WAGNERSÄNGER - Groß und vergessen

  • Liebes Forum,


    viele Wagnerfreunde trauern den vergangen großen Tagen des Wagnergesanges nach. Den Typus des Heldentenors halten viele gar für ausgestorben. An Namen wie Wolfgang Windgassen oder Lauritz Melchior versuchen Melomanen immer wieder nachzuweisen, daß man Wagnerglück heute höchstens noch durch die Schallplatte erfahren kann. Doch auch diesen Apologeten ist oft nicht bekannt, dass neben den üblichen, auf vielen Tonträgern verewigten Sängern, andere, heute nahezu vergessene Sänger den Typus des Wagnersängers in unverkennbarer Form verkörperten.


    Wer kennt heute noch August Seider, George Vincent, Karl Liebl, Torsten Ralf, Ernst Kozub oder Josef Traxel (alle noch nach 1950 aktiv)? Viele Überraschungen und Enddeckungen sind demjenigen sicher, der sein Augenmerk auf jene unterrepräsentierten Künstler richtet.


    Den Beginn will ich machen mit einem des größten und gleichsam unbekanntesten Exponenten dieser Gattung der letzten 50 Jahre: Ernst Gruber


    Mit welchem Sänger (oder welcher Sängerin) im Wagnerfach außerhalb der ausgetretenen Pfade verbindet ihr das Adjektiv „Groß“? Und: Muß es immer Windgassen oder Nilsson sein?


    Viele Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Ernst Gruber war einer der ganz großen, heute leider nahezu vergessenen Wagnersänger des letzten Jahrhunderts. Sein Heldentenor verband eine baritonal gefärbte, metallische, in der Höhe potente Stimme, mit einer existenziellen, von großer Expressivität durchdrungenen Rolleninterpretation, die ihn mit Tenören wie Jon Vickers, Max Lorenz oder Ramon Vinay in eine Reihe stellt. Im Gegensatz zu den Vorgenannten ist der Sänger jedoch heute bestenfalls den Gesangsenthusiasten ein Begriff. Zwei Ausgrabungen des wichtigen Labels Ponto/Mitridate machen Hoffnung, dass Gruber posthum die Ehre zuteil wird, die ihm gebührt.


    Biographfisches:
    Ernst Gruber wird am 20.12.1918 in Wien geboren. Nach seinem Studium bei Karl Rössl-Majdan und Hans Depter debütiert er 1947 in Graz als Max im „Freischütz“. Hermann Abendroth engagiert ihn 1949 nach Weimar. Ab 1953 tritt er in Leipzig und Dresden als Heldentenor in Erscheinung. Seit 1964 ist er Mitglied des Ensembles der Berliner Staatsoper. Immer wieder führen Gruber Gastspiele nach Barcelona, Lissabon, Amsterdam, Budapest und die USA. Neben den großen Wagnerpartien brilliert er als Otello, Radames und Florestan (144-mal!). Das er neben dem schweren Fach auch 71-mal den Tamino sang, zeigt seine Vielseitigkeit und erinnert auch an Wolfgang
    Windgassen.



    Außer einige bis dato unveröffentlichte Rundfunkaufnahmen aus Leipzig und Berlin war bisher nur ein Prager „Meistersinger“-Querschnitt greifbar. Auch der „Steiger“ verzeichnet keine einzige Gesamtaufnahme. Eine geplante „Tristan“-Plattenproduktion unter Franz Konwitschny neben Hanne-Lore Kuhse scheiterte am plötzlichen Tod des Dirigenten.


    Umso willkommener und fast an ein Wunder grenzend, die Veröffentlichung eines „Tristan“-Mitschnittes aus Philadelphia von 1967. Dieses Gastspiel wurde damals von Friedelind Wagner initiiert. Neben Gruber erwecken besagte Hanne-Lore Kuhse, Blanche Thebom und vor allem der Kurwenal von Ramon Vinay (hier nach seinem Ausflug ins Tenorfach wieder als Bariton) Interesse. Und dies trotz des wirklich grauenhaften Dirigats von William Smith und des defizitären Orchesters.
    Das Zusammentreffen von Gruber und Vinay im dritten Akt, ist das zweier Titanen und sie schenken sich nichts. Wo andere Sänger sich mit der Bewältigung der musikalischen Anforderungen aufhalten und nicht selten scheitern, gelingt Gruber ein großes Portrait, was in seiner Wirkung bestenfalls in den Aufführungen von Lorenz, Vickers oder Suthaus (weniger in der EMI-Produktion, eher 1947 im Berliner Admiralspalast) seine Entsprechung findet.
    Auch wegen der Kuhse ist dieser Mitschnitt einer der wichtigsten Veröffentlichungen der letzten Jahre. Die Sängerin die einst als Königin der Nacht begonnen hatte, ist Diskographisch nur unwesentlich besser dokumentiert als Gruber. Hier zu empfehlen wären „Tiefland“ und ein deutsch gesungener „Radamisto“ (beides „Berlin Classics“). Die recht blonde Simme der Kuhse macht aus der Isolde keine matronenhafte Dame, sondern eine junge, reizvolle Frau, hierin Catarina Ligendza nicht unähnlich.



    Grubers Heldentenor ist auch auf einer 3CD Portrait Box von Ponto zu hören und klingt hier in seiner Vielseitigkeit vielleicht noch Eindrucksvoller. Ohne Grenzen in Otellos Auftritt, mit grandioser Ausladung und feiner Differenziertheit in Siegmunds „Ein Schwert verhieß mir der Vater“ und furios in Szene und Kavatine des Erik (neben Ludmila Dvorakova). Überhaupt versteht man beim ihm jedes gesungene Wort. Dieser deklamatorische Stil lässt ihn in großer Tradition zu den Wagnersängern alter Schule erscheinen, seine menschliche Durchdringung der Partien macht ihn aber gleichsam zu einem modernen Sänger.


    Bei den ersten Worten von Florestans Auftritt („Gott! Welch Dunkel hier!“) attestiert man, dies lediglich von Julius Patzak und Jon Vickers in dieser Form gehört zu haben. Feinstes Legato dann in der Arie und nicht die geringsten Probleme mit Tempo und Tessitura-Hürden des Poco allegro-Endes.


    Als Tannhäuser übertrifft er für mich hierdurch alle (sic!) auf Tonträgern dokumentierten Kollegen. Mit Max Lorenz teilt der Sänger das Schicksal auf keiner Gesamtaufnahme als Tannhäuser vertreten zu sein. Lediglich eine Leipziger Rundfunkaufnahme aus 1955 unter Herbert Kegel ist erhalten (u.a. der komplette 2. Akt). Diese nun lässt wirklich keine Wünsche offen. Gruber singt hier mit der Hand auf dem Herzen, provokant und spottend, voll von dramatischem Impetus. Hier steht er Lorenz an Intensität und Engagement in nichts nach, singt aber mit deutlich sicherer Intonation und mehr musikalischem Gespür als der verehrungswürdige Lorenz. Man zeige mir eine einzige Romerzählung wo stimmliches Finish mit dramatischer Wahrhaftigkeit in dieser Weise einhergeht. Ich gäbe für diese Ausschnitte den Großteil meiner Tannhäuser GAs her.


    Ernst Gruber starb 1979 - gerade 60jährig – an den Folgen einer eigentlich banalen Operation.


    Liebe Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Zitat

    Original von Gino_Poosch
    Wer kennt heute noch August Seider, George Vincent, Karl Liebl, Torsten Ralf, Ernst Kozub oder Josef Traxel (alle noch nach 1950 aktiv)?


    Hallo Gino,


    also die meisten dieser Namen sind mir durchaus bekannt. August Seider durch seinen Walther in Böhms 44er Meistersingern aus Wien (allerdings blieb mir sein angestrengter, gequetschter und vor allem lauter Tenor in unguter Erinnerung), Karl Liebl als Tannhäuser (Rom 1957 unter Rodzinski), der fabelhafte Torsten Ralf vor allem als Otello und Florestan (einige Ausschnitte als Walther kenne ich auch), das ewige Talent Kozub ("The Siegfried that never was...") nur durch seinen Erik in Klemperers Holländer und Josef Traxel vor allem als Steuermann in Knappertsbuschens 55er Holländer aus Bayreuth (er sang aber, glaube ich, auch mal den Lohengrin). In diesem Zusammenhang wären vielleicht auch noch Günter Treptow (Tristan 1950 München!) und der unermüdliche Hans Beirer zu nennen - beides vielleicht keine erstklassigen Stimmen, aber doch mindestens zuverlässige Rolleninterpreten, bei denen man nicht um die Töne bangen mußte. Auch nicht schlecht (zumindest in den "leichteren" Tenorpartien) Fritz Uhl - ein sehr akzeptabler Lohengrin, ein toller Loge!


    Und da ich gerade den 1. Akt Walküre des RAI-Ringes unter Sawallisch aus den 60ern höre: der dortige "Siegmund", Eberhard Katz, gefällt mir sehr gut. Kein wirklicher Heldentenor (dafür fehlt ihm einiges an Metall), aber wie Windgassen ein guter Zwischenfachtenor. Baritonal grundiert mit ausreichend Höhe und schöner, intelligenter Phrasierung, der auch angenehm im Ohr klingt.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,


    zu Eberhard Katz: In der Tat ein gutes Beispiel für eine Qualitätsstimme, die heute kaum noch bekannt ist. Katz wurde übrigens durch den großen Josef Metternich unterrichtet (nach einer Ausbildung als Bierbraumeister) und debütierte 1963 in Köln als Erik. Mit diesem Haus blieb er auch bis zum Ende seiner Karriere verbunden. Hier sang er u.a. auch Herodes neben der Salome von Gwyneth Jones. Neben den Wagnerhelden war er auch als Florestan, Max und Pedro ("Tiefland") erfolgreich. Bei der Deutschen Grammophon sang er übrigens den "Kavalier" in einer kompletten "Cardillac" Aufnahme.



    Ja, August Seider ist sicher nicht jedermanns Sache, und bestimmt kein wirklich großer Vertreter seiner Zunft. Ganz ordentlich schlägt er sich aber als Tannhäuser in einer Produktion aus 1951 vom Bayerischen Rundfunk unter Robert Heger. Durchaus habenswert auch wegen der Elisabeth von Marianne Schech und dem Landgrafen von Otto von Rohr (was für eine wunderbare, sonore und nach unten unbegrenzte Baßstimme!). Schön übrigens auch Rita Streich als Hirte. Bei PREISER.



    Josef Traxel hat nach seinem 55er Steuermann im darauf folgenden Jahr von Windgassen den Erik übernommen. Und Keilberth von Knappertsbusch das Dirigat. Was für ein großer Gewinn nach dem öden, breiten und ungenauem Drigat Knas! Der Erik Traxels ist jugendlich-ungestüm und ein Highlight des Mitschnittes (Myto). Sicher, man muß Traxels virbatoarme und dadurch zuweilen androgyn klingende Stimme mögen. Ich mag sie! Sie bezog sicher immer ihren Reiz aus der hervorragenden Höhe (ein C''' bereitete ihm keinerlei Probleme). Er sang übrigens nicht nur Lohengrin sondern sogar Siegmund.


    Über die anderen genannten Sänger, später weiter.


    Was hältst Du von Namen wie Claude Heater, Jean Cox oder Helge Brilioth?

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • August Seider:
    Sein Stolzing in der Böhm-Aufnahme ist tatsächlich fürchterlich und schmälert den Wert der Aufnahme erheblich.
    Aaaber phantastisch ist er nach meiner Meinung in:
    Pfitzner: Der arme Heinrich als Heinrich


    Jean Cox kenne ich ebenfalls als Stolzing in der Bayreuther Meistersingeraufnahme mit Varviso. Zum Schluß, allerdings wer nicht, ist er wie der Sachs schon am Limit.


    Torsten Ralf: - Ich glaube nicht, daß er so vergessen ist, vielleicht ist das mein zu subjektiver Eindruck
    Aufnahmen mit ihm habe ich:


    Carmen: Don José - 1944
    Fidelio: Florestan - 1944
    Otello: Otello - 1944
    Meistersinger: Stolzing - 1938 (3. Aufzug)
    Beethoven: Sinfonie Nr. 9 - 1941


    Ernst Gruber kannte ich nicht, der Beitrag hat mich aber sehr neugierig gemacht.

    Otto Rehhagel: "Mal verliert man und mal gewinnen die anderen".
    (aus "Sprechen Sie Fußball?")

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  • Hallo Gino,


    Josef Traxels Steuermann finde ich auch ausgesprochen ansprechend - besonders die wunderbare Beimischung der Kopfstimme bei den Spitzentönen, die dem Steuermannslied einen sehnsüchtigen Charakter verleiht.


    Von Claude Heater habe ich nur zwei Aufnahmen - natürlich den Böhmschen "Tristan" von 66, wo er den Melot sang und dann den "Holländer"-Mitschnitt aus der Scala mit Sawallisch. Kein schlechtes Material, wenn auch kein Heldentenor. Nur leider - zumindest als Erik - mit den Tonhöhen auf Kriegsfuß stehend.


    Das kann man teilweise auch von Jean Cox sagen, der stimmlich grundsolide Anlagen zum wirklichen Heldentenor hatte. Nach dem, was ich mir nochmal ausschnittweise angehört habe (Walther, Jung-Siegfried und Gödä-Siegfried), schienen ihm die Rollen mit der etwas niedrigeren Tessitura besser zu liegen. Beim Stolzing klingt mir vieles zu gequetscht und erkämpft und auch beim Siegfried in "Siegfried" scheint er sich in der Mittellage am wohlsten zu fühlen. Einzelne, sehr offen gebildete Spitzentöne gelingen ihm dagegen wohl ohne Probleme - z.B. das lang ausgehaltene hohe C im 3. Akt "Götterdämmerung". Bei der Lautstärke hätte er allerdings stärker differenzieren sollen (z.B. in "Brünnhilde, heilige Braut!" - an Melchior darf man da gar nicht denken!).


    Brilioth halte ich für den interessantesten dieser drei Tenöre. Sein verschatteter, fast melancholisch klingender Tenor gefällt mir z.B. wesentlich besser als der Siegfried von Jess Thomas, den sich Karajan für die Studioaufnahme ausgesucht hat - sowohl gesanglich wie sprachlich. Schade, daß er nach ein paar Jahren schon abtreten mußte. Er hatte sich wohl kräftemäßig übernommen (siehe auch den 75er "Tristan" aus Bayreuth unter Kleiber, wo er schon im 2. Akt zusehends abbaut und im 3. Akt vollständig ins Deklamieren kommt). Noch besser als in der "Götterdämmerung" unter Karajan finde ich aber in dem MET-Mitschnitt der gleichen Oper vom März 1974 unter Kubelik, nicht zuletzt, weil er da in dramatischer Hinsicht mehr aus sich hinaus geht.


    Weitere interessante Tenöre wären vielleicht Lorenz Fehenberger und Herbert Schachtschneider...


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,


    falls Interesse besteht, kann ich dir als wahrscheinlich bedeutendstes Dokument von Claude Heater einen "Tristan" aus dem Teatro Verdi in Triest von 1969 empfehlen, wobei Heater hier natürlich als Tristan und nicht als Melot zu hören ist. Seine dunkle, leicht verschattete Stimme finde ich sehr reizvoll. Im dritten Akt verfügt er durchhaus noch über die nötige Stamina und Hingabe. Isolde ist Catarina Ligendza (hier bei ihrem Rollendebüt zu erleben), es dirigiert Luigi Toffolo.



    Hans Beirer ist sicher ein guter Vorschlag. Ich halte ihn für ziemlich unterschätzt, obwohl er bestimmt keiner der ganz großen ist. Auch er bekam nie die Gelegenheit in seinen großen Rollen dokumentiert zu werden. Am meisten dürfte er heute bekannt sein, durch die unsägliche Diskussion, ob er der unbekannte Sänger des Parsifal ("Africo Baldelli") neben Maria Callas' Kundry 1950 in Rom ist.



    Der bekannte Karajan-Tannhäuser aus Wien von 1966 zeigt viele seiner Eigenheiten. Er ist sicher ein "wissender" Sänger und durchweg engagiert, singt musikalisch aber oft ungenau und neigt zu heftigsten Schmissen (Sängerstreit 2. Akt). Besser kommt er meiner Meinung nach in einem kürzlich von "Living Stage" veröffentlichten "Tristan"-Mitschnitt von 1970 aus Wien unter Horst Stein weg. Hier singt er, zugegeben schon etwas spät und daher nicht ohne Blessuren, einen intensiven, ergreifenden Tristan neben der Isolde von Ingrid Bjoner (bis dato in dieser Rolle ebenso undokumentiert).


    Helge Brilioth ist als Götterdämmerungs-Siegfried allein wegen seiner lyrischen Anlage der Partie interessant. So etwas konnte man sich nur unter Karajan wagen. Seine beiden Bayreuther Tristane in meinem Besitz (1974,1975) zeigen ihn jedoch, wie Du schon anmerkst, total überfordert. Der dritte Akt ist für ihn ein hoffnungsloser Kampf. Brilioth hat übrigens auch, wie viele Sänger vor und nach ihm als Bariton begonnen (1959) und erst 1965 mit dem José in Stockholm das Tenorfach erklommen. Damals hatte er wohl weltweit durchaus einen Namen, trat er doch in seinem Fach an allen wichtigen Häusern in Erscheinung: Bayreuth (Siegmund, Tristan), Salzburg (Siegfried), MET (Parsifal, Florestan und die vorgenannten), Wien (Lohengrin), München, Scala, Covent Garden, Paris (Parsifal), Berlin... usw.... Merkwürdig, dass ihn heute niemand mehr kennt.



    Ich bin Dir dankbar für den Namen Lorenz Fehenberger, obwohl er sicher alles andere als ein Wagnersänger war. So hat er außer Lohengrin meines Wissens nur noch Stolzing gesungen. Der kürzlich bei „Preiser“ erschienene Lohengrin von 1952 unter Eugen Jochums wirklich traumhaftem Dirigat ist für mich eine Offenbahrung. Jürgen Kesting findet ihn übrigens furchtbar. Man muß aber nur „Atmest du nicht mit mir die süßen Düfte?“ hören und ist bezaubert von Fehenbergers Timbre und seinem Legato. Das ist wirklich „Weltversunkenheit“. Unverständlich warum die DGG diese Produktion nie auf CD veröffentlicht hat, Neben Fehenberger singen das Ehepaar Frantz/Braun (Helena Braun ist eine großartige Ortrud, ohne Grenzen bei „Fahr heim“), Otto von Rohr und Annelies Kupper. Uneingeschränkt empfehlenswert!
    Bizarrerweise gibt es einige sehr späte Tristan-Auszüge mit dem Symphonieorchester Innsbruck. Hier schweigt man besser.


    Ich will an dieser Stelle nicht verhehlen, dass mir die meisten unbekannten und in diesem Thread genannten Sänger in ihren Partien lieber sind als James King, der mir nie sonderlich lag und für mich heute ein Argument gegen eine Aufnahme darstellt. Was denkst du über ihn?


    Und um noch einen Namen einzuwerfen: Alberto Remedios


    Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Hallo Gino,


    danke für Deine CD-Tips! Den Fehenberger-Lohengrin setze ich auf meine Kaufliste (Jochums Dirigat kenne ich ja schon aus seinem 54er "Lohengrin" in Bayreuth, den ich für gelungener halte als den ´53er unter Keilberth), ebenso wie das Ernst-Gruber-Recital. Fehenberger hat ja 1951 noch als Riccardo in der Aufnahme unter Fritz Busch mitgewirkt, auch sehr empfehlenswert!


    Die CDs mit den "Tristan"-Ausschnitten aus Innsbruck habe ich auch; Fehenberger ist sicher kein Tristan, aber eine Stimme hat mich da doch aufhorchen lassen: der Kurwenal von Friedrich Lenglemann. Sein Bariton hat so ein leichtes, schnelles Vibrato in den Spitzentönen, das mich ein wenig an italienische Baritonstimmen erinnert.


    Im Fall von James King muß ich Dir recht geben. Rein technisch bewältigt er seine Rollen sicher besser als die meisten anderen seiner Fachkollegen, aber viel zu oft singt er mit einer geradezu verletzenden Indifferenz hinsichtlich der Rollengestaltung. Da er aber in vielen zentralen oder zumindest guten Aufnahmen (etwa Solti-"Walküre", Kubelik-"Parsifal" und -"Lohengrin") vertreten ist, muß man sich wohl oder über mit seiner Präsenz abfinden.


    Alberto Remedios kenne ich natürlich aus dem Goodall-"Ring" als Siegmund und Siegfried sowie als Stolzing aus einem "Meistersinger"-Mitschnitt von 1968 (auch unter Goodall). An seinem Beispiel kann man sehen, daß auch ein grundsätzlich eher lyrisch-dramatischer Tenor mit der richtigen Technik und einer kenntnisreichen Unterweisung (durch Goodall) eine gesanglich wie (stimm-)schaupielerisch sehr gute Leistung abliefern kann. Besonders schön fand ich die Szene in "Siegfried", wo Remedios nach den vergeblichen Versuchen, den Waldvogel nachzuahmen, singt. "Well, that´s not right..." singt und das Publikum lacht. In deutschen Aufführungen findet man sowas leider nur selten.


    Grüße


    GiselherHH

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    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GieselherHH,


    es freut mich das ich Dir Lust auf den Lohengrin und die Gruber-Box machen konnte. Letztere Investition wirst Du allein wegen der großartigen Tannhäuser Auszüge nicht bereuen. Bei jpc.de gibt es diese 3CD-Box für 29,99 Euro. Wie ich finde äußerst wohlfeil für solche Schätze. Das Programm von "Ponto/Mitridate" ist ohnehin sehr spannend (z.B. der Gedda-Lohengrin oder ein toller Macbeth mit Scotto und Bruson). Schau auch mal hier!
    Der Preiser Lohengrin mit dem ätherischen Fehenberger schlägt da mit 44,99 für 3 CDs schon höher zu Buche. Recht teuer für eine Aufnahme deren Rechte abgelaufen sind, wie ich finde. Vielleicht erscheint ja irgendwann eine preiswerte Ausgabe?! Dennoch: Ich liebe beide sehr!


    Ja, der "Ballo" (in dt.) mit Fehenberger ist hervorragend. Auch habenswert ist sein Radames in Karajans Aida von 1951 aus dem Wiener Musikverein. Einfach unglaublich wie Karajan die Priesterszene zum Ende des 1. Aktes dirigiert. Es ist wie ein Wunder, der Chor (Wiener Singverein) klingt wie aus einer anderen Welt. Eine gewisse Hilde Forer (mir gänzlich unbekannt) singt eine großartige Sacerdotessa. Sicher ist Fehenberger nicht unbedingt prädestiniert für "Celeste Aida", aber in der Priesterszene (bei "Nume, che duce ed arbitro") ist er einfach magisch. Und wo gibt es heute einen Spinto wie den von Carla Martinis als Aida?



    Alberto Remedios im Godall-Ring ist wirklich interessant. Endlich ein Siegfried jenseits purer Kraftmeierei (die ihm sicher auch nicht zu Gebote stand). Aber Reginald Goodall macht halt alles möglich... =)


    Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    Weitere interessante Tenöre wären vielleicht Lorenz Fehenberger und Herbert Schachtschneider...


    Letzerer auf jeden Fall.


    Vor ein paar Jahren brachte der "Weltbild" Verlag den "Ring des Nibelungen" und den "Lohengrin" unter Hans Swarowsky und einem "großem Symphonieorchester" heraus.


    Die Umstände der Aufnahmen waren abenteuerlich: Sie entstanden im August 1968 mit der Tschechischen Philharmonie als während der Aufnahmetermine die Nachricht die Runde machte, daß die sowjetische Armee in die damalige CSSR einmarschiert war und die Grenzen geschlossen wurden.
    Immer mehr Orchestermitglieder machten sich auf den Heimweg und mußten durch ortansässige Nürnberger Orchestermitglieder ersetzt werden (die Aufnahmen entstanden in nur vier Wochen als Koproduktion der deutschen Firma "Polyband" und dem italienischen Verlagshaus "Fratelli Fabbri").


    Herbert Schachtschneider, der die Titelpartie im Lohengrin sang, hat sich nach seinem Debut in der norddeutschen Provinz als Stammsinger an der Kölner Oper etabliert. Er war nicht auf Wagner spezialisiert, hat aber bei seinen internationalen Gastspielen vornehmlich als Walther von Stolzing oder auch als Loge auf sich aufmerksam gemacht.


    Der Rolle als Lohengrin war er mühelos gewachsen; abgesehen von einem stellenweise etwas nasalem Timbre lieferte er ein sprachlich und stimmlich sehr überzeugendes Rollenporträt ab.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Liebe Wagnerfreunde,


    Nachdem wir nun durchaus ertragreich dem einen oder anderen wenig beachteten Wagnertenor zu neuen Ehren verholfen haben, würde ich den Blick gerne in Richtung Sopran wenden. Wobei hier nicht nur der hochdramatische Sopran zur Geltung kommen soll.


    Birgit Nilsson gilt vielen heute als die einzige wirklich Exponentin ihres Faches. Namen wie Rita Hunter oder Amy Shuard finden in diesem Zusammenhang selten Erwähnung. Auch im jugendlich-dramatischen Fach bzw. lyrischen Fach werden einige Stimmen sicher zu unrecht allzu selten genannt. Was ist mit Margarete Bäumer, Ingrid Bjoner, Grè Brouwenstijn, Hildegard Hillebrecht oder Trude Eipperle (wie viele ließen sich noch nennen..)?


    Wieder will ich den Anfang machen. Mein erster Vorschlag: Ludmila Dvoráková


    Ist für euch Birgit Nilsson die einzig seligmachende Wagnersängerin, oder seht ihr Alternativen die ihr durchaus das Wasser reichen können?


    Herzliche Grüße aus Berlin


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Ludmila Dvoráková


    Ludmila Dvorakova war über 20 Jahre der führende hochdramatische Sopran der Berliner Lindenoper und läßt noch heute bei Nennung ihres Namens einige Melomanen ins schwärmen geraten. Man schätzte ihr ausdrucksvolles Spiel ebenso wie die dunkle, pastose Stimme unverwechselbaren Timbres von großer Musikalität und Stilempfinden. Seit Mitte der 60er auch in Bayreuth in ihren Paradepartien gefeiert (nicht jedoch mit der Isolde), verhindern lediglich ihre schmalen akustischen Hinterlassenschaften den Fortbestand ihres Erbes bei den jüngeren Enthusiasten und lassen vielmehr die hierdurch unendlich begünstigte Birgit Nilsson - sicher nicht immer gerechtfertigt - als hehres Ideal des Wagnergesangs dieser Zeit erscheinen. Allenfalls als Gutrune im Böhm-Ring ein Begriff, beginnen nun (wie schon mit der Schröder-Feinen geschehen) kleine aber wichtige Label diese große Sängerdarstellerin der Vergessenheit zu entreißen. Ihre Bayreuther Venus von 1966 (neben Thomas, Rysanek) ist neuerlich bei „Golden Melodram“ erschienen, ebenso wie ihre Ortrud aus 1968 neben dem zuverlässigen aber unerträglich groben Lohengrin James Kings. Bei „Ars Vivendi“ gab es (jetzt wohl bei "Berlin Classics") Lohengrin-Szenen unter Suitner zu bestaunen, wobei hier leider nur der Ortrud-Telramund Dialog dokumentiert ist. Schostakowitschs Katerina kann mit etwas Glück ebenso ausgegraben werden wie ihre Don Carlos-Elisabetta. In meine Hände geriet kürzlich auch ihre Ariadne neben Jess Thomas und Janis Martin aus San Francisco.




    In Sammlerkreisen tauchen in der letzten Zeit vermehrt Kopien von nie zu CD-Ehren gekommenen Prager „Wagner-Szenen“ aus 1967 auf. Grund genug, den Ruhm der Sängerin anhand dieses repräsentativen Albums zu überprüfen.


    Das Programm beginnt mit einer herrlich elegischen „Allmächtgen Jungfrau“ die alle Meriten der Stimme vergegenwärtigt. Ihre Elisabeth, die sie nie auf der Bühne kreierte ist wahrlich „rein und engelgleich“. Sie profitiert hier gleichermaßen vom resonanten tiefen Register wie von der oben glanzvoll aufblühenden Stimme. Diese wird mit prachtvollem Legato geführt das nur durch die etwas unstete Atmung in seiner Wirkung beeinträchtigt wird.


    Isoldes Erzählung aus dem 1. Akt wird mit viel Aplomp jedoch ohne falsche Hysterie vorgetragen. Einen Höhepunkt der Zusammenstellung bietet ohne Zweifel Isoldes Liebestod als Musterbeispiel für erfüllten Wagnergesang. Der Autor steht nicht an diesen Vergleich zu ziehen, doch meint er das lediglich Jessye Norman ’87 unter Karajan der Sängerin an Opulenz des Tones beikommen kann und sie nur durch die Mödl ’52 an Intensität übertroffen wird. Die Dvoráková schließt mit einem wahrlich himmlischen fis und macht hiermit die Probleme mit dem Idiom vollends vergessen.



    Sieglindes „Der Männer Sippe“, wenn auch geringfügig intonationsgetrübt harmoniert hervorragend mit der schattigen Mittellage.


    Sehr nobel kann sie als Brünnhilde mit „Ewig war, ewig bin ich“ für sich einnehmen. Wir hören einen makellos gebildeten Triller genauso wie ein trompetenhaftes c‘‘‘. Eine letzte Bestätigung – wenn sie denn nötig wäre – liefert schließlich „Starke Scheite“. Feinste dynamische Nuancen gehen mit glanzvoll modulierten Phrasen („Ruhe, ruhe du Gott!“) und viel potentem Höhenstrahl einher. Die Dvoráková ist hier weit entfernt vom matronenhaften Ausdruck und doch sehr feminin in ihrer bedingungslosen Hingabe, die das Ende für den Hörer so unausweichlich erscheinen läßt wie selten zuvor.

    Ihr Ehemann Rudolf Vasata unterstützt das Gelingen nach Kräften und musiziert mit dem Orchester des Nationaltheaters Prag einen zupackenden wenn auch nicht immer präzisen Wagner. Die Qualität der Überspielung ist von einigem Knistern abgesehen mehr als zufriedenstellend.



    „Keine wie sie“ möchte man also mit Wagner ausrufen. So bleibt am Ende diese Erlebnisses nur ein Wunsch: Man begehrt mehr hören zu wollen von dieser außergewöhnlichen Sängerin, die ohne Zweifel eine der reichsten und klangvollsten dramatischen Sopranstimmen dieser Jahre besaß. Wir erleben Expressivität die ihre Wirkung einzig aus musikalischer Intelligenz bezieht und hierdurch jegliche außermusikalische Bemühungen negiert. Eine große Stimme, eine Künstlerin ersten Ranges.


    Wer kennt und schätzt sie? Was denkt Ihr über sie?


    Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Hallo Gino,


    da von Frau Dvoráková - wie Du schon konstatiert hast - nicht sehr viele akustische Hinterlassenschaften verfügbar sind, hatte ich bisher wenig Gelegenheit sie kennenzulernen - in meiner Sammlung verfügbar sind lediglich die Gutrune im Böhm-Ring und die Ortrud in Bayreuth 1968 unter Erede. Nachdem ich mir den "Lohengrin" nochmal ausschnittweise angehört habe (King finde ich da gar nicht mal sooo schlecht, er hat bei Lohengrins Abschied einige sehr schöne Momente durch den Einsatz seiner Kopfstimme), muß ich Dir hinsichtlich der stimmlichen Qualitäten recht geben. Eine wirklich klanglich sehr schöne und angenehme Stimme von recht pastosem Charakter, dabei technisch hervorragend geführt und mit einer gut ansprechenden Höhe. Wenn Du Frau Dvoráková so gern magst, kann ich verstehen, daß Du Nilssons vergleichsweise schneidender und metallischer Stimme wenig abgewinnen kannst. Ein Problem hatte ich bei ihr allerdings: im Vergleich etwa zum Telramund McIntyres mangelte es bei Frau Dvoráková an der Textverständlichkeit. Da Du mehr Platten von ihr kennst: ist der 68er Lohengrin nur eine Ausnahme oder zieht sich das durch alle ihre Aufnahmen?


    Grüße


    GiselherHH


    P.S. Was hältst Du von Roberta Knie? Ich habe sie auf einem Mitschnitt im ersten Jahr des Chereau-Ringes gehört (76er Götterdämmerung) und war im Vergleich zu etwa Frau Jones recht angetan.


    P.P.S. Noch eine ganz interessante Information zu Claude Heater. In dem berühmten Hollywood-Klassiker "Ben Hur" (mit Charlton Heston) spielt er Jesus Christus (ist aber nicht zu erkennen, da er nur mit dem Rücken zur Kamera gefilmt wurde). Er bekam die Rolle, weil er ein guter Freund von Regisseur William Wyler war.

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    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Hallo GiselherHH,


    wie hast Du nur zwischen den Zeilen herauslesen können, daß Birgit Nilsson nicht meine erste Wahl ist? Wollte das nicht so klar formulieren um mich nicht bei allen anderen Wagnerfreunden von Anbeginn ins Abseits zu manövrieren. ;)
    Meine Probleme mit Frau Nilsson müßte ich vielleicht gesondert darlegen. Aber natürlich ist ihr Sopran eine absolute Ausnahmeerscheinung. Sie hätte aber, so finde ich, viel mehr aus ihren wirklich begnadeten Anlagen machen können. Für mich klingt sie immer nach Nilsson, selten nach Isolde oder Brünnhilde und schon gar nicht nach Elisabeth oder Venus. Sicher davon ausgenommen ist ihr wirklich tief empfundenes Isoldenportrait in dem legendären 66' Böhm-Mittschnitt. Unter Solti klingt sie mir aber wieder viel zu pauschal. Absurderweise gefällt sie mir, die der Inbegriff des Wagnersoprans ist, in einer Verdipartie am besten. Als Lady Macbeth! Ihr zuweilen schneidender Ton wird hier zum charakterisierenden Moment.




    Ludmila Dvoráková - links: Ortrud, Bayreuth 1968; rechts: Portrait


    Zu Ludmila Dvoráková: Nun, tatsächlich ist ihr Diktion etwas verwaschen, ihre Vokale leicht denaturalisiert. Das zieht sich leider durch alle ihr Tondokumente. Aber wie Du schon sagst, die Qualitäten ihrer Stimme sind ausnehmend. Es ist natürlich keine musikalische Kategorie, aber sieht sie nicht auch umwerfend aus (s.o.)? Ich denke, sie muß sehr glaubwürdig als Isolde gewirkt haben.


    Schön das du den Bayreuther Lohengrin mit ihr besitzt (ich kaufte in übrigens gleich nach Erscheinen bei "Da Caruso" links neben der Wiener Staatsoper). Ich kann mir nicht helfen, aber King ist mir einfach zu robust und auch im Abschied noch vielzusehr der diesseitigen Welt verhaftet.



    Roberta Knie - Brünnhilde, Bayreuth 1974


    Roberta Knie würde ich Gwyneth Jones auch deutlich vorziehen. Ihre große Karriere dauerte leider nur allzu kurz. Sie begann 1974 (Bühnendebüt 1964) mit ihrem äußerst kurzfristigen Einspringen in Bayreuth als Brünnhilde und endete schon 1982 nach einer Salome in Barcelona. Eine Stimmbanderkrankung aus dem Jahr zuvor muß wohl die Ursache gewesen sein. Ich hörte sie einmal als Isolde in einem kompletten Tristan (CBC), was ich als sehr beachtlich in Erinnerung habe.


    Danke für den überraschenden Hinweis auf Claude Heater. Also kann man wohl doch nicht behaupten er sei keinem größeren Publikum bekannt. :D


    Herzliche Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Hallo GiselherHH,


    es freut mich, dass dir die Stimme von Eberhard KATZ gefällt, ein eher unterschätzter Tenor der 60er und 70er Jahre, obwohl europaweit vor allem als SIEGMUND und HERRMANN ("Pique Dame") sehr gefragt.
    Aber er hat auch u.a. als MAX, FLORESTAN, LOHENGRIN, TRISTAN, BACCHUS, HERODES... nicht nur in Köln, seinem Stammhaus, sondern auch während der legendären Ära Wilhelm Schüchters in Dortmund Maßstäbe gesetzt, die heutzutage vielen sog. Heldentenören zur Ehre gereichen könnten.


    Nach KATZ' plötzlichem Tod im Mai 2002 hat mir seine Witwe Lilli sein gesamtes künstlerische Vermächtnis zwecks Archivierung übergeben; daraus ist eine reich illustrierte Biografie (viele Fotos, Kritiken, Besetzungszettel...) mit einem Vorwort von Michael Hampe, dem langjährigen Kölner Opernintendanten und international gefragten Regisseur, geworden.
    Außerdem enthält das Buch eine CD mit unveröffentlichten Live-Aufnahmen des Sängers, u.a. Arien u. Szenen aus FREISCHÜTZ, FIDELIO, WALKÜRE, TANNHÄUSER, MACBETH, TROUBADOUR, VERDI-REQUIEM, PIQUE DAME, DIE FLEDERMAUS...


    Beste Grüße aus Siegen, der Geburtsstadt von Fritz und Adolf Busch,
    Klaus

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  • Hallo Gino,


    zunächst vielen Dank dafür, dass du die Diskussion über (fast) vergessene Wagnersänger mit Erfolg angestoßen hast.


    ERNST GRUBER: Welch ein 'Tannhäuser', der Ambivalenz und Zerissenheit der Partie nicht überzeugender hätte darstellen können und mit einer Stimme aufzuwarten wusste, die nicht nur heutzutage "Mangelware" ist: MELCHIOR ist gut, aber GRUBER ist besser!


    Immerhin hast du mit deinem Beitrag erreicht, dass ich mir mein Archiv mal wieder intensiver zu Gemüte geführt habe und da bin ich auf einen TANNHÄUSER vom November 1953 aus Leipzig gestoßen:


    Neben GRUBER die fabelhafte Brünnhild FRIEDLAND: Hier wird Wagner gesungen, zarte Nuancen klingen wirklich, das Duett des 2. Aktes einzigartig.


    Kein Wunder, dass der gesamte musikalische Eindruck mehr als überzeugt: War doch der ML Gerhard Pflüger Schüler von Fritz Busch!


    Vergessen eine Reihe der 'kleinen' Großen, die kaum jemand wirklich wahrgenommen hat?


    Einer davon ist Eberhard Katz, mit dem mich eine jahrzehntelange Freundschaft verband und dem ich nach seinem plötzlichen Tod vor drei Jahren eine Biografie mit einer CD von unveröffentlichten Live-Aufnahmen gewidmet habe.


    Aber bevor man mich im Forum wegen möglicher Eigenwerbung sperrt, besteht ja auch die Möglichkeit nachzufragen, wenn man wissen will, wie ein Tannhäuser Mitte der 60er in Köln geklungen hat


    Herzliche Grüße aus der Fritz Busch-Stadt Siegen
    Klaus

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    ......... Jean Cox sagen, der stimmlich grundsolide Anlagen zum wirklichen Heldentenor hatte. .


    Jean Cox habe ich in guter Erinnerung. Auf den Varviso Meistersingern fehlt ihm für Stolzing das jugendlich Strahlende. Aber ich habe ihn im Wuppertaler Ring (ich meine Anfang der 80er) wiederholt live erlebt, als er dort als Einspringer, selbst schon in den 60ern, die Siegfriede sang. Ein robuster, echter Heldentenor mit kräftiger Stimme und großer Bühnenpräsenz. Jahre später habe ich mich wehmütig daran erinnert, als ich erlebte, wie sich Jerusalem in Bayreuth daran versuchte.......

    res severa verum gaudium


    Herzliche Grüße aus Sachsen
    Misha

  • Zitat

    Original von Klaus Schreiber
    Hallo Gino,


    zunächst vielen Dank dafür, dass du die Diskussion über (fast) vergessene Wagnersänger mit Erfolg angestoßen hast.


    ERNST GRUBER: Welch ein 'Tannhäuser', der Ambivalenz und Zerissenheit der Partie nicht überzeugender hätte darstellen können und mit einer Stimme aufzuwarten wusste, die nicht nur heutzutage "Mangelware" ist: MELCHIOR ist gut, aber GRUBER ist besser!


    Hallo Klaus,


    ich freue mich sehr - hätte es nicht für möglich gehalten - jemanden zu finden, der den Tannhäuser Grubers wie ich, über alle anderen Interpreten dieser Partie stellt. Lauritz Melchiors Größe kann niemand bestreiten, ich persönlich habe jedoch oft Probleme mit seinem recht gemütlichen Temperament. Was Engagement und Ausdrucksenergie betrifft, kommt der von mir heiß geliebte Max Lorenz Gruber am nächsten.


    Ich fand nach einigem Suchen folgendes tolles Bild des Sängers in meinem kleinen Bildarchiv:



    Es ist eine der großen Unterlassungssünden der Schallplattengeschichte sein Andenken nicht durch einschlägige Produktionen bewahrt zu haben. So singt z.B. 1968 im Westteil Berlins ein dürrer und müder Wolfgang Windgassen in der DGG Tannhäuser Produktion unter Otto Gerdes, während Gruber zeitgleich auf der Ostseite engagiert war. Diese langweilige, nahezu überflüssige Produktion wäre mit Ernst Gruber ein Fest geworden.



    Herliche Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Lieber Gino,


    vielen Dank für dein fabelhaftes Gruber-Foto, das bereits einen Ehrenplatz in meinem Archiv eingenommen hat.


    Tja, mit Max Lorenz ist das so eine Sache.
    Er muss ein faszinierender Sängerdarsteller gewesen sein, den ich leider auf der Bühne nicht erlebt habe.
    Einige Aufnahmen habe ich mir gestern noch einmal angehört und muss leider sagen, dass er mich auf Platte zwar beeindruckt wegen seines energisch-kraftvollen Vortrags, aber sein wenig kantables Singen mag ich überhaupt nicht. Bei Walthers Probelied machen sich zudem hoher Atemdruck und unreine Intonation negativ bermerkbar, außerdem in "NOTHUNG, NOTHUNG.." eine Überbetonung der sprachlichen Artikulation und ein ständiges Aufreißen hoher Töne.
    In der Romerzählung von 1942 erfahre ich einen demaklatorischen Sprechgesang, der mit Klang angereichert wird, anstatt die Worte in Klang zu betten. Zudem ist die harte, spröde Tongebung für mein Empfinden so strak ausgeprägt wie kaum bei einem anderen Sängerkollegen. Da bevorzuge ich schon deutlicher etliche andere, so z.B. auch Eberhard Katz, der zwar nicht über das Lorenz'sche Metall verfügte, dafür aber die weitaus angenehmere Kantabitität und auch die bessere Wortverständlichkeit besaß.
    Schluss der Beckmesserei und folgende Frage:
    Kennst du den spanischen Heldentenor ISIDORO FAGOAGA (1895-1976), der von 1926-1934 an der Scala Siegmund, Siegfried und Parsifal, an anderen Bühnen auch Tannhäuser und Tristan gesungen hat.
    Es soll Columbia-Aufnahmen aus der Zeit um 1930 geben...
    Für sachdienliche Hinweise wäre ich dir sehr dankbar.


    Herzliche Grüße
    Klaus

  • Hallo Klaus,


    über ISIDORO FAGOAGA kann ich ebenfalls lediglich die Fachliteratur bemühen. Ich besitzte nur eine CD mit dem Titel "Great Voices at Teatro Regio" auf der er mit einem kurzen Götterdämmerungs-Auszug, dazu in italienisch, zu hören ist.


    Deine Worte zu Max Lorenz haben mich gereizt, einen Thread zu eröffnen:


    MAX LORENZ - WAGNER wahrhaftig



    Viele Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

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  • Zitat

    Original von Gino_Poosch
    Er (Hans Beirer) ist sicher ein "wissender" Sänger und durchweg engagiert, singt musikalisch aber oft ungenau und neigt zu heftigsten Schmissen (Sängerstreit 2. Akt).Gino


    Spät, aber hoffentlich nicht zu spät möchte auch ich auf dieses mich sehr interessierende Thema eingehen. Ausgehen würde ich gerne von Ginos Bezeichnung Hans Beirers als "wissender" Sänger. Ist damit gemeint, daß Beirer wußte, worauf es bei einem Heldentenor ankommt, oder daß er ein "intelligenter" oder gar "intellektueller" Sänger war?
    Als früher in Hamburg lebender regelmäßiger Operngänger war es unumgänglich, Beirer als Wagner-Tenor, doch auch als Florestan und Othello zu begegnen. Er schien Alleinvertertungsanspruch auf die schweren Helden zu haben. Die Tatsache, daß man über eine (zu) lange Zeit niemanden außer ihm zu hören bekam, führte zu einer aus heutigen Sicht ungerechten Behandlung von Teilen des Stammpublikums, das ihn oftmals ausbuhte. Wäre man heute vielleicht froh, einen vom Material her richtigen Heldentenor in der Nachfolge eines Lauritz Melchior zu hören? Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre es von der damaligen Intendanz klüger gewesen, nicht nur auf Beirer zu setzen und dem Publikum etwas Abwechslung zu gönnen, in der Hoffnung, es würde dann die wahren Qualitäten Beirers erkennen.


    Den nicht nur von Gino geschätzten Ernst Gruber hörte ich 1966 bei Besuchen im damaligen Ost-Berlin als Jung- und Alt-Siegfried, doch zu meiner Schande muß ich geschehen, daß ich keine Erinnerung mehr an diese Stimme habe, anders als an Martin Ritzmann, als Stolzing und Lohengrin ebenfalls bei Wagner eingesetzt. Sicher alles andere als ein schwerer Held, doch auf Grund seiner geschmeidigen Stimmführung und Höhensicherheit sehr geeignet für die höher gelegenen Partien (wie auch für Bacchus).


    Doch nun zu dem von Giselher als "ewiges Talent" titulierten Ernst Kozub, den ich in den verschiedensten Rollen erlebte, manchmal erlitt und der in meinen Augen mehr war als nur ein Talent. Ich wage einmal die Prophezeiung, man würde sich heute die Finger nach einem solchen Tenor lecken, der baritonale Grundierung mit metallischer Durchschlagskraft und strahlenden Höhen vereinte. Wenn nur die Nerven besser gewesen wären!!!
    Im italienischen Fach (damals noch deutsch gesungen) spielten diese ihm keinen Streich, doch bei Strauss oder Wagner! Wenn Kozub als Bacchus bereits bei den "Circe"-Rufen hinter der Bühne kiekste, wußter man, der Abend war gelaufen; er würde sich nicht mehr "einkriegen". Und als FroSch-Kaiser, der ihm ansonsten großartig in der Kehle lag, war er, wann immer ich ihn hörte, immer nur einen Akt fantastisch, dann ging er ein. Als Tannhäuser litt man mit ihm; es schnürte sich einem die Kehle zu, wenn die seine immer enger wurde, und als Stolzing, der er ein einziges Mal sogar in Bayreuth singen durfte, konnte man sich auch nicht ruhig zurücklehnen und den Abend genießen.


    Ernst Kozub in dieser Beziehung ähnlich war Robert Schunk, auch im Stimmklang gab es gewisse Ähnlichkeiten, wenn die von Schunk auch etwas weicher, nicht so metallisch gewesen war. Wie Kozub versteckte auch Schunk hinter einer "schnodderigen" Fassade, wie dünnhäutig und unsicher er war. Vor den Vorstellungen pflegte er ins Einsingzimmer zu gehen und mit voller Stimme die ganze Partie durchzusingen. Er hatte nicht das glückliche Naturell einer Möd oder Silja, die von sich behaupteten, sich niemals einzusingen, weil ihnen das hinterher auf der Bühne fehlte! Schunk war ein hervorragender Erik und Stolzing, gut auch als Siegmund und Parsifal, obwohl er in Rollen, in denen er seine Höhensicherheit ausleben konnte, noch besser war, so auch als Kaiser. Eigentlich unverständlich, daß aus ihm nicht mehr geworden ist und er frühzeitig das Singen aufgab.


    Dies tat auch ein Tenor, an dem sich vielleicht nur noch wenige erinnern : Karl-Josef Hering war in den 60er Jahren an der Deutschen Oper Berlin engaiert und sang dort u.a. im Sellner-"Ring" den Siegfried. Meinen Informationen zufolge hat Hering es dann allerdings vorgezogen, in einer Wannsee-Gaststätte als Wirt zu fungieren, oder bin ich da schlecht informiert?


    Erinnert sei auch an Hans Hopf, nach seinem Stolzing 1951/52 in Bayreuth nicht nur dort, sondern auch and der Met Siegfried singend. Wie Beirer, der von der Operette herkam (vgl. Ritzmann), war Hopf ursprünglicher Tenor (m.W. existiert sogar ein Ottavio von ihm), der sich sukzessive zum Helden entwickelte, dafür dank seiner baritonal getönten Stimme auch sehr geeignet.


    Wenn in Hamburg ausnahmsweise einmal eine Wagner-Oper ohne Beirer gegeben wurde, durfte Sebastian Feiersinger aus Nürnberg ran. Kennt den noch jemand?


    Für eine kurze Zeit durfte sich auch Heribert Steinbach Hoffnungen auf eine Heldentenor-Karriere machen. In Bayreuth sang er kleine Partien, in denen sein Material aufhorchen ließ. Von ihm erinnere ich den Ausspruch : "Wenn man mich in Deutschland keine Karriere machen läßt, mache ich die eben im Ausland!" Und hat er sie gemacht?


    Zwei "Helden" kommen aus dem Land, in dem ich lebe, aus Finnland : Pekka Nuotio, früher ein auch in Deutschland gefragter Tristan, und Heikki Siukola, der ich in derselben Rolle zwei Mal in Savonlinna erlitt. Welch ein heldentenorales Material, welch eine Beherrschung des Falschsingens! Ein Fachmann für Distonieren.


    Aus Finnland grüßt


    Sune

  • Hallo Sune


    Zitat

    Zwei "Helden" kommen aus dem Land, in dem ich lebe, aus Finnland : Pekka Nuotio, früher ein auch in Deutschland gefragter Tristan, und Heikki Siukola, der ich in derselben Rolle zwei Mal in Savonlinna erlitt. Welch ein heldentenorales Material, welch eine Beherrschung des Falschsingens! Ein Fachmann für Distonieren.


    Heikki Siukola konnte ich mehrmals als Tannhäuser hören. Ich kann deine Beschreibung bestätigen, allerdings muss ich hinzufügen, dass er wirklich mit "Inbrunst im Herzen" sang. Wie er sich in diese Rolle stürzte und das auch den ganzen Abend durchhielt bekommt man nicht häufig zu hören. Definitiv nichts für Gesangsästheten, aber die Performance entschädigte doch irgendwie für die technischen Mängel.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Mir fallen als erlebte Wagnertenöre noch ein:


    Spas Wenkhoff als Tannhäuser,der bulgarische Tenor zeichnete sich durch gute Textverständlichkeit aus,auch war sein Stehvermögen in dieser schwierigenPartie enorm.


    Peter Hofmann als Siegmund eine Idealbesetzung,als Lohengrin und als Parsifal in seiner Glanzzeit sicher erste Wahl.


    Manfred Jung als junger und älterer Siegfried immer dann zur Stelle,wenn den hochgepriesenen shootingstars vor Nervenflattern die Stimme versagte (z.B.König bei Solti in Bayreuth).Im Jahrhundertring Chéreaus unter Boulez eine tragende Säule.
    Als Tristan sehr gutes Stehvermögen dank intelligent eingesetzter Stimme,die man allerdings mögen sollte.


    Richard Versalle als Tannhäuser in Bayreuth ab 1985,ursprünglich die Zweitbesetzung nach R.Kollo.Doch dann der Tannhäuser über mehrere Jahre und erklärter Publikumsliebling.Er hat dank kluger Führung durch Giuseppe Sinopoli sein Potential optimal zur Geltung gebracht.


    William Pell als Parsifal 1989 in Bayreuth.Zu früh ins kalte Wasser geworfen und daher später nicht mehr in Erscheinung getreten.Watraud Meier als Kundry hat ihn glatt an die Wand gesungen.
    Ein weiteres Agentenopfer.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Hallo Siegfried!


    Langsam komme ich mir wie Beckmesser vor (oder angesichts Deines Namens wie Hagen?), aber abgesehen, daß Manfred Jung im Bayreuther Solti-Ring für Reiner Goldberg und nicht für Klaus König einsprang, halte ich Deine Anmerkung über seine Stimme, "die man allerdings mögen sollte" für höchst untertreibend. Natürlich war er auf Grund seiner Zuverlässigkeit in der damaligen Zeit für Bayreuth unverzichtbar (aus Mangel an Alternativen), aber ich hielt ihn schon damals eher für einen Charaktertenor als für einen Heldentenor. Die Entwicklung zur Hexe in "Hänsel und Gretel" bzw. zu Mime war m.E. nur konsequent.


    Bis auf William Pell habe ich auch die anderen von Dir genannten Tenöre in natura gehört. Die Textverständlichkeit Spas Wenkoffs ist mir neu; nach meiner Meinung stand dieser seine offene Tongebung entgegen, so daß seine Artikulation für mich eher wie Vokalisen klang.
    Auch würde ich Peter Hofmann weder als Idealbesetzung für Siegmund noch als erste Wahl für Parsifal bezeichnen, wenn auch beide Partien dem ehemaligen Bariton eher entgegenkamen (ich habe allerdings sehr gute Parsifal-Aufführungen von ihm gehört und gesehen), als Lohengrin fand ich ihn nie überzeugend.
    Richard Versalles Stimme war recht hell und für Wagner ungewöhnlich hoch gelagert. Deshalb hatte er auch mit Tannhäusers hoher Tessitura nie Schwierigkeiten. Selten hörte ich einen Tenor (vielleicht Wolfgang Schmidt?), der diese Partie derart mühelos bewältigte, selten aber auch einen, der mich so kalt ließ.


    Nochmals mit der Bitte um Pardon für meinen erneuten Widerspruch (ich freue mich schon auf die Gelegenheit, Dir zustimmen zu können)


    Sune

  • Hallo Sune,


    als Hagen trete bitte nicht in meine Kreise,denn meine verwundbare Stelle wurde mir schon einmal zum Verhängnis.Dann lieber als Beckmesser mit teilweise durchaus berechtigten Korrekturen.
    Natürlich war Reiner Goldberg der Unglücksrabe.Als Zyniker könnte ich einfach erwidern: Du hast den Test bestanden! Doch bin ich ehrlich genug,meinen Fehler einzugestehen. Danke also für die Richtigstellung.
    Da ein Forum wie dieses vom Dialog lebt,ist dein Pardon nicht erforderlich.Generell möchte ich sagen,daß geäußerte Meinungen durchaus konträr betrachtet werden können,sogar müssen.So viel Toleranz muß einfach beansprucht und auch gewährt werden können.


    Meine Ausführungen zu P.Hofmann,M.Jung und S.Wenkhoff basieren auf besuchten Opernaufführungen in der Württembergischen Staatsoper Stuttgart sowie auf Bayreuther Fernsehübertragungen,besagte Werke wurden also in verschiedenen Inszenierungen und über einen Zeitraum von ca.2 Jahren gehört und gesehen.Und da wir wissen,daß kein Sänger stets auf gleichem Niveau singen kann,mögen hier schon unterschiedliche Wertungen erfolgen.Auch spielt hier eine Rolle,wie sympathisch man einen Sänger findet usw.
    Neu war für mich,daß Jung den Mime auch gesungen hat.Als Loge erinnere ich mich ihn später mal gehört zu haben.
    Über W.Schmidt sind wir uns einig.Keine angenehme Stimme und als Tannhäuser falsch besetzt. Errare humanum est!

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • Liebe Wagnerfreunde im Forum!


    Vielleicht lässt sich dieser Thread ja wiederbeleben ...


    Nachdem es zu den Heldentenören (auch im eigenen Thread) ja recht viel gibt, lohnt es sich ja vielleiocht, sich mal den Baritonen zuzuwenden.


    Als erklärter Fan des großen Hans Hotter (den ich leider nie auf der Bühne erlebt habe, der aber meine Opernbegeisterung entscheidend mit angefacht hat), sei dieser Name als erstes genannt.


    Die weiteren Größen der Bayreuther Nachkriegsjahre: George London, Hermann Uhde, Theo Adam, Thomas Stewart, dann Donald McIntyre.


    Weniger bekannt: Heinz Imdahl, Rolf Kühne, Jerome Hines (ok, war eher ein Bass).


    Ich würde mich freuen, wenn sich eine Diskussion anregen ließe und der eine oder andere Forianer auch eigene Erfahrungen einbringen könnte!



    Gruß, Dieter

  • Nur dem Threadtitel entsprechend "groß und vergessen" trifft wohl nur auf die drei zuletzt genannten zu.


    Ehe ich in meinem Gedächtnis nach Baritonen und Bässen krame, möchte ich aber noch einen Tenor in Erinnerung rufen, nämlich den Engländer John Mitchinson. Selbst im Internet finde zumindest ich weder eine Biografie noch ein Rollenverzeichnis.
    Ich kenne Mitchinson bezüglich Wagner als unglaublich intensiven Tristan unter Goodall, als grandiosen Rienzi und als nicht minder fabelhaften Arindal in den "Feen". Er müsste auch andere Wagner-Rollen gesungen haben, ich kann dafür aber keinen Nachweis finden. Vielleicht weiß einer unserer Taministen Rat.

    ...

  • Hallo Edwin,
    John Mitchinson war wohl ziemlich weit von einem"Großen
    Wagnersänger" entfernt.Er hat in der Hauptsache als Konzert-
    sänger gewirkt.Auf Tonträger,z.B.in:Theresiemesse(Haydn),
    Glagolitische Messe(Janacek),achte Sinf.(Mahler).Seine Opern-
    Einspielungen sind:Beatice et Bénédict(Berlioz),
    Titus u.Idomeneo(Mozart)und von Wagner: Die Feen,Rienzi und
    Tristan u.Isolde.Ich denke,daß es eine Laune von R.Goodall war,
    den Tristan mit ihm zu besetzen.Damit ich nicht falsch verstanden
    werde.Mitchinson war ein guter englischer Tenor,aber kein Tristan.


    Gruß Herbert.


    (Den Smiilie habe ich nicht dahin gedruckt)


    Hallo Herbert,


    Doppelpunkt und D ohne Leerzeichen hintereinander geschrieben werden von der Forensoftware automatisch in das Grinsesmiley umgewandelt. MIT Leerzeichen passiert das nicht.


    herzliche Grüße,
    Thomas

    Tutto nel mondo è burla.

  • Hallo Herbert!


    Ich merke schon, daß wir bezüglich Stimmen einen völlig konträren Geschmack haben. Ich mag halt Sänger, bei denen ich merke, wie sehr sie sich in ihre Rolle hineinsteigern. Dann sind mir auch Mängel der Stimme weitgehend egal. Beim "Tristan" etwa mag ich es, wenn ich merke, wie extrem diese Partie ist.


    Daß Mitchinson primär ein Konzertsänger war, gilt nur für die Aufnahmen. Das Wenige, was ich über ihn herausfand, ist, daß er Ensemblemitglied der English National Opera war und auch in Operetten Sullivans auftrat.


    LG

    ...

  • Ich möchte noch mal an Gertrude Grob-Prandl erinnern, die mir als Isolde Schauer (vor Begeisterung) über den Rücken jagt; leider singt Lorenz in dieser Aufführung "nach Schnauze", aber allein Grob-Prandl ist die Aufnahme, wie auch den Moralt-Ring wert.
    Was haltet ihr von den Ring-Auszügen unter Franz von Hoesslin (Paris 1929) ?
    Es würde mich interessieren, da Henriette Gottlieb, die in Berlin einen Namen hatte, als Brünnhilde sich nicht zu verstecken braucht und es kaum Tondokumente von ihr, die in Auschwitz vergast wurde, gibt.
    (Ein Thread über Sänger, welche der NS-Diktatur zum Opfer fielen, wäre interessant).


    Gruß Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

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