Big Brother is watching you - George Orwell (1903 - 1950)

  • [timg]http://upload.wikimedia.org/wi…press_photo.jpg;l;170;236[/timg]
    George Orwell (* 25. Juni 1903 in Motihari, Bihar, Britisch-Indien als Eric Arthur Blair; † 21. Januar 1950 in London an Tuberkulose) war ein britischer Schriftsteller, Essayist und Journalist. Er wurde nur 46 Jahre alt.
    Durch seine Werke Farm der Tiere und 1984 wurde Orwell weltbekannt und zählt heute mit seinem Gesamtwerk zu den bedeutendsten Schriftstellern der englischen Literatur. Er hat heute seinen 110. Geburtstag



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Beides sind ungeheuer wichtige Bücher, insbesondere mit ihren aktuellen Bezügen.


    "1984" nimmt PRISM und "Gerechte Sprache" vorweg,


    "Animal Farm" die Gier und Unersättlichkeit von Selbstbedienern (Bankstern, Harz IV-Nationen)

  • Ich habe vor einigen (20?) Jahren das Buch "1984" in deutscher Sprache gelesen - und war enttäuscht.
    Vielleicht war die deutsch Übersetzung schuld - "Neusprech" ist ja wohl ein dilletantisch klingendes Wort. - vielleicht aber waren einfach meine Erwartungen an solch ein "Kultbuch" zu hoch. Auch die Stelle wo Gespräche auf "Wachsplatten" mitgeschnitten wurden, wirkt aus heutiger Sicht antiquiert. Zukunftsromane sind nur zur Zeit wo sie verfasst wurden "aktuell" - sie haben keine Zukunft...
    Meist ist die Zukunft indes schlimmer als die Prognose. Irgendjemand hat einmal gesagt, wir hätten längst die Zustände, wie sie in dem Buch beschrieben worden wären - wir bemerkten es aber nicht. Ich würde sagen, die Ausspionierung mit Kameras in den Wohnungen sei gar nicht notwendig, die Leute machten derlei FREIWILLIG im Internet.


    mit freundlichen Grüßen
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • "Neusprech" ist eine wörtliche Übersetzung von "Newspeak". Sprachlich ist das Buch nicht besonders toll und es ist ja auch kein Science-Fiction-Roman i.e.S. Allerdings sollen Neusprech und die Neusprechwörter natürlich plump und häßlich wirken.


    1984 rum und bis vor ein paar Jahren dachte man ja verbreitet, Orwells Neo-Totalitarismus sei eine verfehlte Vision und Huxleys Schöne neue Welt (jedenfalls das unterhaltsamere Buch) entspräche weit eher der Gegenwart und Zukunft.


    Das hat sich nach "Nine Eleven" ein wenig geändert, wobei ich meine, dass Beherrschung durch Verdummung und Einlullung wie bei Huxley immer noch den wichtigeren Anteil gegenüber der Überwachung und dem direkten Zwang ausmachen. Beide Aspekte ergänzen sich. Inwiefern teilweise die Biopolitik in Huxleys Vision umgesetzt werden wird, werden die jüngeren von uns vielleicht noch erleben. Die Möglichkeiten bestehen vielleicht noch nicht in dem Maße wie bei der Kommunikationsüberwachung, wir arbeiten aber schon eifrig dran. Freilich scheinen hier noch ein bißchen mehr Skrupel zu bestehen...


    Bezüglich der letzten Szene in "Animal Farm" (Schweine und Menschen tafeln gemeinsam), drängt sich der Ackermann-Geburtstag im Kanzleramt förmlich auf (oder auf der "anderen" Seite Lustreisen mit Peter Hartz); ich frage mich, ob ein geschickter Karikaturist das schonmal umgesetzt hat. Wahrscheinlich wäre das Schmähkritik und würde verboten...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Beide Bücher sind wichtige Bücher gewesen, wobei ich auch finde, dass Huxley aktueller ist, vor allem, wenn man Neil Postman "Das Verschwinden der Kindheit" und "Wir amüsieren uns zu Tode" hinzunimmt. Das Problem beider Bücher ist, dass sie literarisch unbedeutend sind, weder Orwell noch Huxley schrieben interessantes und literarisch gutes Englisch.
    Nachtrag: fiktive Szene im Kanzleramt!
    Sahra Wagenknecht: "Frau Merkel, wenn doch alles ausspioniert wird, warum nicht auch die korrupten Banker und die Steuerhinterzieher?"
    Merkel (entsetzt): "O Gott, soweit wollen wir es doch nicht kommen lassen!"

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Ich würde sagen, die Ausspionierung mit Kameras in den Wohnungen sei gar nicht notwendig, die Leute machten derlei FREIWILLIG im Internet.

    Böse Zungen behaupten, das die neue X-Box von Microsoft, in die Zimmer von Kindern und Jugendlichen (und Erwachsenen natürlich auch) schauen kann. Und da Microsoft die NSA mitschauen läßt, sind wir alle vor Terroristen geschützt. ;)
    Überwachung mit Kameras in den Supermärkten, Banken und Sparkassen, Bahnhöfen und öffentlichen Strassen und Plätzen sind nicht mehr wegzudenken. Lastkraftwagen-Verkehr wird durch Mautsystem überwacht, Personenkraftwagen werden irgendwann folgen.
    Der Post-und Telefon- und Internetverkehr wird überwacht, ebenso Kreditkarteneinsätze als Bewegungmuster.
    Und natürlich soll das Finanzamt auch wissen, wo man sein Erspartes angelegt hat. Die elektronische Krankenversicherungskarte ergibt den gläsernen Patienten. Selbst Musik wird in Clouds gespeichert, die jeder technisch Versierte abrufen kann, der über den Musikgeschmack des Betroffenen Bescheid wissen will. Und dass elektronisch gespeicherte Daten nicht sicher sind, weiß jeder, seitdem Datendiebe Steuer-CDs an Politiker, die sich ungestraft als Hehler von Diebesgut betätigen, gewinnbringend verkaufen können.
    1984 ist längst Wirklichkeit geworden, nur die technischen Möglichkeiten von heute übertreffen die damaligen Vorstellungen des Autors. Die Möglichkeiten der Stasi waren dagegen Kinderkram. Die Satelliten im Weltraum können alle Bewegungen verfolgen, früher sagte man zu Kindern: "Gott sieht alles" und zeigte gen Himmel.

    mfG
    Michael

  • "Neusprech" ist ja wohl ein dilletantisch klingendes Wort.

    Das ist ganz bewusst so!



    Auch die Stelle wo Gespräche auf "Wachsplatten" mitgeschnitten wurden, wirkt aus heutiger Sicht antiquiert.

    Wenn du auch nur einen zusätzlichen Gedanken verschwendet hättest, wäre dir aufgefallen, dass dies auch schon zu Zeiten der Entstehung von 1984 anachronistisch war. Orwell ging es also um die Aufzeichnung und nicht um das Medium - er wählte wohl bewusst die älteste Technik als Modell, der spätere Leser kann jede beliebige aktuelle Technik einsetzen - wir würden statt "Wachsplatten" eben "Magnetplatten" sagen und schon passt es...



    Zukunftsromane sind nur zur Zeit wo sie verfasst wurden "aktuell" - sie haben keine Zukunft...

    Das interessanteste an Zukunftsromanen ist doch ihre Vergangenheit! Wie visionär war der Autor rückblickend betrachtet? Was hat er intuitiv richtig erfasst und vorhergesagt, was trat nicht ein und womit hat er nicht gerechnet? Diesen Reiz verlieren die Werke eigentlich nicht.



    Meist ist die Zukunft indes schlimmer als die Prognose.

    Vor allem ist sie überraschenderweise immer ganz anders! Man schmökere in technischen Publikationen der 60er- und 70er-Jahre nach Zukunftsprognosen. Das meiste, das vorausgesagt wurde, gibt es nicht. Sei es, dass es auch heute technisch unmöglich ist, sei es, dass es uns überhaupt nicht interessiert. Dafür gibt es aberwitzige technische Entwicklungen, die damals selbst für die kühnsten Erfinder undenkbar waren und mit denen wir heute ganz selbstverständlich umgehen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Da war doch mal was, da war doch mal was, da war doch mal was: die große proletarische Revolution, in Mitteleuropa verraten von den Sozialdemokraten und in Russland zum Siege geführt durch den großen Lenin.
    Orwell karikiert doch eindeutig die Entwicklung innerhalb der SU nach dem Tode Lenins in Anlehnung an trotzkistische Standpunkte. Dabei lässt er zum einen den völlig desolaten Zustand Russlands außer Acht, wie er von den Revolutionären übernommen worden ist und auch die isolierte Stellung, in der Sowjetrussland nach erfolgreicher Revolution, überstandenem Bürgerkrieg und endgültig abgewehrter Intervention gekommen ist.
    Diese Kritik wäre vielleicht vor 1941 leidlich angebracht gewesen, aber im 45er Jahr?


    1984 dagegen ist die (trivial-)literarische Umsetzung der damals gerade entstehenden Totalitarismustheorie, die im hier und heute hauptsächlich noch von Geschichtsrevisionisten hochgehalten wird. Der prophetische Aspekt der Überwachung dürfte eher ein Zufallstreffer sein.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Da war doch mal was, da war doch mal was, da war doch mal was: die große proletarische Revolution, in Mitteleuropa verraten von den Sozialdemokraten und in Russland zum Siege geführt durch den großen Lenin.
    Orwell karikiert doch eindeutig die Entwicklung innerhalb der SU nach dem Tode Lenins in Anlehnung an trotzkistische Standpunkte. Dabei lässt er zum einen den völlig desolaten Zustand Russlands außer Acht, wie er von den Revolutionären übernommen worden ist und auch die isolierte Stellung, in der Sowjetrussland nach erfolgreicher Revolution, überstandenem Bürgerkrieg und endgültig abgewehrter Intervention gekommen ist.
    Diese Kritik wäre vielleicht vor 1941 leidlich angebracht gewesen, aber im 45er Jahr?

    Eine kleine Satire wie Animal Farm kann kaum den Anspruch haben, die Geschichte komplett nachzuvollziehen. Es endet sozusagen vor dem zweiten Weltkrieg und der Anfang ist auch vereinfacht.



    Zitat

    1984 dagegen ist die (trivial-)literarische Umsetzung der damals gerade entstehenden Totalitarismustheorie, die im hier und heute hauptsächlich noch von Geschichtsrevisionisten hochgehalten wird. Der prophetische Aspekt der Überwachung dürfte eher ein Zufallstreffer sein.

    Die Überwachung ist nur ein relativ kleiner Punkt. Die raffinierteren und "prophetischen" Elemente, die auch auf den "demokratischen" Westen passen, in den letzten 12 Jahren mehr denn je, beziehen sich eher auf die Macht, die mittels Medien ausgeübt werden kann:
    - Die Fabrikation eines ominösen, ungreifbaren Feindes (nachdem "Osama" nun weg ist, darf man auf unseren nächsten "Goldstein" gespannt sein)
    - Permanenter Kriegszustand, wobei man in 1984 nicht genau weiß, ob dieser Krieg überhaupt stattfindet, oder nur ein Medienfabrikat ist. Wir haben heute "war on terrorism", "war on drugs", mit vagen Gegnern und offenem Ende zur Rechtfertigung von Eingriffen in Bürgerrechte (und Verpulverung von Mitteln für Waffensysteme, Auslandseinsätze usw.)
    - Neusprech. Man vgl. all die Unwörter des Jahres. Einlullende Euphemismen (Planübererfüllung) oder blanke Lügen sind kein Privileg des damaligen Ostblocks. So wird eine Bankenkrise mal schnell zur "Staatsschuldenkrise" umgelogen, strengere Aufsicht ist nicht nötig, stattdessen war der verschwenderische Staat an allem schuld usw.
    - Geschichtsklitterung. Die ist natürlich auch am Stalinismus orientiert und in der krassesten Form (wie bei Orwell) eher selten zu finden. Mildere Formen sind aber alltäglich. Von unserem Widerstandskämpferpräsidenten über die Ursachen der Schuldenkrise bis zu der "Vergangenheitsbewältigung" in Deutschland ("http://www.zeit.de/2013/29/berufsverbote-radikalenerlass-1972/komplettansicht")
    oder den vorgeblichen Ursachen des "Wirtschaftswunders" (Die Doku ist anscheinend nicht mehr in der Mediathek vorhanden), der angeblichen demographischen Katastrophe usw.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich habe das "gemeinsame Vorbild" von 1984 und Brave New World noch nicht gelesen, aber es liegt zumindest schon im Regal:
    Samjatins Wir, 1920 fertiggestellt, soll beide Romane vorwegnehmen und war zumindest einem der beiden Nachfolger (Huxley oder Orwell) beim Verfassen des erfolgreicheren Romans bekannt. Samjatin hatte einen nicht so glänzenden Lebenslauf, da die Kommunisten von seiner literarischen Kritik nicht so erbaut waren ...

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Johannes,


    Eine kleine Satire wie Animal Farm kann kaum den Anspruch haben, die Geschichte komplett nachzuvollziehen. Es endet sozusagen vor dem zweiten Weltkrieg und der Anfang ist auch vereinfacht.

    Am Entstehungsjahr liegt es! Hätte Orwell diesen Text vor dem deutschen Überfall auf die SU geschrieben, wäre es eine großartige Satire gewesen. So ist es halt nur ein Stück Tendenzliteratur aus der Frühzeit des kalten Krieges.


    Für mich gleicht das Hier und Jetzt eher einer Mischform der Dystopien von Orwell und Huxley. Vom Technologisch-Methodischen her lässt 1984 grüßen, vom Rest Brave New World.
    Die bürgerlichen Staaten werden ausgehöhlt und mutieren immer mehr zu korporatistischen Staatsgebilden. Und am Ende stehen sich dann ein paar neofeudale Gesellschaften gegenüber, die sich um die verbliebenen Rohstoffe balgen.
    Der einzige alternative Gesellschaftsentwurf, der sich dem entgegen zustellen gewagt hat, ist leider gescheitert, die ihm zu Grunde liegenden Lehren stehen unter Acht und Bann und die Konditionierung der Bevölkerung ist soweit gediehen, dass sie nicht einmal mehr daran denken kann, geschweige denn, dass sie daran überhaupt zu denken wagt.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Am Entstehungsjahr liegt es! Hätte Orwell diesen Text vor dem deutschen Überfall auf die SU geschrieben, wäre es eine großartige Satire gewesen. So ist es halt nur ein Stück Tendenzliteratur aus der Frühzeit des kalten Krieges.


    Ein höchst ungerechter Vorwurf! Orwell änderte seine Haltung zum Kommunismus während seiner Zeit in Spanien, also vor dem 2. Weltkrieg. Hellsichtigere Bücher als Animal Farm oder 1984 sind mMn selten geschrieben worden. Übrigens, wenn man sich so Staaten wie VR China unter Mao oder das Nordkorea von heute ansieht, dann hat man eine Deckungsgleichheit mit 1984, die beängstigend ist. Für mich ist Orwell einer der klügsten Köpfe des 20. Jahrhunderts. Zudem hatte er das Herz am richtigen Fleck. Er war ein überzeugter Sozialist aber ein Gegner jeglicher Ideologie, die sich verselbstständigt und vom Menschen entfernt.

  • Hallo Felix Meritis,


    die Sowjetunion war die einzige Macht, die die demokratischen Kräfte während des spanischen Bürgerkrieges mit allem Drum und Dran militärisch unterstützt hat, was man von dem demokratischen Frankreich, dem demokratischen Großbritannien und den demokratischen USA nicht sagen kann.
    Daher sehe ich nichts positives daran, wenn Orwell während dieses Krieges zum Antikommunisten mutiert ist.
    Hingegen geb ich ja zu, dass Animal Farm als Satire auf die Zeit zwischen Lenins Tod und den großen Säuberungen recht gut funktionieren mag. Jedoch hätte jeder anständige Sozialist 1945 den Blutzoll berücksichtigen müssen, den die SU auf Grund des Überfalls des faschistischen Deutschlands hat entrichten müssen, genau so wie die ungeheure Leistung, eben diese faschistische Bestie in ihrer eigenen Höhle zu erlegen, von der Befreiung Auschwitz ganz zu schweigen, wenn er denn eine solche Satire hätte schreiben wollen.
    Orwell hat's getan, er stellte 1945 die hässliche Fratze des frühen Stalin-Ära bloß, verschwieg aus unbekannten Gründen die noch viel hässlichere der mittleren und unterschlug völlig ihre weltgeschichtliche Leistung.
    Mit Verlaub, ein so selektive Sicht gewisser historischer Ereignisse kenne ich nur von Leo Trotzki oder jüngerer Zeit von diversen Revisionisten, in deren Ecke ich dich auf keinen Fall stelle!


    China hier als Beispiel anzuführen, belustigt mich jetzt etwas: diesem Land irgendwelche Menschenrechtsverletzungen vorzuwerfen, derweil man beste Geschäfte mit ihm macht und sich diese Geschäfte auch noch mit Krediten von eben diesem Lande finanzieren lässt - wie soll man das nennen?


    Nix für ungut!
    John Doe

  • Der einzige alternative Gesellschaftsentwurf, der sich dem entgegen zustellen gewagt hat, ist leider gescheitert, die ihm zu Grunde liegenden Lehren stehen unter Acht und Bann und die Konditionierung der Bevölkerung ist soweit gediehen, dass sie nicht einmal mehr daran denken kann, geschweige denn, dass sie daran überhaupt zu denken wagt.


    Viele Grüße
    John Doe


    Und der wäre...?


    Herzliche Grüße

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • "Tschuldigung" für meine sicher naive Sicht:


    Es ist mir ziemlich egal, aus welchem/r Anlass, Motivation, Kritik oder sonst was "1984" geschrieben wurde. Für mich ist "1984" eine etwas lang geratene Parabel, die unser Heute längst überholt hat. Es mag die Frage bleiben (für mich nicht?), warum dies ein Großteil der Menschheit nicht erkennt.


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • die Sowjetunion war die einzige Macht, die die demokratischen Kräfte während des spanischen Bürgerkrieges mit allem Drum und Dran militärisch unterstützt hat, was man von dem demokratischen Frankreich, dem demokratischen Großbritannien und den demokratischen USA nicht sagen kann.


    Demnach zu schließen, was ich bisher von Dir über dieses Thema gelesen habe, denke ich, dass es genauso wenig Sinn hat, Dir zum Thema Bolschewismus mit gesicherten hiostorischen Fakten zu kommen, wie mit einem orthodoxen Katholiken die Jungfräulichkeit Marias unter dem Aspekt der modernen Reproduktionsmedizin zu diskutieren. Also lass ma's einfach.
    Dennoch zwei Bemerkungen:
    1. Orwell, als ein genauer Beobachter vor Ort, erkannte selbstverständlich , dass Stalin nicht die demokratischen Kräfte unterstützte, sondern ausschließlich die stalintreuen Kommunisten - sehr zum Schaden der republikanischen Kräfte. Das Spiel trieben die Kummerln ja überall, auch in Deutschland, wo man zur Zeit der Weimarer Republik taktisch mit den Nazis kooperierte.
    2. Ich wusste nicht, dass China zur Zeit Maos ein Gläubiger der USA war? Ich verstehe auch nicht, was Dein Einwand überhaupt mit dem Thema zu tun hat? Reflex?

  • Das Problem scheint mir eher, dass der Witz von Animal Farm damit verfehlt wird. Es wird die fatale Entwicklung einer revolutionären, emanzipatorischen Bewegung gezeigt. Zwar angelehnt an ein konkretes Beispiel, aber natürlich ohne eine tatsächliche historische Entwicklung exakt nachzustellen.
    Deswegen passt es doch so gut auf analoge Fälle in kleinerem Maßstab, etwa Parteien und Bewegungen, die ebenfalls mit emanzipatorischen Programmen angetreten sind und zwanzig Jahre später war man auf einmal Umweltberater von RWE, Organisator von Lustreisen für Gewerkschaflter, "Genosse der Bosse" oder so etwas.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das Problem scheint mir eher, dass der Witz von Animal Farm damit verfehlt wird. Es wird die fatale Entwicklung einer revolutionären, emanzipatorischen Bewegung gezeigt. Zwar angelehnt an ein konkretes Beispiel, aber natürlich ohne eine tatsächliche historische Entwicklung exakt nachzustellen.


    Ja, das sowieso. Weshalb Animal Farm eine 1:1 Parabel auf die stalinistische Politik sein muss, erschließt sich mir nicht. Es geht, wie Du richtig sagst, um den Verrat von hehren Idealen durch korrupte Machtmenschen. Das sehen und sahen wir doch in unzähligen Konstellationen weltweit.

  • Sehr empfehlensert von Orwell ist auch "Burmese Days" eine bitterböse Abrechnung mit der britischen Kolonialpolitik, die aber die Einheimischen nicht idealisiert, sondern ihnen auch einen Spiegel vorhält. Leider ist dieses Buch nicht so bekannt geworden wie 1984 oder Animal Farm, es ist aber ebenso gelungen. Wirklich mistig ist "A clergyman's daughter": ein Haufen von Klischees und Hyperbeln.

  • Ich habe vor einigen (20?) Jahren das Buch "1984" in deutscher Sprache gelesen - und war enttäuscht.
    Vielleicht war die deutsch Übersetzung schuld - "Neusprech" ist ja wohl ein dilletantisch klingendes Wort. - vielleicht aber waren einfach meine Erwartungen an solch ein "Kultbuch" zu hoch.


    Noch eine kleine Ergänzung: offenbar hast du die Neuauflage gelesen, die der Ullstein-Verlag 1984 aus unerfindlichen Gründen ;) herausgebracht hat. Zu diesem Anlass hat er auch eine Neuübersetzung von Michael Walter durchführen lassen. Soweit ich sehe gibt es aber auch noch die alte Übersetzung von 1950, die vom legendären Kurt Wagenseil stammt.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Der Titel enthält den Zahlendreher des Jahres 1948 zu 1984 als Anspielung auf eine zwar damals noch fern erscheinende, aber (ähnlich wie Orwells vorangegangener Roman Farm der Tiere) doch eng mit der damaligen Gegenwart verknüpfte Zukunft.
    Die Erstausgabe des Buches kam in London am 8. Juni 1949 in den Verkauf, heute vor 65 Jahren.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,


    ich beziehe mich auf Johannes Statement (Nr. 4 dieses Threads) zur Farm der Tiere.
    Kürzlich wurde in der SZ eine Biographie über Friedrich Sieburg besprochen, und hierbei auch die folgende Anekdote:
    Joseph Roth war zu seinem großen Ärger durch die Frankfurter Zeitung als Paris-Korrespondent abgesetzt und durch Sieburg ersetzt worden.
    Dennoch lud ihn der Herausgeber später zu einem Silvester-Essen ein.Es gebe Leckeres vom Schwein und es kämen auch ....in der Aufzählung dann auch Friedrich Sieburg.
    Da schrieb Roth zurück: "wenn zum Schweineessen die Schweine kommen, werde ich nicht daran teilnehmen".
    Ich finde, dies paßt gut zu Johannes Bemerkung im Schlußteil seines Statements.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)