Jean Sibelius: Symphonien – Welcher Zyklus ist der beste?

  • Etwas schade bis verwunderlich, dass der meiner Einschätzung nach doch sehr populäre Sinfoniker Sibelius hier im Forum schon lange kein Gegenstand von Besprechungen mehr war - immerhin "ruht" dieser Thread seit > 4 Jahren.


    Lieber Frank
    da hast Du wohl nur die erste Seite angeschaut, die letzten Eintragungen sind keine sechs Monate alt. Aber vielen Dank für die Besprechung des Okko Kamu-Zyklus, die alten DGG Scheiben mit den ersten drei Symphonien unter seiner Leitung stehen in der Sammlung.
    Ich weise auch noch mal darauf hin, dass der komplette Vänska-Zyklus aus Lahti derzeit bei itunes für nur € 8,99 angeboten wird. Das war es mir wert, den auf den ipod zu laden statt einen der schon vorhandenen (Segerstam, Berglund) selbst dafür zu rippen.
    Grüße
    lutgra

  • Ich weise auch noch mal darauf hin, dass der komplette Vänska-Zyklus aus Lahti derzeit bei itunes für nur € 8,99 angeboten wird …


    Dazu gibt es allerdings auch Alternativ-Angebote, die auch kaum teurer sind – z.B. Juke –
    shoppen bei iTunes käme für mich nur im äußersten Notfall in Frage … :pfeif:


    Auch die Seite/Angebote von eClassical sind nicht zum ignorieren …

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

  • Bei Amazon kostet Vänskä/Lahti incl. Violinkonzert und Füller 9,09 als mp3. (Keine Ahnung, ob das Vorteile ggü. i-tunes hat - beides nix für mich).

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Das mehr als Sibelius-erfahrene Lahti Symphony Orchestra ist ein idealer Klangkörper. Unter Leitung des ehemaligen Karajan-Protegés Okko Kamu habe ich beim Anhören der Werke das Gefühl einer tiefen Verbundenheit mit der Musik, so schön, klar und bewegend werden die Sinfonien vor dem Hörer ausgebreitet.


    Lieber Frank,


    was den Vergleich mit den Sinfonien von Sibelius und Nielsen angeht, geht es mit wie Dir. Ich schätze die Nielsen - Sinfonien absolut hoch - aber letztendlich gefallen mir die Sibelius-Sinfonien auch noch besser ... oder sagen wir, sie stehen meinem Geschmack noch näher. Ich könnte aber nicht sagen, das Sibelius "beschränkter, was Ideen, Stimmungen und Motive anbelangt" als Nielsen. Er ist eben nur anders in seiner Grösse. Nebenbei ist Sibelius einer meiner 3 Lieblingskomponisten.


    Von daher habe ich in den letzten Jahrzehnten auch alle wichtigen verfügbaren Sibelius-GA angetestet. Da ist vieles gekauft und gehört worden und auch vieles wieder abgesetzt worden.
    Als Favoriten haben sich bei mir Bernstein (SONY + DG), Ashkenazy (Decca), Barbirolli (EMI) und Berglund I=Bournemouth (EMI) deutlich herausgestellt.
    Aber auch Karajan (EMI + DG) würde ich nicht "von der Bettkante" stossen. Die Sinfonien Nr. 2 und 5 mit dem Philharmonia Orchestra (EMI) stehen ganz an der Spitze.


    Nun frage ich mich bei jedem Sibelius-Kauf: Was soll nun noch eine weitere GA !?!
    Die Letzte war Maazel / Wien (Decca)-sogar als BluRay-Version ... die wäre nicht nötig gewesen; davor die vom jungen Saraste, die meine Sammlung schon wieder verlassen hat ... von Segerstam habe ich auch beide GA (Brillant=Chandos und Ondine), aber da überzeugen mich lange nicht alle Sinfonien - schon gar nicht die hochgeschätzte Zweite.


    Von Kamu hatte ich auch seine DG-Aufnahmen der Sinfonien Nr.1-3 aus der DG-GA die er sich mit Karajan teilte ... im Prinzip habe ich immer bedauert, dass diese alte DG-GA (das war auch meine Erste auf LP) nicht komplett mit Karajan war. Die 1.+2. mit Kamu haben mich nie vom Hocker gerissen ... Nun kann ich mir beim besten willen wenig vorstellen, dass Kamu sich so positiv geändert haben soll. Dein obiges Zitat zu der neuen Kamu-GA ausLathi hört sich zwar ganz gut an, hat aber dennoch eine recht neutrale Aussagekraft ... ?
    :?: Ich glaube es wird keiner die Aussage machen, dass Kamu den Sibelius packender als Bernstein interpretiert ... also müsste mein Fazit sein : :huh: Ich brauche die neue Kamu nicht !?!
    Gibst Du / Ihr mir da Recht ?



    Die Bernstein - GA (SONY) die letztes Jahr im neuen Klangremastering und mit erweitertem Inhalt heraus kam (Abb von Norbert in Beitrag 82), :thumbsup: ja - das war bei mir gleich ein Best Buy. Die 2004er-Remastering-Version auf SONY habe ich noch ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Wolfgang,


    es fällt mir ungeheuer schwer, verschiedene Interpretationen in eine bestimmte Reihenfolge zu bringen, die ich ernsthaft und aufrichtig vertreten kann (also auch so meine, wie ich sie äußere). Im Falle Sibelius gibt so viele sehr gute und exzellente Gesamtaufnahmen, dass es meiner Ansicht nach unmöglich ist, allein eine auf die Spitze zu heben.
    Zu Deiner konkreten Frage: obwohl ich wirklich einige Zyklen besitze (spontan fallen mir ein: Colin Davis/LSO, Barbirolli/Hallé, Maazel/VPO, Maazel/Pittsburgh, Rattle/CBSO, BOUSO/Berglund, SFSO/Blomstedt, GSO/Järvi/DG, Sanderling/BeSO, Segerstam/DäSO, Bernstein/NYSO), haben mich die Aufnahmen von Kamu gefangen genommen, auch wenn sie aufgrund der Fülle in meiner Sammlung wahrscheinlich überflüssig wären. IMHO bieten Lahti/Kamu eine Spitzeninterpretation die ich nach aktueller Einschätzung und aus meiner (trügerischen !) Erinnerung heraus den vorgenannten Aufnahmen vorziehen würde. Allerdings ist das in meiner Wahrnehmung keine Aufnahme, die das Zupackende, Spannungsvolle in besonderem Maße in den Vordergrund stellt. Wer danach explizit sucht, wird woanders vielleicht besser bedient. Für mein empfinden treffen Lahti/Kamu aber das Gefühl und den spezifischen Sibelius-Tonfall sehr genau.
    Ich höre selten vergleichend (also z. B. 2x ein Werk in zwei verschiedenen Deutungen hintereinander), sondern vielmehr zyklisch. Liegt mir irgendwie nicht, denn in erster Linie möchte ich die Musik genießen und weniger analytisch horchend vergleichen.
    Wenn man bspw. (wiederum aus der Erinnerung heraus) Kamu mit Barbirolli vergleicht, so sprechen für Kamu die bessere Orchesterleistung und das bessere Klangbild. Auch die weite (BIS-typische) Dynamik kommt den Werken zu Gute. Das Lahti SO scheint mir mit diesen Werken vertrauter, wirkt auf mich Sibelius-erfahrener.


    Zu Kamus frühen Aufnahmen:
    Die liegen ewig lang zurück und ich würde einem nunmehr Siebzigjährigen durchaus zugestehen, eine künstlerische Entwicklung vollzogen zu haben. Daher sollten die alten DG-Einspielungen eigentlich kein Maßstab mehr sein. Darüber hinaus kenne ich Kamu nicht näher. Erst mit Erscheinen dieser Gesamtaufnahme ist er wieder in meiner Wahrnehmung aufgetaucht.


    Ich weiß nicht, ob Dir das jetzt tatsächlich weiter hilft ?( . Zusammefassend: IMHO ein Spitzenzyklus, sollte man sich als Sibelius-Fan einmal angehört haben, ist aber sicherlich nicht konkurrenzlos. Der Rest ist / muss eigene Meinungsbildung sein. :)


    Viele Grüße
    Frank

  • Von Kamu hatte ich auch seine DG-Aufnahmen der Sinfonien Nr.1-3 aus der DG-GA die er sich mit Karajan teilte ... im Prinzip habe ich immer bedauert, dass diese alte DG-GA (das war auch meine Erste auf LP) nicht komplett mit Karajan war.


    Auch das kann man anders sehen:


    This set collects Herbert von Karajan’s renowned DG Sibelius symphony recordings of Nos. 4-7 together with Okko Kamu’s less celebrated but no less worthy renditions of Nos. 1-3. Symphony No. 1 projects an electric excitement that carries throughout all four movements, while Kamu’s No. 3 emphasizes that work’s structural logic and rhythmic impetus. Kamu assumes the helm in Berlin for the Second Symphony, and the players provide him with polished execution and robust sonorities as he leads a performance of refreshing alacrity and spontaneity. (Victor Carr, Jr. classicstoday)


    Fazit: Es gibt viele Möglichkeiten, Sibelius zu interpretieren und nicht jede gefällt jedem.

  • Hallo Frank und Lutz,


    Danke für Eure aufschlussreichen Antworten. Das ist ja nun eine sehr persönliche Meinung des Kritikers von Classicstoday ... sie sei ihm unbenommen. Vielleicht kannte er keine packenderen Aufnahmebn der Sinfonien Nr.1 - 3.
    Höre Dir mal Ashkenazy (Decca) bei der Sinfonie Nr.1 welche Details, welch ausgefeilte Int, welche Pauken du da zu hören bekommst; oder Bernstein (beide Aufn.) bei der Sinfonie Nr.2, wie packend das rüber kommt. Dagegen wirkte der DG - Kamu nur noch belanglos ...


    Aber ich werde auf jeden Fall, angeregt durch Deine appetitanregenden Worte, mal in den "neuen Kamu" (BIS) reinhören; aber keinesfalls vorher kaufen, bis ich mich von einer "Kaufnotwendigkeit" überzeugt habe.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Aber ich werde auf jeden Fall, angeregt durch Deine appetitanregenden Worte, mal in den "neuen Kamu" (BIS) reinhören; aber keinesfalls vorher kaufen, bis ich mich von einer "Kaufnotwendigkeit" überzeugt habe.


    Auch da findest Du im Netz Reviews zwischen Lobeshymnen und "ganz o.k." Classicstoday vergibt z.B. nur 7/10 Punkten. Es bleibt letztlich dabei, dass jeder die Musik von Sibelius anders hört und anderes wichtig findet. Bei Dir tauchen z.B. die Vänskä-Lahti Aufnahmen nicht auf, da scheint es aber einen breiten Konsens zu geben, dass die maßstäblich sind. Egal, man kann eh nicht alles hören und alles haben. Bevor ich alle relevanten Aufnahmen durchgehört hätte, hätte ich vermutlich auch schon längst genug von der Musik selbst. Also lasse ich es schön bleiben und geniesse die Aufnahmen, die ich hab.

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  • Bei Dir tauchen z.B. die Vänskä-Lahti Aufnahmen nicht auf, da scheint es aber einen breiten Konsens zu geben, dass die maßstäblich sind.


    Hallo Lutgra,


    ich habe 2 BIS-CD´s mit Sinf.Dichtungen/Suiten (Sibelius) mit Vänskä/Lathi SO. Ja, klanglich spitze, aber mir fehlt bei Vänskä die Emotion, die bei Vergleichsaufnahmen deutlich höher ist. Von daher hatte ich dann auch nie wirkliches Interesse für seine Sinfonien-GA.
    * Aber masstäblich - das mag schon richtig sein, weil sich Vänskä absolut an den Originalen orientiert:
    Zum Beispiel bei Pelleas und Melisande bringt er alles sehr detailiert mit den Gesangssoli ... und das ist genau das was ich nicht brauche. Du wirst lachen - ;) da höre ich mir lieber die deutlich kurzweiligere DG-Aufnahme mit Karajan und ohne Gesang an. Bei König Christian II das Gleiche ...
    Die Karelia-Suite wirkt mir unter Vänskä auch zu "edel-brav". Ach ja und im 2.Satz packt der dann auch noch nen Bariton rein ... ich könnte ausflippen / oder lieber weiterzappen. :untertauch:

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo zusammen,



    Jean Sibelius (1865-1957)
    Eugene Ormandy conducts Sibelius:
    Symphonien Nr. 1, 2,4, 5,7; Valse triste; Der Schwan von Tuonela; Finlandia; Pohjolas Tochter; Die Okeaniden; En Saga; Violinkonzert op. 47; Karelia


    Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy
    RCA, ADD, 1957-1978
    8 CDs


    Die gezeigte CD-Box enthält sämtliche RCA- sowie CBS-/Sony-Aufnahme von Eugene Ormandy mit dem Philadelphia Orchestra. Die Einspielungen entstanden in einer recht großen Zeitspanne, in den Jahren 1957 bis 1981 (die Angaben bei jpc sind insofern fehlerhaft). Sowohl der zeitliche Rahmen, als auch die Beteiligung zweier vormals eigenständiger Label führen zu einigen Dopplungen, so sind die Sinfonien Nr. 1, 2 und 7, das Violinkonzert, Finlandia, Valse triste, Schwan von Tuonela, En saga sowie die Karelia Suite jeweils gleich in zwei Einspielungen vertreten. Ganz interessant erscheint mir die Möglichkeit des Vergleichs insbesondere beim Violinkonzert, welches in einer klassischen Interpretation mit Isaac Stern (1969) sowie der heute weitestgehend in der discographischen Versenkung entschwundenen Dylana Jenson enthalten ist (1980), die bei ihrer damaligen Aufnahme noch keine zwanzig Jahre alt war.
    Die ausführliche Besprechung von Rob Barnett auf musicweb-international fasst auch meine Eindrücke sehr gut zusammen. Dort schreibt er:
    „Ormandy was a great Sibelius conductor. He is caught at his peak here and also at other less impressive moments.“
    Durchaus Begeisterndes steht hier neben eher Durchschnittlichem. Diese Box erscheint mir vor allem für ausdrückliche Ormandy-Fans/-Sammler lohnenswert. Das Feld „Sibelius“ ist ja alles andere als schlecht bestellt, so dass der heutige Hörer auf eine Vielzahl exzellenter Deutungen zurückgreifen kann, von denen nicht wenige hervorragend und zeitgemäß klingen. Ein weiteres Argument für die Aufnahmen ist das Philadelphia Orchestra, dass mit Sibelius im Katalog nie präsenter war, als unter der Stabführung von Ormandy.


    Viele Grüße
    Frank

  • Diese Box erscheint mir vor allem für ausdrückliche Ormandy-Fans/-Sammler lohnenswert. Das Feld „Sibelius“ ist ja alles andere als schlecht bestellt, so dass der heutige Hörer auf eine Vielzahl exzellenter Deutungen zurückgreifen kann, von denen nicht wenige hervorragend und zeitgemäß klingen.


    Hallo Frank,


    diese Sibelius-Box wäre für mich als Ormandy-Fan eigentlich interessant.
    Doch habe ich daraus schon einige Aufnahmen besessen (einige auch wieder abgesetzt): Die späteren RCA-Aufnahmen fand ich dahingehend nicht so gut interpretiert, wenn sie auch klanglich noch besser waren. Ich hatte darin den Eindruck einer gewissen abgeklärten Altersmüdigkeit Ormandys zu verspüren - besonders bei der Sinfonie Nr.2, die in der alten CBS-Aufnahme von 1957 ungleich besser, eindrucksvoller und feuriger gelungen war. Klanglich geht diese sogar auch noch durch. Die Sinfonie Nr.7 in der CBS-Aufnahme von 1960 ist sogar absolute Klasse.
    Diese CD mit den Sinfonie Nr.2 und 7 (SONY) gehört zu meinem festen Ormandy-Bestand bei Sibelius ! Ein Teil der Sinfonischen Dichtungen incl. der Lämminkäinen-Suite, die ich auf Einzel-CD´s habe ebnefalls.
    :!: Ormandy ist wirklich ein fabelhafter Sibelius-Dirigent.


    Da ich die meisten Sibelius-Aufnahmen mit Ormandy bereits besitze, die wirklich interessant sind, würde der Inhalt der jetzt preiswerte CD-Box bei mir zu jede Menge Doppel führen ... deshalb muss ich mir überlegen, ob ich die bestellen soll ... ? ... ich kenne die Ormandy-Aufnahmen der Sinfonie Nr.1 und 5 nicht ... der Preis ist heissssss - aber schade das bei Ormandy die Sinfonie Nr. 3 und 6 fehlen.



    Du hast zwar Recht, dass der Vergleich zweier Aufnahmen des Sibelius-VC interessant ist, doch hat die Isaac Stern-Aufnahme ohnehin ein ungleich höheres Niveau, als die genannte Spätaufnahme.
    :thumbup: Meine Lieblingsaufnahme des Sibelius-VC ist (neben Heifetz) übriges auch mit Ormandy ... ;) aber die mit Oistrach (CBS) ! Die hätte eigentlich in die Box gehört ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Da ich die meisten Sibelius-Aufnahmen mit Ormandy bereits besitze, die wirklich interessant sind, würde der Inhalt der jetzt preiswerte CD-Box bei mir zu jede Menge Doppel führen ... deshalb muss ich mir überlegen, ob ich die bestellen soll ... ? ... ich kenne die Ormandy-Aufnahmen der Sinfonie Nr.1 und 5 nicht ... der Preis ist heissssss - aber schade das bei Ormandy die Sinfonie Nr. 3 und 6 fehlen.

    Die Box kostet ca. 18 EUR, bei Amazon-Prime-Mitgliedschaft inkl. Versand. Die Dopplungen könntest Du ja dann einzeln veräußern.
    Auch die platzsparende Verpackung spricht meiner Ansicht nach für die Edition - das Fehlen eines Beiheftes allerdings eher gegen sie.



    Zitat

    doch hat die Isaac Stern-Aufnahme ohnehin ein ungleich höheres Niveau, als die genannte Spätaufnahme

    Hm, dessen wäre ich mir jetzt gar nicht so sicher.



    Viele Grüße
    Frank

  • Die Ormandy-Aufnahmen der Sibelius - Sinfonien und einiger Sinfonischer Dichtungen überzeugen mich auf der ganze Liene und sind im Gegensatz zu vielen anderen GA einheitlich ausgezeichnet gelungen.
    Ormandy erweist sich in seiner neuen von SONY-music zusammengestellten RCA-Box seiner Sibelius-Repertoires (von CBS und RCA) als ausgezeichenter Fachmann des grossen Finnen Jean Sibelius.
    Die Interpretationen wirken alle absolut durchstukturiert und sehr gut geprobt. Ormandy lässt die Musik herrlich fließen und zaubert eine hinreißende Atmosphäre, er macht keine Tempomätzchen und ist dabei noch äußerst präzise --- es wirkt perfekt und "Richtig". Bei ihm kommen in den Werken Strukturen zu Tage, die in anderen Aufnahmen ungehört bleiben.
    Der Philadelphia - Sound ist einfach herrlich für Sibelius und die mehr in die Breite gezogene orchestrale Abb, bei der das Orchester sehr schön aufgefächert abgebildet ist, gefällt mir ausgezeichent (blöde Rezensenten hatten das früher in der Steroplay unangemessen als Breitwandsound bezeichnet!).


    Leider hat Ormandy nicht die Sinfonie Nr.3 und 6 dabei (das wären unter seiner Stabführung sicher ebenfalls grosse Aufnahmen geworden).
    *** Mein überraschendes Fazit sieht so aus, dass ich sagen muss:
    Ormandy´s Sibelius-Aufnahmen übertreffen sogar die beiden GA von Segerstam (Chandos/Brillant und die auf ONDINE), der so einige nicht partiturgerechte sowie ungewohnte Mätzchen einfliessen lässt und das Klischee des "Kompponisten aus den nordischen Wäldern" voll bedient.



    Hier in Kurzform meine persönlichen Eindrücke zu den Ormandy-Aufnahmen:

    Sinfonie Nr.1:
    Ausgezeichente Int, die an die besten Aufnahmen mit Ashkenazy (Decca), Bernstein (DG) mithalten kann. Im Gegensatz zu der Sinfonie Nr.2 ist hier auch die spätere Aufnahme von 1978 ebenfalls sehr gut und mit der gebotenen Emotionalität ausgestattet. Die 1962er-Aufnahme wirkt aber ungestümer, dafür Kanagtechnisch nicht ganz so natürlich aufgenommen.


    Sinfonie Nr.2:
    Einzig die spätere Aufnahme der Sinfonie Nr.2 (RCA, 1972)wirkt etwas "altersmild" (meine damalige Einzel-CD hatte ich bereits vor Jahren entsorgt); dafür ist die Aufnahme (CBS, 1957) ausgezeichnet und sogar klangtechnisch gut. Es wird keinen wundern, dass ich die extreemeren und emotionaleren Aufnahmen der Sinfonie Nr.2 von Bernstein (SONY/DG) bevorzuge, oder die tollen Aufnahmen mit Mackerras und der Kussevitzky-Coda. Aber das steht auf einem anderen Blatt , denn Ormandy hält sich offenbar partiturgerecht richtig.


    Sinfonie Nr.5:
    Der Paukenauftakt zum 3.Satz ist da, aber den hätte ich mir deutlicher gewünscht (wie bei Ashkenazy), das Schwanenthema ist sauber eingebunden ohne grosse Emotionalität. Aber das sind Marginalien, denn im Laufe des Satzes erfolgt eine Entwicklung bis zum Finale die atemberaubend ist - Gänsehautfeeeling incl. - Grosser Sibelius!


    Sinfonie Nr.7:
    Die Aufnahme von 1960, zählt zu den ganz grossen der CD-Diskograpie und trifft die Atmosphäre des Werkes auf den Punkt. Ähnlich packend wie Segerstam (ONDINE) oder Bernstein (DG). Die entsprechende SONY-CD mit der Sinfonie Nr.2+7 habe ich jetzt doppelt!
    (Ein Vergleich mit der Spätaufnahme (1975) habe ich nicht gemacht.)


    En Saga:
    Die Spitzenaufnahmen mit Ashkenazy und Stein (beides Decca) werden hier von Ormandy sogar noch übertroffen. :angel: Es werden Strukturen freigelegt, die ich in allen anderen Aufnahmen noch nie gehört habe; unbeschreibbare Atmosphäre. Mein neuer Favorit für En Saga !


    Tapiola:
    Auf Tapiola war ich besonders gespannt. Auch hier nimmt es Ormandy mit den besten Aufnahmen mühelos auf und zieht den Spannungsbogen bis zum Finale gekonnt meisterhaft. Die vielgelobte Karajan-Aufnahme (EMI) lässt Ormandy irgendwie im Regen stehen.


    Die Sibelius-Ormandy-Box enthält noch weitere Überraschungen, wie die mir noch unbekannte Karelia-Ouvertüre. Die Suite auch in zwei Aufnahmen; sowie die VC ... die Sinfonie Nr.4 steht auch noch aus ... dazu später.



    RCA; 1957 - 1980, ADD


    :angel: Es ist ein grosses Vermächtnis diese Sibelius-Aufnahmen von Eugene Ormandy nun in dieser fabelhaften CD-Box präsentiert zu bekommen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang


  • Itzt habe ich mich mal durch diesen Thread gewühlt, alldiweilen Jean Sibelius (a.a.O. habe ich es schon mal erwähnt) eine Art terra incognita ist. Bis auf die Zweite und dem tristen Walzer kenne ich von dem Finnen nichts. Nebenstehende 4-CD-Ausgabe kam einfach auf mich zu, weil sie a.a.O. (in den Niederlanden) aussortiert wurde. Wenn ich die Meinungen zu Berglunds Interpretation mit dem SO aus Bournemouth richtig deute, scheint sie ja nicht so schlecht zu sein. Ich werde mich in den nächsten Wochen mal mit der Musik beschäftigen...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER


  • Itzt habe ich mich mal durch diesen Thread gewühlt, alldiweilen Jean Sibelius (a.a.O. habe ich es schon mal erwähnt) eine Art terra incognita ist. Bis auf die Zweite und dem tristen Walzer kenne ich von dem Finnen nichts. Nebenstehende 4-CD-Ausgabe kam einfach auf mich zu, weil sie a.a.O. (in den Niederlanden) aussortiert wurde. Wenn ich die Meinungen zu Berglunds Interpretation mit dem SO aus Bournemouth richtig deute, scheint sie ja nicht so schlecht zu sein. Ich werde mich in den nächsten Wochen mal mit der Musik beschäftigen...


    :hello:


    Ich habe mich auch hier "anfixen" lassen und mir diesen Zyklus gegönnt - allerdings noch nicht gehört. Weitere Nachricht folgt daher...

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Da sind wir schon zwei auf "neuen Wegen". Ich muss jetzt nur noch die entsprechende Ruhe finden. Im Moment ist eine neue Opernvorstellung für den Tamino-Opernführer in Arbeit: VIVALDI, Kammeroper von Mathias Husmann. Ich stelle mir nur die Frage, ob es auch für Dich eine völlig neue Musikerfahrung sein wird?!


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Paavo Järvis fulminanter Sibelius-Zyklus aus Paris erschienen

    Gestern erschien offiziell Paavo Järvis lang erwarteter Zyklus der sieben Sibelius-Sinfonien mit dem Orchestre de Paris, dessen Chefdirigent er zum Zeitpunkt der Einspielungen (2012-2016) war:



    Ich hatte die Aufnahmen schon ein wenig länger vorliegen und bin ganz begeistert und angetan vom Ergebnis. Es handelt sich um den ersten Sibelius-Zyklus aus Frankreich und man ist erstaunt, wie idiomatisch die Pariser das hinkriegen. Eigentlich von der Ersten bis zur Siebten großartig gelungen. Dem Paukisten gebührt ein Extralob, denn er geht wirklich bis an seine Grenzen. Auch klanglich ganz vorzüglich. Ja, das ist eine der wirklich großen Sibelius-Gesamtaufnahmen!


    P.S. Bei Amazon derzeit beinahe nur halb so teuer wie bei jpc.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • RE: Sibelius mit Paavo Järvi

    Dem Paukisten gebührt ein Extralob, denn er geht wirklich bis an seine Grenzen.


    8) Must have !

    Hallo Josef,

    ich finde, dass ist der interessanteste Beitrag, den ich seit Beginn 2019 in "Ungelesene Beiträge" bei Tamino vorgefunden habe. Denn die Sparte Sinfonik fand bisher dieses Jahr (ausser durch Beiträge von mir ... ohne viel Resonsanz) wenig Beachtung.


    Bisher hatte ich schon mal in Live-Aufnahmen von Paavo Järvis Sibelius hereingehört. Mein Eindruck war da schon eindeutig besser als die Aufnahmen seines Vaters Neeme, die ich auf BIS (wieder verkauft, da eindeutig überbewertet !!) und DG vorliegen habe/hatte.


    Von den Neuaufnahmen habe ich mir die wunderschön klingende (fast zu schön !) mit Colin Davis / LSO (LSO Live, 2002-2008, DDD) vor kurzem zugelegt. Diese finde ich bei den Sinfonien Nr. 3, 4, 6, wo es nicht so auf den Emotionsgehalt ankommt auch sehr gelungen (auch vom zügigen Tempo her Klasse); aber wo es zur Sache geht, da bliebt mir Colin Davis zu sehr auf dem Teppich. Beispiel: Beim 3.Satz der Fünften, wo das Schwanenthema vorbereitet wird kommt keine Spannung auf. Er lässt es zu sehr dahinplätschern ... vergleiche mal mit welcher Spannung das bei Bernstein, Barbiriolli, Ashkenazy zu fabelhaften Gänsehautstellen aufgebaut wird !


    Eigentlich ist ein ein neuer Sibelius-Zyklus nicht bei mir erforderlich, denn alleine mit den 3 o.g. (von mind. 10GA) bin ich voll zufrieden ... aber da ich Paavo Järvis Nielsen-Sinfonien-GA (RCA) (sowie seinen Beethoven + Schumann auf DVD aus Bremen) als herausragend bezeichen würde, darf sein neuer Sibelius bei mir auch nicht fehlen.

    :jubel:Ich freue mich drauf und bedanke mich für die INFO ! :thumbup:Gestern bestellt - für den genannten Hammerpreis.


    :?:Seltsam, dass diese P.Järvi-Aufnahmen nicht auf SACD erschienen sind !?!

    Die genannte Neuaufnahme mit Colin Davis habe ich in der Box auf SACD und 1BluRay im Mehrkanalsound ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Paavo Järvi mit der ersten Sibelius-Sinfonien-GA aus Frankreich

    Die neue Sinfonien-GA mit dem Orcheste de Paris habe ich seit Gestern vorliegen und voller Spannung bereits fast ganz durchgehört.


    Ausgerechnet habe ich mit der Sinfonie Nr.2, die in sehr vielen GA die Problematischste ist, angefangen. Diese hatte ich schon seit ein paar Jahren als Download und bisher grob einen guten Eindruck gehabt.

    Paavo Järvi lässt es nicht an Dramatik und fehlen und liefert insgesamt eine packende Darstellung, die auch vom Tempo absolut stimmig ist. Doch mit denen die ich für die Besten halte (Bernstein (SONY und DG); Berglund / Bournemouth PO (EMI) mit der Kussewitzky-Coda; aber auch mit Karajan (Beide auf EMI) kann er nicht bestehen. Paavo gestaltet einige Spannungsbögen zu separat, manchmal zu abgehackt ohne richtigen Zusammenhang; er lässt die Musik nicht fliessen. Da bin ich von meiner Hörgewohnheit einfach anders geprägt !


    Meine Eindrücke wurden aber bei den folgend gehörten Sinfonien Nr. 1, 3, 4, 6 ungleich positiv überrascht.

    Bei der Sinfonie Nr.1 kommt er sehr nahe an die Glanzleistung und meiner Lieblingsaufnahme Ashkenazy (Decca) heran; auch was die genialen Paukenstellen anbetrifft, die nicht mal nur angetippt werden, sondern richtig prägnant in Szene gesetzt werden.


    Der Sinfonie Nr.3 vermittelt er eine ähnliche Spannung und Grösse, wie Roshdestwensky (Eurodisc) ohne dabei auch nur irgendwo in Langatmigkeit zu verfallen - seine gekonnt zügigen Tempi sind dazu Voraussetzung !


    Die Sinfonie Nr.4 schätz er so wie die Erste (die er persönlich als erste Hörte und Dirigierte) sehr hoch ein. Das Ergebnis kann sich hören lassen. Im 4.Satz leider ohne die Röhrenglocken, sodern nur mit Glöckchen, die wie Triangeln tönene .. schade. Wie das klingen sollte, hat Blomstedt (Decca) vorbildlich gezeigt.

    Mein Eindruck: Eine der packensten Vierten von meinen zahlreichen Sibeliusaufnahmen ist das Ergebnis, das Paavo Järvi liefert.


    Die Sinfonie Nr. 5 gelingt Paavo Järvi soweit angemessen und nicht zu langsam. Was ich auszusetzen hätte, wäre der zu zurückhaltende Paukenaufschlag beim Anfang des 3.Satzes; immerhin aber weit besser als Karajan (DG und EMI). Es sind einige ungewohnte Eigenheiten im Verlauf des Satzes, die mir nicht immer behagen. Das Schwanenthema hätte ich effektvoller und grösser vorbereitet. Bei den Schlusstakten mit den 6 Orchesterschlägen macht er mir zu lange Generalpausen ((bei Bernstein (DG) auch zu lang)). Bei den letzten beiden sind die Pauken mit Vorschlag und Blechbläser vom Einsatz her zu weit auseinander.

    Vorbildlich finde ich hier Karajan, der in der Coda keinen "effektvollen auseinanderfallenden Heckmeck" macht, sondern diese Schläge packend mit kurzen Pausen und damit bei mir mehr Gänsehautfeeling zelebriert.


    Die Sinfonie Nr.7 wiederum wirkt mir bei aller Detailliebe, dann doch wieder zu kontrolliert.

    Die Grösse, die Ormandy (SONY), Karajan (DG) und diese fabelhaft umwerfende Emotionalität, die Barbirolli (EMI) und Bernstein (SONY und DG) dem Werk zukommen lassen, fehlt mir. Aber nicht falsch verstehen - denn ansonsten liefert er auch auch hier eine exquisite Interpretation.



    Zur Klangqualität:

    Die RCA-Aufnahmen sind recht dunkel timbriert. Die Pauken sind zwar sehr präsent, doch hören sich recht grossvolumig und ungewöhnlich tief an (die Bezeichnung "Donnerbüchse" kam mir in den Sinn). Im Forte geht oft die Übersichtlichkeit verloren (bes.bei der 2.). Die RCA erreicht hier trotz des aktuellen Aufnahmedatums nicht den vorbildlichen Sound der Ashkenazy-GA (Decca).

    Wie ich heute feststelle ist die klare Empfehlung für diese GA diese über KH zu hören, wo alle Details dann besser rüber kommen.


    RCA, 2012-16, DDD


    Fazit:

    Alles in allem eine aktuelle GA aus Paris, an der man viel Hörspass haben wird ! Paavo Jarvi hat sich mit seinem Projekt voller Herzblut auch von 2012 bis 2016 Zeit gelassen und nicht mal eben so alle 7 Sinfonien hintereinander abgespult. Seine Ergebnis sind packende Aufnahmen ("grossartig", wie Josef schreibt trifft es schon) ... aber die beste GA ist es nicht, aber sie gehört zu den Besten.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    2 Mal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Vielen Dank, lieber Wolfgang, für die Beschreibung deiner Höreindrücke.


    Leider war ich zu zaghaft; beim Urwaldfluss kostet die Gesamtaufnahme inzwischen zehn Euro mehr, so dass ich mich in Geduld üben werde...


    An sehr guten Gesamtaufnahmen der Sinfonien herrscht wahrlich kein Mangel, aber ich stehe auf dem Standpunkt, dass man von guter Musik gar nicht genug haben kann...;)


    In finnisch-schwedischer Co-Produktion entsteht eine neue Gesamtaufnahme der Sinfonien und sinfonischen Dichtungen:



    Hier siegte die Neugier, Santtu-Matias Rouvali ist mir bisher komplett unbekannt, so dass ich mir die Aufnahme für relativ günstig Geld bestellt habe. Ich bin gespannt und werde berichten...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Santtu-Matias Rouvali ist mir bisher komplett unbekannt, so dass ich mir die Aufnahme für relativ günstig Geld bestellt habe. Ich bin gespannt und werde berichten...

    Ich habe gelesen, dass Rouvali zuerst als Percussionist ausgebildet wurde, bevor er sich für die Dirigentenkarriere entschied ... das lässt einiges erhoffen.

    Schon seine optische Erscheinung (die tolle Frisur) lässt auf feurige Interpretationen schliessen.

    Bin gespannt auf deine Höreindrücke !


    :D Man kommt wohl nie mit Sibelius zur Ruhe ... und das ist auch schön so: Denn ich kaufe mir zum Interpretationsvergleich lieber eine Sibelius-Sinfonie, wo ich weis was mich für grossartige Musik erwartet, statt einem "Raff und Paff", der mir dann im Endeffekt doch nichts bringt !



    Als nächstes habe ich die DG - Sibelius-Aufnahmen des Vaters von Paavo; Neeme Järvi im Visir über die ich in Kürze in entsprechenden Sinfonien-Threads berichte und wie sich Vergleich mit Paavo ergeben wird.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    ich bin auch gespannt, auch auf Järvi. Kurzzeitig war die Gesamtaufnahme wieder für knapp über 20 € erhältlich (heute kostet sie wieder zehn € mehr), so dass ich die Gunst der Stunde genutzt hatte...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich habe mir Järvis Gesamtaufnahme inzwischen einmal angehört, einmal reicht aus, um die ersten Eindrücke wiederzugeben, aber noch nicht für detaillierte Beschreibungen.


    Ich stimme Wolfgang zu bei der Beurteilung der Sinfonien 1, 3 und 6. Das sind sehr gelungene, schwungvolle und "werkgerechte" Interpretationen. Wie andernorts schon einmal geschrieben, habe ich erst einen sehr späten Zugang zur 6. Sinfonie gefunden. Järvi lädt ein, mich auch mit dieser für problematischen Sinfonie öfter zu beschäftigen.


    Bei der 4. ist ihm auch das nicht gelungen, weil dieser berühmte "Zugang" mir hier nicht gelingen will, in keiner meiner zahlreichen Aufnahmen. Das ist halt so und geht mir z.B. bei Mahlers 8. Sinfonie auch nicht anders und das, obwohl ich alle anderen Mahler Sinfonien heiß und innig liebe.


    Bei der 7. empfinde ich keinen "zu kontrollierten" Zugang, aber da werde ich einen Hörvergleich zu Ormandy, Bernstein oder Barbirolli durchführen, um mir vorstellen zu können, was Wolfgang (teleton) meint.


    Bei der 2. und 5. Sinfonie hatte ich leichte Schwierigkeiten mit der Tempogestaltung. Bei der 2. empfand ich es stellenweise wie Wolfgang:

    Zitat

    Paavo gestaltet einige Spannungsbögen zu separat, manchmal zu abgehackt ohne richtigen Zusammenhang; er lässt die Musik nicht fliessen.


    Aber all das werde ich mir demnächst noch einmal genauer zu Gemüte führen und hier berichten. Unterm Strich ist das auch für mich eine sehr erfreuliche Neuaufnahme.


    Zum gleichen Fazit komme ich bei der 1. Sinfonie und Santtu-Matias Rouvali.


    Würde man einen Hörvergleich der Aufnahmen mit Järvi und Rouvali machen, ohne zu wissen, wer welche Aufnahme dirigiert hat und nur mit den Informationen, dass einer der Dirigenten 33 Jahre alt ist und der andere knappe 50 (zum Zeitpunkt der Aufnahme), dann würde man womöglich die Sinfonien falsch zuordnen.


    Im ersten, indirekten, Vergleich beider Aufnahmen empfand ich Järvi als "gradliniger", "vorwärtsstürmender" und das, obwohl die Zeitmaße beider Aufnahmen recht identisch sind. Rouvali akzentuiert stellenweise anders, er betont stellenweise mehr Details und lässt mehr aufhorchen, weil Nebenstimmen deutlicher hervortreten als gewohnt.


    Das sind beides ganz hervorragende Aufnahmen und auch hier gilt: demnächst mehr...;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo lieber Norbert, was ist denn für dich eine....

    Zitat von Norbert

    "werkgerechte" Interpretation

    ....? Irgendwie stehe ich da auf dem Schlauch!:(


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zugegeben, lieber Fiesco, "werkgerecht" ist eine Bezeichnung, unter der man sich alles oder gar nichts vorstellen kann. ;)


    Die 1. Sinfonie erscheint mir als romantisch, intensives Werk, in dem immer wieder eine Nähe zu Tschaikowski festgestellt wird. Bei der 6. Sinfonie spricht Sibelius selbst sinngemäß von "reinem Quellwasser", das er im Gegensatz zum melodiösen Überschwang der damaligen Zeit komponiert hatte und die 3. Sinfonie wird von Paavo Järvi gut charakterisiert: "...weniger um Grandezza bemüht und vom Charakter eher intim; sie entspringt einer nordischen Wehmut."


    Und all das und noch mehr möchte ich in der jeweiligen Sinfonie hören. Höre ich es oder meine ich es zu hören, dann ist eine Interpretation "werkgerecht".

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Höre ich es oder meine ich es zu hören, dann ist eine Interpretation "werkgerecht".

    Ja, "werkgerecht" ist schon eine schwierige Definition. Werkgerecht heisst aber auch für den Dirigenten, sich an die Metronomvorgaben des Komponisten wenigstens ansatzweise zu halten.

    Die dänische Gesamtaufnahme von Segerstam (Brillant) ist weit davon entfernt, weil diese sich mit ihrem langsamen Tempo so ganz und gar nicht an die Metronomvorgaben hält.


    Viele Sibelius-Hörer schätzen diese GA (nebenbei: Ich mag auch die spätere und zügigere Segerstam/Helsinki PO auf ONDINE lieber.) ... ... ... ist diese nun weniger werkgerecht ?

    Eigentlich schon ... aber das hält Niemanden davon ab, auch solche Aufnahmen weniger oder mehr zu schätzen.


    Interessant in diesem Zusammenhang auch der Hinweis auf die Sinfonie Nr.2 mit Paul Paray (Mercury) in "Heute gehört". Der ist auch verdammt zügig unterwegs, was mir entgegenkommen würde.

    S2 mit Paray = 8:36 - 12.29 - 5:20 - 12:40


    ----------------------------------------------------

    PS.

    Seltsam mit dem Bilder einstellen. Ich hatte gestern auch plötzlich Probleme, sodass bei kleiner Schrift aus amazon kopiert einfach kein Bild kommt ... ???

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Lieber Wolfgang,


    ich bin sicher, die Aufnahme mit Paray wird dir gefallen. Er ist nicht "nur schnell", sondern bei ihm spürt man die Leidenschaft, das Temperament, den Esprit, die Hingabe an die Musik. Er spielt nicht über die "Schroffheiten der Musik" hinweg, er glättet nicht, sondern reißt mit.

    Für eine 60 Jahre alte Aufnahme ist die Klangqualität absolut zufriedenstellend.


    Nebenbei schien Paul Paray über eine angenehme Singstimme zu verfügen, denn zu Beginn des ersten Satzes ist er zwei, dreimal kurz mitsingend zu hören. Das aber empfinde ich nicht als störend.



    Zu der "werkgerechten" Interpretation: Ich weiß nicht, ob Sibelius explizite Metronomangaben verwendet hat, aber gemäß deiner Definition wäre z.B. Soltis Interpretation von Beethovens 9. Sinfonie nicht werkgerecht, denn in Relation zu den recht zügigen anderen Sätzen benötigte er für den dritten Satz, dem "Adagio molto e cantabile" aus dem Gedächtnis heraus um und bei 19 Minuten, war also viel zu langsam unterwegs.

    Bei den für mich komplett zerdehnten Tempi von Bernsteins späten Sibelius stimme ich dir in Bezug auf Werkgerechtigkeit und Tempi hingegen zu.


    Ein interessanter Aspekt, den wir vielleicht genauer betrachten sollten...


    Schließlich zum verlinken: Ich neige inzwischen dazu, Joseph II zuzustimmen und zu meinen, es ist ein neu aufgetretenes Problem dieser Forumssoftware, denn copy and paste inkl. korrekter Verlinkung klappt "woanders" durchaus. Mit dem kleinen Umweg über den Windows Editor kann man aber problemlos korrekt verlinken.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo lieber Norbert, ja ja das mit werkgerecht ist so eine Sache, für dich ist das ja so in Ordnung, wie du es mir erläutert hast, aber andere sehen das ja völlig anders!

    Aber DANKE für deine Antwort!

    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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