Hallo,
im Zusammenhang mit den Orgelwerken vom beispielsweise Heinrich Scheidemann, Johann Adam Reincken oder Dietrich Buxtehude fällt immer wieder der Begriff der Norddeutschen Orgelschule. Nun haben diese Herren nicht nur für die Orgel komponiert, sondern auch andere Gattungen bedient, Kantaten, Kammermusik etc. Deshalb soll es in diesem Thread ganz ausdrücklich nicht nur um Orgelmusik gehen, sondern die anderen Werke mit einschließen.
Ausklammern müssen wir den wohl bekanntesten Komponisten dieser Gruppe, nämlich Dietrich Buxtehude, denn zu ihm existieren schon mehrere separate Threads:
Die Orgelwerke Dietrich Buxtehudes
Das Vokalschaffen Dietrich Buxtehudes (1637-1707)
Dietrich Buxtehude, Kammermusik
Nun möchte ich noch ein paar Namen jener Komponisten in die Runde werfen, die hier später sicher wieder Erwähnung finden:
Nicolaus Bruhns 1665 - 1697
Matthias Weckmann um 1619 - 1674
Vincent Lübeck 1654 - 1740
Heinrich Scheidemann 1596 - 1663
Johann Adam Reincken 1643 - 1722
Franz Tunder 1614 -1667
Georg Böhm 1661–1733
Für mich auffällig ist das Phämomen, dass das überlieferte Oeuvre vieler dieser Komponisten im Bereich der Vokalmusik ziemlich schmal ist. Die überlieferten Kantaten von V.Lübeck passen beispielsweise auf eine CD, die von M.Weckmann auf deren zwei. Bei den anderen sieht es ähnlich aus. Die Frage nach der Ursache, kann ich nicht beantworten, nur ein paar Vermutungen anstellen. Dadurch dass nur sehr selten Vokalkompositionen dieser Komponisten gedruckt wurden, braucht es optimale Überlieferungsbedingungen über die letzten 300 Jahre, um die Handschriften bzw. Abschriften davon bis heute zu erhalten. Eine Utopie! Mit Sicherheit ging sehr vieles während dieser Zeit verloren, vielleicht schlummern aber auch noch einige Werke auf irgendwelchen Kirchendachböden. Sicher ist die Bezeichnung der Orgelschule auch nicht ganz so willkürlich gewählt, will sagen, möglicherweise hatte die Orgelmusik einen höheren Stellenwert als andere Gattungen. Ich hoffe, dass jemand zu dieser Frage etwas Klarheit bringen kann...
Wie dem auch sei, unter den Vokalwerken findet sich so manche Perle (sicher auch bei den Orgelstücken, aber damit kenne ich mich nicht so gut aus und überlasse es gerne anderen, die Perlen herauszufischen), die es verdient hätte, aus dem Schatten der großen Namen herauszutreten und ihren eigenen Zauber verbreiten zu können.
Interessant ist dieser Thread sicherlich auch im Hinblick auf Johann Sebastian Bach, der sich mehrfach auf den Weg in die Musikzentren des Nordens gemacht hat, um von den Musikern dort zu lernen. Was er dort vorgefunden hat, und wovon er sicherlich einen guten Teil aufgenommen und in seinen Werken verarbeitet hat, darum soll es hier gehen. Allerdings möchte ich die Norddeutsche Musiktradition nicht auf die Rolle eines Vorläufers zur Bach'schen Kunst beschränkt wissen. Dazu ist die Qualität der Musik viel zu hoch!
herzliche Grüße,
Thomas