an die für diese Zeit typischen Serenaden.


    Daß Michael Haydn sehr geschätzt wurde, zeigt sich auch an einem Zitat von Schubert, welches im Booklet enthalten ist. Demnach soll Schubert anläßlich eines Besuches des Grabes von Michael Haydn in sein Notizbuch geschrieben haben:


    "Es wehe auf mich, dachte ich mir, dein ruhiger, klarer Geist, du guter Haydn, und wenn ich auch nicht so ruhig und klar sein kann, so verehrt dich doch gewiß niemand auf Erden so innig als ich. (Eine schwere Träne entfiel meinen Augen, und wir gingen weiter)."


    Auch wenn Joseph Haydn seinen Bruder als ähnlich talentiert eingeschätzt hat, muss Joseph Haydn meines Erachtens weit mehr in der Lage gewesen sein, auch sich selbst Inspiration zu schöpfen. Wenn man die Lebensumstände vergleicht, so war Salzburg zu Haydns Zeit verglichen mit Eisenstadt und Esterhaza ja praktisch eine Großstadt, wo ein Künstler wahrscheinlich mehr Möglichkeiten hatte, Anregungen zu erhalten.


    :hello:

    "Das Leben ohne Musik ist einfach ein Irrtum" - Nietzsche

  • Es gibt mittlerweile eine zweite Einspielung der späten Opera seria "Andromeda und Perseus", nämlich diese hier - und zwar auf deutsch!



    Kennt jemand, der diese Aufnahme



    schon kennt, vielleicht auch die dt. von Goebel und könnte einen kurzen Vergleich anstellen?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Zitat

    Original von Felipe II.


    Also die deutsche Fassung einer ital. Seria interessiert mich eher nicht. :no: Weshalb die Neueinspielung ja nicht übel sein muß. Aber meine Geburtstagsoper ist in der ital. Fassung einfach ein traumhaftes Werk [Du hast ja bereits bei meinen "Unverzichtbaren" gespinxt ;) ].


    Ich würde mir eher noch eine zusätzliche ital. Version in HIP wünschen.


    :hello:


    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    ich stieß in der Tat über den M. Haydn-Thread und dann Deine "Unverzichtbaren" auf die Aufnahme - und fand sie bei JPC nicht mehr! :(
    Da gibt es nur noch die dt. Variante (Amazon bietet die ital. Fassung allerdings noch - hochpreisig - an, wie ich eben sah).


    Jedenfalls kann ich es verstehen, daß man das ital. Original vorzieht, zumal es ja offenbar sowieso eine 1A-Einspielung ist. ;)


    Nebenbei: 1787 ist für eine Opera seria ja schon extrem spät - ich dachte immer, eine Oper von Hasse (1771?) hätte den Schlußpunkt gebildet.
    Ein Thread über den Niedergang der Opera seria exisitiert noch nicht?


    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Lieber FII,


    Mozarts "La Clemenza di Tito" ist von 1791. ;)


    Eigentlich müsste man auch Joseph Haydns "L'Anima del filosofo" nennen, 1792 komponiert. Die Oper ist zwar nicht als "Seria" gekennzeichnet, es ist aber dennoch eine - sie wurde sogar, was noch ungewöhnlicher ist, für London komponiert!


    Sicher ist die Seria zu dieser Zeit längst überholt gewesen, auch bereits 1787, was zahlreiche andere Opern dieser Zeit beweisen. Nicht umsonst wird Gluck als Reformator bezeichnet. Aber Michael Haydn war, wie auch Naumann oder Hasse, eher sturer Natur :D Naumann komponierte beispielsweise beinahe zeitgleich zu Beethovens Fidelio eine Acis et Galathea, welche stilistisch aus den tiefsten 1770er Jahren stammen könnte.


    Die oben gezeigte Einspielung ist übrigens keine 1A-Einspielung, sondern eher eine erstaunlich gute bis sehr gute - es gibt ja nichts anderes in italienischer Sprache. Wie eine Seria auf Deutsch klingt, hat ja Anton Schweitzer mit seiner Alkeste bereits gezeigt - irgendwie ist das trotz aller musikalischer Ideen im Ergebnis sehr, sehr seltsam - es sollte ja ein Versuch sein, ein Deutsches Singspiel zu etablieren. Hingegen klingt die Zauberflöte auf italienisch mit Rezitativen richtig gut.


    So ein "Seria"-Thread wäre übrigens wirklich mal interessant...


    :hello:


    Ulli

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  • Lieber Ulli,


    der "Tito", stimmt. Aber das war keine Seria mehr im Sinne von Händel (zumal ja Mozart als großer Neuerer gilt), oder? ?( (Man verzeih mir diese Frage, aber ich habe mich mit dieser Oper noch nicht befasst.)


    Ich finde es witzig, daß im allgemeinen höchst aufgeschlossene Herrschaften wie Kaiser Joseph II. und eben Fürsterzbischof Colloredo musikalisch konservativ waren (einen Thread zum Verhältnis Josephs II. zur Musik plane ich schon seit längerem). :D


    Auch wenn es ein wenig ( :pfeif:) vom Thema abweicht: Den "Figaro" etwa finde ich auch deutsch so schlecht nicht.


    :hello:

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat von Felipe II.

    der "Tito", stimmt. Aber das war keine Seria mehr im Sinne von Händel (zumal ja Mozart als großer Neuerer gilt), oder? ?( (Man verzeih mir diese Frage, aber ich habe mich mit dieser Oper noch nicht befasst.)

    Da hast Du sicher Recht - die zeitgleich komponierte Zauberflöte beinhaltet ja ebenfalls Seria-Elemente, beispielsweise in den Arien der KdN. Möglicher Weise ein Grund, warum die Zauberflöte auch auf italienisch sehr passend interpretiert werden kann? Zudem ist eine Händel-Seria mit einer ebensolchen von Jommelli oder Hasse sowieso nicht vergleichbar. Warum sollte sie es mit Mozart sein? Natürlich durchlebte auch die Seria von 1730 [oder früher] bis 1790 diverse musikstilistische Änderungen. Ihnen allen gleich blieb im Prinzip [fast] nur das Libretto. Allerdings würde ich Mozart in der Angelegeheit "Seria" nicht als Neuerer, sondern eher als Perfektionisten sehen. Erst nach dem Idomeneo beginnt das Neue mit der "Entführung".



    Zitat

    Ich finde es witzig, daß im allgemeinen höchst aufgeschlossene Herrschaften wie Kaiser Joseph II. und eben Fürsterzbischof Colloredo musikalisch konservativ waren

    Sag mir, was Du hörst, und ich sag Dir, wer Du bist. :D


    Will meinen: Im Prinzip hassen alle Herrscher Veränderungen - vgl. Alfred. :hahahaha:


    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Um den Bogen zurück zum unbekannteren der beiden Haydn-Brüder zu schlagen:
    Besonders was die geistlichen Werke angeht, scheint Michael dem Joseph mindestens ebenbürtig gewesen zu sein. Ein kurzes Reinhören in die "Missa in honorem Sanctae Ursulae" von 1793 etwa haute mich eher um als die (gleichwohl ebenfalls geniale) "Schöpfung" des älteren Haydn von 1798.
    Ob Michael Haydn freilich jemals denselben Rang wie sein Bruder - der m.E. ebenfalls an Popularität einbüßte in den letzten Jahren - einnehmen wird, bleibt äußerst fraglich.


    :hello:

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    – Luís de Camões

  • Hallo,


    gibt es eine Einspielung von M. Haydns Sinfonie Nr. 25 G-Dur (Perger 16 / MH 334), welcher die von Mozart komponierte Einleitung KV 444 (425a) vorangestellt ist?


    Diese Einleitung Mozarts führte bekanntlich dazu, daß die Sinfonie des Kollegen lange Jahre als 37. Sinfonie Mozarts kursierte, bis Lothar Perger 1907 nachwies, daß es sich bei dieser Sinfonie lediglich um eine Abschrift Mozarts handelte, welcher letztgenannter eine eigene Einleitung voranstellte.


    Diese Einleitung ist in der Complete Mozart Edition enthalten (Sinfonien Vol. II), das Werk Michael Haydns (natürlich, leider) nicht... Der umgekehrte Fall ist wohl hier enthalten (also die Sinfonie ohne die Einleitung):



    Die knappen 2 Minuten für die Einleitung von Mozart hätten ruhig noch dabei sein können... X(


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat von Ulli

    Salut,


    weiß jemand, ob es Duos für Violine und Viola von Michael HAYDN gibt? Ich spiele auf die kompositionen Mozarts [KV 423 und 424] an, meine aber nicht diese selbst.


    Die Frage kann mittlerweile mit 'Ja' beantwortet werden:



    Gespielt von Susanne Lauterbacher und Ulrich Koch enthält die Doppel-CD vier Duos für Violine und Viola von Michael Haydn nebst der beiden von Mozart getürkten Duos KV 423 und 424.


    :hello:

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  • Allmählich werden bestehende Lücken in der Diskographie von Michael Haydn geschlossen
    Es kommt hierbei nicht unbedingt darauf an, inwieweit die Stücke jenen seines berühmteren Bruders ebenbürtig sind, sondern daß angenehm zu hörendes Material vor dem Vergessen bewahrt wird. CPO hat sich wieder mal engagiert und eine Gesamtaufnahme aller Bläserkonzert von Michael Haydn gestartet. Auf Folge 1 dieser Edition finden wir 5 Konzerte for jeweils Klarinette, Horn, Trombone, Flöte und Trompete, teilweise Serenden entnommen. Ich habe die Aufnahme sehr genossen, gute Unterhaltungsmusik des 18. Jahrhunderts, manche der Blasinstrumente sind geradezu frappant lebensnah von der Tontechnik eingefangen...

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Umfangreiche Serenaden mit konzertanten Sätzen waren anscheinend eine Salzburger Spezialität (sie wurden u.a. zum Semesterende für die Professoren und Studenten gespielt, ebenso zu anderen festlichen Anlässen). Wir kennen heute hauptsächlich die entsprechenden Werke Mozarts, von denen die "Haffner" KV 250 und "Posthorn" KV 320 die bekanntesten sind. Es gab wohl auch einige ähnliche Werke von Leopold Mozart und mindestens zwei von Michael Haydn. Vermutlich die erste (einzige?) Einspielung einer davon findet man auf folgender CD. Das Stück umfasst 9 Sätze und einen abschließenden Marsch. Außer den zwei Abschnitten, die explizit "Concertino" (für Horn und Posaune!) betitelt sind, finden sich solistische Partien für Flöte, Cello und Violine. Wer Gefallen an besagten Orchesterserenaden Mozarts findet, sollte jedenfalls mal reinhören (die CD ist auch in älteren Ausgaben erhältlich).


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Dank Lagerräumung kostet die CD unglaubliche 1,99 - dazu erlässt einem jpc im Moment noch die Versandkosten. Hier heißt es zugreifen, die CD wäre ein Vielfaches ihres Preises wert! Allein das Konzert für Orgel, Viola, Streicher und Basso continuo in C-Dur ist über alle Maßen bezaubernd - selbst wenn man keine Orgel mögen sollte, das hier sollte man sich anhören. Auch die enthaltenen Symphonien sind sehr hörenswert. Sollte dies ein großes Unrecht der Musikgeschichte sein, dass die verkannte Haydn-Bruder und Mozart-Freund nicht bekannter ist? Ich meine ja! Derzeit entdecke ich derart viel Schönes bei Mozarts Zeitgenossen, dass ich aus dem Staunen nicht mehr herauskomme. Und dieses oben erwähnte Konzert ist wirklich ganz etwas Besonderes - dieses hat sich direkt einen besonderen Platz in meinem musikalischen Kosmos errungen. Herrlich.

  • Heute ist der Geburtstag von Michael Haydn, zu dem ich eine CD mit Bläserkonzerten ausgesucht habe:




    Der Geburtstag Michael Haydns jährt sich heute zum 278. Mal.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Die Bläserkonzerte von Michael Haydn haben inzwischen eine zweite Folge bekommen. Demnächst werde ich beginnen meine Höreindrücke einzelner Werke aus den beiden Veröffentlichungen zu beschreiben.

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Das Gebäude auf dem Cover ist doch der Salzburger Dom?


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Allein das Konzert für Orgel, Viola, Streicher und Basso continuo in C-Dur ist über alle Maßen bezaubernd - selbst wenn man keine Orgel mögen sollte, das hier sollte man sich anhören.


    Und dieses oben erwähnte Konzert ist wirklich ganz etwas Besonderes - dieses hat sich direkt einen besonderen Platz in meinem musikalischen Kosmos errungen. Herrlich.


    Hallo Don Gaiferos,


    die CD kam heute bei mir an; ich mag Orgelmusik ganz besonders. Bitte poste, was Du an diesem Konzert für Orgel und ... "so über alle Maßen bezaubernd" findest, dass es für Dich herrlich ist und sogar "einen besonderen Platz...." - es interessiert mich sehr.


    Viele Grüße und danke für Deine Antwort
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Bevor ich auf einzelne der Bläserkonzerte näher eingehe, ist es mir ein Bedürfnis die hier gezeigte Doppel CD aller Streichquintette von Michael Haydn zu erwähnen. Wenngleich es hier keinen Vergleich mit seinem Bruder geben kann, weil Joseph nämlich keine Werke dieses Genre komponiert hat, so kann man - wie ich glaube . doch einen gewissen tendenziellen Unterschied zu den Werken seines Bruders ausmachen. Während die Stücke jenen von Joseph Haydn in nichts nachstehen, so scheinen sie doch sanfter und braver. Es fehlt das Witzige, Spritzige, das J. H. immer nachgesagt wird. Allerding kann das durchaus auch eine Frage der Interpretation sein, denn Joseph Haydn wurde in meiner Jugend durchaus nicht als "witzig" gesehen. Bedauerlicherweise fehlen mir Vergleichsaufnahmen zu dieser eher gediegenen, als mitreissenden Aufnahme, die klanglich leider ein wenig (zu?) kompakt geraten ist, woran ich mich aber nach längerem Hören gewöhnt habe.
    Die Stärke dieser Musik sind IMO die cantablen, langsamen Stellen....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    clck 14491


    15000. Beitrag

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber zweiterbass,


    Deiner Anregung komme ich gerne nach und versuche, noch etwas dezidierter darauf einzugehen, was mir besonders an diesem Werk gefällt. Für mich ist in all seiner Musik ein ganz besonderer tänzerischer Schwung (der wohl nicht oder nicht nur dem Alkohol geschuldet war, trotz Leopold Mozarts bissiger Bemerkungen). Gerade im Bereich der Kirchenmusik finde ich bei kaum einem anderen Komponisten dieselbe unzeremonielle, unfeierliche, von Herzen kommende, glücksschäumende tiefe Freude, diese hauchzarte, verträumte, sanfte Wehmut, wie sie diese Komposition widerspiegelt. Die Melodien sind von einer großen Anmut; die Art, wie die unterschiedliche Instrumente miteinander verflochten sind, erscheint mir äußerst reizvoll und filigran; trotz der Eingängigkeit der Musik ist sie keineswegs glatt, oberflächlich oder nur gefällig. Immer wieder wird Spannung durch kurze Einwürfe und subtile harmonische Reibungen erzeugt, die dann wieder im strahlenden Dur-Klang aufgelöst werden.


    Auch träumerische, zart-innige Momente finden sich, wie zum Beispiel zu Beginn des zweiten Satzes. Es beginnen die Streicher, schwingen sich immer wieder auf zu einem träumerischen, manchmal leicht elegischen Gesang, bevor die Orgel einsetzt, die mit größter Delikatheit in einen abwechslungsreichen Dialog mit der Viola einsetzt, behutsam getragen von den anderen Instrumenten. Das ist alles auf den ersten Blick "einfach nur schön", beim mehrfachen Hören spürt man dann, wie subtil hier die unterschiedlichen Instrumente ineinandergreifen.


    Der tänzerische, leichtfüßige Rhythmus, in manchen Stellungen fast schwerelos, sowie die immense Sanglichkeit der Melodien sind mitreißend. Jedes Instrument erhält seine eigene, charakteristische Stimme, wird dennoch eingebettet in einen kostbaren Gesamtklang.


    Ich könnte immer so weiter schreiben, weiterhin um Formulierungen ringen, um die ganz besondere Wirkung dieser Musik zu beschreiben - letzten Endes kann ich nur mit einer gewissen Hilflosigkeit konstatieren: höre es Dir einfach an. Ich habe die CD gleich mehrfach bestellt, weil ich sie für ein ganz kostbares, erlesenes Geschenk halte, das man möglichst viele Musifreunden zukommen lassen sollte.


    In diesem Zusammenhang sei auch noch auf die Seite der Michael Haydn-Gesellschaft hingewiesen:


    http://michaelhaydn.com/


    Jedenfalls wünsche ich Dir viel Spaß beim Hören und hoffe, dass ich ein wenig plausibel machen konnte, was mich da so begeistert hat, und dass sich dieser Funke auch auf Dich überträgt - jedenfalls bin ich sehr gespannt auf Deine Eindrücke.


    Herzliche Grüße

  • Ach, ich wünsche mir, ich wäre zweiterbass, und mir würde jemand auf meine Bitte um eine nähere klangliche Beschreibung von diesem oder jenem musikalischen Werk und einer Beurteilung desselben in dieser so überaus differenzierten, das Werk klanglich lebendig werden lassenden, weil geradezu klangliche Bildhaftigkeit generierenden Weise antworten, wie Don Gaiferos das hier getan hat.


    Bei mir hat das dazu geführt, dass ich mir dieses Orgelwerk von Michael Haydn, von dessen Existenz ich bislang noch nicht einmal wusste, tatsächlich anhören werde.

  • Lieber Helmut,


    das freut mich ganz enorm - mehr kann ich mir gar nicht wünschen, mit meinen hilflosen Worten zu erreichen: dabei habe ich mir bei der Beschreibung Deinen Sachverstand gewünscht, um meine Impressionen auch musikalisch noch besser fassen und analysieren zu können, ich kann da ja kaum mehr als nur Impressionen und Eindrücke wiedergeben, als tatsächlich präzise, fundierte Analysen zu vermitteln, wie ich es gerne tun würde.


    Im Übrigen, lieber Helmut, kann ich Dein Kompliment nur zurückgeben: wie viele Lieder hätte ich ohne Dich und Deine erhellenden, kenntnisreichen Beiträge gar nicht erst gehört! Und wie viele habe ich durch Dich mit anderen Ohren und tieferem Verständnis neu gehört, neu kennengelernt. Lass Dich da nicht täuschen, dass ich nur gelegentlich schüchterne Beiträge zu Deinen Threads liefere: ich vollziehe sie intensiv mit, und ich weiß von vielen anderen im Forum, die dasselbe tun.


    Jedenfalls wünsche ich Dir auch sehr viel Spaß beim Hören und hoffe, dass Dir die Musik gefällt.


    Herzliche Grüße

  • Hallo Don Gaiferos,


    herzlichen Dank für Deine umfängliche, detaillierte Antwort, die für mich sehr aufschlussreich ist.


    Zuerst einige Begriffsbestimmungen: Du bezeichnest das Konzert für… als Kirchenmusik, das ist Dir selbstverständlich unbenommen; ich verstehe unter Kirchenmusik Musik mit religiösem Inhalt oder Hintergrund, die zwar meist in kirchlichen Räumen aufgeführt wird, was aber nicht zwingend ist.
    Ich trenne beispielsweise zwischen Orgelkonzert und Konzert für Orgel und… – zwischen Klaviermusik und Konzert für Klavier und… - zwischen instrumental begleiteter Chormusik und A-Cappella-Chormusik usw.


    Die CD ist meine 1. mit Musik von Michael Haydn, von seiner Kirchenmusik (nach meinem Verständnis sakrale Musik) habe ich noch keine Ahnung.


    Wenn ich nun bei „meiner“ Kirchenmusik bleibe, so ist die Leichtigkeit, Fröhlichkeit, Unbeschwertheit bei z. B. bei Telemann viel öfter zu hören als z. B. bei J. S. Bach.


    Konzerte für Orgel und… gibt es ja relativ selten und wären m. E. eher mit Konzerten für…und…vergleichbar (im Zeitraum des Spätbarock bzw. Frühklassik) – und da gibt es Vergleichsmöglichkeiten in Hülle und Fülle, aber eben nicht mit der Orgel als Soloinstrument innerhalb eines Konzertes. Unter dieser Sicht habe ich nun plötzlich einen ganz anderen, viel positiveren Zugang zu diesem Werk.


    Du verwendest Adjektive wie träumerisch, innig, zärtlich, tänzerisch, elegisch, leichtfüßig etc.
    Hier im „Orgelmusikforum für Klassik und Romantik“ gibt es eine ganze Reihe von Themen, die sich mit franz. Orgelmusik befassen, die teilweise religiös zu verstehen ist, aber auch großen Teils konzertante Orgelmusik ist. Dort wirst Du viele Orgelmusik hören können, auf welche die o. g. Adjektive auch sehr gut passen.


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

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