Der Mythos Mozart

  • Ich habe schon seit meiner Beschäftigung mit Klassik das Gefühl das Mozart an vorderster Stelle der meist polarisierensten Komponisten innerhalb der Klassik zählt - mal abgesehen davon dass sich bei sämtlicher serieller Musik die Geister scheiden. ;)
    Natürlich schwingen da - völlig legitim - Geschmacksvorlieben und Hörgewohnheiten mit aber manchmal wird er auch missverstanden, weniger jetzt hier in diesem Thread vermute ich mal aber es gibt da schon so manche eingefleischten Romantik bis Moderne-Hörer die an eher nicht so emotional tiefschürfende Werke wie an die kleine Nachtmusik, manche Klaviersonate (Gassenhauer wie Rondo alla turca), berühmten Arien wie zB "Der Vogelfänger" und dergleichen denken und eine weitreichendere Beschäftigung mit seinen besseren Werken fehlt, leider dann oftmals aber vorab ein Klischee des banalen, stets heiteren, an der Oberfläche klebenden Mozart in manchen Köpfen gefestigt wird.
    Dazu möchte ich sagen das mein Verhältnis zu seiner Musik auch nicht ungetrübt ist, ich seinem gesamten Werkschaffen auch eher ambivalent gegenüberstehe. Ganz grob gibt es zum Einen für mich eine gewisse Trennlinie an Werken die ungefähr vor oder ab 1778 entstanden sind (natürlich sowohl als auch mit genügend Ausnahmen), da ich das Gefühl habe das in seiner Tonsprache, dem emotionalen Ausdruck in seiner Musik ungefähr ab diesem Zeitpunkt eine Entwicklung stattgefunden hat (vielleicht wie manch Einer vermutet auch durch den Tod seiner Mutter beeinflusst) Trotzdem würde ich nicht sagen, das ich alle Werke die danach entstanden sind liebe und gerne höre selbst Mozart soll ja mal über gewisse Werke - "Nun, wer mich nach solchen Bagatellen beurtheilt, ist auch ein Lump!" - nicht seine größte Wertschätzung darüber geäußert haben (da ging es übrigens um irgendwelche Klaviervariationen die unerlaubt veröffentlicht/vervielfältigt wurden und er gefragt wurde ob er nicht um seinen Ruf fürchten würde)
    Von seinen Wiener Jahren gibt es einige Werke die ich sehr hoch schätze aber es ist wie auch bei anderen Komponisten für mich immer wieder eine Art "einlassen" in diese "Welt" dieser Tonsprache. Vielleicht mag das ja Anderen ähnlich ergehen aber für gewisse Epochen und Komponisten muss ich auch in der richtigen Stimmung sein und ich merke auch das ich mich in diesen Momenten viel besser dieser Musik öffnen und aufnehmen kann. Gerade Mozart arbeitet ja nicht mit pathetisch, theatralisch, sehr offensichtlichen Mitteln wie es dann teilwese zunehmend in den nachfolgenden Epochen verstärkt der Fall ist (und ich höre gewisse Musik daraus auch sehr gerne um hier möglicherweise kein falsches Bild entstehen zu lassen). Ich denke für diese gewisse Subtilität muss man sich auch etwas sensibilisieren um seine "besseren" Werke emotional voll und ganz begreiflich zu machen. Das ist sicher - je nach dem von welcher Ecke der Klassik man kommt - nicht immer einfach, auch für mich zeitweise nicht so ganz aber ich merke es an mir selbst das ich manchmal einen viel größeren Mehrwert habe wenn der Zeitpunkt dafür passt. Aber vielleicht geht das nur mir so? Momentan reagiere ich auf Mahler und Schubert sehr stark aber das wechselt auch öfters und das Schöne ist das sie alle - die großen Komponisten - woanders ihre Stärken und individuelle Tonsprache haben es liegt nur am Hörer ob er einen Draht dazu findet und es zum. versucht aber das Potential ist bei allen großen Namen so oder so vorhanden. Übrigens...wegen moll...ich denke unter meinen Favoriten sind auch viele moll-Werke aber ich hab auch mittlerweile die Schönheit vieler Dur-Werke entdeckt, gerade wenn sie eine schöne Durchführung in Moll haben und dieser Kontrast dann die hereinbrechend melancholisch, zerbrechliche Stimmung noch deutlicher hervorkehrt als wäre man von der Exposition an in eine Moll-Stimmung versetzt...zum. macht das auf mich einen solchen Effekt.
    Mozart ist und wird immer (neben 3 anderen Komponisten aber keine Angst ich bin jetzt nicht traurig wenn die keiner erfahren möchte :D ) an vorderster Front meines Musikerherzens sein, nicht komplett unkritisch aber genug Werke die ich so sehr schätze und liebe das er für mich nie ein Wackelkandidat sein wird. ;)
    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • (neben 3 anderen Komponisten aber keine Angst ich bin jetzt nicht traurig wenn die keiner erfahren möchte :D )


    Ooh, da bin ich aber doch gespannt, wer die drei weiteren Komponisten sind … :yes:

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Ich habe schon seit meiner Beschäftigung mit Klassik das Gefühl das Mozart an vorderster Stelle der meist polarisierensten Komponisten innerhalb der Klassik zählt


    Den Eindruck hatte ich in den ersten 10 Jahren, in denen ich Klassik hörte, eigentlich nie. Und das war mehr oder minder rund um das Mozart-Jubiläum 1991, in dem der Rummel in vieler Hinsicht übertrieben wurde und wirklich jede Note selbst des kindlichen Mozart, sowie Fragmente usw. aufgenommen wurde. (Seitdem ich es damals im Radio gehört habe, habe ich ein Faible für das unvollendete Klavier/Violine-Doppelkonzert.) Mozart war vielleicht nicht jedermanns Lieblingskomponist, aber beinahe jeder schätzte Mozart.
    Erst Jahre später, Ende der 1990er im Internet fand ich Klassikhörer vor, die Mozarts Musik distanziert oder ablehnend gegenüberstehen (und das auch mehr oder minder lautstark äußern). Dennoch würde ich immer noch nicht sagen, dass Mozart besonders polarisierend ist, etwa verglichen mit Wagner, Bruckner, Berlioz, Strauss, italienischer Oper und beinah jeglicher Musik ab 1900.
    (Und im deutschsprachigen Raum sind nach wie vor 3-4 der 10 meistgespielten Opern von Mozart, international mindestens Figaro und Don Giovanni, also rein statistisch ist Mozart kein bißchen umstritten oder polarisierend.)


    Zitat


    ... manchmal wird er auch missverstanden, weniger jetzt hier in diesem Thread vermute ich mal aber es gibt da schon so manche eingefleischten Romantik bis Moderne-Hörer die an eher nicht so emotional tiefschürfende Werke wie an die kleine Nachtmusik, manche Klaviersonate (Gassenhauer wie Rondo alla turca), berühmten Arien wie zB "Der Vogelfänger" und dergleichen denken und eine weitreichendere Beschäftigung mit seinen besseren Werken fehlt, leider dann oftmals aber vorab ein Klischee des banalen, stets heiteren, an der Oberfläche klebenden Mozart in manchen Köpfen gefestigt wird.
    [...]
    Gerade Mozart arbeitet ja nicht mit pathetisch, theatralisch, sehr offensichtlichen Mitteln wie es dann teilwese zunehmend in den nachfolgenden Epochen verstärkt der Fall ist (und ich höre gewisse Musik daraus auch sehr gerne um hier möglicherweise kein falsches Bild entstehen zu lassen). Ich denke für diese gewisse Subtilität muss man sich auch etwas sensibilisieren um seine "besseren" Werke emotional voll und ganz begreiflich zu machen.


    Ja, natürlich wird er oft "missverstanden" und muss sowohl gegen Verächter wie manchmal auch gegen Liebhaber verteidigt werden... :D Das ist zwar kein Alleinstellungsmerkmal, aber bei Mozart vielleicht besonders heikel. Wegen der Allgegenwart seiner Musik, die manchmal schier zu Tode gespielt wird, und auch solcher Aussagen, dass jedes Jugendwerk schon extrem genial usw. sei, der Betonung der "leichten" bei einigen Interpreten und auch nicht wenigen Mozart-Freunden und natürlich auch der mangelnden Sensibilität vieler Hörer, die nicht wahrnehmen, dass Mozart oft ein sehr pathetischer und theatralischer Komponist ist (deswegen sind die Opern ja ungebrochen erfolgreich).


    Umgekehrt finde ich es aber auch problematisch, wenn jemand nur das Requiem gelten lässt (von dem zwei der besten Stücke, die beiden ersten, beinahe von Händel abgekupfert sind, bl0ß kennt halt kaum einer "The ways of Zion do mourn"), weil andere Stücke die Ernsthaftigkeit und "Kompositionswissenschaft" nicht so offensichtlich herausstellen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • und auch nicht wenigen Mozart-Freunden und natürlich auch der mangelnden Sensibilität vieler Hörer, die nicht wahrnehmen, dass Mozart oft ein sehr pathetischer und theatralischer Komponist ist (deswegen sind die Opern ja ungebrochen erfolgreich).


    Diesen Satz verstehe ich nicht ganz, entgeht mir hier vielleicht irgendein Sarkasmus? ?( Aber soweit ich dich kenne wäre das nicht gerade ein häufiges "Stilmittel" von dir. :untertauch:;) Man kann ja Mozart und generell dem 18. Jahrhundert viel vorwerfen - zB manchmal zu galant, Hang zu gewissen wiederkehrenden Floskeln usw. Aber wenn diese Musik eines nicht ist dann pathetisch und theatralisch - es sei denn du verstehst darunter etwas komplett anderes. Und weil die Opern erfolgreich sind, sind sie automatisch pathetisch und theatralisch? Beziehst du dich vielleicht eher auf den Text? Ich verstehe unter diesen Begriffen in ihrer stärkeren Ausprägung zB die Tonsprache/Stilmittel von Wagner oder Bruckner und eigentlich haben die mit der Stilistik Mozarts nicht so viel gemeinsam. ;)


    Zitat

    Umgekehrt finde ich es aber auch problematisch, wenn jemand nur das Requiem gelten lässt (von dem zwei der besten Stücke, die beiden ersten, beinahe von Händel abgekupfert sind, bl0ß kennt halt kaum einer "The ways of Zion do mourn"), weil andere Stücke die Ernsthaftigkeit und "Kompositionswissenschaft" nicht so offensichtlich herausstellen.


    Ich halte auch nichts von dem "Mozart ist nicht so mein Fall aber das Requiem und 1.Satz der großen g-moll gefällt mir" - diese Werke sind zweifellos nicht schlecht (abgesehn was manche subjektiven Geschmäcker darüber urteilen) aber sind eigentlich nicht repräsentativ in Relation zu seinem Gesamtwerk, so als würde man zB Mendelssohn sein letztes Streichquartett hervorheben ihn aber ansonsten als langweilig, emotionsarm verurteilen. Zum einen heisst es nicht das die Werke alle Anderen deutlich in den Schatten stellen zum Anderen hat man in beiden Fällen eigentlich keinen richtigen (emotionalen) Zugang zur Musik der jeweiligen Komponisten gefunden.
    Aber diese Anspielung auf Händel, ist das nicht eher so auf die Art wie Beethoven hat bei Mozarts "Misericordias domini" KV 222 sein "Freude schöner Götterfunken" abgekupfert - wie du es nennst? Selbst wenn man sich von etwas inspirieren läßt, macht es nicht das aus was man daraus macht und wie man es weiter verarbeitet? Mozart selbst hat eigentlich 2 andere Requien als Inspirationsquelle genannt, soweit ich das hoffentlich richtig im Kopf habe müssten das Peter von Winter und Florian Gassmann sein (leider gibt es davon bis heute keine Einspielung) Aber gut selbst wenn da einiges sehr ähnlich wäre, wenn es im Detail besser weiterverarbeitet wäre ist es nicht verwerflich und durchaus legitim (war es damals zu diesen Zeiten sowieso nicht unüblich andere Werke zu "zitieren")


    Zitat von Maurice

    Ooh, da bin ich aber doch gespannt, wer die drei weiteren Komponisten sind … :yes:


    Aber leider muss ich mit einer recht banal wirkenden Antwort aufwarten - die Anderen wären Bach, Beethoven und Schubert, also Nichts das jetzt sonderlich originell wäre. ;)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)


  • Aber leider muss ich mit einer recht banal wirkenden Antwort aufwarten - die Anderen wären Bach, Beethoven und Schubert, also Nichts das jetzt sonderlich originell wäre. ;)


    lg
    Thomas


    Das nun wirkt auf mich überhaupt nicht banal!


    Ich glaube, daß man Antworten dazu, was jemandem am kostbarsten ist, stehenzulassen hat. Wer hier Originalität im Sinne der Nennung eines ganz ungewohnten Namens erwartet, möge sich gern über die freuen, die jetzt mit leuchtenden Augen "Glass", "Ligeti" oder "John Dowland" sagen. Nein, ich möchte nicht die Erwartung spüren, erläutern zu müssen, warum bei mir nur der Name Wolfgang Amadeus Mozart ganz oben steht. Und, erst recht, wie käme ich dazu, das etwa von jemand anders ebenfalls zu erwarten? Jedoch freut es zu sehen, daß es andere gibt, die sich ähnlich bekennen. Identisch wird das nie sein. So sind mir zwei der von Thomas zusätzlich Genannten, die beiden B's, fast von ebensolcher Höhe. Und hat man solches geschrieben, möchte man es ob seines banalen Gehalts gleich widerrufen. Wir sind doch hier nicht beim Medaillenspiegel! Mozart hat kein "Erbarme dich" aus der Matthäus-Passion geschrieben, Bach kein "Lacrimosa" aus dem Requiem, und beide kein Streichquartett op. 135 oder ein Violinkonzert von der Tiefe des op. 61 von Beethoven. Nur wenn man das mit diesen Beispielen Gemeinte recht mitliest, kann das erwähnte "Ganz-oben-Stehen" Mozarts dem Mißverständnis entkommen.

  • Diesen Satz verstehe ich nicht ganz, entgeht mir hier vielleicht irgendein Sarkasmus? ? Man kann ja Mozart und generell dem 18. Jahrhundert viel vorwerfen - zB manchmal zu galant, Hang zu gewissen wiederkehrenden Floskeln usw. Aber wenn diese Musik eines nicht ist dann pathetisch und theatralisch - es sei denn du verstehst darunter etwas komplett anderes. Und weil die Opern erfolgreich sind, sind sie automatisch pathetisch und theatralisch? Beziehst du dich vielleicht eher auf den Text? Ich verstehe unter diesen Begriffen in ihrer stärkeren Ausprägung zB die Tonsprache/Stilmittel von Wagner oder Bruckner und eigentlich haben die mit der Stilistik Mozarts nicht so viel gemeinsam. ;)


    Nein, ich meinte das völlig ernst und verstehe darunter anscheinend etwas anderes als Du. Für mich ist "pathetisch" nicht an die Spätromantik gekoppelt. Der Erfolg der Opern ist ein Indiz dafür, wie "theatralisch" die Musik ist. Und Mozart ist doch auch in der Instrumentalmusik viel häufiger "opernhaft" als zB Haydn. Haydn und noch mehr Beethoven sind eher auf eine "instrumentale", abstraktere Art dramatisch. Lies mal die "Don Juan" Anekdote von ETA Hoffmann; nun könnte man sagen, dass sei ein romantisches Mozartbild, aber es ist ja kein Zufall, dass jemand wie Hoffmann weit besser an Don Giovanni anknüpfen kann oder auch an Mozarts Instrumentalmusik als an irgendwas von Haydn.


    Zitat


    Zum einen heisst es nicht das die Werke alle Anderen deutlich in den Schatten stellen zum Anderen hat man in beiden Fällen eigentlich keinen richtigen (emotionalen) Zugang zur Musik der jeweiligen Komponisten gefunden.


    Irgendwo habe ich mal gelesen (vermutlich Tovey), dass, wenn jemand Enthusiasmus für Beethovens 5. bekundet, aber seine 4. links liegen lässt, dessen Urteil auch über die 5. wertlos sei, da er anscheinend sich nur von der offensichtlichen Dramatik begeistern lässt, aber die "inneren" musikalischen Qualitäten kaum wahrnimmt. Das ist ein bißchen unfair, denn es ist ja erstmal nichts daran verkehrt, sich besonders für dramatische Stücke zu begeistern. Aber es gilt noch viel mehr für den, der von Mozart nur eine Handvoll "Moll-Werke" gelten lässt.


    Zitat


    Aber diese Anspielung auf Händel, ist das nicht eher so auf die Art wie Beethoven hat bei Mozarts "Misericordias domini" KV 222 sein "Freude schöner Götterfunken" abgekupfert - wie du es nennst?


    Dass es bei Mozart Zufall ist, glaube ich nicht. Das Kyrie-Fugenthema ist auch ein "Standard-Thema". Aber der Introitus, obwohl selbstverständlich kreativ weiterentwickelt, verdankt nicht nur in der Themengestalt, sondern auch in anderen Hinsichten sehr viel diesem Stück, das Mozart, der schließlich vier große Werke Händels offiziell bearbeitet hat und bei dem es in der c-moll-Messe ähnlich deutliche Anleihen gibt, sicher gekannt hat.
    Da Händel selbst hundertmal schlimmer in dieser Beziehung war, soll das natürlich kein Vorwurf an Mozart sein.


    Aber es zeigt, wie der "Mythos" funktioniert: Das Requiem ist geheimnisumwittert, Mozarts letztes, fragmentarisches Werk, das kann nicht ganz von dieser Welt, sondern muss etwas völlig Eigenständiges sein und eines der zehn besten oder das überragende geistliche Werk der Musikgeschichte. Dass es sich bei aller Originalität sehr eng an Traditionen und sogar an konkrete Werke anlehnt, passt natürlich nicht dazu. Händels Trauerode ist dagegen ein Werk, dass, da nicht dramatisch oder abendfüllend, ohne Legendenbegleitung, nicht einmal innerhalb von Händels Oeuvre eine außerordentliche Stellung einnimmt und das viele Hörer kaum kennen.
    Hier der Anfang, die Gemeinsamkeiten zu dem Introitus sind m.E. unüberhörbar; Mozart hat das "verdichtet", durch die Bassetthörner romantischeren Klang erzeugt usw., aber sowohl der Gestus als auch die Themengestalten sind sehr ähnlich.


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  • Nein, ich meinte das völlig ernst und verstehe darunter anscheinend etwas anderes als Du. Für mich ist "pathetisch" nicht an die Spätromantik gekoppelt. Der Erfolg der Opern ist ein Indiz dafür, wie "theatralisch" die Musik ist. Und Mozart ist doch auch in der Instrumentalmusik viel häufiger "opernhaft" als zB Haydn. Haydn und noch mehr Beethoven sind eher auf eine "instrumentale", abstraktere Art dramatisch. Lies mal die "Don Juan" Anekdote von ETA Hoffmann; nun könnte man sagen, dass sei ein romantisches Mozartbild, aber es ist ja kein Zufall, dass jemand wie Hoffmann weit besser an Don Giovanni anknüpfen kann oder auch an Mozarts Instrumentalmusik als an irgendwas von Haydn.


    Ich verstehe, für mich haben diese Begriffe nämlich eine andere Bedeutung. Was ich ursprünglich meinte war Mozart als intensiv emotional empfinden zu können, was aber - zum. für mich - etwas komplett Anderes ist als übertrieben, überschwenglich emotional (pathetisch, theatralisch) Denn dieses war er mit Sicherheit nicht - in keinem Werk und wäre er das für Manche müßte man neue Wörter/Verben/Superlative für einige romantische Komponisten erfinden. Ich weiß nicht was du mit abstrakte Art meinst, für mich hat Beethoven im Regelfall viel mehr Pathos und das ziemlich offensichtlich. Das geht bei ihm bis fast schon ausufernd, exzessiven Gefühlsausbrüchen wie zB in der teils sehr energischen Hammerklaviersonate aber es gäbe noch genug andere Beispiele die so bei Mozart in der Musik undenkbar wären und wenn du Hoffmann anführst so kann ich zB mit Carl Friedrich Zelter dem Lehrer von Mendelssohn entgegen halten der viel von Mozart, Haydn, CPE Bach hielt aber nicht sonderlich viel von Beethoven und diesen somit seinem Schüler nicht zu Studienzwecke empfohlen, ich glaube sogar vorenthalten hat. Ich müßte erst wieder heraussuchen was er über ihn geschrieben hat, aber falls ich mich nicht irre, hat es etwas sinngemäßt mit den für ihn pathetischen Übertreibungen zu tun. Ich will hier sicher nicht Mozart gegen Beethoven aufwiegen, denn ich persönlich schätze Beide sehr aber auch aus verschiedenen Gründen und wenn man meint das Beethoven weniger leidenschaftlich als Mozart war dann kann ich das absolut nicht nachvollziehen. Aber ich denke du verstehst etwas Anderes darunter. O.k. wie auch immer, zum. weißt du ja jetzt wie es von mir gemeint war. ;)


    Ja, das mag durchaus sein das er sich bei diesem Werk "inspirieren" ließ, jedoch gefällt mir das Introitus doch noch wesentlich besser was ja auch meine Aussage im vorigen Posting bestätigt. Solange man etwas im besseren Sinne weiterverarbeitet ist es sicher legitim und sogar positiv. Aber was man bei Requiem auch schon alles lesen mußte...er hätte sich zB beim Requiem Michael Haydns oder Francois-Joseph Gossec bedient was ich schon als sehr weit hergeholt betrachte. Da werden oft stellenweise mehr nach Zufall und weit entfernt klingende Ähnlichkeiten herangezogen um sich wichtig zu machen - demnächst genügt es vielleicht allein wenn es ein Moll-Werk im Stile des 18. Jahrhunderts ist :stumm::rolleyes:


    Zitat

    Aber es zeigt, wie der "Mythos" funktioniert


    Die Psychologie spielt natürlich auch eine gewisse Rolle und eine Legendenbildung kann sicher nicht von Nachteil sein um mehr Interesse bei einem Werk zu erzeugen. Aber es wäre gegenüber dem Requiem auch ein wenig unfair es nur darauf zu reduzieren - es ist für sich alleine gesehen auch so ein großartiges Werk, für mich persönlich auch über das Introitus und Kyrie hinaus (da ja Manche behaupten danach wäre das Werk höchstens mittelmäßig) und mir ist dabei sowas von egal was jetzt noch von Mozart und was von Süßmayr stammt sondern ich gehe, frei von irgendwelchen Süßmayr-Vorurteilen (und das was ich schon abseits dieses Werkes von ihm gehört habe kann mich nicht gerade begeistern) nur nach dem ob mich das was ich höre anspricht oder nicht... sonst ist das ja wieder Psychologie/Einbildung nur in eine andere Richtung (sozusagen so ähnlich wie Placebo und Nacebo-Effekt)


    Zitat von Lagenwechsel

    Das nun wirkt auf mich überhaupt nicht banal!


    Ich gebe dir Recht, ich denke genauso und denke das Manche (aber sicher nicht Alle, Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden) einfach nur gegen den Strom schwimmen bzw. sich interessanter machen wollen wenn sie als Lieblingskomponisten "Überraschungen" angeben. Ich denke gewisse große Komponisten werden nicht umsonst auch bei der Mehrheit der Experten wie Dirigenten, Interpreten, Musikhistorikern und dergleichen sehr hoch bzw. höher geschätzt als die restliche Mehrheit. Das hat natürlich seine Ursachen, ganz abseits davon ob es jetzt mitunter exzentrisch subjektive Geschmäcker gibt die das ganz anders sehn. ;)


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Ich meine: Mozart hat, besonders gemessen an der üblichen Vorstellung des angeblichen "Rokoko", sehr emotionale, leidenschaftliche Musik komponiert. Nicht nur in den ominösen "Mollwerken", aber natürlich auch und gerade dort. Da wird mit dem gesamten Arsenal schmerzlich konnotierter Figuren gearbeitet: Seufzer, Chromatik usw. Natürlich ist das kein grundsätzlicher Unterschied zu anderen Komponisten, aber Mozart ist meistens erheblich intensiver.
    Man vergleiche zB das Quartett KV 421 mit Haydns "Quintenquartett" op.76/2 oder dem op. 33/1. Haydn ist ernst, auch mal melancholisch, aber kaum je so aufgeladen pathetisch wie Mozart. Spätestens in den Finali ist man bei einem ungarisch getönten fetzigen Tanz, vgl. damit das getragene Siciliano-Finale Mozarts (das natürlich auch viel pathetischer ist als die Variationenfinali in Haydns op.33 5+6). Und mit entsprechender Sorgfalt ließe sich das vermutlich auch an den musikalischen Mitteln nachweisen. Bei langsamen Sätzen Mozarts erinnert man sich oft an entsprechende Opernarien oder Duette. Z.B. gibt es im Andante der großen g-moll eine Phrase, die mich an "Ich fühl es" aus der Bildnisarie erinnert. Bei Mozart kommt oft noch eine besondere instrumentale (teils wohl auch satztechnisch bedingte) "Süffigkeit" hinzu.


    Was "übertrieben" ist, liegt wohl im Auge des Betrachters. Goethe fand Schuberts Lieder "übertrieben" vgl. mit den schlichteren Sätzen anderer Komponisten. Es bringt m.E. nicht viel, stilistisch unterschiedliche Opern zB von Mozart und Verdi oder Wagner, zwischen denen 80 Jahre Musikgeschichte liegen, zu vergleichen und den einen Stil als übertrieben gegenüber dem anderen zu kennzeichnen. Verglichen mit seinen Zeitgenossen galten Mozarts Werke bekanntlich als schwierig, "übertrieben" (zu viele Noten usw.). Klar, 30 Jahre später galt dann, was man noch gespielt hat, verglichen Beethoven als "griechische Grazie" und nochmal später vielleicht heiteres Divertissement.
    Aber dass Mozarts Musik ziemlich gut mit den späteren Vorlieben kompatibel ist, sieht man daran, dass sie im 19. und bis Mitte des 20. weit mehr geschätzt wurde als Haydns. Wie viele Stücke zB Haydns sind erfolgreich als romantisch-sentimentale Filmmusik eingesetzt worden wie Mozart in "Jenseits von Afrika", "Elvira Madigan" usw.?


    Ich will nichts gegen das Requiem sagen. Aber man kann kaum bestreiten, dass hier der Mythos der Entstehungsumstände schier übermächtig wird. Selbst ein gleichrangiges Werk Mozarts wie die c-moll-Messe hat in der Popularität dagegen keine Chance, von anderen Stücken wie Haydns späten Messen (oder den 7 letzten Worten) oder eben Händels Trauerode gar nicht zu reden. Die Originalität des Requiems ist auch kaum zu beurteilen, wenn man es nur mit der Krönungsmesse vergleicht und nicht zB mit Händel oder Michael Haydn u.a.

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  • O.k. das ist ja wieder etwas anderes wenn du es im Vergleich zu seinen komponierenden Zeitgenossen siehst die ja bzgl. Mozart noch viel mehr ihrer Zeit und Mode verpflichtet und noch an einem gewissen galanten Stil "festgeklammert" haben während Mozart schon teils frühromantische Stilmittel vorweggenommen hat. Im Auge des Betrachters stimmt nur eingeschränkt, aus heutiger Sicht und ein paar nachfolgenden Epochen die Goethe damals noch nicht kennen konnte und somit eine komplett andere Perspektive für seine Urteile haben mußte, kann man gewisse Begriffe schon in einen anderen Kontext stellen als noch zu Zeiten des Rokoko und Beginn des 19. Jahrhunderts. Ich beziehe mich hier immer auf die gesammte Musikgeschichte, aber es ist natürlich auch nicht verkehrt es getrennt voneinander zu beurteilen aber wenn man das vorher nicht erwähnt ist es für mich schon etwas missverständlich.


    Mozart ist oftmals - Ausnahmen bestätigen die Regel - für Laien eingängiger als Haydn was unter Anderem die nach wie vor große Popularität gewisser Werke erklärt aber das Thema ist wohl auch diesbezüglich komplexer und ich denke da spielen verschiedene Faktoren mit wie zB die bessere Vermarktung von Mozarts Lebensgeschichte und Persönlichkeit, die dann oftmals sogar noch mit Unwahrheiten und Übertreibungen angereichert wird. Aus Marketingsicht war für Mozart der Film Amadeus - der zwar kaum Fakten dafür viel erfundenen Unsinn enthält - der Popularitätsschub bei der breiten Masse, ist es ja schon mal erstaunlich das ein geistig minderbemittelter (wie im Film dargestellt) überhaupt komponieren kann und dann noch in dieser Qualität. Das ruft schon mal mehr Interesse hervor als der klischeemäßig verzopfte Haydn.


    Ja die Musikgeschichte kann manchmal ungerecht sein, sicher müßte die c-moll Messe zum. auf Augenhöhe mit dem Requiem sein...ist sie wohl auch bei Kennern der Materie. Sicher übt hier schon allein eine gewisse Faszination allein die Entstehungsgeschichte aus - ein schon halb dem Jenseits entschwundener Komponist in seinen letzten Atemzügen seine letzte Botschaft an die Menschheit richtend (wobei er aber eigentlich schon ungefähr ein halbes Jahr zuvor damit begonnen hat was aber natürlich ein recht unromantischer Gedanke ist) Andererseits kann ich auch nicht mehr diese Pseudo-Experten hören die vorgeben mit Sicherheit herauszuhören was exakt von Süßmayr komponiert wurde und was nicht - gut es gibt ja die Handschriftenanalyse, aber darüber hinaus kann Niemand sagen was Mozart darüber hinaus an Anweisungen bzw. welche Notizen sich Süßmayr gemacht hat. Wer mal andere Werke von Süßmayr hört wird schnell feststellen das es nicht weit her war mit seinem Talent und noch weit unter dem Niveau der letzten Requiem-Teile liegt. Aber gut, ein anderes Thema. Ich denke wir müssen nur manche Werke in eine richtige Relation stellen, sie entmystifizieren aber auch nicht den Weg gehen ein Gegenwicht zu den Dogmatikern zu schaffen indem man in gleichem Masse das Werk herunterzumachen versucht, da liegt nämlich oftmals die Gefahr dass bei sowas 2 extreme Gegenpole entstehen.

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • O.k. das ist ja wieder etwas anderes wenn du es im Vergleich zu seinen komponierenden Zeitgenossen siehst die ja bzgl. Mozart noch viel mehr ihrer Zeit und Mode verpflichtet und noch an einem gewissen galanten Stil "festgeklammert" haben während Mozart schon teils frühromantische Stilmittel vorweggenommen hat. Im Auge des Betrachters stimmt nur eingeschränkt, aus heutiger Sicht und ein paar nachfolgenden Epochen die Goethe damals noch nicht kennen konnte und somit eine komplett andere Perspektive für seine Urteile haben mußte, kann man gewisse Begriffe schon in einen anderen Kontext stellen als noch zu Zeiten des Rokoko und Beginn des 19. Jahrhunderts. Ich beziehe mich hier immer auf die gesammte Musikgeschichte, aber es ist natürlich auch nicht verkehrt es getrennt voneinander zu beurteilen aber wenn man das vorher nicht erwähnt ist es für mich schon etwas missverständlich.


    Die Frage ist eben, ob man nur durch eine Berücksichtigung des historischen Hintergrundes zu solch einem Mozart-Bild kommt. Wie schon gesagt, war zB der Don Giovanni für das gesamte 19. Jhd. ausreichend "pathetisch", um weitgehend als herausragende Oper bewundert zu werden. Ich finde es sehr schwierig und da scheinen mir bei Dir ebenso subjektive Vorlieben mit hereinzuspielen, bestimmte Stilepochen als grundsätzlich mehr oder weniger pathetisch zu beurteilen. (Ist Dvoraks Musik pathetischer als Mozarts? Ist das überhaupt eine sinnvolle Frage? ;))


    Es gibt fast immer mehrere Strömungen in einer Zeit und die Beurteilungen können sich sehr schnell ändern. In einem anderen Forum hatte jemand als Signatur ein Zitat (evtl. von Koopman), dass man nicht vergessen sollte, dass Barock ursprünglich "too much" bedeutet hat. Wir sehen dagegen heute verbreitet besonders die Barockmusik als regelhaft geordnet, dekorativ und oft auch eher schlicht an. Natürlich sind beides Klischees, die einseitig und im Grunde falsch sind. Und im letzten Drittel des 18. Jhd. ist es eher noch komplizierter, denn die bewusst einfache und volkstümliche Absetzung gegenüber dem gelehrten Stil hatten die Komponisten hier ja auch schon wieder hinter sich gelassen, zumal Mozart. Anders als 1740-60 hat man hier auch noch die politischen Umwälzung. Ist Mozarts Musik nun Bestätigung der verfeinerten Lebenskunst des Ancien Régime oder mindestens Vorahnung (besonders in Figaro und Don Giovanni) der Revolution? Sicher sind beides einseitige Sichtweisen.


    Zitat


    Mozart ist oftmals - Ausnahmen bestätigen die Regel - für Laien eingängiger als Haydn was unter Anderem die nach wie vor große Popularität gewisser Werke erklärt aber das Thema ist wohl auch diesbezüglich komplexer und ich denke da spielen verschiedene Faktoren mit wie zB die bessere Vermarktung von Mozarts Lebensgeschichte und Persönlichkeit, die dann oftmals sogar noch mit Unwahrheiten und Übertreibungen angereichert wird.


    Das stimmt, diese Vermarktung gab es auch schon einige Jahrzehnte vor dem Amadeus-Film. (Anscheinend war sie um das Jubiläum 1956 schon derart abstoßend, dass Hildesheimer durch solche Klischees zu seinem Mozart-Buch motiviert wurde.) Für die Verwendung als Filmmusik ist das aber egal. Da ist anscheinend das adagio aus dem Klarinettenkonzert schlicht besser geignet, weil "romantischer" (nicht im musikhistorischen, sondern im "Kuschelklassik" Sinne ;)) als z.B. Haydn. Klar, bei manchen Musikfreunden hat dieses Klimbim Mozart vielleicht sogar geschadet.


    Dennoch halte ich es für einen Fehleindruck, dass Mozart ein besonders polarisierender Komponist wäre. Beinahe jeder beliebig herausgegriffene Komponist ist polarisierender als Mozart. Mein Eindruck ist eher, dass sich manche wundern, dass Mozart, den man für den unumstrittensten "Standard" gehalten hat, ÜBERHAUPT polarisiert. Das ging mir ähnlich, ebenso auch bei Brahms. Dass Wagner, Mahler oder Puccini polarisieren, wundert dagegen kaum jemanden.

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  • Ich muss leider feststellen dass wir uns nur im Kreis drehen und einer den Anderen nicht versteht. Gut, ich muss es wohl zur Kenntniss nehmen das du vom Gefühlsausdruck her nicht zwischen den Epochen, nicht zwischen Dvorak und Mozart differenzierst (zum. wird mir hier ständig heftigst wiedersprochen ;) ). Wir werden da wohl auf keinen Zweig mehr kommen. "Sinnvolle Frage?" Ist das überhaupt eine Frage, eher 2 komplett verschiedene Standpunkte wo bislang Einer dem Andern angestrengt versucht seinen eigenen als den objektiv Richtigen "reinzudrücken". Aber das würde jetzt endlos so weitergehen deswegen sag ich einfach "leben und leben lassen" jeder hat das Recht das zu empfinden und glauben was er für richtig hält. ;) Wir können uns gegenseitig nicht überzeugen, schade aber auch nicht tragisch. Und ja...im Grunde genommen ist diese Diskussion nicht sinnvoll, da geb ich dir recht ohne das böse zu meinen.


    Wegen dem anderen Thema - ich habe nicht das Gefühl das Mahler mehr polarisiert wie Mozart, das war vielleicht Mitte des letzten Jahrhunderts so, aber was ich bislang im Internet gelesen habe als auch vom Bekannenkreis im Laufe meines Lebens an Meinungen gehört/gelesen habe ist Mahler mittlerweile voll im Trend was Klassikhörer anbelangt - gut, in der breiten Masse kennt man höchstens nur sein Adagietto der 5. (und selbst das in Relation zu Mozarts populärsten Werken relativ unbekannt ist) somit kein guter Vergleich zu Mozart den viele Nicht-Klassikhörer schon voreingenommen als süßlich, seicht, heiter abstempeln da er ja bei diesen nur ein Synonym für kleine Nachtmusik, Vogelfänger, einfache Klavierstücke und dergleichen ist. Gut, ich möchte da auch nicht wieder weit ausholen weil ich fürchte das wird auch wieder eine Diskussion die sich im Kreis dreht (woher ich wohl nur diese Ahnung habe? :untertauch::D ) Bei Wagner gut...da ist schon allein sein Antisemitismus für Viele abstossend das so manch einem schon eine weitere Beschäftigung mit seiner Musik Abstand nehmen läßt (also auch schwer vergleichbar) Puccini? Der ist höchstens für Opernfreunde interessant, weniger für solche die Instrumentalwerke bevorzugen oder zum. genauso gerne hören. Also der hat sicher nicht das Zeug um in der Klassikszene zu polarisieren da er aufgrund seines stark beschränkten Werkumfangs bei Einigen nicht mal für ein "Klischee" gut ist. :D Wenn dann mußt du Komponisten nehmen die mit bzgl. Gattungsvielfalt und Bekanntheit Mozart zum. ungefähr auf Augenhöhe sind und nicht schon wegen irgendwelchen extrem ideologischen Ansichten von vornherein teilweise verschmäht werden. Soweit es halt meinem Eindruck entspricht (aber da kann ja jeder einen Anderen haben) hängen bei Beethoven, Bach (außer vielleicht bei Manchen seine Fugen), Brahms keine musikalisch ungerechtfertigten Vorurteile an. Mittlerweile scheint sich das vielleicht auch bei eingefleischten Romantik/Moderne-Hörer zu bessern und hier einst harsche Vorurteile anstelle von vermehrter Beschäftigung mit Mozarts Musik zurückgehen. Aber gerade durch solche Filme wie Amadeus (und Beethoven, Bach & Co können sich glücklich schätzen das sie nicht ähnlich verfälscht verfilmt wurden) sind - abseits der Klassikwelt - bei keinem Komponisten so viel unwahre Klischees verbreitet wie bei Mozart. Wie geschrieben aus Marketingsicht sicher ideal, heute muss ja schon jeder beim Mainstream exzentrisch auffallen um wahrgenommen zu werden. Aber wie oft musste ich schon von Nicht-Klassikhörern hören das sie - wenn sie mal selten Klassik hören - nur Beethoven, Bach in Frage kommt da der süßlich, seichte Mozart nicht ihr Fall wäre oder ältere Hausmütterchen die ihn gerade deswegen hören wollen :D Da hab ich dann schon das Gefühl Mozart wird viel stärker in eine Schiene gepresst, die nur für ein sehr eingeschränktes Publikum gedacht ist, und komm mir jetzt bitte wieder nicht mit Komponisten die sich nur in einer Gattung profiliert haben...das ist nicht vergleichbar denn es ist klar dass das Zielpublikum automatisch eingeschränkt ist wenn ein Komponist wie Mahler, Wagner, Bruckner (da warns halt 2) usw. sich vorwiegend nur in einer Gattung ausgetobt hat. Aber du weißt ja schon wohin meine Befürchtungen gehen... ;)

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Findest Du die Frage bzgl. pathetischem Mozart und Dvorak unsinnig? Wenn ja, warum? Wenn nicht, wie würdest Du sie beantworten?
    Wenn Du Dich nicht einmal dazu äußern magst, ist es kein Wunder, dass Du den Eindruck hast, dass man sich "im Kreis dreht".


    Die Gattungen sind zweitrangig dafür, ob ein Komponist polarisiert oder nicht.
    Wenn man sich jetzt auf die dümmsten Vorurteile von Nichtkennern oder Neulingen einlässt, wird man vermutlich finden, dass JEDER Komponist polarisiert, wenn man damit meint, dass es solche dummen Vorurteile gibt.


    Da Mozart alle Gattungen abdeckt, hat er doch einen riesigen Vorteil und wirkt weit weniger polarisierend. Wer Oper tendenziell albern, überzogen, pathetisch usw. findet, kann dennoch Mozartsche Klavierkonzerte hören. Von Liszt gibt es zB auch fast alles (außer Oper) und das ist wohl ein Beispiel für einen weit umstritteneren Komponisten als Mozart.


    Wie schon gesagt, meinte ich, als ich begann, Klassik zu hören und das waren etliche Jahre, bevor das Internet verbreitet war, dachte ich, dass Mozart wie Bach, Beethoven, Schubert, Brahms und vielleicht noch zwei oder drei Komponisten zu denen gehört, die praktisch jeder Klassikhörer schätzt. Auch wenn kein Lieblingskomponist zollt man mindestens Respekt und ziemliche Hochschätzung.


    Dank der Internetforen wissen wir nun, dass es vermutlich bei JEDEM Komponisten jemanden gibt, der obwohl "Klassikhörer" ihn nicht mag. Dennoch ist auch nach 20 Jahren Diskussionen über Klassik im Internet mein Eindruck keineswegs, dass Mozart ein besonders polarisierender Komponist sei. Auch über Bach habe ich im Netz schon alles Mögliche von langweiligem Nähmaschinengedudel über zu fromm bis zu unerträglich fröhlich gelesen, selbst wenn es bei dem vermutlich häufiger respektvolle Lippenbekenntnisse gibt, die Musik dann aber doch weitgehend ignoriert wird.
    Aber selbst wenn Bach und Beethoven eindeutig weniger polarisierend sein sollten als Mozart, dann wäre Mozarts Musik immer noch nicht besonders polarisierend, oder?
    Schließlich meint man mit "polarisierend" normalerweise auch nicht ein stillschweigendes Ignorieren, was die meisten "Mozartgegner" wohl so halten dürften. Insofern gibt es vermutlich eine riesige Dunkelziffer. Beinahe niemand mag Mozart!!!

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • He, man, was ist denn los?!
    Johannes, Du bist doch auch nicht so fern der Intoleranz: "Harnoncourt von 2014 hören? Überflüsig. Kenne ich schon von 2004" und verkneifst Dir Deine Kritik nichtmal in einem Geburtstags-Thread.
    Dein idealer Mozart findet sich woanders, wäre ich bissig, dann würde ich schreiben: nicht in der Auseiandersetzung, sondern in der Tradition.


    Der Streit hier artet aus in Rezeption via Mitteln, sich zu äußern. Der alte Zoff: "Dort sitzt du, hier Klemperer, wo sitzt Beethoven?"
    Kloppt Euch woanders! Wenn es denn Dvorak gegen Mozart geht, dann sei es so. Aber hier geht es um Mozart und so soll es bleiben.


    Gestern sah ich auf 3Sat Harnoncourt mit den letzten drei Sinfonien- ein Tip, den ich hier im Forum fand.
    Danach sah ich die selben drei Sinfonien mit Brüggen von 2010.
    Und ich war überrascht: im Ganzen sind beider Lesarten sich sehr ähnlich.
    Beide sehen diese drei Sinfonien als Einheit.
    Im Detail unterscheiden sie sich jedoch sehr: Brüggens Mozart ist "traditioneller" was die Wahl der Tempi angeht.
    Besonders deutlich anhand der 39, die bei Harnoncourt im ersten Satz so atemlos daherkommt, überbetont auf immer den gleichen Akzenten, die die oft mies intonierenden Trompeten nur noch verstärken.
    Bei Brüggen klingt das selbe Werk runder und schlüssiger- wie hier jemand schrieb: ohne die Ausrufungszeichen.
    Manches an Akzenten, die Harnoncourt aber findet, wünschte ich mir bei Frans.


    Mein Lieblingskomponist wird Mozart nicht, aber er regt immer und immer wieder zur Auseinandersetzung an.
    Widerstrebt so völlig dem: kenne ich schon.
    Also Johannes, ich bin auch einer der Niemande, die Mozart nicht mögen.
    Du einer der Jemande, die das richtig betrachten?
    Ich mag ihn nicht, aber setze mich immer und wieder mit ihm auseinander. Seit über vierzig Jahren.
    Ich kann keine Lösung anbieten und will das auch nicht.


    Solltest Du aufhören, neugierig zu sein, dann liegt das an Dir, nicht an Mozart.


    Herzliche Grüße,
    Mike

  • Ich verstehe nicht, warum Du jetzt mit Mozart-Interpretationen kommst. Bin ich nur ein echter Mozart-Fan, wenn ich mir alle jeweils neuesten Aufnahmen reinziehe? Das kann ich weder zeitlich noch finanziell leisten.


    Nochmal in Ruhe (ich verstehe nicht ganz, warum hier ein Streit entsteht), Thomas/âme hat behauptet:


    Zitat

    Ich habe schon seit meiner Beschäftigung mit Klassik das Gefühl das Mozart an vorderster Stelle der meist polarisierensten Komponisten innerhalb der Klassik zählt - mal abgesehen davon dass sich bei sämtlicher serieller Musik die Geister scheiden. ;)


    Zwar mit Zwinkersmilie, aber die These lautet: Wenn man mal Schönberg bis Stockhausen weglässt, ist Mozart einer der Komponisten der Klassik, bei dem sich in besonderem Maße die Geister scheiden.


    Mit Verlaub, das halte ich für vollkommen falsch. Mozart ist ohne jeden Zweifel auch unter eingefleischten Klassikhörern (selbst wenn es bei denen dank Gewöhnungsermüdung oder stärker ausdifferenziertem Geschmack oder was auch immer auch Ausnahmen gibt) ein hoch geschätzter und häufig gehörter Komponist.


    Wenn ich als 20 der beliebtesten Mainstream-Klassikkomponisten nehme: Vivaldi, Bach, Händel, Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Rossini, Berlioz, Mendelssohn, Chopin, Schumann, Liszt, Wagner, Verdi, Brahms, Dvorak, Tschaikowsky, Bruckner, Mahler. Dann würde nach Thomas Ansicht Mozart von denen mindestens zu den 4-5 polarisierendsten Komponisten gehören, wobei "an vorderster Stelle" noch sehr locker gedeutet ist (eigentlich müsste er eher bei den 2 umstrittendsten sein).


    Meiner Ansicht nach ist im Gegenteil Mozart mit eventueller Ausnahme von Beethoven oder JS Bach einer der am wenigsten polarisierenden aus dieser Liste. Er gehört nicht zu den umstrittensten 5 (dafür würde ich vermutlich Liszt, Rossini, Bruckner, Mahler, Wagner nominieren), sondern zu den am wenigsten umstrittenen 5.


    Wie soll man das belegen? Wenn es darum geht, (Vor)urteile aus Internetforen zu finden, also irgendwelche anonymen User, die meinen Mozart sei seichtes Gedudel, wird man gewiss fündig. Mit dieser Vorgehensweise wird man aber bei jedem anderen Komponisten auch fündig. Wenn man, auch das ist nur anekdotisch, dagegen Threads in Internetforen zu Mozart zählt, in denen seine Musik enthusiastisch aufgenommen wird und die tausenden von Einspielungen und Konzerten diskutiert werden, kommt man vielleicht eher zu dem Ergebnis, dass ein großer Teil der Klassikhörer gern und oft Mozart hört. Irgendwie muss ja zustande kommen, dass drei oder vier seiner Opern seit Jahrzehnten zu den 10 meistgespielten in Deutschland gehören, dass auch für Jugendwerke eine Fülle alternativer Einspielungen vorliegen, während bei den bekannten Konzerten, Quartetten, Sinfonien die Menge kaum mehr überschaubar ist usw.


    Der gegenteilige Eindruck kommt m.E. dadurch zustande, dass Thomas (wie ich selbst) vermutlich Mozart seit seiner Jugend zum Fundament des eigenen Musikhörens rechnet und sich wundert, dass es ÜBERHAUPT jemanden gibt, der auf die Idee kommt, hier Einspruch zu erheben. Dagegen wundert es weit weniger, wenn man liest, Wagner sei unerträglicher Bombast, Tschaikowsky schmalzig, Liszt hohle Tastenbrillanz, Rossini eh flaches Geträller, Mahler öffentliche Psychoanalyse usw. Dazu kommt bei den vielleicht hundert halbwegs aktiven Teilnehmern deutschsprachiger Internetforen eine Schiefe der Auswahl (eher jung, männlich, HiFi/Orchesterinteressiert) hinzu, die vermutlich eine überdurchschnittliche Anzahl von Mozart-Verächtern hervorbringt. Und aufgrund des ikonischen Status Mozarts fühlen sich diese auch eher zu entsprechenden Äußerungen provoziert. Wen Chopin oder Liszt nicht interessieren, wird die eher stillschweigend ignorieren, während man mit einer flapsigen Aussage zu Mozart eher provozieren kann. (Hier im Forum werden Chopin und Liszt zB weitgehend ignoriert, weil nur noch eine Handvoll Klavierinteressierte übrig sind. Daraus abzuleiten, diesen Komponisten fehlte es insgesamt an Resonanz wäre offensichtlich extrem voreilig.)

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  • Lieber Johannes,
    bitte nicht noch unhöflicher.
    Keiner verlangt von Dir, finanzeill oder zeitlich, etwas zu leisten. Diesen Anspruch erhebst allein Du selbst.
    Mein Versuch war ein Interpretationsvergleich. Um zum Thema zurückzukehren.


    Alles an Mitschnitten, die ich anführe, waren und sind öffentlich zugänglich und dazu bedarf es keines finanziellen Aufwandes.


    Nochmals und ganz persönlich: ich setze mich mit Mozarts Musik seit vier Jahrzehnten auseinander und finde immer wieder Reibungsflächen.
    Albertibässe, für die ich ihn am liebsten zu Mond schießen würde, aber eben auch eine Erfüllung, die kein anderer Komponist mir möglich machte.


    Eine Schere, die mich seit Jahrzehnten beschäftigt.
    Mich wach sein lässt, Interpretationen zu folgen, Neuem eben.
    Gerade Mozarts Musik erlaubt das wie keine sonst.
    Machst Du aber dicht und sagst: "Ich kenne alles schon", dann ...
    dann hast Du wohl ein Bild Mozarts, Musik gegenüber, dem man kaum entgegnen kann. Aber ein armes Bild- bitte entschuldige.


    Dein letztes posting sprudelt nur so von klugen Worten, aber lies nochmal: was sagst Du?
    Bemühst Rossini, sogar Liszt, um Mozart zu erklären. Bach kommt vor- aber Du schreibst einfach nichts, was zu Mozart führen würde.


    Darf ich zurück zu den beiden Videos, in denen Mozart dirigiert wird?
    Um ihn, um seine Musik geht es hier, nicht um verletzten Stolz.
    Der ist und bleibt ganz allein Dir.

  • Bei allem Respekt: Du gehst in keiner Weise auf den Inhalt der Diskussion zwischen Thomas und mir ein, wirfst mir dagegen "Unhöflichkeit" (und "verletzten Stolz", das ist wirklich unverschämt und auch lächerlich) vor und beginnst ein völlig anderes Thema! Das finde ich mit, Verlaub, eine seltsame Diskussionskultur.
    Dass Du über irgendwelche Videos reden willst, ist ja o.k., wenn auch hier wenig zielführend, aber bitte verlange nicht von mir, dass ich mich jetzt danach richte, was Du, völlig orthogonal zu der Diskussion weiter oben, besprechen willst. Ich wiederhole nicht noch einmal ausführlich, worum es zuletzt ging. Die von Thomas vertretene These habe ich deutlich herausgestellt. Es geht gar nicht, um mein persönliches Mozartbild oder irgendwelche Aufnahmen von Mozarts Werken. Sondern um eine These Thomas' zum "Status" von Mozart bei Klassikhörern. Die ich bestreite.


    Im zweiten Schritt geht es dann darum, inwiefern es sinnvoll sein kann, mit Vokabeln wie "pathetisch" oder "theatralisch" im Kontext unterschiedlicher Stile und Epochen zu arbeiten. Thomas meint anscheinend, dass Musik der Spätromantik, zB Bruckner mit solchen Vokabeln charakterisiert werden kann, während Mozarts "subtiler" oder "klassisch ausgeglichen" (oder was immer und das soll anscheinend als Gegensatz zu "pathetisch" verstanden werden) sei. Und das sei, so Thomas' Vermutung, ein wesentlicher Grund, warum viele Hörer, eher offensichtlicher dramatische (oder schlicht laute?) Musik der 1870er-80er bevorzugen als solche der 1780er.
    Hier stimme ich mit Thomas überein, dass das ein Grund für eine vergleichsweise geringe Wertschätzung Mozart sein kann. Ich stimme aber nicht zu, dass Mozarts Musik grundsätzlich nicht "pathetisch" oder "theatralisch" genannt werden sollte. Ich sehe diese Ausdrücke nicht negativ (wie anscheinend Thomas, der damit wohl irgendwie übertriebene Theatralik meint). Sie sind jedenfalls ziemlich schwer zu fassen und die stilistischen Unterschiede zwischen 1780 und 1880 lassen sich auch nicht mit diesen Schlagworten erledigen.


    Abgesehen davon ist m.E. ein Beleg dafür, dass Mozart mehr als die meisten anderen Komponisten der 1780er den Vorstellungen des 19.-21. Jhds. von leidenschaftlicher Musik entspricht, dass er von den 1800ern bis in unsere Zeit mit Abstand der beliebteste, meistgespielte und meistdiskutierte Komponist dieser Zeitspanne ist, u.a. und hauptsächlich mit den drei oder vier berühmtesten Opern. (Diese Tatsache ist doch kaum zu bestreiten.) Seine Musik hat also den Wandel in Stil und Geschmack seitdem ungewöhnlich gut überstanden. Insofern kann man m.E. kaum sagen, dass "pathetisch und theatralisch" abwegige Charakterisierungen für Mozarts Musik wären. Wenn etwas "theatralisch" i.S.v. "überzogen, exaltiert" ist, dann doch zB die "Martern"-Arie, die Arien der Königin der Nacht usw., wenn etwas "erhaben", dann die Priesterchöre oder die Geharnischten in der Zauberflöte. Für mich sind diese Begriffe weit genug, dass sie jedenfalls Mozart UND Verdi oder Wagner abdecken und deswegen nicht verwendet werden können, um mutmaßliche Unterschiede zwischen diesen Komponisten zu erwischen.


    Anscheinend schreibe ich trotz großer Mühe immer noch zu unklar, da ich ständig den Eindruck habe, dass überhaupt nicht verstanden wird, was ich sagen möchte.

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    (Bob Dylan)

  • Das Thema lautet doch "Mythos Mozart".


    Schauen wir in den Duden (20. Auflage), wie dort der Begriff "Mythos" definiert wird, so heißt es dort schlicht: "Mythos---Sage und Dichtung von Göttern, Helden und Geistern; Legende"


    Diese einfache Definition zeigt immerhin eines sehr deutlich: mit der Diskussion über Mythen verlassen wir von vorneherein die (musik-)wissenschaftliche Ebene, ebenso die Ebene des persönlichen (Musik-) Geschmacks und aller Versuche von historischen Zuordnungen sowie ästhetischen Kategorisierungen.


    Ich finde, daß die bisherigen Statements zeigen, wie wenig man den in den Mythos entrückten Gestalten wirklich nahe kommen kann. Ehrlicherweise muß doch jeder zugeben, daß er sein persönliches, positives oder negatives Mozartbild nur unzureichend erklären oder gar begründen kann. Der Mythos erklärt sich durch sich selbst und ist insofern eine gewissermaßen ins Nirwana entrückte Spiegelung der Kunst selbst, die auch nur für sich selbst und auf sich selbst bezogen existiert.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Nein, wir befinden uns auf einer durchaus rational analysierbaren Ebene, nämlich der Rezeptionsgeschichte. In diesem Sinne wird Mythos im Kontext historischer Personen und Ereignisse sehr häufig verwendet, zB "Mythos Tannenberg" oder eben "Mythos Mozart". Ich weiß nicht, ob nach dem heutigen Forschungsstand Hindenburg diese Schlacht wirklich größtenteils verschlafen hat, aber so etwas klingt erst einmal wie ein Teil eines Mythos. Offensichtlich findet man im Zusammenhang mit Mozart dutzende solcher historisch oft fragwürdigen, wenn nicht explizit widerlegten Behauptungen (zB basiert der Amadeus-Film wesentlich darauf).


    Und die Vermutung bzgl. der HEUTIGEN Mozart-Rezeption, dass er unter Klassikhörern ein besonders polarisierender Komponist wäre, ließe sich mindestens im Prinzip durch entsprechende Umfragen belegen oder eben nicht. Das ist also auch nichts Geheimnisvolles, was man prinzipiell nicht herausfinden kann.

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  • Der Mythos setzt ja eben jenseits von historischen oder musikwissenschaftlichen Untersuchungen ein! Sicher könnte man durch Umfragen o.ä. herausfinden, welche Werke Mozarts heute häufig aufgeführt werden oder beim Klassikpublikum besonders beliebt sind, ebenso wie man durch geduldige Forschung viele biographische Details aus dem Leben Mozarts herausfinden und viele Anekdoten als Erfindungen entlarven könnte.
    Dies würde aber den Mythos Mozart immer noch nicht erklären.


    Die Tannenberg-Schlacht ist ein gutes Beispiel für einen "falschen" Mythos. Hier handelt es sich lediglich um Propaganda, die den Durchhaltewillen der Bevölkerung während es ersten Weltkrieges stärken sollte und später von den Nazis wiederum für ihre Zwecke mißbraucht wurde. Die Geschichte vom schlafenden Hindenburg wiederum wurde in die Welt gesetzt als Gegenpropaganda nach dem Krieg, als restaurativen Tendenzen entgegengewirkt werden sollte.


    Hindenburg und Tanneberg waren nie echte Mythen, wohl jedoch -um im historischen Beispiel zu bleiben- z.B. Karl der Große oder Barbarossa, über die es auch tausende von historischen Abhandlungen gibt, deren "mythische Existenz" jedoch unabhängig von der historischen Forschung existiert; sie sind auch Menschen bekannt, die nie ein einschlägiges Buch gelesen oder sich entsprechende Sendungen im TV agesehen haben.


    Viele Grüße


    J.Schneider

    "Die Musik steht hinter den Noten" (Gustav Mahler)

  • Ich habe lange gezögert, ob ich in diesen Thread erneut einsteigen soll oder dar, der ja schon so weit gediehen ist. In gewisser Weise ist er aber ein Sammelsurium von Meinungen und Assoziationen ohne gemeinsames Konzept (was durchaus nicht negativ gemeint ist) Jeder bastelt sich "seinen" Mozart, was ja bereits im Thread


    Die posthumen Metamorphosen des Wolfgang Amadeus Mozart - Mozartbilder, einst, jetzt und in Zukunft.


    behandelt wurde. Wir erleben vor allem beim Durchlesen der ersten Beiträge dieses Threads die verschiedenen Bewertungen - Leute die dem "Mythos" nicht folgen können und wollen, weil sie sich von einem Klavierkonzert etwas anderes erwarten als Mozart zu komponieren bereit war. Die damaligen Hörer waren eben nicht durch die Musik des 20. und 21. Musik verdorben - ähhh geschult. Ein Konzert oder eine Sinfonie sollte "gefallen" sie musste nicht "aufregen" oder "erschüttern"
    Zu Frage ob Mozart "pathetisch" sein konnte: Natürlich konnte er das - wenn er wollte. "Martern Aller Arten" oder "Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen" sind treffende Beispiele. Aber die Menschen waren zu Mozarts Zeiten eben anders, Dinge, die heute als selbstverständlich hingenommen werden, waren damals eben undenkbar. Darüber in Kürze ein eigener Thread...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Mein Beitrag war jedenfalls vollkommen harmlos und friedlich gemeint, höchstens mit ein paar sarkastischen Bemerkungen versehen aber ich hoffe ja doch das so manch sensibles Gemüt diese nicht als zu bösartig einstuft da es nicht so gemeint war. Aber gut, der Ärger bezog sich ja scheinbar auf dich Johannes und ich distanziere mich ausdrücklich davon hier nur im geringsten als mögliche Ursache gedient zu haben :D
    Johannes, ich will nur folgendes aufklären da es hier wohl zu einem Missverständnis kam:

    Zitat

    Findest Du die Frage bzgl. pathetischem Mozart und Dvorak unsinnig? Wenn ja, warum? Wenn nicht, wie würdest Du sie beantworten?


    Ich habe die Diskussion darüber nie unsinnig gefunden aber da du in deinem Beitrag zuvor geschrieben hast

    Zitat

    Ist Dvoraks Musik pathetischer als Mozarts? Ist das überhaupt eine sinnvolle Frage? ;)


    zwar mit Smiley aber so wie ich das verstanden habe mit der indirekten Botschaft dahinter das diese Frage für dich nicht sinnvoll wäre. Naja, dann wollte ich so höflich sein und deinem Wunsch nachkommen nicht mehr über so belangloses zu diskutieren, denn für eine gute Diskussion (wie zu einem Streit :pfeif: ) gehören ja bekanntlich immer Zwei. Aber ich hatte natürlich trotzdem das Gefühl das wir uns im Kreis drehen und auch das Gefühl das ich meinen Standpunkt ja schon ausführlich dargelegt habe.


    Nur zu folgendem möchte ich schon was schreiben

    Zitat

    Auch über Bach habe ich im Netz schon alles Mögliche von langweiligem Nähmaschinengedudel über zu fromm bis zu unerträglich fröhlich gelesen, selbst wenn es bei dem vermutlich häufiger respektvolle Lippenbekenntnisse gibt, die Musik dann aber doch weitgehend ignoriert wird.


    Mir ging es nie um die Interpretation, eine Interpretation als langweilig oder fröhlich zu empfinden ist etwas anderes als den Kompositionsstil des Komponisten im generellen (also zum. dem Klischee nach begründet) in seiner (angeblichen) Stilistik.

    Zitat

    Schließlich meint man mit "polarisierend" normalerweise auch nicht ein stillschweigendes Ignorieren, was die meisten "Mozartgegner" wohl so halten dürften.


    Gut, das ist wieder eine Diskussion um die Definition von Begriffen - ich habe davon eine Andere - polarisierend bedeutet für mich in extremer Form Gefühle hervorzurufen, ob negativ oder positiv - und in logischer Konsequenz werden Menschen bei denen bei Erstkontakt, oder gelegentlich zufälligen Berührungspunkten negative Gefühle hervorgerufen werden nicht weiterhin absichtlich mit diesem Komponisten auseinandersetzen, die meisten Menschen sind ja hoffentlich keine Masochisten. ;) Also ein "stillschweigendes Ignorieren" würde ich persönlich unter diesem Begriff nicht ausschließen da ich denke dass es hier eher um die erzeugten Gefühle geht nicht unbedingt das man sich bemüßigt fühlt diese auch noch ständig der ganzen Welt mitteilen zu müssen (was aber natürlich auch mitunter vorkommt).
    Ansonsten habe ich schon alles zu dem Thema gesagt und möchte mich nicht wiederholen - auch warum ich denke das Mozart mehr polarisiert als Bach oder Beethoven (und damit NICHT gesagt ist das Diese garnicht polarisieren sondern nur weniger) Ob das alles von mir nur Mythos, also Einbildung ist? Belegen läßt sich natürlich sowas schwer weil da Jeder andere Blickwinkel und Erfahrungswerte mitbringt, von meiner Sicht aus habe ich dieses Gefühl. Da sich das natürlich nicht mit erwiesenen Fakten und Daten bezeugen läßt, kann man da ewig darüber diskutieren ohne auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen...das war es auch was ich mit meinem vorigen Beitrag meinte, nicht mehr nicht weniger.
    lg

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Heute ist sein


    259. Geburtstag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Nachdem weiter oben seit meinem Posting von Mozarts Todestag am 5. Dezember ja in Bezug auf sein Requiem mächtig die Fetzen geflogen sind, und ich irgendwo auch den Namen Harnoncourt gelesen habe, habe ich anläßlich des Geburtstages eine, wie ich meine, refernzwürdige Einspielung des Reuqiems von, ja von Harnoncourt aufgelegt, und zwar vom Allerheiligenkonzert 1981 aus dem goldenen Saal des Wiener Musikvereins. Es waren mit von der Partie der Wiener Staatsopernchor, Rachel Yakar, Sopran, Ortrun Wenkel, Alt, Kurt Equiluz, Tenor und Robert Holl, Bass sowie der Concentus.
    Der Wiener Staatsopernchor war übrigens auch bei meinem Jahre vorher in der Wiener Piaristenkirche aufgenommenen zweiten referenzwürdigem Requiem mit den Wiener Symphonikern unter Karl Böhm mit dabei.
    Die Aufnahme von 1981 höre und sehe ich sehr oft, mit ihr habe ich auch 2008 das Requiem einstudiert als Chortenor, und sie hat mich von Anfang an mitgerissen und tut es heute noch. Harnoncourt und sein Concentus beweisen, dass auch mit Orginalklanginstrumenten ein wirklich fulminantes Konzert entstehen kann, wozu natürlich Chor und Solisten und nicht zuletzt er selbst, der er in unnachahmlicher Art alle alle Sänger und Instrumentalisten mitreißt, maßgeblich beigetragen haben.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich hab die Aufnahme auch, Willi. Doch im Gegensatz zu dir höre ich sie nicht (mehr). Sie ist mir zu schnell dahingehudelt. Eine Totenmesse auf der Überholspur. Besonders im SANCTUS ist das für mich unerträglich.


    Doch ich danke dir für die Erinnerung an Mozarts heutigen Geburtstag. In meinem Kalender steht er auch drin. Wie ein guter Freund.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Das ist Ansichtssache, lieber Siegfried, Gott sei Dank. Ich finde das Stück, so wie harnoncourt es 1981 dirigiert hat, mitreißend, obwohl das Sanctus, das du hier ja angesprochen hast, von Süßmayr ist. Wir wissen nich, in welchem Tempo Mozart es komponiert hätte, von dem ja der auch von mir in meinen Beiträgen verfasste Spruch stammt: "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". Ich zweifle nicht daran, dass er Recht hatte.
    Ich ahbe mal in der untenstehenden Austellung alle Sanctus-Spielzeiten, die ich in aller Eile in meiner Sammlung finden konnte:
    Karajan 1960, Salzburg: 1:48
    Karajan 1975, Berlin: 1:45
    Hanrnoncourt 1981, Wien: 1:24, DVD
    Harnoncourt 2003, Wien: 1:19
    Neumann 1991 Köln: 1:32
    Spering 2001 Köln: 1:13
    Goodman, 1989 London: 1:34
    Bernstein, 1988 Diessen: 1:45, DVD
    Matt, 2001 Fautenbach: 1:40
    Böhm, 1971 Wien: 2:00, DVD
    Kramer, 2008 Coesfeld: 1:41*
    *) Diese Aufnahme stammt von dem Konzert, in dem ich mitgesungen habe. Es waren beteiligt der Lambertichor Coesfeld, Solisten und das Kourion-Orchester Münster, Ltg. Maximilian Kramer.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Ich wusste nicht, wo ich den folgenden Link unterbringen sollte, wollte aber auf keinen Fall einen neuen Thread eröffnen:


    https://www.msn.com/de-de/nach…WC?ocid=spartandhp#page=1


    Möglich, dass sich nicht nur Freunde der Musik Mozarts, sondern auch jene, die sich an seiner Musik gerne reiben, den Artikel mit Interview interessant finden. Wahrscheinlich aber auch, dass etliche Musikfreunde von einer ganz bestimmten Seite des Indiviuums Mozart etwas Neues erfahren.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Interessant, vieles mehr wirst du in den Briefen erfahren.

    Menschlich muss Mozart unglaublich erhebend

    auf sein Umfeld gewirkt haben.

    Tragisch dabei, dass er weniger rational als emotional

    gehandelt hat, im Gegensatz zu Beethoven,

    was wirtschaftlich katastrophal war.

    Wortwitz ist Zeichen geistiger Überlegenheit.

    Fäkalsprache ist geistige Entspannung, gerade auch

    wg des höfisch künstlichen Gehabe.

    Mozart ist kein Mythos,habe nur den Startbeitrag Alfreds gelesen bisher und sehe es auch so.

    Er ist der erfolgreichste und vielseitigste Komponist,

    das ist keine Schwärmerei. Was er im Finale der Jupitersymphonie mal so eben beiläufig geleistet hat,

    davon träumt quasi jeder Komponist.

    Letztlich hat er auch den Klavierboom ausgelöst

    und seine Nachfolger inkl. Beethoven zu Höchstleistungen ambitioniert

    und der Musik die mathematische Sachlichkeit Bachs genommen. Aber ist keine Bachkritik.

  • Interessant, vieles mehr wirst du in den Briefen erfahren.

    Ja, das stimmt. Und ich habe die vierbändige Buchausgabe der ISM im Regal nicht nur stehen, sondern auch gelesen - wobei der zweibändige Kommentar immer wieder hilfreich wat. Aber die im erwähnten Interview angesprochenen "Probleme" sind ja in erster Linie für den allgemein interessierten Musikfreund lesenswert, der "Spezi" kennt das nicht nur vom Lesen, sondern auch vom Hören der für den Freundeskreis geschriebenen Kanons - Stichwort: Difficile lectu mihi mars et jonicu difficile oder auch Bona nox.

    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER