Ein Artikel in der heutigen "Berliner Morgenpost" brachte mich dazu, diese Frage aufzuwerfen. Die Autoren Klaus Geitel und Volker Blech stellen in einer Betrachtung der abgelaufenen Berliner Opernsaison fest: "Das Sonderbarste aber und vielleicht auch das Kennzeichnendste der abgelaufenen Opernsaison war der eminente Rückzug der Produktionen in die Konzerthäuser und ins Konzertante."
Und als Antwort darauf wird gerne das Argument von niedrigeren Kosten und Sanierungszwänge der Häuser genannt. Richtiger ist wohl: Es sieht so aus, "als wollten die Künstler als auch das Publikum die Meisterwerke zwar gerne wiederhören, aber nicht unbedingt auch wieder sehen."Aha. Weiter wird z.B. festgestellt: "Die Berliner Wagner-Inszenierungen haben im Jubiläumsjahr niemanden verstört, noch vom Stuhl gerissen. Irgendwie scheint das deutschlandweit im Trend zu liegen". Dagegen hat der "Regieverächter" Marek Janowski mit seinen konzertanten Wagner-Aufführungen bewiesen, dass es auch Alternativen zu verunstaltenden Regiedeutungen gibt.
Und nun aufgepasst: Endlich einmal haben auch renommierte Rezensenten erkannt, dass der Weg so wohl nicht weiter gehen kann, wenn sie feststellen: "Als Fazit bleibt: Die offenbar unzähmbare Ausdeutungslust vieler Regisseure hat das Musikdrama, als das sich die Oper nach Wagner immer deutlicher verstand, buchstäblich diskreditiert". Wieder aha.
Der Chefdirigent des Konzerthausorchesters Ivan Fischer hat schon angekündigt, in Zukunft öfter konzertante Opernaufführungen zu bringen. Den Anfang macht zur Saisoneröffnung Mozarts Oper "Le nozze di Figaro" als Szenisches Konzert am 22. August im Konzerthaus am Gendarmenmarkt.
Für Fischer ist, wie er im Saisonheft des Konzerthausorchesters ausführt, "die heute übliche Spaltung zwischen Musik und Theater auf der Opernbühne ein Problem". Musikalisch konservativ, aber visuell etwas ganz Neues. Und so will Fischer nicht mehr Oper dirigieren, solange jemand anders Regie führt.
Die Deutsche Oper Berlin hat Verdis "Attila" mit großem Erfolg konzertant aufgeführt. Ebenfalls die "Perlenfischer". Ich war bei den "Perlenfischern" dabei und habe keine Regie vermisst. Die kommende Saison wird mit Donizettis "Maria Stuarda" und Massenets "Werther" konzertant abgeschlossen.
Ich glaube nicht, dass sich hier ein Trend abzeichnet, sich nur mehr auf das rein musikalische zu konzentrieren. Aber die konzertante Form wäre die Antwort auf die Abkehr heutiger Inszenierungen vom Geist des Werkes, den der Komponist vermitteln möchte. Etwas traurig, aber wahr.
Wie seht ihr das? Lieber konzertant als schlechtes Regietheater? Gibt es eigene Erfahrungen zu konzertanten Aufführungen?
Mit besten Grüßen aus Berlin