Garant für Langeweile !?! : Das Menuett

  • Im Prinzip teile ich die Meinung von Jörg (klingsor), das Menuette in der reinen Klassik den Hörer nicht gerade vom Hocker hauen.


    :) Aber betrachten wir mal Komponisten des 20.Jahrhunderts.
    **** Da fällt mir ein fabelhaftes Beispiel von Ravel aus dem Jahre 1914 ein, das mit seinen impressionistischen Klangfarben sehr begeistert:
    Ravel: Tombeau de Couperin, 3.Satz Menuet (schreibt man in F mit einem t). Die Orchsterfassung stammt von 1919.
    Das Werk ist eine Homage an den französischen Komponisten und Cembalisten Francois Couperin und den Barock; deshalb die Sätze in dieser alten Form komponiert - Prelude - Forlane - Menuet - Rigaudon.
    Da ist es weniger die Form des Satzes als mehr die Klangmalerei. Ich finde diesen Satz eines der schönsten Menuette, die ich kenne. Und da geht auch nur eine klanglich hervorragende Aufnahme, um diese Klangfarben richtig geniessen zu können - an der Spitze mit Abstand am Besten ist Solti/Chicago SO (Decca, 1980, DDD).

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Also mir ist noch nie (!) aufgefallen, dass das Menuett mich langweilen würde!
    Im Gegenteil bin ich doch bei den meisten Menuetten eher belustigt, als gelangweilt.
    Das Menuett ist für mich wie ein Tanz, der mich unterhält. Trotzdem kann ein Menuett sehr viel Botschaft übermitteln. Ein sehr wichtiger Teil für mich, das Menuett!!


    Unglaublich tolle Menuette gibt es bei Haydns Sinfonien, oder Mozarts Sinfonien (nicht nur bei den letzten ;)), oder Mozarts Streichquintette, -quartette oder dem großartigen Streichtrio KV 563.


    Das Menuett ist für mich ein wichtiger und unumgänglicher Teil in jedem Musikstück, bei dems eins gibt!!!


    Gruß :hello:


    PS: dass JR die Haydn'schen Menuette besser findet als die von Mozart war ja klar :baeh01:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Zitat

    Original von Hammel
    PS: dass JR die Haydn'schen Menuette besser findet als die von Mozart war ja klar :baeh01:


    Ich finde die in der Kammermusik von Mozart ja ungefähr ebensogut (hat Ulli KV 498 eigentlich schon erwähnt? :jubel: ). Aber in den Sinfonien sind sie vor den letzten beiden meistens ziemlich "08/15" (Ausnahme z.B. KV 201, aber in Linzer und Haffner finde ich die Menuette nach wie vor etwas flach) und die beste Sinfonie, KV 504, hat gar keins!
    Und wenn sie dann auch noch entsprechend breiig und langweilig dargeboten werden (kommt bei Haydn freilich auch oft vor)... kann ich schon verstehen, daß man sie nicht schätzt.


    Was wir hier noch gar nicht angesprochen haben, ist ein (Tempo di) Menuetto als Finale. Gibt es bei den drei großen Wiener Klassikern zwar hauptsächlich bei frühen oder leichteren Werken, aber bei Frühklassikern oder auch Boccherini recht häufig.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Was wir hier noch gar nicht angesprochen haben, ist ein (Tempo di) Menuetto als Finale. Gibt es bei den drei großen Wiener Klassikern zwar hauptsächlich bei frühen oder leichteren Werken, aber bei Frühklassikern oder auch Boccherini recht häufig.


    Doch, hatten wir bestimmt, sonst müßte ich das geträumt haben (finde aber zu dem Stichwort nichts Spezielles...).


    Tempo-di-Minuetto-Sätze langweilen mich nun wirklich, da sie mir i.d.R. einfach zu lahm sind, z.B. bei Mozart (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):


    Fagottkonzert KV 191 III (Rondo: Tempo di Menuetto)
    Violinkonzert A-Dur KV 219 III (Rondeau: Tempo di Menuetto)
    Konzert für mehr als ein Klavier F-Dur KV 242 III (Rondeau: Tempo di Menuetto)
    Klavierkonzert C-Dur KV 246 III (Rondeau: Tempo di Menuetto)
    Divertimento (Klaviertrio) B-Dur KV 254 III (Rondeaux: Tempo di Menuetto)
    Flötenquartett G-Dur KV 285a II (Tempo di Menuetto, allerdings 3/8 !)
    Flötenkonzert G-Dur KV 313 III (Rondeau: Tempo di Menuetto)
    Violinsonate C-Dur KV 303 III (Tempo di Menuetto)
    Violinsonate e-moll KV 304 II (Tempo di Menuetto)
    Violinsonate F-Dur KV 377 III (Tempo di Menuetto)
    Klavierkonzert F-Dur KV 413 III (Tempo di Menuetto)


    Ausgenommen sind natürlich der alla-turca-Teil aus 219 und 304 insgesamt. Alles andere nervt mich dann wirklich. Das muß das sein, was Ober-ALF als 'galant' bezeichnet...


    :rolleyes:


    Das Menuett aus 498 (Kegelstatttrio) ist mir nicht skurril genug - wobei das Trio in g-moll natürlich sehr schön ist.


    :hello:


    Ulli

    „Wir sind nie einer Meinung!“ - „Das seh' ich anders ...“

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  • Die letzten drei gefallen mir eigentlich alle ganz gut; ebenso natürlich das Alla turca (glaube aber, daß ich von den Violinkonzerten das Finale aus dem 3. am liebsten mag). Wobei ich die gelöschten auch nicht so recht präsent habe und grundsätzlich auch nicht so begeistert von diesem Finaltyp bin.


    Bei Haydn gibt es ein paar ganz nette Finalsätzchen dieser Art, oft in Moll, z.B. in der Sinfonie Nr. 26, der cis-moll-Klaviersonate (Hob.: XVI: 36) und einem späten fis-moll-Trio. Und in einer der letzten Klaviersonaten in Es-Dur (Hob. XVI: 49)
    (Interessant ist hier wieder, daß bei Sinfonien und Quartetten ein solches Finale für Haydn und auch Mozart schon ab den 1770ern unakzeptabel zu sein scheint, es sich in der "leichteren" Kammermusik sowie bei Konzerten aber noch recht lange hält.)


    Zitat


    Das Menuett aus 498 (Kegelstatttrio) ist mir nicht skurril genug - wobei das Trio in g-moll natürlich sehr schön ist.


    Es soll vermutlich auch gar nicht skurril sein (findest Du den Rest des Trios skurril?)


    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Es soll vermutlich auch gar nicht skurril sein (findest Du den Rest des Trios skurril?)


    Nein. Aber ich mag Menuette nur skurril.


    :D


    Zitat


    Interessant ist hier wieder, daß bei Sinfonien und Quartetten ein solches Finale für Haydn und auch Mozart schon ab den 1770ern unakzeptabel zu sein scheint, es sich in der "leichteren" Kammermusik sowie bei Konzerten aber noch recht lange hält.


    M.W. ist KV 413 das letzte Werk, in welchem Mozart diese Tempobezeichnung verwendet (die Opern habe ich allerdings nicht überprüft).


    :hello:

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  • Ein sehr dichtes und dramatisches Menuett aus Haydns früher Schaffensperiode ist der Schlusssatz von Sinfonie Nr. 26. Vermutlich schrieb Haydn hier auch deswegen ein gewichtigeres Menuett als üblich, weil es auch das Werk abschließen musste.


    LG aus Wien.:hello:

    LG aus Wien.:hello:

  • Menuette, die in ihren Werken eine zentrale Stellung einnehmen, findet man in der Klassik meiner Meinung nach eher in der Kammermusik. In Stücken wie zum Beispiel Mozarts KV 387, KV 589 oder KV 590 sind die jeweiligen Menuette gewichtige Sätze und in KV 387 und KV 589 auch die längsten Sätze ihrer Werke. Auch bei Haydn gibt es ab op 20 eine Aufwertung des Menuetts, wie zum Beispiel in dem F-Moll Quartett, wo das Menuett nach dem Kopfsatz der gewichtigster Satz des Werks ist.


    In den Sinfonien nehmen Menuette eher selten eine zentrale Stellung ein. Eher bei Haydn, wie zum Beispiel das kanonische Menuett von Sinfonie 44 oder das lange und weitläufige Menuett der Sinfonie 101. Das dichteste Menuett einer Mozart Sinfonie ist meiner Meinung nach das der Sinfonie 40.


    LG aus Wien.:hello:

    LG aus Wien.:hello:

  • Zum Vergleich drei Interpretationen des Menuetts aus der Sinfonie Nr. 39 Es-Dur von Wolfgang Amadeus Mozart wie sie unterschiedlicher nicht sein können.


    Karl Böhm, Berliner Philharmoniker 4 min 10 s



    René Jacobs, Freiburger Barockorchesdter. 3 min 23 s



    Nikolaus Harnoncourt ist mit dem Concentus Musikus 3 min 56 s unterwegs. Ich habe das Menuett nicht als Einzelsatz auf You Tube gefunden. Bei 19 min 08 s findet man es. es endet bei 23 min 56 s (3 min 48 s)


    Ich bin soweit, in meinen Beiträgen Rechtschraibfehler stehen zu lassen als menschlicher Protest gegen die perfekte KI-Welt.



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  • Ein sehr interessantes Menuett unter den Londonern ist das der Militär Sinfonie. In Gegensatz zu den meisten Menuetten der Londoner, die in schnelleren Tempi gehalten sind, ist das der Sinfonie 100 in einem kurios langsamen Tempo (Moderato). Ich vermute dass das dem nicht so langsamen zweiten Satz (Allegretto) geschuldet ist. Beethoven geht in seiner 8. Sinfonie ähnlich vor, indem er sein einziges wahres Menuett in einer Sinfonie einem Allegretto zweiten Satz folgen lässt.


    Ausserdem ist das Menuett sehr ein dichter und gelehrter Satz. Vielleicht wollte Haydn nach einem spektakulären und populären Satz ein Stück für die Kenner im Publikum bringen.


    LG aus Wien.:hello:

    LG aus Wien.:hello:

  • Ausserdem ist das Menuett sehr ein dichter und gelehrter Satz. Vielleicht wollte Haydn nach einem spektakulären und populären Satz ein Stück für die Kenner im Publikum bringen.


    LG aus Wien.:hello:

    Stimmt, das habe ich auch schonmal gedacht.


    Generell kann ich den Thread-Titel nicht teilen, mir gefallen Menuette in aller Regel: Elegante Musik die sehr unterschiedlich gestaltet werden kann!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Auch ich bin Anhänger von Menuetten. Sie strahlen unvergleichliche Eleganz aus. Kein Wunder wenn Personen des 20. und 21. Jahrhunderts sie langweilig finden.:cursing:


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Auch ich bin Anhänger von Menuetten. Sie strahlen unvergleichliche Eleganz aus. Kein Wunder wenn Personen des 20. und 21. Jahrhunderts sie langweilig finden.:cursing:

    Na ja, lieber Alfred, ich weiß zwar, dass Du etwas älter bist als ich, aber bisher dachte ich immer noch, dass Du schon im 20. Jahrhundert geboren wurdest. :P. Ich übrigens auch und ich mag das leicht Beschwingte an Menuetten. Das Menuett ist ein Tanz und als solcher ein fester Bestandteil der barocken Suite geworden.


    Hier vorgetanzt aus Rameaus Les Indes galantes



    Aber auch in Rameaus Nouvelles Suites de pièces de clavecin finden sich prächtige Beispiele. Hier eines aus der G-Dur Suite



    Leider kenne ich Mozarts und Haydns Sinfonien viel zu schlecht, um dem Urteil des Threadstarters gerade bei diesen Werken etwas entgegenzusetzen. Man sollte aber auch sehen, dass das Menuett der Vorläufer des Sonaten-Scherzos war (ich hoffe, dass ich mit dieser Formulierung nicht gleich wieder in irgendein Fettnäpfchen trete) des klassischerweise eher luftigen Satzes der Sonate.


    Für meine Begriffe ist es eine große Kunst, leichte Werke zu schreiben, die selbstverständlich mit dem Risiko des Scheiterns verknüpft ist. Langeweile tritt bei mir bei diesen Sätzen aber selten ein.

  • Die längsten Menuette (ohne welche mit 2 oder mehr Trios) in bekannteren Werken der Klassik sind in Mozarts KV 387 und Haydns Sinfonie 101. Aber es wäre in der klassischen (und auch romantischen) Ästhetik verfehlt, wenn das Menuett/Scherzo die anderen Sätze in den Schatten stellen würde. Wenn so etwas der Fall ist, haben die anderen Sätze m.E. Schwächen ;)

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  • Für mich eines der schönsten Menuette: Haydn Sinfonie Nr. 86 - ganz besonders anrührend in dieser Aufnahme:


    Sinfonien 85+86

    Ein herrliches Stück Musik - von Langeweile keine Spur!


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Zwar ist in der klassischen und romantischen Ästhetik das Menuett, beziehungsweise das Scherzo, als leichtester Satz in einem Werk vorgesehen, aber ich glaube, dass Haydn und Mozart sich Gedanken gemacht haben das Menuett aufzuwerten und mit den anderen Sätzen gleichzustellen. Natürlich nicht in jedem Werk, denn es gibt zahlreiche Beispiele von leichten Menuetten in den Spätwerken beider Komponisten, wie die Menuette von Haydns 77. und 84. Sinfonien oder Mozarts 39. Aber gerade bei Haydn werden sehr leichte Menuette bei den Londoner Sinfonien eher seltener (94 & 104?) und auch bei den Quartetten finden sich leichte Menuette oder Scherzos vielleicht gerade noch in op 71/2, op 76/1 und vielleicht op 76/5 & 6. Menuette beziehungsweise Scherzos die auf Augenhöhe mit den anderen Sätzen sind nehmen in den späteren Werken von Mozart und Haydn eher zu, wie die Beispiele der oben angeführten Beiträge zeigen.


    Seltsamerweise sind Beethovens Scherzos in seinen frühen Sinfonien eher leichte und intermezzo-artige Sätze. Die ersten wirklich gewichtigen Scherzos finden sich im ersten Rasumofsky Quartett und dann in der 7. Sinfonie.


    LG aus Wien.:hello:

    LG aus Wien.:hello:

  • 94 und 104 sehe ich gar nicht als so leicht und es sind, vielleicht zusammen mit 99, wohl die schnellsten & scherzoartigsten Menuette in Haydn-Sinfonien.

    Ebenso wie bei Beethoven muss man berücksichtigen, dass ein (Quasi)Scherzo etwa doppelt so schnell wie ein Menuett ist, daher die gleiche Anzahl an Takten/Seiten nur halb so lange dauert.

    Das Eroica-Scherzo kommt einem höchstens kurz vor, weil der Rest der Sinfonie so lang ist. ;)

    In Beethovens 1+2, die ja auch verglichen mit anderen etwa gleichzeitigen Werken eher "leicht" & vorsichtig innovativ sind, vermute ich, dass Beethoven es nicht gleich übertreiben wollte, da überhaupt ein Scherzo statt Menuett schon eine Neuerung war.

    In der Klavier- und Kammermusik hat es beim frühen Beethoven schon relativ lange Menuette/Scherzi, zB in der Klaviersonate op.7.

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  • Neoklassik in der Romantik, etwa 70 Jahre bevor sie Mainstream wurde :) ... Alkan hat drei Menuette geschrieben mit dem bei ihm üblicherweise anzutreffenden Humor.Sie bilden sein Opus 51 und wurden 1859 komponiert.


    Wir hören Yui Morishita


    Tempo giusto



    Tempo debole



    und zuletzt Tempo nobile


  • Das Menuett mit seinem 3er-Takt hat immer wieder erstaunliches Potential.


    In der Sonate für Bratsche allein Op. 7 von Raphael Günther (1903-1960) ist der 5. Satz Menuett, Tempo di Minuetto Ruhiger aber sehr fliessend ein bärbeissiger Schreittanzt.


    Enthalten in diesem empfehlenswertem Doppelalbum des Bratschisten Stefano Zanobini mit selten zu hörenden Solo-Werken für Bratsche.



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