Ich hatte einmal im einen anderen Thema geäußert, dass ich ein Bühnenbild dann als verfehlt ansehe, wenn man ein Programmheft benötigt, um es sich von diesem erklären zu lassen. Dasselbe gilt natürlich auch für die heutigen entstellten Inszenierungen.
Ein Mitglied dieses Forums wandte nun ein, dass ich doch erklärt hätte, vorher das Libretto zu lesen, um die Inszenierung zu verstehen. Das sind für mich zweierlei Schuhe. Aber wie soll jemand, der – wie er selbst zugibt – sich nie mit der Oper beschäftigt hat, aber dennoch immer etwas dazu zu sagen haben will, diesen Unterschied erkennen?
Zunächst einmal: Ich lese das Libretto, um die Oper (nicht die Inszenierung!) besser zu verstehen. Das brauche ich bei den deutschen Opern in der Regel nicht, ausgenommen vielleicht bei Wagner, dessen Texte von tieferer Bedeutung sind, und man die Worte der Sänger oft nicht vollständig versteht. Ich brauche es auch nicht mehr bei den Standardwerken, die ich kenne und alle schon einmal gesehen und gehört habe (ausgenommen beim "Ring des Nibelungen", wo ich mir immer wieder noch einmal einige Szenen durchlese)
Aber heutzutage werden ja die Opern überwiegend in der Originalsprache gesungen. Die meisten Opernführer haben – auch bei vielen Standardwerken – oft nur eine grobe Inhaltsangabe, manchmal noch nicht einmal dem Ablauf der einzelnen Szenen entsprechend. Ich möchte aber in den einzelnen Szenen wissen, was dort genau geschieht und welchen Inhalt die Gesangspartien der einzelnen Darsteller haben.
Da ist der Opernführer in unserem Forum eigentlich vorbildlich, weil er in der Regel den Inhalt der einzelnen Szenen nach ihrem Ablauf innerhalb der Oper genauer beschreibt.
Ich lese also bei mir noch unbekannten Opern (und ich verfüge inzwischen über viele kaum bekannte Werke) möglichst das Libretto, wenn ich die Sprache kenne eventuell auch im Original, um die Oper – früher im Opernhaus, jetzt fast nur noch auf DVD – besser verfolgen zu können. Bis vor wenigen Jahren gab es – zumindest im Opernhaus – auch noch keine Hilfsmittel wie Unter- oder Übertitel. Ich habe nur einmal im Opernhaus eine Oper mit Übertiteln gesehen, aber meist nicht hingeschaut, weil diese nur von der Musik und dem Geschehen auf der Bühne ablenken.
Auf den gekauften DVDs schalte ich die Untertitel aus, weil sie auch die Optik - vor allem in der Totalen - erheblich stören(dazu habe ich früher auch einmal hier im Forum etwas geschrieben), auf hellem Hintergrund kaum zu lesen sind und auf dem Bildschirm noch mehr als im Opernhaus, wo man sie auch ignorieren kann, von Bild und Ton ablenken.
Im Fernsehen lassen sie sich leider nicht vermeiden. Ich hatte den Sendern 3sat und arte einmal vorgeschlagen, diese für die, die gerne Untertitel wünschen, auf Texttafeln zuschaltbar (ähnlich wie für Hörgeschädigte) zu senden. Das wurde auch einmal getan, später aber wieder unterlassen. Vielleicht ist das auch eine Frage der Lizenz.
Leider hat das Lesen von Libretti, wie auch Mme. Cortese schrieb, heute bei einem Besuch im Opernhaus oder auch vor einer Sendung im Fernsehen (bei der DVD kann ich ja eine vernünftige Inszenierung wählen) in der Regel keinen Zweck mehr, weil man dann die entstellte Inszenierung noch viel weniger versteht.
Liebe Grüße
Gerhard