Stimm- und Gesangsexperte das unbekannte Wesen

  • Für mich am aussagekräftigsten wäre indes eine Kombination von beiden Faktoren, d. h. Beschreibungen, wie das Gesungene von der Interpretation und Rollenauffassung auf mich wirkt, verbunden mit technischen Details, deren Nennung auch nicht Selbstzweck ist, sondern erhellen kann, warum eine Leistung so gut oder schlecht war

    Lieber Don,


    wieder ein Beitrag, der Wesentliches kurz und prägnant ausdrückt. Der Kritiker ist in diesem Zusammenhang das ärmste Sch. Er sollte die Grundlagen zur tiefergehenden, fundierten Beurteilung haben. Schreiben muss er vor allem in der Tagespresse jedoch so, dass es jeder versteht.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Die anderen Dinge, die Du aufzählst, wie Höhensicherheit, Wortverständlichkeit, Artikulation und Intonation sind hingegen, meiner Meinung nach, schon notwendig um eine Gesangsleistung zu beurteilen. Und diese Dinge kann man auch hören lernen, wenn man kein Musikstudium hinter sich gebracht hat, man braucht auch keinen Gesangsunterricht, sondern nur die Leidenschaft zu hören und gute Ohren.

    Wie wahr, wie wahr!

    Herzlichst

    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wenn man als Laie Musikdarbietungen beurteilt, sollte man sich immer darüber klar sein, daß man unter Umständen nicht die ausreichende Expertise besitzt, um eine gute von einer nicht so guten Leistung zu unterscheiden. Allerdings ist es schon legitim und für mich auch erstrebenswert, sein Urteilsvermögen zu schulen und besser darin zu werden, auch wenn die Gefahr besteht, sich den schlechten Geschmack zu "verderben" (gilt leider generell: wer einmal in Italien Kaffe getunken hat, wird mit unserer deutschen Brühe nicht mehr glücklich).

    Lieber Dsieb,


    ich tanze jetzt aus der Reihe. Wenn ich Deine Beiiträge stellt sich mit die Frage:Wann wirst Du als Gast ständiges Mitglie bei uns. Ich wünsche es mir!

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Wenn allerdings Freunde von irgendeinem Bar-Pianisten sagen, was für ein Spitzen-Klavierspieler das sei, obwohl der "nur" im Boogie-Stil auf die Tasten einhaut, dann schweige ich und denke mir, naja, etwas mehr Demut bezüglich des eignen Urteilsvermögens wäre nicht schlecht


    Wenn der Hörer noch in der Lage ist, seine Gefühle in Worten auszudrücken, dann ist das ein Statement das Gültigkeit hat, selbst wenn der Experte auf Grund seiner erweiterten Kenntisse zu einem anderen Urteil kommen sollte.

    Wenn der Schreiber in seinem Urteil nur ein wenig der oben beschriebenen Demut gezeigt hätte, hätte er nicht soviel Kritik auf sich gezogen.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • "Man lobt oder tadelt, ja nachdem das eine oder das andere mehr Gelegenheit gibt, unsere Urteilskraft leuchten zu lassen."


    Nietzsche, Menschliches, Allzumenschliches. Erster Band. Zweites Hauptstück: Zur Geschichte der moralischen Empfindungen


    P.S.: Es gibt einen noch etwas spitzer formulierten Aphorismus von Nietzsche über das Urteilen an sich, hab ich aber nicht mehr gefunden. Ab und an muss ich daran denken...


    P.P.S.: Ich zitiere hier ganz allgemein, selbstverständlich! Ich lese hier interessiert mit....

    ________________________________________________________________________________________


    Gruß
    Nicolas

  • Hier wird gerade diskutiert, wer eigentlich ein Experte für Stimmen und Gesang ist.


    Aber was eigentlich ist ein Experte? Und wie identifiziert man Experten? Anders gefragt: wie identifiziert man einen, der vorgibt Experte zu sein, den man aber als Experten nicht gelten lassen will? Auf jeden Fall ist „Experte“ kein geschützter Titel oder eine eingeführte Berufsbezeichnung.


    Man nennt gemeinhin eine Person „Experte“, die über ein überdurchschnittlich umfangreiches Wissen auf einem Fachgebiet verfügt. Da gibt es nun einige Fragen, die sich speziell für das Gebiet „Stimmen und Gesang“ nicht leicht lösen lassen.


    Zum einen lässt sich das Gebiet „Stimmen und Gesang“ nicht eng abstecken. Es hat etwas mit Stimmphysiologie, Anatomie, Musikermedizin, Phoniatrie und Pädaudiologie zu tun, mit Gesangstechniken und Gesangspädagogik, aber auch mit Physik und speziell mit Akustik, somit auch der Architektur. Last noch least ist alles Reden über „Stimmen und Gesang“ ohne Wissen aus der systematischen und historischen Musikwissenschaft nicht zu bearbeiten.

    In dem von Ann-Christine Mecke, Martin Pfleiderer, Bernhard Richter, Thomas Seedorf herausgegebenen „Lexikon der Gesangsstimme“ (Beurteilung von Sängern – Eine Frage das Geschmacks oder objektiver Kriterien?) sind denn auch Artikel von Experten aus allen diesen Feldern. Kann nun einer das ganze Feld überschauen? Experte für "Stimmen und Gesang" sein? Vermutlich nicht. Was ist also

    "überdurchschnittlich umfangreiches Wissen" auf diesem Fachgebiet?


    Zum anderen gibt es das Problem, dass Expertise sich nicht skalieren und exakt messen lässt. Das gilt eigentlich für jedwede Art von Fachgebieten - außer etwa im juristischen Feld. Für das Gebiet „Stimmen und Gesang“ aber wirkt es besonders irritierend, weil es beim Hören und Beurteilen von Stimmen und Gesang eben nicht nur um objektiv feststellbare Sachverhalte und damit um gesicherte und unstrittige Sachkenntnisse geht, sondern immer auch das subjektive Empfinden und der Geschmack eine Rolle spielen.

    Zu diesem Problem hatte ich mal einige Orientierungshilfen anzubieten versucht. (Beurteilung von Sängern – Eine Frage das Geschmacks oder objektiver Kriterien?) Einige finden die Überlegungen und Vorschläge hilfreich. Das freut mich natürlich und mit denen ist eine fruchtbare Diskussion über Stimmen und Gesang ja auch immer wieder gelungen. Ob man sie oder mich nun als Experten tituliert, ist mir herzlich egal!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich denke, in Jurys bei Gesangswettbewerben sitzen Leute, die auch mal Gesangsunterricht hatten. Das ist doch irgendwie naheliegend. Also eine "fundierte Kritik" an technischen Fragen den Gesang betreffend von jemandem, der nie Gesangsunterricht hatte, das kann ich mir nicht so recht vorstellen.


    An sich wäre meine Position doch einfach zu widerlegen, indem man Mitglieder von Gesangsjurys, die keine ausgebildeten Sänger sind, wie Jürgen Kesting, nennt. Aber vielleicht hat der auch mal Gesangsunterricht genommen?

    Du nennst ja selbst ein Beispiel, das Deine Position widerlegt, nämlich Jürgen Kesting. Wenn man dem ihm gewidmeten Wikipedia-Artikel glauben kann, hat er Germanistik, Anglistik und Philosophie studiert und war dann als Redakteur und Autor tätig. Von einer Gesangsausbildung oder einem Musikstudium steht da nichts. Dennoch gilt er als einer der besten Stimmenkenner, hat das Standardwerk über Sänger verfasst und ist u.a. seit 2005 Mitglied in der Jury des Gesangswettbewerbs „Neue Stimmen“. Nach Deinen Kriterien wäre er schlicht inkompetent für diese ganzen Tätigkeiten. (Das gleiche würde übrigens auch für andere Mitglieder der genannten Jury gelten.)

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Zum einen lässt sich das Gebiet „Stimmen und Gesang“ nicht eng abstecken. Es hat etwas mit Stimmphysiologie, Anatomie, Musikermedizin, Phoniatrie und Pädaudiologie zu tun, mit Gesangstechniken und Gesangspädagogik, aber auch mit Physik und speziell mit Akustik, somit auch der Architektur. Last noch least ist alles Reden über „Stimmen und Gesang“ ohne Wissen aus der systematischen und historischen Musikwissenschaft nicht zu bearbeiten.

    [...] Kann nun einer das ganze Feld überschauen? Experte für "Stimmen und Gesang" sein? Vermutlich nicht. Was ist also

    "überdurchschnittlich umfangreiches Wissen" auf diesem Fachgebiet?

    Das wird wohl auch im Studienplan für Gesangsfächer auf Universitäten recht gut abgebildet sein. Jedes Fachgebiet franst aus - die Architektur z.B. spielt hier natürlich nur in Hinblick auf Akustik eine Rolle. Jeder Musiker lernt über akustische Grundbegriffe, keiner kann einen Konzertsaal planen. Wieviel Akustik ein "Experte für Gesang" können sollte, werden wir hier auch nicht klären.

    Ob man sie oder mich nun als Experten tituliert, ist mir herzlich egal!

    Das ist auf jeden Fall die richtige Herangehensweise.

  • Die Frage des persönlichen Geschmacks spielt doch bei jeder nicht objektiv, d.h. an Hand von Zahlen oder Formeln beurteilbarer Materie eine sehr große Rolle. Ich finde es toll, daß Caruso41 sich bei der Beurteilung von Gesang von Kriterien leiten läßt, die vielen anderen, die sich ebenfalls am Gesang erfreuen herzlich egal sind. Dabei gehe ich aber so weit zu sagen, daß ich persönlich viele dieser 7 oder 8 Pinkte, die er genannt hat, unbewußt auch bei der Beurteilung erfasse. Ohne es zum Kriterium zu erheben. Falsches atmen, unschönes Anschleifen von Tönen, zu breites Vibrato u.a. merke ich schon, aber sicher überdeckt das meine Vorlieben nicht immer. Helge Rosvaenge hat selbst von sich gesagt, daß sein Vibrato (oder nennt des Experte das anders?) eigentlich zu breit sei. Mich hats nicht gestört. In den 50-ern hatten wir einen Tenor am Theater, dessen Vibrato so breit war, daß selbst wir Heranwachsenden meinten, er sänge zweistimmig.


    Besonders spielt der persönliche Geschmack eine große Rolle bei der Baukunst. Viele sehen im Bauhausstil etwas ganz Tolles, gerade in diesem Jahr. Ich finds schrecklich! Quadratisch, praktisch, gut, sicher auch zweckmäßig. Aber schön? Ich habe da prunkvolle Barockbauten eher auf meiner Geschmacksliste.


    Man sollte jedem seinen persönlichen Geschmack zugestehen. Wie schrecklich wäre die Welt, wenn alle Geschmäcker gleich wären. Im Bau, beim Essen und Trinken, bei der Kleidung, bei der Musik und Malerei und eben auch beim Gesang, von Rock bis zum Kunstlied, von Barock bis Lachenmann.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Du nennst ja selbst ein Beispiel, das Deine Position widerlegt, nämlich Jürgen Kesting. Wenn man dem ihm gewidmeten Wikipedia-Artikel glauben kann, hat er Germanistik, Anglistik und Philosophie studiert und war dann als Redakteur und Autor tätig. Von einer Gesangsausbildung oder einem Musikstudium steht da nichts. Dennoch gilt er als einer der besten Stimmenkenner, hat das Standardwerk über Sänger verfasst und ist seit 2005 Mitglied in der Jury des Gesangswettbewerbs „Neue Stimmen“. Nach Deinen Kriterien wäre er hingegen schlicht inkompetent für diese ganzen Tätigkeiten. (Das gleiche würde übrigens auch für andere Mitglieder der genannten Jury gelten.)

    Siehst Du, ich habe meine Behauptung auch selbst hinterfragt und mich auf die Suche nach Gegenargumenten begeben und eines gefunden: Kesting. Insofern muss ich meine apodiktische Aussage natürlich zurücknehmen.


    Wir haben ja auch inzwischen irgendwo den Hinweis gehabt, dass der "Kenner" nicht von Ansatz und Stütze sondern von "Atemtechnik" gesprochen hat. Er argumentiert also quasi "halbtechnisch", da er eben mit der Technik selbst nicht ausreichend vertraut ist.


    Bei Kesting habe ich, glaube ich, zumindest gelesen, dass er Musikwissenschaft studiert hat? Wieviel Gesangsunterricht er genommen hat, und ob überhaupt, ist nicht so leicht herauszufinden.


    Musikwissenschaftler haben mitunter Kompositionsversuche hinter sich, für die sie sich zwar schämen mögen, die aber die Fähigkeit zur musikalischen Analyse, zum Verständnis für die Problemlösung der Komponisten sicher befördert haben.


    Wenn man sich um tiefergreifendes Verständnis bemüht, ist die praktische Arbeit (singen, Instrumente spielen, komponieren) in jedem Fall sinnvoll, und ebenso, wie Caruso41 sich wünscht, dass man irgendwas über Gesangstechnik lesen soll, so kann man wünschen, dass man singen und Klavier spielen soll. Was dann nun für einen "Experten" oder "Kenner" konstitutiv ist, bleibt offen, solange, wie Caruso41 ja auch sagt, die Begriffe nicht "geschützte Titel" sind.

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  • Dabei gehe ich aber so weit zu sagen, daß ich persönlich viele dieser 7 oder 8 Pinkte, die er genannt hat, unbewußt auch bei der Beurteilung erfasse. Ohne es zum Kriterium zu erheben. Falsches atmen, unschönes Anschleifen von Tönen, zu breites Vibrato u.a. merke ich schon, aber sicher überdeckt das meine Vorlieben nicht immer. Helge Rosvaenge hat selbst von sich gesagt, daß sein Vibrato (oder nennt des Experte das anders?) eigentlich zu breit sei. Mich hats nicht gestört. In den 50-ern hatten wir einen Tenor am Theater, dessen Vibrato so breit war, daß selbst wir Heranwachsenden meinten, er sänge zweistimmig.

    In der Tat wird wohl das Ästhetische ("schöne Stimme") und das Technische ("gute Gesangstechnik") nicht so ganz zu trennen sein, denn die Technik ist dazu da, die schöne Stimme zu erzeugen, und wenn man die Stimme schön findet, dann ist offenbar die dazu notwendige Technik vorhanden.


    Man kann ja auch nicht mangelnde technische Fähigkeiten in puncto Kontrapunkt beklagen, wenn das Stück rein monodisch ist.


    Insofern tue ich mich mit Kritik an der Technik generell schwer, sofern sie an Profis/Stars geäußert wird. Nicht, dass ich meine, dass man nichts kritisieren darf, aber trifft sie überhaupt?


    Anna Netrebko wird doch manchmal vorgeworfen, dass man den Text nicht versteht. Ist das nun technisch oder interpretatorisch? Kann sie nicht deutlich artikulieren (technischer Fehler), oder ordnet sie das der Klangschönheit unter (interpretatorischer "Fehler")?

  • Besonders spielt der persönliche Geschmack eine große Rolle bei der Baukunst. Viele sehen im Bauhausstil etwas ganz Tolles, gerade in diesem Jahr. Ich finds schrecklich! Quadratisch, praktisch, gut, sicher auch zweckmäßig. Aber schön? Ich habe da prunkvolle Barockbauten eher auf meiner Geschmacksliste.

    Das ist sicherlich richtig, aber man kann trotzdem Bewertungskriterien für ein Bauwerk auch jenseits des persönlichen Geschmacks finden. Sowohl technische (konstruktive Fehler etc.), das wäre dann vielleicht im Bereich des Gesangs dem Verfehlen der in der Partitur stehenden Notenwerte vergleichbar. Aber es gibt auch ästhetische Kriterien, die nicht rein subjektiv sind, zum Beispiel misslungene Proportionen, ebenso wie es die bei der Bewertung von Gesang gibt.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Gerhard!

    Deshalb lasse ich mich auch nicht von irgendjemand, der glaubt, "Experte" zu sein, dahingehend belehren, dass ich bei einem Opernbesuch all diese Punkte beachten müsste, die Herr Caruso aufführt. Solche Bevormundungsversuche, auch in Hinsicht auf anderes, was ich hier schreibe, rühren mich herzlich wenig.

    Wo hätte ich geschrieben, dass ich glaube Experte zu sein?

    Niemand hat Dich bevormunden wollen.

    Vielmehr habe eine Liste angeboten

    Zitat

    "... um uns in unseren oben etwas holzschnittartig charakterisierten Kontroversen über Sänger ein wenig weiter zu helfen. Ich glaube nämlich, dass es nützlich wäre, uns jeweils klar zu machen, um welche Fragen es gerade geht und dann genauer zu prüfen,

    • ob das Fragen sind, die nach persönlichem Empfinden und Geschmack beurteilt werden dürfen, vielleicht sogar nur nach persönlichem Empfinden und Geschmack beurteilt werden können, oder
    • ob das Fragen sind, über die man nur reden und urteilen kann, wenn man mit den Grundlagen und Regeln der Gesangskunst vertraut ist."

    Es ging mir um Austausch über Sänger und Gesangsleistungen und darum, die dabei eine Rolle spielenden Eindrücke und Urteile klar auseinanderzuhalten.


    Lieber La Roche!

    … daß Caruso41 sich bei der Beurteilung von Gesang von Kriterien leiten läßt,

    Von Kriterien habe ich absichtlich nicht gesprochen.

    Ausdrücklich nennt die Liste nicht Kriterien sondern viel offener Etliches, "was alles von Belang ist, wenn es um das Hören und Bewerten von Sängern geht."

    Es wurde mir unterstellt, ich würde verlangen, man sollte gleichsam mit einer Check-Liste in die Oper gehen und Kriterium um Kriterium prüfen und dann Noten geben – also Noten für Intonation, für Legato, für Triller und so weiter. Das ist natürlich gar nicht gemeint. Ich habe inzwischen verschiedentlich versucht, den Sinn meiner Liste zu erläutern. Das brauche ich jetzt wirklich nicht noch mal wiederholen.


    Lieber Kurzstückmeister!

    Wenn man sich um tiefergreifendes Verständnis bemüht, ist die praktische Arbeit (singen, Instrumente spielen, komponieren) in jedem Fall sinnvoll, und ebenso, wie Caruso41 sich wünscht, dass man irgendwas über Gesangstechnik lesen soll, so kann man wünschen, dass man singen und Klavier spielen soll

    Ich habe jahrelang mit jungen Sänger zusammengearbeitet und sie bei der Einstudierung neuer Partien unterstützt. Dafür war natürlich nötig, die Sänger auch am Klavier zu begleiten.


    Dass aber das Singen und Klavierspielen eine Bedingung ist, über Gesangsleistungen zu reden, schreiben oder urteilen, würde ich überhaupt nicht für zwingend halten. Eine Melomanin, die sich leider nicht mehr im Forum äußert, hatte für ihre Beiträge die Signatur "Man muss nicht fliegen können, um Ornithologe zu sein"! Ecco!

    Hilfreich könnte es freilich sein.


    Beste Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Dass aber das Singen und Klavierspielen eine Bedingung ist, über Gesangsleistungen zu reden, schreiben oder urteilen, würde ich überhaupt nicht für zwingend halten. Eine Melomanin, die sich leider nicht mehr im Forum äußert, hatte für ihre Beiträge die Signatur "Man muss nicht fliegen können, um Ornithologe zu sein"! Ecco!

    Hilfreich ist es freilich.

    Das kann ich nur unterstreichen. Natürlich ist es nicht schädlich, wenn man selbst mal gesungen hat und vielleicht nicht nur in der Badewanne und auch nicht nur im Schulchor (letzteteres aber immerhin!). Ein mehrjähriges Gesangsstudium ist der Kompetenz bei der Beurteilung von Gesangsleistungen gewiss ebenso wenig abträglich wie die sängerische Mitwirkung bei Opernaufführungen, selbst, wenn es nur der dritte Extrachorist von links in der letzte Reihe sein sollte...


    Und dennoch: Wer nur hört, viel hört und gut hinhört und vielleicht auch das eine oder andere dazu liest, kann auch viel lernen und sich eine Kompetenz in der Beurteilung von Sängerleistungen erwerben.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es wurde mir unterstellt, ich würde verlangen, man sollte gleichsam mit einer Check-Liste in die Oper gehen und Kriterium um Kriterium prüfen und dann Noten geben – also Noten für Intonation, für Legato, für Triller und so weiter. Das ist natürlich gar nicht gemeint. Ich habe inzwischen verschiedentlich versucht, den Sinn meiner Liste zu erläutern. Das brauche ich jetzt wirklich nicht noch mal wiederholen.

    Lieber Caruso41, mußt Du auch nicht. Ich hatte ja auch das geschrieben:

    Ich finde es toll, daß Caruso41 sich bei der Beurteilung von Gesang von Kriterien leiten läßt, die vielen anderen, die sich ebenfalls am Gesang erfreuen herzlich egal sind. Dabei gehe ich aber so weit zu sagen, daß ich persönlich viele dieser 7 oder 8 Pinkte, die er genannt hat, unbewußt auch bei der Beurteilung erfasse.

    Das Wort Kriterium ist ja kein Dogma, das sollten wir nicht so verbissen sehen. Unbewußt bin ich in Teilen bei Dir.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Eine Melomanin, die sich leider nicht mehr im Forum äußert, hatte für ihre Beiträge die Signatur "Man muss nicht fliegen können, um Ornithologe zu sein"! Ecco!

    Hilfreich könnte es freilich sein.

    Ganz genauso ist es, lieber Caruso. Letztlich zählt das Resultat, nicht, wie es zustande gekommen ist! Es wäre schade, wenn es im Forum keine kompetenten Bewertungen gäbe, was Sängerleistungen angeht. Denn die meisten von uns können viel lernen dadurch lernen, weil sie - wie ich - schlicht nichts von der Materie verstehen. Zwangsläufigkeiten gibt es in solchen Fragen nicht, finde ich. Um die Klaviertechnik eines Vladimir Horowitz zu verstehen, reicht es bei weitem nicht, nur Klavierunterricht gehabt zu haben. Sicher ist es ein Vorteil in der Beurteilung bestimmter Dinge, das Instrument zu kennen und die Interpretationsprobleme, wenn man das Stück selber interpretieren und spielen muss. Aber selbst unter Pianisten gibt es solche, die viel und die wenig von technischen Fragen (inclusive Instrumentenkunde) verstehen. :hello:


    Schöne Grüße

    Holger

  • Wer nur hört, viel hört und gut hinhört und vielleicht auch das eine oder andere dazu liest, kann auch viel lernen und sich eine Kompetenz in der Beurteilung von Sängerleistungen erwerben.

    Also:

    hören! - aufmerksam hören! - genau hinhören!

    Das will ich mir doch gleich mal für heute Abend vornehmen!


    Damit verabschiede ich mich wieder von diesem Thread.

    Ich finde es einfach spannender, sich über Sänger auszutauschen als solche Fragen auf der Meta-Ebene zu erörtern.

    Also wende ich mich wieder den Sängern zu -

    • den Sängern von gestern, die wir nicht vergessen dürfen, wenn wir Standards und Maßstäbe bewahren wollen,
    • den Sängern von heute, die uns heute lohnende Opernerlebnisse bescheren, aber auch denen, die das eher nicht schaffen, und
    • den Sängern von morgen, ohne die die Oper keine Zukunft hätte!

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Was aber häufig vergessen wird, das es bei vielen Sängern auf die Tagesform ankommt, und sie nicht in ieder Vorstellung auf gleichem Niveau singen, dieses habe ich häufig an der Rheinoper beobachtet, da ich mehrmals in Aufführungen einer Aufführungsserie gehe, wo häufig die gleichen Sänger singen.

  • Was aber häufig vergessen wird, das es bei vielen Sängern auf die Tagesform ankommt, und sie nicht in ieder Vorstellung auf gleichem Niveau singen, dieses habe ich häufig an der Rheinoper beobachtet, da ich mehrmals in Aufführungen einer Aufführungsserie gehe, wo häufig die gleichen Sänger singen.

    Lieber Rodolfo,

    mehrmals eine Aufführung zu sehen ist selbstverständlich eine hervorragende Basis für Vergleiche. Durch learning bei doing wird man fast automatisch zum pragmatischen Stimmen-, Gesangs, und Opernexperten. Mache weiter so!


    herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus!

    mehrmals eine Aufführung zu sehen ist selbstverständlich eine hervorragende Basis für Vergleiche. Durch learning bei doing wird man fast automatisch zum pragmatischen Stimmen-, Gesangs, und Opernexperten. Mache weiter so!

    Rodolfo ist ja längst als ein Melomane ausgewiesen, der etwas von Stimmen und Gesang versteht! Keiner hat im NEUE STIMMEN-Thread so viele Entdeckungen vorgestellt, die inzwischen eine veritable Karriere machen und von Stimm- und Gesangsexperten landauf landab gerühmt werden.


    Das muss doch mal gewürdigt werden!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • "Was aber häufig vergessen wird, das es bei vielen Sängern auf die Tagesform ankommt, und sie nicht in ieder Vorstellung auf gleichem Niveau singen...".


    Dies habe ich schon mehrmals erlebt. Z. Bsp. in einer konzertanten Aufführung der Oper "Nabucco" in Bonn hatte Nicola Ghiuselev als Zacharias leichte Stimmprobleme. Da ich in vorderster Reihe saß, konnte ich ihn in Zwischenpausen Bonbons lutschen sehen. Tage später in einer zweiten Aufführung hatte er seine volle Stimmpracht wieder und glänzte mit seinem voluminösen Bass. Obwohl ich 3 Jahre Gesangsunterricht bei einer ehemaligen Opernsängerin hatte und seit früher Kindheit mit Stimmen von Opernsängern wie Peter Anders, Heinrich Schlusnus, Otto Edelmann usw. aufgewachsen bin, betrachte ich mich nicht als Experte. Aber mir muss eine Stimme gefallen und mich ansprechen, dann sehe ich auch gerne über einige stimmliche Unzulänglichkeiten hinweg.

    W.S.