Wo bleibt Elektra? Hier ist sie!
https://www.youtube.com/watch?v=xZzQc6fvliw
Gestern war mein Tag! In Willis Erinnerungsthread stieß ich mehr zufällig mit Hinweis auf die Sängerin Ingrid Steger auf "Elektra!" Nicht irgendeine, sondern die seit Jahrzehnten gesuchte. Hätte ich es nicht besser gewusst, ich wähnte mich schon, einem Phantom aufgesessen zu sein. Dabei handelt es sich um den Generalprobenmitschnitt der ersten Operninszenierung von Ruth Berghaus an der Deutschen Staatsoper Berlin. Die Premiere fand am 17. Februar 1967 statt. Die neue Inszenierung wurde nach nur sechs Vorstellungen abgesetzt. Das war seinerzeit unüblich. Neue Propduktionen blieben gewöhnlich für einige Jahre im Repertoire. Man kann getrost sagen, dass die Produktion verboten wurde. Die Kritiker waren verstört bis schockiert. "Gegen die Musik inszeniert" (Berliner Zeitung), "Eine Konterinszenierung" (Theater der Zeit), "Inszenierte Strauss-Kritik" (Neues Deutschland). So oder so ähnlich lauteten die Überschriften. Die Inhalte waren viel schärfer. Im Buch "Das Theater der Ruth Berghaus" (S.Fischer) von Sigrid Neef heißt es: "Die Szene war ein Podest, und auf dem Brettergeviert entfalteten sich im hellen Licht menschliche Beziehungen ohne jegliches illusionistisches Beiwerk: Kalkweißgeschminkte Gesichter, Masken, denen die Leidenschaften eingegraben waren; reiche, phantastische, erzählende Kostüme…" Zeitzeugen berichten mir - anders als die offiziellen Kritiker - von einem Abend, bei dem ihnen Hören und Sehen verging, der ihre Vorstellung von Oper auf dem Theater völlig über den Haufen geworfen habe. Es wundert also nicht, dass die SED-Führung im Bunde mit dem Opernhaus Einhalt gebot. Kulturpolitisch war damit etwas geschehen, von dem sich die DDR nie mehr würde erholen. Die Saat für den Untergang war gelegt. Ohne Zweifel stellte diese "Elektra" eine wichtige Zäsur dar.
Soviel für jetzt.
Wer auch immer diese "Elektra" bei YouTube hochgeladen hat, ich bin sehr dankbar dafür.