Max Reger – doch nur eine lokale Größe?

  • Als Orgelkomponist ist Reger aber doch einer der ganz Großen. Sollte ich mich täuschen?

    Joseph II. Du täuschst Dich nicht. Frage Organisten nach den wichtigsten Komponisten für ihr Instrument. Du wirst kurz nach "Bach" den Namen "Reger" hören.


    Blättere bei YouTube: Du findest dort viele Seiten mit Musik von Max Reger. Weit mehr als die Hälfte davon mit Orgelwerken. Gefolgt von Chormusik aus seiner Feder, etwas Kammermusik und nur vereinzelt Orchesterwerke.


    Diese Mischung entspricht der Präsenz von Max Reger auch jenseits der Musik in Konservenform. Seine Domänen sind Kammermusikabende und, ganz besonders, die Kirchen. Beider Konfessionen, wohlgemerkt, galt der Oberpfälzer Erz-Katholik Max Reger doch als "Erneuerer der protestantischen Kirchenmusik".

  • Na, dann möchte ich doch mal ein Beispiel der sperrigen, spröden, schwer zugänglichen Musik Regers hier einstellen:



    Also, da kann man noch Vieles entdecken, was gar nicht so unzugänglich ist! Obwohl es schon wahr ist, manches ist tatsächlich schwere Kost.


    liebe Grüße

  • Vielen Dank Don_Gaiferos für diese hübsche Miniatur, die Max Reger für Streichinstrument schrieb, wahlweise Violine, Viola oder Cello.


    Bei aller Gefälligkeit steckt "der ganze Reger" in diesen anderthalb Minuten. Die von Dir, Don_Galiferos, zitierten Schlagworte ins Positive gewendet: Musik, die sich nicht anbiedert, kompositorische Sorgfalt, Formbewußtsein.

  • Ich verstehe den hier vorherrschenden Tenor nicht. Es gibt eine Fülle hervorragender Einspielungen. Also von den Werken für Solovioline resp. Bratsche über die Streichtrios, die Klaviermusik, das Karinettenquintett gewiß über die großen Orchestervariationen bis hin zum Violin- und Klavierkonzert haben wir doch eine Fülle herrlichster Musik. Das Largo con gran espressione aus Op. 114 hat ein so unbeschreiblich schönes Thema - wo fände sich solch eine Ruhe und Tiefe, und sei es bei Brahms? Bei Reger lohnt es sich immer, dran zu bleiben und zuzuhören. Ich liebe ihn.

    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • farinelli hier ist wieder die Präsenz auf Tonträgern Maß aller Dinge.


    Allerdings, der große Max Reger ist beispielsweise hier in Brasilien nahezu unbekannt. Selbst bei professionellen Musikern. Dem Solo-Cellisten unseres hiesigen Orchesters schenkte ich eine CD mit den Klarinettenquintetten von Mozart/Brahms/Reger. Nach dem Blättern im Booklet die Frage "wer ist denn dieser Max Reger?"...


    :)

  • Hier ein Hinweis auf einen größeren Film, bei dem ich leider noch nicht sicher bin, weil an meinem DVD Player keine vernünftige Anlage hängt, irgendwas bosiges ist dran, was für Kammermusik nicht so berauschend ist.




    Einen Trailer kann man hier sehen


  • Ich möchte noch einen kurzen Film zeigen, der sich mit Reger und seiner Bedeutung beschäftigt. Seine Rezeption ist vielleicht nur deshalb so schwierig, weil die Werke es sind :). Wenn man sich aber drauf einlässt......


  • Vielen Dank an Axel für diese Verlinkungen.


    Orchestermusik steht sowieso im Zentrum bei mir. Da ist Reger keine Ausnahme. Seine Vaterländische Ouverture kenne ich erst seit kurzer Zeit und ich konnte da auch auf keine CD zurückgreifen - kennen muss man diese Nummer aber wirklich nicht.


    Hier die klanglich und interpretatorisch ordentliche Beinahe-Integrale, auch wenn es nicht ganz neue Aufnahmen sind, die vorher einzeln zugänglich waren:



    Ich habe bei Reger in den letzten Jahren trotzdem einen weitergehenden Riesensprung getan, indem ich mittlerweile nahezu einen Großteil der Kammermusik kenne. Die Trioserenaden, das Klarinettenquintett erschließen sich am schnellsten, die Violinsonaten zeigen am deutlichsten den Entwicklungsgang auf, die Streichquartette bieten die größte emotionale Bandbreite. Aber letztlich erschließen sich auch die Werke, die immer gerne als besonders spröde, komplex, unzugänglich deklariert sind. Man muss nur dazu bereit sein.


    Die Gesamtausgabe (da camera magna) habe ich versäumt und will sie jetzt nicht mehr kaufen - falls das überhaupt möglich ist -, da ich das meiste nicht mehr benötige - es liegt mir mit anderen oder sogar den selben Interpreten vor. Man muss fairerweise auch dazusagen, dass die Qualität nicht gleichwertig ist. Das weiß ich aus eigener Erfahrung und aus Rezensionen.


    Für Klavier habe ich alles zumindest ein einziges Mal gehört - da stehen viele Miniaturen neben grandiosen Großkompositionen:



    Markus Becker hat das Gesamtwerk auf 12 CDs eingespielt.


    Was die Chor- und Liedmusik anbelangt, kenne ich ein paar Nummern auch von Laienchorbemühungen unter meiner Beteiligung. Nun denn ... Diskographisch kann ich nur sporadisch mitreden.


    Jetzt muss ich endlich den Orgel-Reger in Angriff nehmen, auch wenn es sehr viele CDs sind. Schon vor vierzig Jahren gab es eine Handvoll Werke, die ich kannte, auch aus Konzerten im Kirchenraum natürlich, aber es war, von der geringen Werkanzahl abgesehen, quasi kein System und kein Zug dahinter. Und es fand auch kaum Erweiterung statt.


    Ich brauche halt dazu noch mehr Muße als zur Kammermusik. An sich habe ich kein Problem mit Orgelmusik - was ja durchaus verbreitet ist, diese Distanz. Eine Distanz, die vermutlich nahezu wörtlich zu nehmen ist. ;)


    Hier die kaum bislang von mir beachtete Anschaffung von vor über einem Jahr:



    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Max Reger kann in puncto Orgel- und Chormusik (...Kammermusik wahrscheinlich auch) bestimmt nicht als "lokale Größe" bezeichnet werden. Die Sache mit Reger ist wohl auch - wie bereits von astewes angedeutet - auf den Schwierigkeitsgrad seiner Werke zurückzuführen.

    Zum Beispiel ist seine Chormusik für mich ganz weit oben anzusiedeln, gleiches gilt für sein Orgelschaffen.


    Ich hatte mal das Glück seinen op.110 (Geistliche Gesänge für gemischten Chor a cappella) singen zu dürfen, bestehend aus drei Motetten:


    • Mein Odem ist schwach

    • Ach Herr,strafe mich nicht

    • O Tod, wie bitter bist du



    Unglaubliche Chormusik, leider bekommt man diese wunderschöne Chormusik kaum zu Gehör, da der Anspruch an die Ausführenden immens ist, dagegen sind selbst die schwierigen Brahms Chorwerke ein relativ Leichtes dagegen.

    Und das Gleiche gilt für viele Reger Werke und ja, vielleicht wirkt seine Musik im ersten Augenblick etwas spröde, doch schon bei wiederholtem Hören entpuppt sich der wahre Reichtum Regers, nicht immer, aber bei doch vielen seiner Werke, so jedenfalls meine Erfahrung.



    Hörtipp:

  • Jetzt muss ich endlich den Orgel-Reger in Angriff nehmen, auch wenn es sehr viele CDs sind. Schon vor vierzig Jahren gab es eine Handvoll Werke, die ich kannte, auch aus Konzerten im Kirchenraum natürlich, aber es war, von der geringen Werkanzahl abgesehen, quasi kein System und kein Zug dahinter. Und es fand auch kaum Erweiterung statt.

    Ich habe mir jetzt aufgrund Deiner Empfehlung die Orgelwerke geholt. Immer, wenn ich in der Kirche Werke von Reger gehört habe, hat es mich umgehauen. :). Ich bin bei dieser Musik mit meiner Anlage zuhause etwas vorsichtig :/. Meistens habe ich Orgelmusik im Bonner Münster, wo ein damaliger Organist seinerzeit regelmäßige Orgelkonzerte veranstaltete (auch Messiaen und andere ) oder in St. Andreas in Köln oder sogar im Dom gehört. Die Wirkung in solchen heiligen Hallen :hail: ist tatsächlich etwas anders, als bei mir zuhause. ;(


    Aber was soll's? Bei dem Preis probiere ich es mal aus.


    Zum Beispiel ist seine Chormusik für mich ganz weit oben anzusiedeln, gleiches gilt für sein Orgelschaffen.

    Ich bin gespannt. Bei der Kammermusik, soweit ich sie kenne (einige Violinsonaten, Cello Solo und Streichquartette), würde ich Dir bedingungslos Recht geben.

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  • Ich habe mir jetzt aufgrund Deiner Empfehlung die Orgelwerke geholt. Immer, wenn ich in der Kirche Werke von Reger gehört habe, hat es mich umgehauen. :). Ich bin bei dieser Musik mit meiner Anlage zuhause etwas vorsichtig :/. Meistens habe ich Orgelmusik im Bonner Münster, wo ein damaliger Organist seinerzeit regelmäßige Orgelkonzerte veranstaltete (auch Messiaen und andere ) oder in St. Andreas in Köln oder sogar im Dom. Die Wirkung in solchen heiligen Hallen :hail: ist tatsächlich etwas anders, als bei mir zuhause. ;(


    Aber was soll's? Bei dem Preis probiere ich es mal aus.

    An diesem Wirkungsaspekt des Kirchenraums ist leider nicht zu rütteln, aber als nicht mehr ganz junges Kaliber habe ich jetzt schlicht das intellektuelle Bedürfnis einer sachgerechten Aufarbeitung. Das meine ich auch gar nicht ironisch, selbst wenn mir gerade auffällt, dass es arg danach klingt ...


    Sagen wir so: Ich kenne den Sound von Orgel-Reger. Das allein genügt mir nicht mehr - es hat mir vor dreißig, vierzig Jahren vollauf genügt. Bei Orgel-Messiaen ist das seltsamerweise immer noch anders ... aber um den es geht es hier nicht und ich will auch nicht die ganze Zeit über mich plaudern.


    Schön, dass Du's ausprobierst! Du merkst ja: Voraus bin ich Dir da nicht - und das hat immer auch eine Sonnenseite - für alle Beteiligten quasi!

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Und diese drei Motetten werde ich mir jetzt gleich bestellen. Chormusik gehört ein wenig zu den Nebenprodukten meinerseits - ähnlich wie Oper und Jazz. Im Lied bin ich mittlerweile stärker drin - auch dank einiger Konzertbesprechungen, die ich zu Jan Kobov mit Rokoko, Schubert und Wolf schreiben durfte. Da will man informiert sein und bestellt gleich das Umfeld mit ... oder hört es endlich mal ...


    Ich nehme Dir Deine Begeisterung ohne Wenn und Aber ab, Meister Apollon, - ich bin mir hundertprozentig sicher, dass ich sie teilen werde. Die Sachen - die wir unterschiedlich schlecht, aber auf jeden Fall schlecht in den beiden Chören gesungen haben, wo ich einst dabei war - enthalten so viel Reizharmonik im (meist) polyphonen Gewebe - einfach erstklassig. Die noch einigermaßen zu bewältigenden Nummern - etwa der Satz Und unserer lieben Frauen Traum, an den ich mich gut erinnere - dürften diesen Reiz ebenso entwickeln wie die komplexeren.


    Aber ich will hier nicht mehr Wissen vortäuschen, als tatsächlich vorhanden. Gerade deshalb freue ich mich auf Deinen CD-Tipp.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Und unserer lieben Frauen Traum...oh Gott, was für ein wünderschönes Stück Musik!


    Da ich schon die DG und Warner Reger Boxen habe, hat mich euer Austausch zu folgender Bestellung beflügelt :)....



    Ihr habt diese Einspielungen nicht explizit genannt, doch wollte ich hiermit das Feld der Kammermusik besser kennenlernen. Freue mich darauf.


    Grüße

    Apollon

  • Die Briten müssen uns Deutschsprachigen vorführen, wo der Stellenwert von Max Regers Musik zu verorten ist. Von lokaler Grösse kann da nicht gesprochen werden. Max Reger ist universell, allumfassend.


    Der Beitrag 36 erwähnt die Box mit 6 DVDs (!). Hier noch der Kommentar, der auf You Tube steht


    "Maximum Reger" gewann 2018 bei den BBC Music Magazine Awards die Auszeichnung "Beste DVD" und wurde im BBC Music Magazine als "ehrgeizig und hervorragend ausgeführt ... Eine äusserst lohnende Leistung, die uns alle überzeugen sollte, Max Regers Platz in der Musikgeschichte erneut zu bestimmen". Das Boxset war Editor's Choice im Gramophone Magazine, in dem Rob Cowan schrieb: "Maximum Reger ist für mich eine Antwort auf ein Gebet."


    Dies ist der Eröffnungsabschnitt des ersten von drei Dokumentarfilmen in Spielfilmlänge, die in der 6-DVD-Box "Maximum Reger" enthalten sind und die Musik des deutschen Komponisten Max Reger (1873 - 1916) erforschen. Das Box-Set enthält ausserdem mehr als 700 Minuten gefilmter Aufführungen von Regers bester Musik (Orgel, Klavier, Instrumental, Kammermusik und Orchester) der besten Musiker und Ensembles.


    Wer sich mit Leben und Werk beschäftigen möchte, ist mit dieser 6er DVD Box gut bedient.


    Die weisse Box von "Da camera Magna", der "Ziegelstein" mit 23 CD in normalen CD-Hüllen, der die Unterschrift Max Regers trägt und die Kammermusik enthält, habe ich auch in meinem Besitz. Antiquarisch wird man sie noch bekommen.


    Nicht alle Aufnahmen überzeugen in ihrer Interpretation, doch es hat echte Perlen darunter. Sie stammen aus den Jahren 1967 bis 1972. Für eine erste Beschäftigung mit dem Kammermusik-Repertoire eine gute Wahl.

    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Endlich mal ein "schwieriger" "musikalischer" Thread er aktiv betrieben wird.

    Und da will ich natürlich auch dabei sein.

    Allerdings gibt es auch Spezialtheads über Rege - Bei Tamino wurde zumindest der Versuch gemacht ihn im Gedächnis zu behalten

    REGER Max: Kammermusik

    REGER Max: Sein Liedschaffen, vorgestellt anhand repräsentativer Beispiele

    REGER Max - Allgemeiner Thread über den Komponisten

    REGER Max - doch nur eine lokale Größe?

    REGER Max - Die Konzerte

    REGER Max: Variationen und Fuge über ein Thema von Mozart op. 132

    REGER Max: Die Streichquartette

    REGER Max: Das Orgelwerk

    REGER Max: Max Reger: sein letztes Werk...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wer sich in#37 den Film angeschaut hat und die Beschreibung von Herbert Blomstedt über den Erstkontakt mit Regers Variationen über ein Thema Mozart angehört und Lust bekommen hat, sich dieses fantastische polyphone Werk anzuhören und nicht über ein Orchester verfügt, sondern nur über zwei Klaviere, dem kann man die Bearbeitung von Reger selbst empfehlen.


    Hier in einer Einspielung mit Jimin Oh-Havenith und Raimund Havenith von Max Regers Op.132a




    Ich habe und liebe die alte Einspielung mit Isabel und Jürg von Vintschger, erschienen bei dem schweizerischen Jecklin Label


  • Mit zwei Klavieren kann ich leider nicht aufwarten, nicht mal mit einem. Aber in meiner Sammlung fand sich eine Aufnahme mit den Mozart Variationan op 132 in der Orchjesterfassung -also ohne den Zusatz "a". Genau jene die mir vor etwa 25 Jahren nicht gefallen hat. Ich war gespannt, wie ach das heute erleben würde.

    Um es kurz zu machen - es war kein Vergleich. Wenngleich ich dennoch nachvollziehen kann was mich damals gestört hat: Reger hüllt Mozarts Thema ( Es stammt aus dem ersten Satz der Klaviersonate in A-dur KV 331) Musik in seine eigene ein, sodaß dieses bei einigen Variationen kaum mehr erkennbar ist, ein Kritiker (1914) der eine positive Kritik schrieb, meinte, die Variationen seine an jenen Stellen am gelungendsten, wo Mozarts Original noch "hindurchschimmert"


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Alfreds sehr schöner Aufnahme möchte ich gerne das folgende Video an die Seite stellen. Niemand Geringeres als Peter Eötvös dirigiert hier das hr - Sinfonie-Orchester, und ich finde diese Aufnahme ganz berückend! Eine bessere Lanze für Reger kann man m. E. gar nicht brechen, tatsächlich schimmert hier Mozart immer wieder durch, aber auch ganz große, schwerblütige, vollmundige, romantische Emotion, das ist schon sehr einnehmend und übt eine große Sogwirkung aus, wie ich finde.


  • Die Briten müssen uns Deutschsprachigen vorführen, wo der Stellenwert von Max Regers Musik zu verorten ist. Von lokaler Grösse kann da nicht gesprochen werden. Max Reger ist universell, allumfassend.


    Der Beitrag 36 erwähnt die Box mit 6 DVDs (!). Hier noch der Kommentar, der auf You Tube steht


    "Maximum Reger" gewann 2018 bei den BBC Music Magazine Awards die Auszeichnung "Beste DVD" und wurde im BBC Music Magazine als "ehrgeizig und hervorragend ausgeführt ... Eine äusserst lohnende Leistung, die uns alle überzeugen sollte, Max Regers Platz in der Musikgeschichte erneut zu bestimmen". Das Boxset war Editor's Choice im Gramophone Magazine, in dem Rob Cowan schrieb: "Maximum Reger ist für mich eine Antwort auf ein Gebet."

    Da ich mir mittlerweile die DVD-Box gekauft habe, möchte ich, soweit ich sie gesehen und gehört habe, etwas dazu sagen.


    Es ist ein "Will Fraser"-Film, was mir bisher nichts gesagt hat. Fraser schreibt, dass er Reger nur mit maßlosem Umfang gerecht werden könne. Es handelt sich also um 6 DVDs! Jeweils eine mit dem Titel "The last Giant" 1-3 und einer folgenden, wo die angesprochenen Stücke jeweils ausgespielt werden. Sehr interessant und liebevoll gestaltet! Das achtzigseitige Beiheft beinhaltet viele Fotos und eine Aufzählung der Stücke. Die Einleitung und manches ist in Fraktur gesetzt, was natürlich der ganz besonderen Eigenheit Regers geschuldet ist, gleichzeitig modern und mit festen Wurzeln im Barock zu stehen. Der rein inhaltliche Teil ist chronologisch aufgebaut, was sehr viel Sinn macht.


    Kleine Randbemerkung: römische Zahldarstellung ist Pflicht :).


    Die Interpreten erzählen davon, wie ihre Liebe zu Reger entstanden ist (zumindest einige). Witzig ist natürlich, deutsche Musiker englisch sprechen zu hören ;(. Aber es gibt ja Untertitel. Wählt man deutsche Untertitel entfallen die sinnigerweise bei rein deutschen Interviews. ^^


    Der Film ist in der Lage, soweit ich ihn jetzt gesehen habe, Person und Musik Regers nahezubringen. Ich schließe mich also der Editor's Choice in Gramophone und der Empfehlung moderato s an. Die Frage bleibt offen, wieso der Film nicht von Deutschen gedreht wurde. Anlass war der hundertste Todestag im Jahre 2016.

  • Die Romatische Suite mit dem grandiosen Schluss ist eines meiner liebsten Werke von Max Reger. Dazu hatte ich vor vier Jahren auch einen eigenen Thread angeleget, der allerdings keine Aufmerksamkeit fand. Mich wunderte das damals nicht, weil anzunehmen war, dass sich kein Mensch für Reger und dieses Stück interssiert. Inzwischen sieht es in dem Thema aus wie auf einem Friedhof. Die Musiklinks führen ins Leere. Das ist keine Seltenheit. Wir werden damit leben müssen. Hier nun leitet Hans Schmidt-Isserstedt das NDR-Sinfonie-Orchester:


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Eine für mich nach wie vor alternativlose Max-Reger-Biographie ist diese da:


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    Erschienen ist sie 2016, anlässlich des 100. Todestages des Komponisten. Verfasserin ist Susanne Popp, die langjährige Direktorin des Max-Reger Institus. Sie erarbeitete zudem das komplette Werkverzeichnis in zwei dicken Bänden. In Kurzform ist es auch im Anhang der Biographie zu finden. Beim Verlag Breitkopf & Härtel ist das Buch noch lieferbar. Die Verfasserin verbindet Regers Leben und Schaffen minutiös mit seiner Zeit. So wird er selbst zum Ausdruck seiner Zeit. Von hohem musikwissenschaftlichen Anspruch getragen, ist diese Biographie sehr lebendig und packend abgefasst. Ich habe sie in einem Zuge gelesen und schlage immer wieder darin nach. Popp will ihre Leser nicht zu Reger überreden. Man muss sich schon aiuf diesen Komponisten einlassen wollen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Eine für mich nach wie vor alternativlose Max-Reger-Biographie ist diese da:

    Vielen Dank für diesen wertvollen Hinweis. Sollte es Dich interessieren, Susanne Pop bestreitet einen Teil der Diskussion hier im ersten Teil über Reger (The Musical Giant Part I) in der oben angegebenen DVD in #36

  • Vielen Dank für diesen wertvollen Hinweis. Sollte es Dich interessieren, Susanne Pop bestreitet einen Teil der Diskussion hier im ersten Teil über Reger (The Musical Giant Part I) in der oben angegebenen DVD in #36

    Guten Morgen astewes, gut, dass Du die Reger-Dokumentation verlinkt hast. Danke. Ich habe sie seinerzeit im TV gesehen und bin froh, dass ich sie mir jetzt sichern kann. Bei der Gelegenheit sah ich sie mir auch erneut an. Sie ist gut gemacht und bringt einen Reger nahe. Es sollte ja eigentlich genügen, sich Komponisten ausschließlich über ihr Werk anzueignen. Im Falle Reger kann es nicht schaden, etwas mehr über sein rastloses Leben, seine Umstände und seine Stellung in seiner Zeit zu wissen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Im Falle Reger kann es nicht schaden, etwas mehr über sein rastloses Leben, seine Umstände und seine Stellung in seiner Zeit zu wissen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist.

    Man muss wahrscheinlich immer etwas vorsichtig sein, biografische Daten als Begründung für musikalische Substanz zu liefern. Das tut der Film aber auch nicht. Biografien und Erzählungen können anregen, sich mit der Musik als solcher zu beschäftigen. Das ist auch in meinen Augen das Verdienst dieser unterhaltsamen Bücher von Alex Ross.


    Was Reger angeht: ja , es kann gut sein, dass er noch einmal richtig wiederentdeckt wird. Zu wünschen wäre es.

  • Man muss wahrscheinlich immer etwas vorsichtig sein, biografische Daten als Begründung für musikalische Substanz zu liefern.

    Gerade diese vielen "Reger-Anekdoten" haben mir seine Werke keinen Deut nähergebracht.

    Was Reger angeht: ja , es kann gut sein, dass er noch einmal richtig wiederentdeckt wird. Zu wünschen wäre es.

    Ich glaube da nicht so recht dran. Er ist etwas aus der Zeit gefallen. In einer Zeit, wo sich für Kontrapunktik und ähnliche hohe Kompositionskunst kaum noch jemand (jenseits der Profis) interessiert, hat er es einfach schwer, verstanden und genossen zu werden.


    Auf alle Fälle rechne ich mir die Wiederbelebung dieses Thread ein Stück weit mit an, denn mein etwas polarisierender Reger-Beitrag in der Künstler-Erinnerung-Rubrik des Monats März veranlasste "astewes" nicht nur zu einer dortigen Erwiderung und Ergänzung, sondern auch dazu, diesen Thread wiederzubeleben. So soll es sein! :yes::hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es sollte ja eigentlich genügen, sich Komponisten ausschließlich über ihr Werk anzueignen.


    Eine steile These, die du da kolportierst, werter Rheingold1876. Willst du ernstlich Allgemeingültigkeit für diese Aussage beanspruchen?

  • Es sollte ja eigentlich genügen, sich Komponisten ausschließlich über ihr Werk anzueignen.

    Mich hat die These auch gereizt, weil ich innerlich genauso denke, aber, nicht zuletzt hier im Forum, auch Informationen um die Musik herum mit Freude sammle.


    Die Aneignung sieht natürlich völlig anders aus, wenn ich Komponist, Interpret oder Rezipient bin. Ich habe mir viel von meiner Musik erhört, aber war natürlich irgendwann auch dankbar, wenn ich zusätzliche Informationen bekam, weil das schon half, erahnte Zusammenhänge zu manifestieren.


    Zuviel Drumherum birgt die Gefahr, dass der eigentliche ästhetische Genuss irgendwann durch die Analyse ersetzt wird, was ja dann etwas vollständig anderes ist.



    Um zu Reger zurückzukommen:


    Ich finde, dass man sich ihn erhören kann. Es braucht Zeit, aber die Wirkung ist unglaublich!

  • Ich finde, dass man sich ihn erhören kann

    Dazu ein anekdotischer Beitrag. Mitte der Siebziger präsentierten in Erlangen zwei Organisten das umfangreiche Orgelwerk von Max Reger. Anders als beim Bach-Projekt zwei Jahre vorher, waren anfangs die Kirchenbänke nur schütter besetzt. Allerdings nahm der Besuch von Konzert zu Konzert kontinuierlich zu und erreichte letztlich annähernd das Niveau der Bach-Reihe.

  • Allerdings nahm der Besuch von Konzert zu Konzert kontinuierlich zu und erreichte letztlich annähernd das Niveau der Bach-Reihe.

    Das mag ich gerne glauben. Regers Orgelwerk live gespielt, ich denke das lässt niemanden kalt.

    Schöne Anekdote.