IL Trovatore, Fernsehübertragung am 13.07.2019

  • ...


    1... Zefirelli hat sich sonst sehr genau an die Handlung des Originalwerks gehalten

    2... Während Graf Luna auf der Seite Ferdinands steht, kämpft Manrico (alias Garcia) situationsbedingt für den Grafen Urgel.

    3...Nun mag auch eine Rolle spielen, dass Verdi in einer Oper nicht die gesamten Geschehnisse des Romans von Gutierrez in eine Oper hineinpressen konnte und daher die einzelnen Teil nur Ausschnitte sind und zeitlich z.T. weit auseinander liegen.

    4...Wo also liegt die Schwierigkeit, die einige Leute damit haben?

    5....Mehrmals im Verlauf der Oper bittet sie ihn„Räche mich!“


    ...

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    2 Mal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Lieber Gerhard,

    schau dir mal auf NDR Kultur den Bajazxo und die Cavalleria Rusticana aus Hannover an. Es ist zwar nur eine halbszenische Auffûhrung, aber dort findet mehr Personenregie statt als im Trovatore.

  • Lieber Gerhard,

    schau dir mal auf NDR TV den Bajazxo und die Cavalleria Rusticana aus Hannover an. Es ist zwar nur eine halbszenische Auffûhrung, aber dort findet mehr Personenregie statt als im Trovatore.

  • Lieber Rodolfo,


    vielen Dank für den Hinweis. Die Inszenierungen aus dem Park in Hannover fand ich bisher auch immer sehr schön. Aber deine Hinweise zum Trovatore schmälern meine Begeisterung keinesfalls.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • 1... Zefirelli hat sich sonst sehr genau an die Handlung des Originalwerks gehalten

    2... Während Graf Luna auf der Seite Ferdinands steht, kämpft Manrico (alias Garcia) situationsbedingt für den Grafen Urgel.

    3...Nun mag auch eine Rolle spielen, dass Verdi in einer Oper nicht die gesamten Geschehnisse des Romans von Gutierrez in eine Oper hineinpressen konnte und daher die einzelnen Teil nur Ausschnitte sind und zeitlich z.T. weit auseinander liegen.

    4...Wo also liegt die Schwierigkeit, die einige Leute damit haben?

    5....Mehrmals im Verlauf der Oper bittet sie ihn„Räche mich!“

    Frage zu 1. Was bezeichnest Du als das Originalwerk?

    Frage zu 2. Wer soll denn Garcia alias Manrico sein?

    Frage zu 3. Von welchem Roman von Gutierrez sprichst Du. Ich kenne keinen Roman von ihm.

    Frage zu 4. Wo sind denn hier die Leute, die mit der Oper Schwierigkeiten haben?


    Ich beantworte die Fragen gleich selber


    1. Das Originalwerk ist "Il Trovatore" uraufgeführt im Jahr 1853. In der Oper gibt es keinerlei Ballett und auch keine Ballettmusik.

    Das Ballett und die dazu gehörende Musik hat Zefirelli aus der Oper "LeTrouvère" entnommen. Diese französische Fassung wurde 1857 in Paris uraufgeführt. Also hat Zefirelli im Jahr 2001, als er diese Inszenierung geschaffen hat, in das Werk Verdis eingegriffen und einen Original-Zefirelli geschaffen.


    2. Verdi fand den Stoff zu seiner Oper in "El Trovador" des Spaniers Antonio Garcia Gutiérrez und Manrico heisst hier Manrique. Ein Garcia tritt weder in 'El Trovador' noch in 'Il Trovatore' noch in 'Le Trouvere' auf.


    3. "El Trovador" ist kein Roman, sondern ein 1836 in Madrid uraufgeführtes Drama von Garcia Gutiérrez. Wie vor ihm schon Victor Hugo in "Hernani" hat er die einzelnen Akte mit Titeln versehen: 1 Das Duell, 2 Das Kloster, 3 Die Zigeunerin, 4 Die Enthüllung, 5 Die Folter.

    Genau so eine Übertitelung hat Verdi auch in der Oper vorgenommen, er hat nicht die Geschehnisse aus dem gar nicht existierenden Roman in seine Oper hineingepresst, sondern das gesamte Konzept übernommen.

    Mariano José de Larra, ein Zeitgenosse Gutiérrez' und ebenfalls Autor von Dramen äusserte sich schon kurz nach Erscheinen des Dramas (ins Deutsche übersetzt): "ein umfassender Plan .... allzu breit angelegte Konzeption .... eher für einen Roman als für ein Drama geignet".


    4. Auf wen beziehst Du Dich da? Kennst Du viele Leute die mit dem Stoff Schwierigkeiten haben? Oder eher nur wenige, oder vielleicht nur einen?


    5. Du schreibst, dass Azucena Manrico bittet, sie zu rächen Ich zitiere "Mehrmals im Verlauf der Oper bittet sie ihn „Räche mich!“ Da du ja das Libretto während der Übertragung in der Hand hattest müsste Dir eigentlich aufgefallen sein, dass Azucena an diesen Stellen den Schrei ihrer eigenen Mutter auf dem Scheiterhaufen memoriert:

    ...

    mi vendica! sclamò.
    Quel detto un eco eterno
    in questo cor lasciò.

    Räche mich! rief sie aus

    Jener Ruf liess ein ewiges Echo

    in diesem Herzen

    5 Mal editiert, zuletzt von Souffleur ()

  • Lieber Gerhard,

    schau dir mal auf NDR Kultur den Bajazxo und die Cavalleria Rusticana aus Hannover an. Es ist zwar nur eine halbszenische Auffûhrung, aber dort findet mehr Personenregie statt als im Trovatore.

    Wie ich schon im Parallelthread schrieb, fand auch ich die Personenregie reichlich dürftig. Insbesondere "Herr Netrebko" erwies sich als höchst unbegabter Schauspieler. Die einzigen, die ihre Partien mit Leben erfüllen konnten, waren Leonora und Luna. Hinzu kommt, dass Eyvazov über ein in meinen Ohren höchst unangenehmes Timbre verfügt und außer seinen Spitzentönen der Rolle ausdrucksmäßig fast alles schuldig bleibt. Dolora Zajick hat schon bessere Tage gesehen - schließlich ist sie nicht mehr die Jüngste. Gut fand ich den Sänger des Ferrando.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • schau dir mal auf NDR Kultur den Bajazxo und die Cavalleria Rusticana aus Hannover an. Es ist zwar nur eine halbszenische Auffûhrung, aber dort findet mehr Personenregie statt als im Trovatore.

    Ich hab mir das für schlechtere Tage aufgezeichnet. An halbszenische Aufführungen aus Hannover habe ich nur positive Erinnerungen (z.B. Rigoletto).


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Der alte Graf von Aragón hatte zwei Söhne, Luna und Garcia. Garcia ist – wie Azucena erst am Ende der Oper enthüllt – niemand anders als Manrico.


    Zitat von Rheingold

    Diese vollgestopfte Arena-Bühne wird es wohl schwer machen, der ohnehin verworrenen Handlung zu folgen. Wenn ich erhrlich bin, ich muss jedesmal überlegen, welches Kind denn nun von welcher Zigeunerin ins Feuer geworfen wurde.


    Lieber MDM,

    ich habe mich köstlich amüsiert, wie du das, was viele Leute über die modischen Entstellungen der Oper denken, mit dieser Satire wunderbar dargestellt hast. Beispiele für Klosettschüsseln und andere unpassende Gegenstände gibt es ja im Regisseurstheater wahrlich genug. Dazu passt dann anschließend auch nur das Essen am Würstchenstand oder bei McDonalds.:jubel::jubel::jubel::hello::hello::hello:


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    Einmal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Frage zu 2. Wer soll denn Garcia alias Manrico sein?

    Hallo Souffleur,

    Gerhard hat ja die Frage eigentlich weiter oben schon beantwortet. Ich habe auch erst gestern mitbekommen, dass Manrico in Wirklichkeit Garcia heißt, und zwar an Hand der Untertitel, die sich sehr eng an das Libretto hielten, im Gegensatz zu den gängigen deutschen Texten. Und da wird der Name gleich in der ersten Szene erwähnt. Als der Chor nämlich Ferrando auffordert, die Geschichte von von den zwei Brüdern zu erzählen, heißt es:

    " Dalle gravi palpebre

    il sonno a discacciar,

    la vera storia ci narra

    di Garzia, germano al nostro Conte"


    Um den Schlaf von unseren schweren Augenlidern zu vertreiben, erzähle uns die wahre Geschichte von Garzia, dem Bruder unseres Grafen.

    Im Italienischen muss der Aussprache wegen aus dem Garcia ein Garzia werden. Beließe man die originale Schreibweise, müsste der Chor nach einem "Gartschia" fragen.


    Es grüßt Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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    Als Originalwerk bezeichne ich eine Inszenierung, deren Handlung nach dem Libretto, auf das der Komponist die Musik geschrieben hat, abläuft und die zeitlich und örtlich dort angesiedelt ist, wo sie historisch hingehört.

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    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

    Einmal editiert, zuletzt von Gerhard Wischniewski ()

  • Das habe ich hier schon öfter betont: Als Originalwerk bezeichne ich eine Inszenierung, deren Handlung nach dem Libretto, auf das der Komponist die Musik geschrieben hat, abläuft und die zeitlich und örtlich dort angesiedelt ist, wo sie historisch hingehört.

    Ich habe bis jetzt nur kurz in die Inszenierung in Verona hineinschauen können und natürlich ist das alles schon sehr imposant - vor allem, wenn man live dabei ist, denn der Bildschirm kann all dies wohl nur unzulänglich einfangen.


    Was mir jedoch sofort aufgefallen ist, sind die Ritter/Soldaten gleich zu Beginn, genauer die Halbmondsichel auf ihren Kostümen. Nun ist ja durchaus bekannt, dass die Mauren Teile Spaniens lange Zeit besetzt hielten, allerdings wurden sie wohl schon einige hundert Jahre vor Handlung der Oper (lt. Wikipedia Anfang des 15ten Jahrhunderts) wieder vertrieben. Zudem gehörte wohl Aragonien, wo die Handlung ebenfalls lt. Wikipedia spielt, nicht zu den eroberten Gebieten. - Nun, der Optik tut dies keinen Abbruch und für die Inszenierung ist es wohl auch vollkommen egal. Allerdings zeigt es m.E. wieder einmal, wie uneindeutig und wenig greifbar Begriffe bzw. Bezugspunkte, wie Das Originalwerk oder Die (zeitlich und örtlich) historische Richtigkeit eigentlich sind. Insbesondere zur Verteidigung oder auch zum Angriff auf diese(r) oder jene(r) Art der Inszenierung scheinen sie mir wenig instruktiv.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • So, nachdem wir das nun - zum wiederholten Male - auch geklärt haben, erlaube ich mir doch, auf Zeffirellis Il trovatore-Inszenierung aus der Arena di Verona zurückzukommen:


    Inzwischen bin ich mit den ersten beiden Teilen durch und möchte frei nach Tannhäuser ausrufen: "Schweig mir von Werktreue!". Warum sehe ich statt einer Burg lediglich vor Waffen und Schilden strotzende Türme, die eine Burg höchstens stilisieren? Was sollen die beiden Großstatuen an den Bühnenrändern? Warum deutet Azucena in ihrer Erzählung auf ein Feuer, wo kein Feuer ist? Warum schauen Leonora und Manrico ständig aneinander vorbei, obwohl sie doch ineinander verliebt sind? Auf die unpassende Ritterkostümierung habe ich schon oben hingewiesen, aber auch die Zigeuner wirken auf mich nicht unbedingt authentischer. - Nicht, dass all dies in irgendeiner Weise wichtig wäre, aber genau diese Fragen werden doch sonst auch gestellt um zu "beweisen", wie wenig werktreu eine Inszenierung ist ... Übrigens wird ja gerne gefordert, dass anhand des Bühnenbildes recht unmittelbar erkennbar sein sollte, um welches Stück es sich grad handelt. Nun, als sich zum Ende des zweiten Teils der mittlere Turm zum Altar öffnete, was, wie Stimmliebhaber, der die Inszenierung live gesehen hat, hier glaubwürdig als durchaus beeindruckend beschreibt, habe ich so bei mir gedacht, jetzt schreitet Elsa gleich ins Münster. Was ich damit sagen will, dass das Ganze zumindest bis jetzt mit leichten Anpassungen im Licht auch an der Schelde spielen und so ein recht annehmbares Lohengrin-Bühnenbild abgeben könnte. Auch die Kostüme der Ritter könnte man hierfür zum Teil sicherlich wiederverwenden. - Klingt vielleicht lustig, zeigt m.E. aber einmal mehr die Sinnlosigkeit der Werktreue-Diskussion anhand der äußeren Ausstattung.


    Lassen wir diese offensichtlich sinnlosen Fragen mal beiseite, so bleibt von der Inszenierung allerdings nur noch ein - natürlich außerordentlich effektvoll gestaltetes - Ausstattungstheater übrig. Das dabei die Gefolgschaft des Grafen während seiner Arie "Il balen del suo sorriso" plötzlich regungslos verharrt, wirkt unmotiviert. Überhaupt zeichnet sich die gesamte Szenerie zumindest bis zum Schluß des zweiten Teils nicht unbedingt durch eine ausgefeilte Personenregie aus. Immerhin tun die Protagonisten ihr Möglichstes, gegen den totalen Stillstand anzuarbeiten. Allein Herrn Eyvazov ist es, wie mir scheint, nicht gegeben die außerordenlich eindrucksvoll rollenden Augen vom Dirigenten zu wenden, was ihn allerdings in seiner Bewegungsfreiheit ungemein einzuschränken scheint. Gesanglich bleibt für mich der Eindruck bestehen, dass er über genau zwei Register verfügt, das laute und das noch etwas lauterer. Hinzu kommt, dass ich bei ihm kaum soetwas, wie eine individuelle Stimmfärbung zu hören vermag; es bleibt wieder einmal alles auf einem Ton. Als weiteres ungemein unterstützendes Element der zunehmend um sich greifenden Statik der Aufführung kommt dass m.E. ziemlich kraftlose, wenig feurige Dirigat Maestro Morandis hinzu. Auf der musikalischen Haben-Seite ist natürlich Frau Netrebko zu nennen, die mit ihrem dunkel timbrierten, voluminösen, aber in den Koloraturen ausreichend beweglichen Organ das Rund der Arena ohne allzugroße Anstrengung auszufüllen vermag. Und auch Luca Salsis Luna gefällt mir bislang gut. Hier fällt sofort der Abstand zu Eyvazov auf: Salsi traut sich zum einen, wenigstens etwas Bewegung in seine Darstellung zu bringen und verfügt zum anderen über deutlich mehr, als nur einen Ton in zwei Dimensionen.


    Schließlich sei noch bemerkt, verehrter Gerhard, dass ich das Entfernen insbesondere des Eingansbeitrags recht ärgerlich finde. Gerne hätte ich nochmal gelesen, was Du zu dieser Aufführung geschrieben hast.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Begeisterung für Salsi kann ich nicht teilen. Er ist ohne Frage ein stattlicher Typ mit tollem Material, aber sobald es weiter rauf geht, kommt da nicht viel. So war das im so ziemlich allen Rollen, in denen ich ihn live erlebt habe.

  • Salsi hat eine sehr kraftvolle, meines Erachtens zu kraftvolle Stimme, man hört den großen betriebenen Kraftaufwand jederzeit, was dem Klang nicht gut tut. Keine Piani, keine wirkliche stimmliche Modulationsfähigkeit, keine Zwischentöne, ja nicht einmal ein schöner freier Klang - aristokratisch, wie man meint, dass es sich für einen Grafen geziemen würde, klingt das schon mal gar nicht, eher nach einem Stierkämpfer, noch viel eher nach einem Stier, nämlich wahnsinnig veristisch und damit nicht sehr typisch für den mittleren Verdi, viel eher nach einem Tonio oder Jack Rance. Wer die Leistung eines Luna nur nach dem hörbaren Testosteron misst, für den mag Salsi ein idealer Rollenvertreter sein, aber ich fand das Wort vom "Brüllaffen" selten so berechtigt wie hier...

    "La Roche" hatte im Parallethread eine zu "Mme. Cortese" ziemlich gegensätzliche Sängerbewertung vorgenommen, der ich mich bereits angeschlossen hatte. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe Salsi als Renato und als Jago live erlebt, beide Male hat er mir nicht sonderlich gut gefallen. Die Stimme ist aus meiner Sicht eher lyrisch gelagert, durch sein drahtiges Singen versucht er wettzumachen, was ihm an natürlichem dramatischen Applomb fehlt. Klanglich führt das zu keinen sehr schönen Ergebnissen. Mit den zu früh erzwungenen dramatischen Partien wie dem Jago tut er sich m. E. keinen Gefallen. Darüber hinaus ist er ein sehr mäßiger Gestalter. Dass er dieses Jahr ernsthaft in einer Salzburger Neuproduktion als Boccanegra angesetzt wird, halte ich für äußerst fragwürdig, auf der anderen Seite zeigt es einmal mehr, dass es an großen Persönlichkeiten im italienischen Baritonfach zur Zeit doch sehr mangelt.

  • Gegen ein wenig Stilisierung habe ich generell nichts einzuwenden, obwohl ich das Bühnenbild auch etwas gewöhnungsbedürftig fand. Und die Öffnung des Turms zum Altar fand ich reichlich kitschig. Allerdings muss ich auch sagen, dass trotz dieser Fragwürdigkeiten in dieser Inszenierung nichts gegen der Inhalt des Stücks gesprochen hat, was ich und andere RT-Kritiker eben bei vielen RT-Produktionen so sehr bedauern -z.B. Biogasanlage als Wartburg etc. oder Carmwn in der Psychiatrie.

    Es bleibt halt die Frage, was denn wirklich gegen den Inhalt eines Stückes spricht bzw. was diese ominöse Werktreue eigentlich ist!? Für mich ist eine Inszenierung oder besser allgemein eine Interpretation dann werktreu, wenn sie den Geist des Werkes transportiert. Dabei ist mir natürlich vollkommen klar, dass ich den Geist des Werkes nur für mich und nur schwer allgemein bestimmen kann. Klar ist aber, dass insbesondere Äußerlichkeiten, wie Bühnenbild, Kostüme, zeitlicher Rahmen bzw. Bezug für mich in den allermeisten Fällen eher zweit- bis drittrangig sind, und so kann denn auch eine Carmen durchaus in der Psychatrie spielen. - Die RT-Kritiker und ich haben da einfach so unterschiedliche Maßstäbe, dass wir wohl nie übereinkommen werden.

    Um wieder auf Zeffirellis Il trovatore-Inszenierung zu kommen, scheint es mir hier doch so, dass der Geist des Werkes sehr stark auf die äußere Form reduziert wird. Ich würde nun nicht unbedingt sagen, dass das Stück zugunsten der Ausstattung missbraucht oder gar denunziert wird, aber es wird m.E. zumindest benutzt, um etwas auf die Bühne zu bringen, was für mich genausowenig mit Werktreue zu tun hat, wie für Dich eben eine Carmen in der der Psychatrie oder auch eine La Bohème im Hochhaus. Wobei in letzterem Fall ich ja meine, dass gerade die Verlegung der Szene in ein "klassisches" Wohnhochhausviertel den Geist der Bohème recht gut transportiert, also durchaus eine gewisse Werktreue vorliegt (siehe auch unsere Diskussion hier und hier).


    Was mir übrigens zu Herrn Eyvazov einfällt, dass sein "Problem" weniger ein technisches ist, im Gegenteil, dass er einen Ton besonders lange halten kann, beweist er ja ständig. Was ihm einfach fehlt, ist m.E. stimmliche Gestaltungskraft. Würde er sich um eine solche bemühen (auch, wenn er dabei weiterhin wie ein Pfahl in der Landschaft herumstünde), könnte das Urteil veilleicht deutlich positiver Ausfallen. Hierzu würden mich dann schon Meinungen unserer Stimmexperten interressieren, denn vielleicht liege ich mit meiner Beurteilung ja auch vollkommen daneben.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ja, dann muss ich mir Herrn Salsi wohl nochmal genauer anhören. Eventuell gewinnt er bei mir auch deshalb so sehr, weil sein Wiederpart Eyvazov so abfällt.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Die Stimme ist aus meiner Sicht eher lyrisch gelagert

    Wenn das so ist, dann finde ich es beosnders schade, dass er sich nicht tatsächlich auch mal wirklich bemüht, lyrisch zu singen. Luna ist ja nicht nur durchgängig wutschäumend, in der Kavatine im 2. Bild des 2. Aktes ("Il ballen") und an einigen anderen Stellen böte sich ein lyrischerer Gesang ja geradezu förmlich an.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es ist ein Unding, wenn Beiträge gelöscht werden, auf die bereits Bezug genommen wurde. Ich werde daher die durch Buchstaben bezeichneten Beiträge mit den Zitaten wieder befüllen, wie in den Folgebeiträgen ersichtlich sind. In Zukunft bitte ich diesbezüglich um Disziplin und auch darum, dazu zu stehen, was man geschrieben hat. TP

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Und noch ein Gruß in Blau: Das Thema ist mal wieder vollständig ausgeufert. Ich habe die Beiträge in einen neuen Thread gepackt (Interpretationen - eingeschränkte Notwendigkeit). Hier geht es um den Troubadur in einer bestimmten Inszenierung. Jemand eine Meinung dazu? TP

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  • Betrifft: WERKTREUE DES TROVATORE IM FERNSEHEN 13.07.2019


    Eine reine Geschmacksache ist die Beurteilung dieser Inszenierung, man kann sie gut finden oder schlecht, sie nach Kriterien der Werktreue anhand eines Librettos (welchen Librettos überhaupt?) zu beurteilen bringt nichts. Mit Libretti befasse ich mich schon seit Jahren, besonders mit Originalfassungen und Übersetzungen. Um beim Trovatore zu bleiben: was die Angaben zur Szene und den Auftritten betrifft bin ich auf verschiedene Versionen gestossen, die sich leicht bis erheblich unterscheiden. Worauf genau Zefirellis Inszenierung basiert, lässt sich kaum mit Sicherheit sagen. Meiner Meinung nach basiert die Arena Inszenierung von 2001, die im Fersehen als Neuauflage 2019 von seinen Assistenten betreut wurde, auf Le Trouvere s.u., das Ballett wurde zwar verkürzt und gesungen wurde die italienische Urfassung, Ergebnis war daher eine Original-Zefirelli Fassung.

    Ich gehe im Folgenden nur auf die erste Szenenbeschreibung der verschiedenen Libretti ein; was da sichtbar wird setzt sich in den folgenden Szenen fort


    italienisch

    SCENA I

    Atrio nel palazzo dell'Aliaferia. Da un lato, porta che mette agli appartamenti del Conte di Luna Ferrando e molti Familiari del Conte giacciono presso la porta; alcuni Uomini d'arme passeggiano in fondo.

    FERRANDO

    ai Familiari vicini ad assopirsi

    Alternative italienisch

    Scena prima
    Atrio nel palazzo dell'Aliaferia, porta da un lato che mette agli appartamenti del Conte di Luna. Ferrando e molti familiari del Conte, che giacciono presso la porta, alcuni uomini d'arme che passeggiano in fondo.

    Ferrando …….keine Angaben dazu, an wen er sich wendet



    die englische Quelle Indiana University School of Music ist nah an der italienischen Fassung
            bdsmlr-419703-vLYQxAXFyY.gif


    In deutschen Fassungen, auf die sich wahrscheinlich alle beziehen, die auf die sogenannte Werktreue pochen finden sich wahrhaftig Angaben, die nur der Phantasie derer entsprungen sind, die die deutsche Fassung erstellt haben. Beispiel


    deutsch stimmt mit der alternativen italienischen Fassung überein

    Halle im Schloß Aliaferia, seitlich eine Tür zu den Gemächern des Grafen Luna. Ferrando
    und zahlreiche Gefolgsleute haben sich neben der Tür gelagert; im Hintergrund patrouillieren
    einige Bewaffnete.


    deutsch Alternative

    Der Vorhang hebt sich nach dem siebzehnten Takte
    Vorhalle im Palaste Aliaferia mit einer Seitentür, welche über Stufen zu den Gemächern des Grafen Luna führt. Es ist Nacht. Eine brennende Ampel von der Decke erhellt matt den Raum.

    ERSTER AUFTRITT

    Ferrando. Krieger als Wachen. Diener
    Krieger und Diener stehen, sitzen und liegen schlaftrunken und schlafend umher.

    Einige Bewaffnete gehen im Hintergrunde Wache haltend auf und ab.

    FERRANDO

    tritt von links ein, beobachtet eine Weile; dann:

    die rot gekennzeichneten Angaben sind wahrscheinlich der Vorlage von Le Trouvere (s.u.) entnommen


    Französisch Le Trouvere sogar mit Skizzen zur Szene


                  bdsmlr-419703-UzP7wsP7fu.PNG



    Französich und spanisch (Quelle) stimmen mit der ital. Fassung von IL TROVATORE überein

    PREMIER ACTE

    Le Duel.

    (En Aragon. Vestibule du palais de l'Alfaferia à

    Saragosse; porte latérale conduisant aux

    appartements du Comte de Luna)

    Scène I

    (Fernand et plusieurs vassaux du comte couchés près

    de la porte; quelques hommes d'armes se promènent

    au fond


    PRIMER ACTO

    En Aragón. Atrio del palacio de la Aljafería

    de Zaragoza; una puerta lateral conduce a

    los aposentos del Conde de Luna

    Fernando y numerosa servidumbre del Conde,

    sentados junto a la puerta; algunos soldados

    pasean por el fondo


    Das Dilemma "Werktreue" bleibt also weiterhin ein Dilemma.

    Noch nicht mal die Frage kann geklärt werden, ob die Vorstellungen in der Arena von 2019 absolut werkgetreu rekonstruiert wurden, da Zefirelli zur Zeit der Neueinstudierung schon sehr krank war. Da können nur die ein Urteil abgeben, die die Inszenierung schon 2001 (nicht 2010 in der Wiederaufnahme) gesehen haben.


    Diese Fragen bleiben offen und fordern Hobbyforscher, wie ich einer bin, heraus

    1. Wie sehr unterscheidet sich LE TROUVERE von IL TROVATORE, abgesehen von der Sprache?

    - a: vom Inhalt her

    - b: vom Text her (es geht nicht, den Text einfach ins Französische zu übersetzen, da die Betonung der Silben unterschiedlich ist: franz. = immer letzte Silbe, ital. =meistens vorletzte Silbe)

    2. Ist nicht jede Übersetzung des Operntextes gleichzeitig Interpretation?

    3. Spielt die Werktreue bei einer Open-air Veranstaltung überhaupt ein Rolle?

    4. Hat Zefirelli jemals für sich in Anspruch genommen, das er werkgetreu inszeniert. War für ihn der optische Effekt nicht immer wichtiger als eine inhaltliche Deutung?


    Ich werde am Ball bleiben und verabschiede mich vorläufig, um ab Samstag 6 Wochen Ferien ohne Tamino zu machen.

    Einmal editiert, zuletzt von Souffleur ()