Kindertotenlieder

  • Wie wäre es also, anzunehmen, dass Mahler wusste, was er tut und unseren Rat nicht brauchte?

    Da ich nun weder Dramaturg, Musiker noch Musikwissesnchaftler sondern lediglich Musikliebhaber bin, erteile ich keinerlei Rat sondern erlaube mir eine Meinung. Insofern musst Du nicht so viele Volten um nichts verfassen (was Dir freilich unbenommen bleibt). Mein Einwand, daß es auch um die Praktikabilität einer nachhörbaren Verbreitung eines Werkes gegangen sein mag, finde ich weder bei Dir, noch bei Christian erwidert. Stattdessen: Banalitäten bei Dir. Ich nehm's zur Kenntnis, gehaltvoll ist es nicht.

    Und wieder eine andere Frage ist, warum seine Meinung in dieser Frage von besonderer Bedeutung oder gar entscheidend sein soll.

    In historischem Kontext ist die Antwort auf diese Frage interessant, ästhetisch -da gebe ich Dir recht- eher weniger.


    Über das ästhetische Gelingen einer Aufführung entscheidet Mahlers Wille jedenfalls nicht, sei diese nun in der einen oder anderen von ihm autorisierten Fassung.

    Da wärer Mahler wohl der letzte, der das behaupten würde. Der Charme der Bearbeitungen -sei es als ALternative von Mahlers eigener Hand- als auch von fremder Hand (LvdE für Kammerensemble durch Reinbart de Leeuw) ist unstreitig. Perl / Romberger werde ich mir gerne anhören.


    Liwebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Mein Einwand, daß es auch um die Praktikabilität einer nachhörbaren Verbreitung eines Werkes gegangen sein mag, finde ich weder bei Dir, noch bei Christian erwidert.

    Ich hatte ja darauf hingewiesen, dass es auch "praktikable" Gründe für die Orchesterfassung geben kann: In einer Zeit, in der der Liedgesang seinen privaten Charakter weitgehend verloren hatte, ohne dass es bereits "Liederabende" gab, waren Orchesterlieder eine Möglichkeit zu öffentlicher Aufmerksamkeit. In beiden Fällen würden die musikfremden Gründe nichts über das künstlerische Gelingen oder Misslingen aussagen. Die Musikgeschichte ist voller großartiger Werke, die aus praktischen Gründen entstanden sind.

  • dass es auch "praktikable" Gründe für die Orchesterfassung geben kann...

    Es sind nicht "praktikable Gründe", sondern ein liedkompositorisches Grundkonzept, das dahintersteht und das Gustav Mahler seit den "Liedern eines fahrenden Gesellen" unter Abwendung vom Modell des traditionellen Klavierlieds verfolgte und kontinuierlich weiterentwickelte.

    Das ist Konsens in der musikwissenschaftlichen Literatur, Mahlers Liedkomposition betreffend.


    (Und jetzt wird der aus der Unkenntnis der Gründe hervorgehende Einwand kommen: "Ja, aber Mahler hat doch von den Orchesterliedern Klavierliedfassungen vorgelegt". Dabei sind diese Gründe in mehreren Beiträgen zu diesem Fragenkomplex hier in sachlich zutreffender Weise bereits aufgezeigt, bzw. erwogen worden)

  • Es sind nicht "praktikable Gründe", sondern ein liedkompositorisches Grundkonzept, das dahintersteht und das Gustav Mahler seit den "Liedern eines fahrenden Gesellen" unter Abwendung vom Modell des traditionellen Klavierlieds verfolgte und kontinuierlich weiterentwickelte.

    Das ist Konsens in der musikwissenschaftlichen Literatur, Mahlers Liedkomposition betreffend.

    Dann schauen wir doch einmal in die musikwissenschaftliche Literatur:


    Der Musikwissenschaftler Mathias Hansen schreibt im Kapitel "Die Lieder" des Mahler Handuches über die von Dir genannten "Lieder eines fahrenden Gesellen":

    "Die Lieder stehen wahrlich in der Mitte zwischen klavieristischer und orchestraler Aufführung".


    Über die Klavierfassung der Wunderhorn-Lieder schreibt er:

    "Dezidiertes Anliegen der Herausgeber [der Mahler Gesamtausgabe] war und ist es, die kompositorische Eigenständigkeit der Klavierfassungen zu betonen, sie von dem 'Makel' eines künstlerischen Früh- oder Zwischenstadiums zu befreien und ihnen mithin einen festen Platz in der Aufführungspraxis zu sichern. (...) Es ist zu wünschen und zu hoffen, dass die klavierbegleiteten Lieder künftighin mit ähnlicher Selbstverständlichkeit zu Gehör gebracht werden wie das 'klassische' Repertoire von Schubert bis Brahms oder Wolf."


    Ganz so einfach, wie Du behauptest, ist das mit dem musikwissenschaftlichen "Konsens" also doch nicht. Es ist weitgehend unbestritten, dass Mahler die endgültige Gestalt der Lieder in den Orchesterversionen sah (wobei wie gesagt die Tatsache bestehen bleibt, dass er die ersten neun der Wunderhorn-Lieder nicht orchestriert hat), aber es ist keineswegs "Konsens", dass die Klavierfassungen aus rein verkaufstaktischen Gründen veröffentlicht wurden und ihre Aufführung gar gegen seinen Willen wäre. Und ob sie einen eigenen künstlerischen Wert haben, hängt ohnehin weder vom Willen des Komponisten noch vom Diktum der Tamino-Experten ab sondern entscheidet sich im Gelingen bzw. Misslingen der Interpretation.

  • Gerd Indorf in seinem Wälzer "Mahlers Sinfonien" (2010) über "Das Lied von der Erde" :


    "Die Reinschrift der Klavierfassung entstand offenbar 1908, noch vor der Partitur-Reinschrift der Orchesterfassung. Die Klavierfassung wurde erst 1989 in der Kritischen Gesamtausgabe als zweiter Supplementband veröffentlicht und erweist sich keineswegs als kompositorische Vorstufe der Orchesterfassung, sondern als eigenständiges Werk. Hermann Danuser kommt in seinem sehr aufschlussreichen Vergleich beider Fassungen zu dem Ergebnis, dass möglicherweise zumindest das zweite und vierte Lied zuerst als Klavierfassungen entstanden sind (...)" (S.395).

  • Über die Klavierfassung der Wunderhorn-Lieder schreibt er:

    "Dezidiertes Anliegen der Herausgeber [der Mahler Gesamtausgabe] war und ist es, die kompositorische Eigenständigkeit der Klavierfassungen zu betonen, sie von dem 'Makel' eines künstlerischen Früh- oder Zwischenstadiums zu befreien und ihnen mithin einen festen Platz in der Aufführungspraxis zu sichern. (...) Es ist zu wünschen und zu hoffen, dass die klavierbegleiteten Lieder künftighin mit ähnlicher Selbstverständlichkeit zu Gehör gebracht werden wie das 'klassische' Repertoire von Schubert bis Brahms oder Wolf."

    Das "dezidierte Anliegen" ist das der Herausgeber (!) (Hervorhebung von mir) der Mahler-Ausgabe lange nach Mahlers Tod und nicht von Mahler selbst.


    Es gibt im übrigen keinen Konsens ohne abweichende Meinung - Konsens heißt nicht Einstimmigkeit. Es ist offenbar die Ambition der Herausgeber, Mahlers Klavierfassung gegen die verbreitete Auffassung aufzuwerten. Nur ist die Frage, wer vertritt hier die Mehrheits- und und wer die Minderheitsmeinung. Herausgeber haben natürlich eine komfortable Position und nutzen die auch.

  • Zwei Briefstellen von Gustav Mahler über seine Arbeit des Instrumentierens:


    "Das Klavier, welches mir sonst nur zur Anregung und Prüfung des Gemachten beim Arbeiten wertvoll war, konnte ich mich bei dieser Arbeit immer weniger zu gebrauchen entschließen;
    vielleicht, weil es ein Ding der Unmöglichkeit ist, diesen Satz noch irgendwie damit
    herauszubringen. Es ödet mich an, ja reißt mich aus aller Stimmung, so daß ich darauf verzichte."


    "Scherzhaft sage ich immer: "Ich komponiere schneller als ich instrumentiere.“

    Und im Falle einer solchen Übertragung muß eigentlich alles neu geschaffen werden! Es geht
    durchaus nicht an, den Klavierpart einfach für die Instrumente zu setzen, dem er nicht entspricht.
    Ähnlich, wie eine poetische Übersetzung aus fremder Sprache nur dann etwas werden kann,
    wenn sie eine freie Nachbildung, nicht eine wörtliche Wiedergabe ist. Das Komponieren
    erfordert die strengste Selbstkritk. Da dürfen nicht um irgend einer schönen Sache willen
    Proportionen, Aufbau, Steigerung u.s.w. gestört werden. Nur an seinem Platze, im organischen
    Zusammenhang mit dem Ganzen und im Harmonischen zu allen Teilen darf alles und jedes
    dastehen."


    Für Mahler geschieht die Orchestrierung aus einer originären schon orchestralen Vorstellung heraus - das ist eben keine "Orchestrierung" einer Klavierfassung. Das Klavier dient lediglich zur "Anregung und Prüfung", aber zur eigentlichen Ausführung und Ausgestaltung der orchestralen Idee ist das Klavier nicht hilfreich - im Gegenteil ist es hinderlich. Es ödet Mahler an, bei der Orchestrierung mit dem Klavier zu arbeiten und er verzichtet schließlich darauf - weil der klavieristischen Vorstellung die orchestrale Vorstellung abgeht - im poetischen und ästhetischen Sinne. Er vergleicht die Übertragung mit der Übersetzung (Mahler sagt "poetische Übersetzung") in eine Fremdsprache - von einer ästhetischen Gleichwertigkeit des Klaviersatzes mit dem Orchestersatz kann also keine Rede sein. Mahler betont im Gegenteil die Inadäquatheit der Klavierfassung mit der Orchesterfassung - die Nicht-Entsprechung. Die Orchesterfassung ist die "freie Nachahmung" der Klavierfassung - und bekommt darin eine völlig neue und über die Möglichkeiten des Klaviers hinausgehende ästhetische Dimension. Helmut Hofmann hat das "Emanzipation" genannt.

  • Das "dezidierte Anliegen" ist das der Herausgeber (!) (Hervorhebung von mir) der Mahler-Ausgabe

    Ja, das hatte ich geschrieben, aber es schadet ja auch nicht, wenn Du es noch einmal wiederholst. Es war eine Erwiderung auf Helmut Hofmanns Behauptung, die entgegengesetzte Meinung sei "Konsens" in der Musikwissenschaft (vielleicht weiß Du nicht, dass die Herausgeber der Mahler-Ausgabe Musikwissenschaftler sind?).


    Konsens heißt nicht Einstimmigkeit. (...) Nur ist die Frage, wer vertritt hier die Mehrheits- und und wer die Minderheitsmeinung.

    "Konsens" heißt also in Deiner Sprache "Mehrheitsmeinung". Ich nehme an, dass das Ding mit Motor und vier Rädern dann bei Dir "Pferd" heißt :). Aber egal: Da Du nichts weißt, was Mehrheits- und was Minderheitsmeinung ist, spielt das alles ohnehin keine Rolle.


    Zu Deinen Briefstellen:


    "Das Klavier, welches mir sonst nur zur Anregung und Prüfung des Gemachten beim Arbeiten wertvoll war, konnte ich mich bei dieser Arbeit immer weniger zu gebrauchen entschließen;
    vielleicht, weil es ein Ding der Unmöglichkeit ist, diesen Satz noch irgendwie damit
    herauszubringen. Es ödet mich an, ja reißt mich aus aller Stimmung, so daß ich darauf verzichte."

    Mahler schreibt hier von einem Schaffensprozess (an welchem Werk auch immer), bei dem er ohne Klavier gearbeitet hat. Die Kindertotenlieder hat er hingegen als Werke "Für eine Singstimme mit Klavier oder Orchester" veröffentlicht. Die Briefstelle hat folglich nichts mit dem hier diskutierten Thema zu tun.


    Und im Falle einer solchen Übertragung muß eigentlich alles neu geschaffen werden! Es geht
    durchaus nicht an, den Klavierpart einfach für die Instrumente zu setzen, dem er nicht entspricht.
    Ähnlich, wie eine poetische Übersetzung aus fremder Sprache nur dann etwas werden kann,
    wenn sie eine freie Nachbildung, nicht eine wörtliche Wiedergabe ist.

    Mahler betont hier, dass Klavier- und Orchesterfassung zwei unterschiedliche Werke sind ("muß alles neu geschaffen werden"). Über den künstlerischen Wert der Klavierfassung schreibt er hingegen nichts. Auch die Briefstelle ist also in unserem Zusammenhang ohne Belang.

  • Ich verstehe übrigens nach wie vor nicht, wo das Problem liegt. Es gibt zahlreiche Fälle, wo verschiedene Versionen eines Werks vorhanden sind, sogar solche wo offensichtliche Frühfassungen vorliegen. Vor einiger Zeit wurde Goethes »Iphigenie« ziemlich oft in der Prosafassung gespielt (die wirklich interessant und wirklich ein anderes Werk ist). Man spielt auch den »Urfaust«, meines Wissens, ohne dass sich jemand darüber empört. Viele Bruckner-Sinfonien liegen in unterschiedlichen Fassungen vor, und anscheinend empfindet niemand die Verpflichtung, nur die Fassung letzter Hand zu spielen (was z. B. bei der III. Sinfonie auch sehr bedauerlich wäre). Selbst wenn wir annehmen, dass es sich bei diesen Liedern (und den Liedern eines fahrenden Gesellen und den Klavierversionen der Wunderhornlieder) um Frühfassungen handelt, gibt es keinen Grund, sie nicht zu spielen. Allerdings ist es ja ganz offensichtlich nicht so, wie Mahlers Veröffentlichungspraxis zeigt.


    (Mahlers Bericht, dass er an einem gewissen Punkt seiner Entwicklung so viel kompositorische Erfahrung hatte und sein inneres Ohr so gut entwickelt war, dass er das Klavier zur Überprüfung nicht mehr benötigte, sagt in der Tat in diesem Zusammenhang nichts aus. Es legt vielmehr die Vermutung nahe, dass er vorher das Klavier zur Kontrolle auch dann verwendet hat, wenn er für Klavier komponierte, wie bei den Liedern eines fahren Gesellen zum Beispiel.

    Aber so ist das eben, wenn man die Zitate, die man bringt, mit dem Pendel oder durch Flaschendrehen ermittelt. Das passt dann nur in sehr seltenen Glücksfällen.)


    Abgesehen davon bestätigt sich mal wieder eine Erfahrung: Jene, die in Debatten gern mit Autoritätsbeweisen herumfuchteln (»Mahler hat es so und so gewollt, und darum ist es so und so richtig« oder »die Musikwissenschaft ist sich einig darüber... usw.) sind auch jene, die die Autoritäten, die sie zum Zweck dieses nie wirksamen Beweises anrufen, wechseln wie die Hemden, wenn es jeweils passt. Da ist es dann entweder Mahlers Wille oder die Musikwissenschaft oder irgendein Zeitgenosse oder sonstwer, dessen Meinung Folge zu leisten ist, und wenn gar nichts mehr hilft, erhebt man sich eben selbst zu dieser Autorität – und genau das ist auch in nahezu allen diesen Fällen in Wahrheit gemeint. Um diesen Zug wirkungsvoller zu machen, kann man noch darauf hinweisen, dass man ungeheuer klug ist und ungeheuer kluge Bücher geschrieben hat, was das Leben erheblich bequemer macht, weil es die Notwendigkeit einer schlüssigen Argumentation auf Null reduziert.

  • (vielleicht weiß Du nicht, dass die Herausgeber der Mahler-Ausgabe Musikwissenschaftler sind?).

    Natürlich weiß ich das nicht - denn dafür bin ich einfach zu dumm! :untertauch:

    "Konsens" heißt also in Deiner Sprache "Mehrheitsmeinung". Ich nehme an, dass das Ding mit Motor und vier Rädern dann bei Dir "Pferd" heißt :) . Aber egal: Da Du nichts weißt, was Mehrheits- und was Minderheitsmeinung ist, spielt das alles ohnehin keine Rolle.

    Was ich so alles nicht weiß... Was ich weiß, ist, dass es unter Klimaforschern Konsens ist, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Trotzdem gibt es noch immer einige wenige Professoren, die gegenteiliger Ansicht sind. Es gibt also die konsensfähige Mehrheitsmeinung und die nicht konsensfähige Minderheitsmeinung. Aber das ist unerheblich, nur meine Meinung, die eines völlig Ahnungslosen in diesen Dingen.

    Mahler schreibt hier von einem Schaffensprozess (an welchem Werk auch immer), bei dem er ohne Klavier gearbeitet hat. Die Kindertotenlieder hat er hingegen als Werke "Für eine Singstimme mit Klavier oder Orchester" veröffentlicht. Die Briefstelle hat folglich nichts mit dem hier diskutierten Thema zu tun.

    Das ist einfach unlogisch. Der Schaffensprozess und die Veröffentlichung sind zwei verschiedene Dinge, die zugleich zusammengehören und nicht zusammengehören. Scholastisch gesprochen ist die Veröffentlichung das esse rei extra causas - die causa des Schaffensprozesses existiert nicht mehr im fertigen, existierenden Werk. Aber ebenso scholastisch sind Form und Inhalt, die den Schaffensprozess bestimmt haben, dann im fertigen Werk enthalten - die causa formalis, die causa materialis und auch die causa finalis, die Zweckursache. Die Form und der Zweck (hier die leitende ästhetische Idee) des Schaffens ist im Geschaffenen präsent, also hat die Briefstelle nicht nur viel, sondern alles mit dem veröffentlichten Werk zu tun.

    Mahler betont hier, dass Klavier- und Orchesterfassung zwei unterschiedliche Werke sind ("muß alles neu geschaffen werden"). Über den künstlerischen Wert der Klavierfassung schreibt er hingegen nichts. Auch die Briefstelle ist also in unserem Zusammenhang ohne Belang.

    Nein. Das kann man nur so verstehen, wenn man oberflächlich über das Wesentliche hinwegliest. Pierre Boulez schreibt über den unterschiedlichen Kompositionsprozess von Debussy und Ravel. Ravel komponiert immer erst einen Klavierauszug, den er dann mit Glinkas Lehrbuch penibel instrumentiert. Debussy dagegen schreibt gleich eine Orchesterpartitur, erstellt also gar keinen Klavierauszug im Vorhinein. Bei Mahler geht es in Richtung Debussy. Mahler litt unter notorischem Zeitmangel beim Komponieren wegen seiner Dirigierverpflichtungen usw. Deswegen schreibt er erst die Klavierfassung, weil es schnell geht. Aber dann im Prozess der Instrumentierung verselbständigt sich die Orchestrierung und löst sich von der Bindung an die Klavierfassung. Das - was in Richtung Debussy geht - zeigt die Briefstelle sehr schön.


    Es gibt unter den Musikwissenschaftlern natürlich auch die positivistisch eingestellten Philologen, welche von der ästhetischen Dimension komplett abstrahieren. Bei Mahler ist das aber eine gewaltsame Reduktion. Denn Mahler ist von der Romantik und der romantischen Musikphilosophie geprägt. Das kompositorische Schaffen ist für ihn stets geleitet von einer ästhetischen Idee - das ist bei Mahler das Paradigma der großen Symphonie. Zugleich ist das 19. Jhd. zudem das Zeitalter des Historismus. Für Mahler ist die Moderne der Abschluss einer musikgeschichtlichen Entwicklung, welche auf die große Symphonie als Paradigma des Musikschaffens hinausläuft. "Eine Symphonie heißt mir eben, eine ganze Welt ausdrücken!" (Mahler, abgekürzt zitiert) Eine "ganze Welt" lässt sich eben auf dem Klavier nicht ausdrücken, sondern nur mit dem Orchester. Deswegen ist das Klavierlied ästhetisch-historisch bei Mahler ein Anachronismus und eine ästhetische Reduktion. Die Briefstelle über den Kompositionsprozess kann man nur richtig deuten, wenn man sie im Zusammenhang mit Mahlers ästhetischen und musikhistorischen Betrachtungen stellt. Nur von daher erschließt sich ihr wesentlicher Sinn.


    Freilich gibt es von Schönberg und seinem Schüler Erwin Stein Kammermusikfassungen von Mahlers Symphonien. Die sind natürlich hoch interessant und haben auch ihren Eigenwert. Nur sind sie aus einer Ästhetik heraus geschaffen - Schönbergs Ideal der "Kammersymphonie" - welche den ästhetischen Vorstellungen von Mahler diametral entgegengesetzt ist. Von Mahler her betrachtet stellen sie eine Reduktion dar, sind also so etwas wie Transkriptionen. Von daher kann man dann auch Mahlers Klavierfassungen neu entdecken. Dagegen ist auch gar nichts zu sagen. Das ist dann aber keine Mahler immanente Sicht. Das bleibt einfach festzuhalten.

  • Ich habe jetzt zwei Orchesterfassungen der Lieder gehört und habe einen ersten Eindruck gewonnen.


    Es handelt sich um einmal um eine aktuelle Aufnahme mit der Mezzo-Sporanistin Alice Coote und dem Niederländischen Philharmonieorchester unter Leitung von Marc Albrecht



    und ein anderes Mal um Anne Sofie von Otter und den Wiener Philharmonikern unter Leitung von Pierre Boulez.



    Ich habe für den Anfang auf ältere Aufnahmen verzichtet, um einen klaren Eindruck von der Instrumentierung zu bekommen. Beide Einspielungen sind sehr unterschiedlich. Die neuere mit Alice Coote schafft es in meinen Ohren nicht, Orchester mit Singstimme zusammenzubringen. Es wirkt auf mich durchgehend opernhaft und nimmt für mich den Liedern ihre Wirkung.


    Ganz anders Boulez! Stimme und Orchester bilden eine wunderbare Kombination. Die Instrumentierung gibt der Stimme eine Einbettung, in einen größeren Zusammenhang, der von Anfang an beruhigender wirkt, als es das Klavier kann. In gewisser Weise gibt die Instrumentierung damit aber auch auf die in der Lyrik aufgeworfenen Fragen schon sehr früh eine Antwort. Ich kann meinen Eindruck leider nicht besser beschreiben. Das lyrische Ich erfährt musikalisch den Sonnenaufgang, während der Klaviersatz notwendigerweise nur "impressionistische" Unbestimmtheit bieten kann. Allerdings ist beides tatsächlich überzeugend.

  • Einfach mal völlig unideologisch und ganz persönlich: Ich bevorzuge in Mahlers und auch Strauss' Fall in jedem Fall die Orchestervarianten. Weil beide Komponisten viel mit der Instrumentierung und dem Orchesterklang machen. Ich empfinde die Orchesterfassungen als reicher und ziehe sie ungehörigerweise sogar dann vor, wenn ein Lied (wie häufig bei Strauss) ganz originär ein Klavierlied war. Für mich überwiegt der Vorteil des Orchesterklangs hier die Intimität und Transparenz der Klavierfassungen.

    Und das ist auch schon alles, worum es hier überhaupt geht: Persönliche Vorliebe von der niemand anders argumentativ überzeugt werden muss ;)

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Zitat von astewes

    Ich habe jetzt zwei Orchesterfassungen der Lieder gehört und habe einen ersten Eindruck gewonnen

    Lieber astewes, diese solltest du unbedingt anhören!



    Dagmar Peckova, Prague Philharmonic Choir, Prague Philharmonia, Jiri Belohlavek


    Wagner: Wesendonck-LiederMahler: 5 Rückert-Lieder; Lieder eines fahrenden Gesellen; Des Knaben Wunderhorn (Ausz.); Kindertotenlieder; Fünf frühe Lieder
    Brahms: Rhapsodie für Alt, Männerchor & Orchester op. 53
    Berio: Volkslieder für Stimme & Orchester


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Einfach mal völlig unideologisch und ganz persönlich: Ich bevorzuge in Mahlers und auch Strauss' Fall in jedem Fall die Orchestervarianten. Weil beide Komponisten viel mit der Instrumentierung und dem Orchesterklang machen. Ich empfinde die Orchesterfassungen als reicher und ziehe sie ungehörigerweise sogar dann vor, wenn ein Lied (wie häufig bei Strauss) ganz originär ein Klavierlied war. Für mich überwiegt der Vorteil des Orchesterklangs hier die Intimität und Transparenz der Klavierfassungen.

    Und das ist auch schon alles, worum es hier überhaupt geht: Persönliche Vorliebe von der niemand anders argumentativ überzeugt werden muss ;)

    Mir geht es genau so, ich empfinde eine Klavierversion immer ein wenig als ein "Gerippe":untertauch:.

    Janaceks "Tagebuch eines Verschollenen" gibt es original nur mit Klavier, dramatischer aber wird es durch eine Bearbeitung, die nicht von ihm stammt. Meine Erfahrung ist die, dass die Klavierfassung, wenn sie live etwa in einem kleineren Konzertsaal aufgeführt wird, besser wirkt.

    Ein anderes Beispiel: Janaceks "Kinderlieder" ist für Chor, Klavier und wahlweise Bratsche oder Klarinette (vom Komponisten so zur Wahl gestellt). Wir haben das vor Jahrzehnten einmal aufgeführt, jede Fassung war anders, aber ich kann das jetzt nicht beschreiben.

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

  • Ich fand immer, wenn ich die Orchesterversion des Janáćek-Zyklus gehört habe, dass er durch die Instrumentierung wattierter wird. Man kann sich bequemer und wohliger darin einrichten. Andererseits ist Janáćeks Klaviersatz in seiner Kargheit und seinem Farbenreichtum schlicht genial. Aber das bedeutet nicht, dass man die Orchesterversion nicht spielen soll oder darf. Warum nicht? Schön wäre es natürlich, wenn in diesem Zusammenhang Janáćek nicht von irgendwelchen Naseweisen darüber belehrt würde, dass es ein Irrtum war, den Zyklus mit Klavierbegleitung zu versehen.

    Mir kommt das immer so vor, als wäre ich in einem Restaurant, wo die Kunden dem Kellner mitteilen, welche Sonderwünsche sie an den Koch haben, die dieser erfüllen soll. Nun ist Janáćek aber weder Kellner noch Koch, ich meine, der Rezipient tut gut dran, zu essen, was auf den Tisch kommt (um im Bild zu bleiben) und nicht geschmäcklerisch daran herumzumäkeln. (Wobei natürlich niemand gezwungen ist, die Komposition zu mögen. Aber die Annahme, dass jeder Hergelaufene Vorschläge machen könne, wie sie besser geworden wäre, ist doch wohl grotesk vermessen, oder?

  • Ich habe für den Anfang auf ältere Aufnahmen verzichtet, um einen klaren Eindruck von der Instrumentierung zu bekommen.

    Das ist heute ja kaum noch ein Problem. Wenn es nicht Live-Mitschnitte aus den frühen 30er Jahren sind, hört man doch meistens ganz gut, wie es so ist. Wenn Du irgendwann zu den älteren Aufnahmen übergehst, lege ich Dir die mit Kathleen Ferrier unter Walter an’s Herz. Klngtechnisch ist die möglicherweise nicht so gut (da kenne ich mich nicht aus), aber musikalisch ist sie großartig, meiner Ansicht nach die beste von allen, was natürlich andere anders sehen werden, aber jedenfalls eine der besten und jedenfalls außergewöhnliche.

  • Klavierlied und/oder Orchesterlied. Zu Mahlers Liedkomposition

    Zunächst einmal:
    Folgende Liedkompositionen liegen von Gustav Mahler vor:
    --- (Drei) Lieder für Tenor und Klavier (1880-87)
    --- (Fünf) Lieder für Singstimme und Klavier (1880-87)
    --- Lieder eines fahrenden Gesellen für Singstimme und Klavier bzw. Orchester (1884/85) (UA 16.3.1896, Singstimme und Klavier Leipzig 1897, Orchestrierung in den 1890er Jahren)
    --- (Neun) Lieder und Gesänge aus des Knaben Wunderhorn für Singstimme und Klavier (1887-1890), Schott, Mainz 1892 als Lieder und Gesänge II, 1 bis 4) und III, 5 bis 8)
    --- (Fünfzehn) Lieder, Humoresken und Balladen aus Des Knaben Wunderhorn für Singstimme und Klavier bzw. Orchester (1892-1901), Weinberger, Wien 1899, 12 Lieder publiziert sowohl als Klavier- wie Orchesterfassung)
    --- (Fünf) Lieder (Friedrich Rückert) für Singstimme und Klavier bzw. Orchester (1901 /02), Leipzig 1905, C.F. Kahnt als „Lieder aus letzter Zeit, Singstimme und Klavier; Singstimme und Orchester“)
    --- Kindertotenlieder für Singstimme und Klavier bzw. Orchester (1901-1904) UA 29.1. 1905, Wien, publiziert Leipzig 1905 bei C.F. Kahnt Fassung Singstimme und Klavier; Singstimme und Orchester
    --- Das Lied von der Erde für Tenor, Alt und Orchester, bz. Klavier (1908 / 09), UA in der Orchesterfassung 20.9. 1911 München unter Bruno Walter; Publiziert Wien 1911 Universal Edition Singstimme und Orchester

    Aus der liedanalytischen Betrachtung aller dieser Lieder, deren Ergebnisse hier Gustav Mahler. Seine Lieder, vorgestellt und besprochen in der Reihenfolge ihrer Entstehung und Publikation und hier Gustav Mahler: „Das Lied von der Erde“ vorzufinden und nachzulesen sind, ergab sich für mich hinsichtlich der ihnen zugrunde liegenden liedkompositorischen Intention, Mahlers kompositorische Grundhaltung also und der Frage, ob diesbezüglich ein Wandlungsprozess zu erkennen ist, folgendes.
    Die ersten beiden Liedgruppen, die „Drei Lieder für Tenor und Klavier“ und die
    „Fünf Lieder für Singstimme und Klavier“, stehen noch ganz in der Tradition des romantischen Klavierliedes, wie es maßgeblich von Schubert entwickelt wurde. Mit den „Liedern eines fahrenden Gesellen“ und den „Liedern und Gesängen“ Heft II und III kommt eine neue Faktur und ein neuer Ton in die Liedmusik, der einen veritablen Bruch mit dieser Tradition darstellt.
    Mahlers von Anfang an stark subjektiv ausgeprägte liedkompositorische Aussage-Intention verstärkt sich in eben dieser Subjektivität (siehe die „Lieder eines fahrenden Gesellen) und kann den adäquaten musikalischen Ausdruck nur noch im Orchesterlied finden. Das Klavierlied vermag das mit seinem genuinen liedsprachlichen Potential nicht mehr voll und ganz zu leisten.
    Und so tritt nun neben das Klavierlied das Orchesterlied, dies in der Gestalt, dass Klavierlieder nachträglich orchestriert werden oder beide Gattungen nebeneinander entstehen. Bemerkenswert und vielsagend ist dabei, dass dieser liedkompositorische Wandlungsprozess nicht nur parallel zu den ersten symphonischen Kompositionen verläuft, sondern sich teilweise sogar in ihnen ereignet, insofern das Lied signifikanter und relevanter Bestandteil der Symphonie wird.

    Dass es neben dem für Mahler nun gültigen und kompositorisch einzig relevanten Orchesterlied auch noch die Fassung für Singstimme und Klavier gibt, hat einen simplen ökonomischen und soziologischen Grund. Zu Mahlers Zeiten ist die Hausmusik noch wesentlicher Bestandteil der Kultur des Bildungsbürgertums. Ein Klavier stand in den meisten Wohnzimmer, Hauskonzerte fanden statt, und es gab infolgedessen eine starke Nachfrage nach Klavierliteratur. Für Verleger war damit das eigentliche Geschäft zu machen, nicht mit der nur geringen Stückzahl-Nachfrage bei Orchester-Partituren. Wenn ein Komponist diese verlegt haben wollte, erfüllten Verleger diesen Wunsch nur, wenn auch eine Fassung für Klavier vorlag. Das war im Übrigen auch im Interesse des Komponisten, weil sein Werk dadurch eine viel größere Kenntnis und Verbreitung fand.
    Aus der Tatsache, dass die Klavierlied- und die Orchesterfassung von Liedern auf dem Markt zusammen angeboten wurden, ist also nicht zu erschließen, welche Fassung von beiden die für Mahler gültige und im Sinne seiner liedkompositorischen Intention relevante ist. Es liegen von ihm – soweit ich das überblicke – keine diesbezüglichen Äußerungen vor. Aus der Tatsache, dass es bei den Uraufführungen in allen Fällen die Orchesterfassung war, darf man wohl aber schlussfolgern, dass es jeweils diese ist.

    Warum Mahler das Orchesterlied als die einzig seiner kompositorischen Aussage-Intention gemäße, weil diese in angemessener Weise musikalisch zum Ausdruck bringende Liedgattung betrachtete, das lässt sich sehr schön an einem Vergleich eines Klavierliedes mit einem Orchesterlied aufzeigen, denen derselbe lyrische Text zugrunde liegt. Das möchte ich hier – naheliegenderweise – am Beispiel des Eingangsliedes der Kindertotenlieder tun. Ich beschränke mich, damit das nicht zu lang wird, auf den Anfang desselben, sogar nur auf dessen erstes Verspaar „Nun will die Sonn´ so hell aufgeh´n, / als sein kein Unglück, kein Unglück die Nacht gescheh´n“, weil da alles, worauf es hier ankommt aufzeigbar ist.

    Das lyrische Ich spricht hier von einem „Unglück“, das ihm geschehen sei, ohne dass in diesem Gedicht gesagt wird, worin es konkret besteht. Das geschieht im Mahler-Zyklus erst im letzten Lied. Mahler verstärkt im Ersetzen des Wortes „auch“ durch „nur“ („nur mit allein“) die singuläre individuelle Betroffenheit des lyrischen Ichs. Es erfährt das Aufgehen der Sonne als ein Ereignis, worin sich die Gleichgültigkeit von Natur und Welt gegenüber dem Schicksal des einzelnen Menschen zeigt.
    Das Gedicht generiert sich in seiner lyrischen Aussage aus dem Gegensatz von Licht und Dunkel, - Licht, wie es die Sonne spendet, und Dunkel, wie es die Nacht schicksalhafter Erfahrung mit sich bringen kann. „Die Sonne, sie scheinet allgemein“, das will sagen: Über alles auf dieser Welt, ohne den Blick auf das Einzelne, das Besondere, wie es sich in schicksalhaft-individueller Betroffenheit in dieser Welt konstituiert.

    Das Lied steht in d-Moll als Grundtonart. Es soll „langsam und schwermütig“, aber „nicht schleppend“ vorgetragen werden. Das fünftaktige Vorspiel, in dem die Singstimme am Ende auftaktig einsetzt, wird von der Oboe und dem Horn bestritten, und die Art, wie das geschieht, erweist sich als gleichsam programmatisch für nicht nur dieses Lied, sondern für alle Lieder des Zyklus, - mit Ausnahme des fünften, das eine Sonderstellung einnimmt: Alle Lieder weisen eine mehr oder weniger stark ausgeprägte linear-polyphone Struktur auf. Die melodischen Linien, die Oboe und Horn artikulieren, sind gegenläufig angelegt. Während die Linie der Oboe in drei Anläufen aufwärts gerichtet verläuft und am Ende in eine bogenförmige Bewegung übergeht, ist die des Horns abwärts gerichtet und durchläuft darin das Intervall einer Dezime, bis sie am Ende mit einem Oktavsprung zu dem „A“ in mittlerer Lage aufsteigt, auf dem auch die Bewegung der Oboe endet.

    Es ist derselbe Ton, auf dem auch die Singstimme einsetzt. Diese setzt also mit ihrer melodischen Linie das fort, was Oboe und Horn in eigenständig-linearer Weise melodisch zum Ausdruck brachten, Und das Bemerkenswerte daran ist nun, dass sie dies in einer Weise tut, die gleichsam einen Verstoß gegen einen Topos der klassischen Musik darstellt: Die melodische Linie ist nicht aufwärts gerichtet, wie das gemeinhin, dem lyrischen Bild von der „aufgehen wollenden Sonne“ entsprechend, der Fall ist, sie senkt sich nach einem anfänglichen Terzsprung in langsamen, müde wirkenden, weil im Wechsel von einer punktierten halben Note und einem Achtel erfolgenden Schritten über das Intervall einer Quarte nach unten ab. Am Ende, bei „hell aufgeh´n“, rafft sie sich noch einmal um einen Sekundschritt nach oben auf, sinkt aber sofort wieder auf das tiefe „E“ zurück, von dem aus er erfolgte. Und während sie auf diesem Ton in einer langen Dehnung ausklingt, wiederholt die Oboe diese melodische Bewegung noch einmal, nun allerdings ohne die eingelagerten Dehnungen, d.h. in etwas flüssigerer, einer weniger müde wirkenden Form.

    Diese Melodiezeile nimmt eine zentrale Stellung in diesem Lied ein, - nicht nur, weil sie auf überaus beeindruckende und treffende Weise die existenzielle Grundbefindlichkeit und das seelische Leid des lyrischen Ichs zum Ausdruck zu bringen vermag, sondern auch deshalb, weil sie in leicht variierter Gestalt noch zwei weitere Male erklingt: Auf dem ersten Vers der zweiten und dem der vierten Gedichtstrophe. Das, was Mahler mit ihr aussagen will, ist nur mittels orchestraler Liedmusik generierbar. Das in einem schmerzlich anmutenden Auseinanderlaufen der Melodik von Horn und Oboe, das die Situation des Versinkens des lyrischen Ichs in Schmerz und Trauer unter der aufgehenden Sonne musikalisch evozieren soll, wird nur durch den unterschiedlichen Klangcharakter und ihr markantes Hervortreten darin so eindringlich. Im Klaviersatz ist das zwar ebenfalls vernehmlich, tritt aber wegen der klanglichen Gleichförmigkeit der Klavierstimme nicht hervor, die Anmutung von klagender Schmerzlichkeit wird nicht vernehmlich. Ebenso ist das mit der Singstimme, deren Auftritt mit quälenden Horn- und Fagott-Akzenten versehen ist, die das Klavier nicht zum Ausdruck zu bringen vermag. Und auch nicht deren Einbettung in die Klanglichkeit sordiniert spielender Violoncelli.

    Es ist offenkundig, dass das Klavier mit seinen Mitteln in keiner Weise in der Lage ist, das, was die Instrumentengruppen des Orchesters in ihrer je spezifischen Klanglichkeit und der Art und Weise ihres Auftretens und Zusammenspiels zur Aussage der Melodik beizutragen haben, in keiner Weise ersetzen kann. Und dieses ist bei Mahler hochkomplex. Um dieses an einem weiteren Beispiel aufzuzeigen, möchte ich zitieren, was Hans Heinrich Eggebrecht zu Versen ausführt:

    „In diesem Wetter, in diesem Saus,
    sie ruhn als wie in der Mutter Haus,
    von keinem Sturm erschrecket,
    von Gottes Hand bedecket.“

    „Mahlers Vertonung dieser Strophe fungiert hier nicht als Episode, sondern als Schluß des und des Zyklus, ist aber gleichwohl exterritorial gebildet: Anhub (gewissermaßen >Episoden-Portal) durch den ausgehaltenen Ton (Quinte der Tonika) in der 1. Violine (pp) und Piccoloflöte (p) mit Tonpunkten der Harfe und Glocke und einer aus dem stürmischen Satz übernommenen, sich nun aber beruhigenden und einen wiegenden Charakter gewinnenden Begleitfigur in der 2. Violine; Dur-Auflichtung; der Gesang dann leise zu singen bis zum Schluß; das Ganze langsam vorzutragen, wie ein Wiegenlied, weich und espressivo, mit dem Ton der Celesta, der Harfe der gestopften Hörner; schließlich die Überleitung des Gesanges im Idiom des Bläserchorals, der in einen pianissimo zu spielenden, lang ausgehaltenen und dann klanglich ersterbenden Dur-Akkord mündet, währenddessen das wiegende Begleitmotiv – in die Tiefe sinkend, leiser werdend, in Motivteile und deren Vergrößerung zerfallend – buchstäblich sich auflöst.“ (in seinem Mahler-Buch, S. 247/48)

    Es zeigt sich: Mit einem Klaviersatz als Begleitung der Melodik ist eine solche Musik nicht zu generieren, die im Zusammenspiel verschiedener Instrumente und Instrumentengruppen in der Lage ist, das semantische und das affektive Potential, das für Mahler im lyrischen Text vorliegt, in all seinen Dimensionen hinreichend zu erschließen.
    Er musste(!) mit dieser seiner liedkompositorischen Grundhaltung vom Klavierlied- zum Orchesterliedkomponisten werden.

  • Klngtechnisch ist die möglicherweise nicht so gut (da kenne ich mich nicht aus), aber musikalisch ist sie großartig,

    Kathleen Ferrier is leider viele Jahre vor Einführung der stereo-Technik verstorben. Die mono-Aufnahmen der DECCA sind allerdings technisch superb, und musikalisch ist die Aufnahme herausragend (ebenso das "Lied von der Erde", gleicher Dirigent und Julius Patzak als Partner).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Das ist heute ja kaum noch ein Problem. Wenn es nicht Live-Mitschnitte aus den frühen 30er Jahren sind, hört man doch meistens ganz gut, wie es so ist.

    Ich war überrascht über den Orchesterklang der ganz neuen Aufnahme. Zum Beispiel ist bei Boulez ein Glockenspiel schon im ersten Lied sehr prominent zu hören, was bei der Aufführung mit der niederländischen Philharmonie irgendwie/wo untergeht. Die Aufführung hat soweiso in weiten Teilen keinen kammermusikalischen Charakter, was in meinen Ohren der Musik schadet.


    Es ist also wahrscheinlich nicht nur das Aufnahmedatum :)



    Wenn Du irgendwann zu den älteren Aufnahmen übergehst, lege ich Dir die mit Kathleen Ferrier unter Walter an’s Herz. Klngtechnisch ist die möglicherweise nicht so gut (da kenne ich mich nicht aus), aber musikalisch ist sie großartig, meiner Ansicht nach die beste von allen, was natürlich andere anders sehen werden, aber jedenfalls eine der besten und jedenfalls außergewöhnliche.

    Ich werde sehen. Ich habe sie schon beim Streamingdienst gefunden .....

  • Dass es neben dem für Mahler nun gültigen und kompositorisch einzig relevanten Orchesterlied auch noch die Fassung für Singstimme und Klavier gibt, hat einen simplen ökonomischen und soziologischen Grund. Zu Mahlers Zeiten ist die Hausmusik noch wesentlicher Bestandteil der Kultur des Bildungsbürgertums. Ein Klavier stand in den meisten Wohnzimmer, Hauskonzerte fanden statt, und es gab infolgedessen eine starke Nachfrage nach Klavierliteratur.

    Schöne Theorie, aber wenn sie stimmte, müsste Mahler ja auch und gerade von den Symphonien Klavierauszüge veröffentlicht haben (wie das z.B. Brahms gemacht hat). Hat er aber nicht. Ich befürchte, Ihr müsst Euch mit dem schrecklichen Gedanken abfinden, dass Mahler der Meinung war, die Klavierversionen der Lieder hätten einen eigenen künstlerischen Wert, der eine Veröffentlichung rechtfertigte. Zum Trost sei an das erinnert, was Werner Hintze betont hat: Die Meinung des Autors ist nur eine Meinung, nicht mehr und nicht weniger. Ihr könnt ihm also widersprechen und weiter behaupten, dass sie nichts taugen. Ihr solltet Euch dabei nur nicht auf den "Komponistenwillen" berufen.


    Es ist offenkundig, dass das Klavier mit seinen Mitteln in keiner Weise in der Lage ist, das, was die Instrumentengruppen des Orchesters in ihrer je spezifischen Klanglichkeit und der Art und Weise ihres Auftretens und Zusammenspiels zur Aussage der Melodik beizutragen haben, in keiner Weise ersetzen kann.

    Anders und weniger blumig gesagt: Es ist offenkundig, dass ein Klavier nicht wie ein Orchester klingt. Stimmt :).

  • Ich werde sehen. Ich habe sie schon beim Streamingdienst gefunden .....

    Übrigens ist auch Das Lied von der Erde unter Walter mit Patzack (weniger) und Ferrier (sehr, sehr sehr) höchst hörenswert.

    Und weil wie bei Ferrier sind, noch ein Tip, der hier einigen Leuten die Haare zu Berge stehen lassen wird: Eine der beeindruckendsten und erschütterndsten Aufnahmen der Vier ernsten Gesänge von Brahms ist eine mit Ferrier. Ich danke im Voraus für den Hinwies, dass diese Lieder für eine Männerstimme geschrieben sind, das ist mir durchaus bekannt, ändert aber nichts daran, dass das eine grandiose Variante ist. Sicher ersetzt sie nicht die Aufführungen mit Bass-Stimme, aber das ist ja auch nicht der Sinn der Sache.

  • Schöne Theorie, aber wenn sie stimmte, müsste Mahler ja auch und gerade von den Symphonien Klavierauszüge veröffentlicht haben (wie das z.B. Brahms gemacht hat).

    Das ist ein Sophismus weil eine rein hypothetische Argumentation ohne jeden faktischen Beleg. Und sie ist ganz einfach unplausibel. Die Liedgattung ist schon von der Gattung her eine für den häuslichen Bereich - einschließlich des Salons - und von daher das Orchesterlied die Ausnahme von der Regel. Bei der Symphonie ist es umgekehrt, weil ihr natürlicher Ort der Aufführung das öffentliche Konzert und der große Konzertsaal ist. Das liegt an der Dimension des großen Orchesters. Es ist von daher mehr als plausibel, dass im Falle des Liedes die Publikation eines Orchesterliedes an eine hausmusikalisch aufführbare Klavierfassung geknüpft ist, weil das der Bereich ist, wo Lieder vornehmlich aufgeführt werden.

    Ich befürchte, Ihr müsst Euch mit dem schrecklichen Gedanken abfinden, dass Mahler der Meinung war, die Klavierversionen der Lieder hätten einen eigenen künstlerischen Wert, der eine Veröffentlichung rechtfertigte.

    Nein. Mahlers Denken über Musik ist so gut dokumentiert wie bei kaum einem anderen Komponisten. Und es gibt keinen einzigen Beleg dafür, das ist schlicht die objektiv überprüfbare Quellenlage, dass Mahler der Klavierversion seiner Orchesterlieder einen eigenen Wert beigemessen hätte. Bei der Ausführlichkeit, die Mahler eigen ist, seine Auffassungen über Musik und seine Werke wie auch seine Erfahrungen brieflich und in Gesprächen zu äußern, wäre das nämlich zu erwarten, wenn es wirklich so wäre. Wer so etwas behauptet und mehr beanspruchen will als nur eine subjektive Meinungssäußerung und ein bloße hypothetische Spekulation, muss letztlich ganz konkret die Quellen und Belege bei Mahler angeben können, die solch eine Auffassung stützen könnten. Die existieren aber schlicht nicht. Also ist diese Meinung nicht haltbar. Im Gegenteil gibt es eine Überfülle von Aussagen Mahlers, die genau das Gegenteil eindeutig belegen.

    Zum Trost sei an das erinnert, was Werner Hintze betont hat: Die Meinung des Autors ist nur eine Meinung, nicht mehr und nicht weniger.

    Hier geht es nicht um Meinungen, sondern um Quellen, um Fakten und um Analysen.

    Ihr könnt ihm also widersprechen und weiter behaupten, dass sie nichts taugen. Ihr solltet Euch dabei nur nicht auf den "Komponistenwillen" berufen.

    Niemand beruft sich hier auf den "Komponistenwillen".

    Anders und weniger blumig gesagt: Es ist offenkundig, dass ein Klavier nicht wie ein Orchester klingt. Stimmt

    Das ist eine befremdliche Banalisierung von Helmut Hofmanns beeindruckend stringenter und feinsinniger Analyse, der man schlicht nichts sachlich entgegenzusetzen hat.

  • Nein. Mahlers Denken über Musik ist so gut dokumentiert wie bei kaum einem anderen Komponisten. Und es gibt keinen einzigen Beleg dafür, das ist schlicht die objektiv überprüfbare Quellenlage, dass Mahler der Klavierversion seiner Orchesterlieder einen eigenen Wert beigemessen hätte.

    Genau. Darum hat er nämlich die Lieder eines fahrenden Gesellen für Klavierbegleitung komponiert. Und darum hat er beim Druck dieser Lieder und der Kindertotenlieder »mit Klavier oder Orchester« auf die Titelseite setzen lassen. Daraus geht ja eindeutig hervor, dass er die Klavierfassung für minderwertig hält. Allerdings hatte er ein bisschen Pech: Es hat sehr lange gedauert, bis Dr. Holger Kaletha auftrat, der verstanden hat, dass »mit Klavier oder Orchester« bedeutet: »mt Orchester, mit Klavier taugt das nichts.« Es ist schön, diesen glücklichen Moment der späten Erfüllung der wahren Intentionen des Autors aus nächster Nähe miterleben zu dürfen.


    Niemand beruft sich hier auf den "Komponistenwillen".

    Das stimmt, Und genau darum operierst Du hier mit angeblich zahlreichen Äußerungen des Komponisten, mit denen dieser seine angeblich eindeutige Position zu dieser Frage bekundet hat. Aber es ist schon wahr: Es geht wirklich nicht um den Willen des Komponisten, es geht nur um gewisse Privatmeinungen und die panische Angst vor Künstlern, die frei ihre eigenen Entscheidungen treffen und damit womöglich eine unerträgliche Vielfalt in das Geschehen bringen, das man doch so gern schön einheitlich von unbestreitbaren Wahrheiten (über die Konsens besteht) geprägt sehen möchte.

  • Genau. Darum hat er nämlich die Lieder eines fahrenden Gesellen für Klavierbegleitung komponiert. Und darum hat er beim Druck dieser Lieder und der Kindertotenlieder »mit Klavier oder Orchester« auf die Titelseite setzen lassen. Daraus geht ja eindeutig hervor, dass er die Klavierfassung für minderwertig hält.

    Jetzt wird es wirklich lächerlich. Die Titelseite ist letztlich Werbung - der Verleger setzt das so auf die Titelseite, damit sich die Partitur gut verkauft und nicht der Komponist. Daraus ist rein gar nichts zu schließen, was den Komponisten angeht. Die Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Kenntnis der Literatur zu Mahler und von Mahler. Niemand hat davon geredet, dass die Klavierfassung "minderwertig" sei. Das ist eine abwegige (Um-)Akzentuierung der Tatsache, dass die Klavierfassung keine adäquate Entsprechung der Orchesterfassung bieten kann, was man durch Analysen und ästhetische Reflexion unter Einbeziehung der relevanten Quellen verbindlich zeigen und belegen kann.

  • Es geht wirklich nicht um den Willen des Komponisten, es geht nur um gewisse Privatmeinungen und die panische Angst vor Künstlern, die frei ihre eigenen Entscheidungen treffen und damit womöglich eine unerträgliche Vielfalt in das Geschehen bringen, das man doch so gern schön einheitlich von unbestreitbaren Wahrheiten (über die Konsens besteht) geprägt sehen möchte.

    Wenn der Künstler vom Verleger gezwungen wird, eine Klavierfassung zu veröffentlichen, dann ist er eben nicht frei. So eine Äußerung zeugt von der souveränen Unkenntnis der brieflichen Äußerungen Mahlers. Mahler empfand sein Künstlerdasein nämlich überhaupt nicht als frei, sondern er sah sich von lauter Zwängen umgeben, die ihn fesseln. In einem berühmten Brief schreibt er, dass er wie eine Mücke im Spinnennetz gefangen zappelt. Die Gesellschaft nennt er eine "Lügenwelt", der er durch die Naturerfahrung zu entkommen sucht. Das ist Mahler!

  • Bei der Symphonie ist es umgekehrt, weil ihr natürlicher Ort der Aufführung das öffentliche Konzert und der große Konzertsaal ist. Das liegt an der Dimension des großen Orchesters.

    Du bist über die Hausmusikpraxis der Zeit bemerkenswert schlecht informiert: Es war gang und gäbe, Symphonien in vierhändigen Arrangements zu Hause nachzuspielen. Auch von Mahler-Symphonien gibt es solche Arrangements, aber eben nicht von Mahler selbst.


    Niemand beruft sich hier auf den "Komponistenwillen".

    Entweder Du verbreitest mal wieder bewusst die Unwahrheit, oder Du hast ein extrem schlechtes Gedächtnis:

    Aber das soll ja nach Mahlers Willen gar nicht so sein.

  • Du bist über die Hausmusikpraxis der Zeit bemerkenswert schlecht informiert: Es war gang und gäbe, Symphonien in vierhändigen Arrangements zu Hause nachzuspielen. Auch von Mahler-Symphonien gibt es solche Arrangements, aber eben nicht von Mahler selbst.

    Das weiß ich alles sehr gut. Nur ist es sachlich einfach nicht relevant. Weil in diesem Fall der Komponist vom Verleger gezwungen wird, eine solche Klavierfassung zu veröffentlichen, damit die Orchesterfassung überhaupt erscheinen kann.

    Entweder Du verbreitest mal wieder bewusst die Unwahrheit, oder Du hast ein extrem schlechtes Gedächtnis:

    Jaja, ich bin ein böser Mensch, der nichts im Sinn hat, als das Tamino-Forum mit meinen Lügen zu überschütten. Und das muss natürlich gesagt werden von der Tamino-Sittenpolizei - oder soll ich sagen: dem Tamino-Wohlfahrtsausschuss? Nein. Es geht um das Wesentliche und darum, das Wesentliche vom Unwesentlichen unterscheiden zu können. Helmut Hofmann hat seine Auffassung durch eine subtile Analyse begründet und sich eben nicht nur hypothetisch auf den "Komponistenwillen" Mahlers gestützt. Auch ohne diese Bemerkung über Mahlers Willen behält seine Aussage deshalb ihr Gewicht. Sich daran nun aufzuhängen zeugt nur davon, dass man die Fakten und die Qualität seiner Analyse nicht anzuerkennen bereit ist.

  • Niemand hat davon geredet, dass die Klavierfassung "minderwertig" sei. Das ist eine abwegige (Um-)Akzentuierung der Tatsache, dass die Klavierfassung keine adäquate Entsprechung der Orchesterfassung bieten kann, ...


    Ich bin mittlerweile etwas "lost" in der Diskussion.


    Bisher habe ich das Diskussionsthema hier so verstanden, dass die Klavierfassung minderwertig sei, weil sie Mahlers Willen nicht richtig wiedergibt. Dagegen steht die Auffassung, das beide Versionen von Mahler aus rein künstlerischem Anliegen bewilligt sind. Das heißt selbstverständlich gerade nicht, dass eine Fassung die andere ersetzen soll. Keiner will mit der Klavierfassung die orchestrale Version ersetzen, aber eben auch nicht andersrum :)


    Wenn das alles mittlerweile unstrittig ist, beide Fassungen ihre Daseinsberechtigung haben, sollten wir uns alle die verschwitzten Hände reichen. ;)