Hallo!
Vielleicht haben schon einige drauf gewartet, dass ich einen Thread eröffne, in dem es u.a. um meinen Benutzername geht, bzw. um das Werk, auf welches sich das bezieht. Wenn nicht, ist es auch recht.
Die Zeit zwischen 1680 und 1704 ist in Salzburg eng mit dem Namen Heinrich Ignaz Franz Biber verbunden. Geboren wurde er am 12. August 1644 in Wattenberg in Böhmen. Zunachst finden wir ihn in der erzbischöflichen Hofkapelle von Olmütz wieder. 1670 wurde er nach Salzburg berufen, wo er ab 1679 zunächst Vizekapellmeister war. 1684 wurde er, nachdem Vorgänger Andreas Hofer gestorben war, zum Kapellmeister befördert und 1690 sogar geadelt. Bis zu seinem Tod am 3. Mai 1704 hatte er diese Stellung inne.
Er war einer der herausragenden Virtuosen auf der Violine zu seiner Zeit. Eine Ahnung seines Könnens und seiner virtuosen Behandlung dieses Instrumenten können wir heute noch bekommen, zB. beim Hören der Rosenkranzsonaten (1674), der Harmonia artificiosa oder der Sonatae Violino Solo von 1681. Wie vollständig er sein Instrument beherrschte, zeigt sich auch im häufigen Gebrauch von Scordaturen, d.h. die Saiten des Instrumentes anders zu stimmen als im sonst üblichen Quintabstand. Das ermöglicht andere Klangfarben und vor allem sonst unmögliche Doppelgriffe. Biber wußte aber nicht nur mit der Violine virtuos umzugehen, auch seine Kammermusik für die Trompete stellt einen Meilenstein für dieses Instrument dar. Dazu zählen teilweise die Sonatae tam aris quam aulis servientes, in noch stärkerem Maße aber die 12 Duette für 2 Trompeten und die Sonatae Sancti Polycarpi.
Nun aber zum eigentlichen Thema, den prachtvollen Messen, die Biber für repräsentative Feierlichkeiten komponierte und die im Salzburger Dom zur Aufführung kamen. Herausragend, aber nicht die einzig Komposition dieser Art, ist die Missa salisburgensis. Dieses monumentale Werk wurde anläßlich des 1100jährigen Bestehens des Salzburger Erzstiftes am 18. Oktober 1682 aufgeführt. Lange wurde das Werk dem Italiener Orazio Benevoli zugeschrieben, allerdings sprechen stilistische, sowie äußere Umstände sehr für die Urheberschaft Bibers.
Die Missa salisburgensis ist ein in der Musikgeschichte einmaliges Werk. Biber schreibt 16 Vokal-, 35 Instrumentalstimmen, 2 Orgeln und ein reich besetztes Basso continuo vor, alles in allem 53 Stimmen. Diese teilt er in kleine Gruppen auf und plaziert sie an verschiedenen Stellen im Dom und führt sie in verschiedensten Varianten musikalisch wieder zusammen. Das Ergebnis ist eine äußerst abwechlungsreiche und prachtvolle Messkomposition, die auch den Raum, für den sie komponiert wurde, mit einbezieht.
Beide Aufnahmen sind durchweg empfehlenswert (es gibt noch eine dritte mit dem Collegium Aureum und dem Tölzer Knabenchor, die ich allerdings noch nicht kenne). Die Aufnahme unter McCreesh entstand in der Romsey Abbey, Südengland. In ihr kommt das Repräsentative und bombastisches sehr zum Tragen. Koopmans Aufnahme hingegen, am orginalen Ort aufgenommen, ist etwas feiner, streckenweise gradezu kammermusikalisch. Auch unterscheiden sich beide Aufnahmen leicht in ihrer Instrumentierung. Koopman verwendet beispielsweise auch Blockflöten, die bei McCreesh fehlen, bzw. dort wird der Part von Zinken gespielt.
Weitere vergleichbare Kompositionen Bibers für ähnliche Anlässe haben sich erhalten, zB. die 23-stimmige Missa buxellensis, die ihren Namen nach dem Fund- bzw. Aufbewahrungsort erhielt, aber eindeutig für Salzburg komponiert wurde. Daneben wären noch zu nennen: Missa Alleluia zu 26 Stimmen, die Missa Christi resurgentis zu 19 oder Verspervertonungen zu 32 Stimmen. Aber auch andere Komponisten haben ähnliches geschaffen, wie zB. Georg Muffat die Missa In labore requies a 23 oder Francisco Valls´ (1665 -1747) Missa Scala aretina, die übrigens wegen einer unvorbereiteten Dissonanz, ein Sakrileg gegen damals gültige Kompositionsregeln, einen über 100 Jahre anhaltenden Disput verursachte und deswegen nicht ganz vergessen wurde. Dieses Werk gehört allerdings nicht zum Salzburger Dunstkreis, sondern nach Barcelona.
Aufnahmen hierzu:
Biber: Missa Bruxellensis
La Capella Reial de Catalunya, Le Concert des Nations, Savall auf AliaVox
Biber: Missa Alleluja
Gradus ad Parnassum, Junghänel auf DHM
Muffat: Missa In labore requies zusammen mit Bibers Litaniae de Sancto Josepho
Concerto Palatino, Cantus Cölln, Junghänel auf harmonia mundi
Valls: Missa Scala Aretina zusammen mit Bibers f-Moll Requiem
Koor & Barokorkest van de Nederlandse Bachvereniging, Leonhardt auf DHM
viel Vergnügen beim Hören wünscht
Thomas