Die Probleme der Operette im 21. Jahrhundert

  • Es gibt sicher Probleme mit der Operette im 21. Jahrhundert, eigentlich schon früher, tot ist si indes noch nicht - aber sie schwächelt.

    Warum ?

    Das Publikum müsste eigentlich noch vorhanden sein - siehe Andre Rieu.

    Aber irgendwas fehlt da.

    Ich behaupte, Herr Rieu - und andere Künstler dieses Genres - halten es (für sich) am Leben, durch ihre starke Persönlichkeit und ihren eisernen Willen,

    Ich erinnere mich, als für ein Konzert am Wiener Michaelerplatz (Burgtor, wo einst das alte Burgtheater (bis 1888) stand) sogar störende Straßenlaternen vorübergehend abmontiert wurden.

    Das muß schon eine Menge Geld und Einfluß dahinterstehen (Das Fernsehen übertrug damals oder zeichnete aus) um so etwas zu ermöglichen.


    Dieser Einfluß fehlt der Operette, sie ist heute nicht wirklich "IN"


    Das liegt an vielerlei Punkten.

    1) Es gab auch in der Hochblüte des Genres nicht, daß sich Millionen dafür interessierten, ein Theatersaal fasste ca 1200 Personen - und wenn es 20 Aufführungen gab, dann war das schon ein Erfolg

    Heute werden Fernsehserien abgesetzt wenn sie "nur" eine Million Zuseher haben ....


    2) Die Operette eignet sich nicht wirklich fürs "Regietheater" - Das macht sie für die Clique "progressiver Theatermache uninteressant.


    3) Operettenstars führten um 1900 ein gutes Leben, ebenso wie Opernsänger und Filmschauspieler - Sie waren in der Tat "Stars" und waren - umindest in ihren erweiterten Umfeld - berühmt.

    Das ist heute kaum mehr so, wer heute beginnt Operette zu singen verbleibt dort meist ein Leben lang - ohne reale Aussicht auf eine "internationale Karriere"


    4) Die auf der Bühne dargestellten Personen haben selten mehr Bezug zudem was men heutzutage euphemistisch "Gesellschaft" nennt.


    Das liegt zum einen an einer unerträglichen Überfremdung,

    zum anderen an einer Jugend die auf "Arbeitssklave" ohne humanistische Allgemeinbildung gedrillt wird - sie würden feine Spitzen und Anspielungen in den Texten nicht verstehen.


    5) Durch den Mangel an erstklassigen Sängern, sinken die Aufführungen auf ein provinzielles Niverau - und können so mit anderen Musiktheatergruppen nicht mithalten.


    6)Der Staat scheint sich für Operetten als Aushängeschild heimischer Kultur auch nicht besonders zu interessieren und ähnliche scheint für große Sponsoern zuzutreffen.


    7) Kleinere Operettengruppen gibt es zwar, aber sie sind meist stimmlich und von den Möglichkeiten der Ausstattung her eher provinzionell (Man nehme hier als Referenz die Schenk inszenierung an der Wiener Staatsoper) und das bestärkt dann das Vorurteil von der zweit- und drittklassigen Operette

    ------------------------------------------------

    Operette kann nur "wiederbelebt" werden, wenn sich eine "große Persönlichkeit" dafür interessiert und sich dafür einsetzt. Harald Serafin war solch eine Person, wenngleich auch die von ihm verantworteten Inszenierungen der letzten Jahre ehe (seien wir freundlich) eher mittelmäßig waren. Ob das an Altersresignation (was ich nicht glaube !!) oder an Mangel an Geldmitteln oder politischem Einfluss (beides lässt sich trefflich verbinden !!!)lag, das kann ich nicht beurteilen. Aber schon in der Vergangenheit waren es immer prägende Gestalten, die die Operette belebt gaben, so beispielsweise Karl Dönch, der seine Zweite Karriere als Dirktor der Wiener Volksoper ausübte, er war zudem iMO ein besserer Schauspieler (mit einer unnahchahmlichn Komik) als er Sänger gewesen war. Es war vor allem seine Persönlichkeit, die das Charisma verbreitete.

    Ich habe mir für diesen Thread - und andere, die Geschichte von Mörbisch und diverser Wiener (einstiger) Operettentheater angesehen, und festgestellt, daß sie seit Menschengedenken jeweils ihr Kernrepertoire gewechselt haben - stets von der Person des Direktors abhängig.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Das Problem der Operette sind nach meiner Überzeugung ihre Inhalte und Stoffe. Es gibt nicht sehr viele wirklich gute Stücke. Entweder man führt sie eins zu eins auf oder man versucht sich in Bearbeitungen. Beides gelingt - wie ich beobachtet habe - höchst selten. Versuche, das Genre mit Mitteln des so genannten Regietheaters in die Gegenwart zu führen, brachten auch nichts und sind meist gescheitert. Im Netz habe ich eine Aufführungstistik für Deutschland gefunden - aktueller geht es wohl nicht. Interessant ist die Stückauswahl.


    Mich faszinierte an Operetten in der Regel nur die Musik. Sonst fast nichts. Habe ich mich mal in eine Vorstellung verirrt, verließ ich sie oft in der Pause. Selbst die sehr gut gemeinten und bunten Inszenierungen jüngeren Datums an der Komischen Oper Berlin fand ich letztlich ermüdend. Die waren meist nicht gut genug gesungen. Das aber müssen sie! Einzige Ausnahme: "Vetter aus Dingsda".


    In meinem Archiv habe ich hunderte Operetten und Szenen. Gehört ist noch etwas anders als gesehen. Soll heißen: Ich höre Operetten lieber.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich bin in meiner Jugend (damit meine ich meine wirkliche Kindheit) mit Operetten "abgefüllt" worden. Mein Vater war ein begeisterter Hörer dieser Werke von Kálmán und Lehár. Ich habe sie natürlich damals auch geliebt. In den letzten 45 Jahren aber nicht mehr gehört. Ich bin also über die aktuelle Situation überhaupt nicht informiert. Deswegen nur Two (Three :)) Cents.


    1. Ich habe das Gefühl, dass man mit den beiden genannten Komponisten fast das gesamte Repertoire erfasst, was sich notgedrungen nicht mehr entwickeln kann. Also auch eine natürliche Langeweile auftaucht, wenn man sich nicht auf Nebenschauplätze wie z.B. die Kleidung des Sängers kapriziert. Das ist in der Oper anders. Neue Inszenierungen aber auch neue Kompositionen und deren Aufführungen fordern ja immer wieder zum Vergleich und zur Auseinandersetzung mit dem klassischen Werken auf.


    2. Wenn man die Idee der Operette ein bisschen weiterdenkt, kommt man ja schon irgendwie zum Musical (was ich zugegebenermassen auch nicht wirklich höre). So weit hergeholt ist also die Idee, damit auch die "Klassiker" neu zu beleben dann wieder nicht.


    3. Und ja, charismatische Persönlichkeiten können solche Zweige immer wiederbeleben.

  • Dem ersten Absatz meines Vorvorbeitragenden stimme ich zu (das Problem sind in der Tat die Stoffe, da hat Kurt Tucholsky schon vor fast 100 Jahren den Finger in die Wunde gelegt), dem folgenden nicht: Ich finde, dass das Team Kosky - Manzel in den letzten Jahren an der Komischen Oper Berlin sehr viel für die Lebendigkeit und Akzeptanz dieses Genres geleistet hat. Aufführungen wie "Ball im Savoy", "Eine Frau, die weiß, was sie will" und "Die Perlen der Cleopatra" habe ich mir von großem Genuss jeweils mehrfach angesehen. Und nur hören tue ich Operetten ganz selten. Bei kaum einem anderen Bühnengenre müssen Szene und Musik dermaßen ineinandergreifen wie bei der Operette.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und nun zu meinem direkt Vorbeitragenden: Das Operettenrepertoire ist nun doch WEIT größer als nur Lehár und Kálmán - und gerade in den letzten Jahren wurde u.a. an der Komischen Oper Berlin viel dafür getan, gerade die zwischenzeitlich (auch wegen des NS-Reichs und seiner "Entjudung") Zeitgenossen Lehárs wieder stärker zu beleuchten und aufzuführen, also Paul Abraham, Leo Fall, Oscar Straus und einige andere. Und dann ist ja da auch noch die gesamte "Goldene Operette" des 19. Jahrhunderts, die mit Lehár und Kálmán eigentlich gar nichts zu tun hat.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Das Operettenrepertoire ist nun doch WEIT größer als nur Lehár und Kálmán - und gerade in den letzten Jahren wurde u.a. an der Komischen Oper Berlin viel dafür getan, gerade die zwischenzeitlich (auch wegen des NS-Reichs und seiner "Entjudung") Zeitgenossen Lehárs wieder stärker zu beleuchten und aufzuführen, also Paul Abraham, Leo Fall, Oscar Straus und einige andere. Und dann ist ja da auch noch die gesamte "Goldene Operette" des 19. Jahrhunderts, die mit Lehár und Kálmán eigentlich gar nichts zu tun hat.

    Vielen Dank für die interessante Aufklärung. Tatsächlich schimmert es bei mir bei den Namen Paul Abraham und Oscar Straus noch dunkel durch, ohne jetzt Konkretes damit verbinden zu können. Gibt es denn interessante Verlegungen in aktuelle Kontexte dieser Werke?

    Einmal editiert, zuletzt von astewes ()

  • Abgesehen davon, dass diese Werke größtenteils noch urheberrechtlich geschützt sind, entstand bei mir der Eindruck, dass das Rasante, teils Überdrehte der 1920er Jahre von uns weniger weit entfernt ist als einige Jahrzehnte aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Die Notwendigkeit einer vordergründigen Aktualisieren scheint da nicht zu bestehen, auch wenn aus Gründen der Unterhaltsamkeit in den Dialogen solche (etwa Cleopatra als Merkel) mitunter erfolgen und damit dem Charakter des heiteren Unterhaltungsgenres duchaus gerecht werden.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe vor Kurzem mir noch einmal einen alten Film zur Gräfin Mariza angesehen (Man kommt ja als Teilnehmer einer Klassikforums auf die seltsamsten Ideen ;)). Ein Klassiker mit Rudolf Schock (die Kindheit ließ massiv grüßen). Wenn man jetzt aber nicht einfach gerne die Stimme von Rudolf Schock hört, sehe ich da kaum Unterhaltungswert. Die Story ist nicht weit weg von Courths-Mahler und auch der Groschenroman modernisiert sich.


    Wenn es mir schon so geht, und ich bin wahrlich nicht die Generation, um die sich die Operette bemühen sollte, wie erarbeitet sich ein Vierzig- oder noch krasser ein Zwanzigjähriger einen solchen Kontext?


    Vielleicht ein bisschen OT aber eventuell doch hilfreich. Aus dem Wunsch nach Unterhaltung versuche ich mir hin und wieder deutsche Unterhaltungsfilme aus den 50-gern oder den beginnenden 60-gern anzuschauen und stolpere doch nicht unerheblich über die massiv vertretenen Rollenklischees in den Dialogen, die mir den Unterhaltungswert nivellieren.


    Bei Kunst, die zeitlose Themen behandelt, spielt das eine untergeordnete Rolle, aber da verlassen wir auch den Bereich reiner Unterhaltung.

  • Abgesehen von der Fledermaus wirkt Operette oft furchtbar altmodisch (Musik und Ausdruck des Lebensgefühls) oder albern (Dialoge, Handlungstempo) auf mich. Ich versuche, das als meinen Fehler aufzufassen, und habe kürzlich Exemplare von Edmund Eysler und Nedbal konsumiert - mit gemischten Gefühlen. Immerhin habe ich mich streckenweise sehr amüsiert.

  • Das ist heute kaum mehr so, wer heute beginnt Operette zu singen verbleibt dort meist ein Leben lang - ohne reale Aussicht auf eine "internationale Karriere"

    Das müsste nicht so sein. Ausflüge von sehr bekannten und geschätzten Opernsängern in die Operette verfehlen ihre Wirkung nicht. Das war schon früher so. Vor allem Jonas Kaufmann sollte sich viel mehr dem Genre widmet. Er ist für mich der geborenen Operettenstar, bei dem Stimme und äußere Erscheinung einher gehen. :)


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Wenn es mir schon so geht, und ich bin wahrlich nicht die Generation, um die sich die Operette bemühen sollte, wie erarbeitet sich ein Vierzig- oder noch krasser ein Zwanzigjähriger einen solchen Kontext?

    Wenn er intelligent ist - und akzeptiert, daß es sich hier um HISTORISCHES Material handel - mit anderen Wertesystemen als heute, dann sollte das kein Problem darstellen.


    Wenn Rembrandt oder ein Zeitgenosse eine biblische Szene malte, dann malte er so. woie man sich damals gewisse Kleidungen und Gewohnheiten vorstellte.

    Weihnachten ist bei uns mit Schnee und etwas Nachdenklichkeit verbunden - und hat mit "fröhlich" nur wenig am Hut - im Gegensatz zu lateinamerikanischen Ländern.


    Man muß aber auch hinzufügen, daß Operettenfilme der 40er und 50er Jahre und auch noch später - einer gewissen Modernisierung unterlagen,welche entlavt, wie entstellend solche Bearbeitungen später gesehen werden können - die (vielleicht) zu Zeiten ihres Entstehens dem Publikumsgeschmack angepasst wurden.


    Wir erleben solche Verballhornungen auch heute, wenn einige Dummköpfe verlangen, daß "rassistische" und "kriegerische" Passagen aus den alten Werken der Generation aus der Serie "Einfaltspinsel" Genüge getan wird.


    Courths Mahler als "Groschenroman" abzutun ist zwar zeitgemäß - bringt es aber nicht auf den Punkt. Sie schrieb zu Lebzeiten -aus bürgerlicher Sicht - allzu frei und brachte

    einen "erotischen" Unterton ins Spiel der vielen ein Dorn im Auge war. Noch meine aus Mähren stammende Großmutter (1888-1968) vernichtete ein Buch von Courts-Maler, welches sie bei meiner Mutter (1927-2017) entdeckte.

    Das gäbe es noch viel zu schreiben über Wert oder Unwert von alter Literatur - aber dazu gibt es ja einen eignen Thread, der allerdings (noch?) nicht auf viel Gegenliebe gestoßen ist.


    Wenn jemand - wie Du - zeitgenössische Musik von lebenden Komponisten schreibst:

    "Diese Musik erschließt sich meines Erachtens ohne große Probleme und bereitet ziemlichen Hörspaß."

    dann ist es kein Wunder, wenn Du zur Operette keinen Zugang hast.


    Die Deutschen haben IMO ohnedies eine sehr eigenwillige Sicht auf die Operette, der Osten ausgenommen.


    Das was ich jetzt schreibe ist bitte KEIN FREIBRIEF für Regietheaterbearbeitungen von Operetten:


    Operetten sind musikalisch oft hochwertig und stellen die Verbindung zur komischen Oper her.

    Operette kann - wenn man sie ernst nimmt - durchaus kitschig und einfältig sein.

    Aus meiner Sicht ist sie sowieso eher der Unterhaltung als der Kunst zuzuordnen - etwas das auf etliche Opern auch zutrifft,

    wo geschichtliche Realität in den Texten so verbogen wird, daß lediglich politschen Idealen (Schiller) oder Bühneneffekten Genüge getan wird.

    Wer Operette verstehen will, der sollte sich bei Offenbach und bei Gilbert und Sullivan umsehen.

    Hier ist EIN Element der Operette besonders ausgeprägt - IRONIE !

    In Wien beherrschte man dies ebenso - allerdings in leicht abgeschwächter Form.

    Auch die Ungarn wissen wie man Operette macht.

    Und es gehörte zur Operette, daß man durch FEINE DETAILs - und (verfremdete) Anspielungen, Bezüge zu jeweiligen Gegenwart machte - sehr zum Gaudium des Publikums, das einst konditionioert war solche Spitzen zu verstehen. Besonders in Couplets wurden aktuelle Texte eingefügt.

    Das war oft schon so vorgeseghen und entspricht der Wiener Theatertradition

    Deutsche Inszenierungen (auf Film etc erhalten) "modernisierten" hier oft -und wirken heute oft antiquerter als das eigentliche Original....

    Operette war nicht immer seicht - wohl aber oft der Mantel darum

    So ist "Das Land des Lächelns" (im Original "Die gelbe Jacke") durchaus als "rassistisches" Stück zu sehen

    und eine Warnung vor der Globalisierung und Multi-Kulti (genutzt hats leider nichts)

    Ein Wunder, daß das noch niemand von den Gutmenschen bemerkt hat -

    Aber die Interessieren sich nicht für Operette


    https://de.wikipedia.org/wiki/Die_gelbe_Jacke_(Leh%C3%A1r)

    https://de.wikipedia.org/wiki/Das_Land_des_L%C3%A4chelns


    Weiter über Literatur (AUCH Groschenromane etc) kann


    HIER->Über den Ewigkeitswert von Literatur (im weitestens Sinne)


    geschrieben werden...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Operette ist für mich Unterhaltung. Abschalten von der Gegenwart, schöne Kostüme, gefällige Musik, ein bißchen Klamauk. Und ganz wichtig: schöne, leichtere, aber durchaus glanzvolle Stimmen. Die werden heute für die Operette nicht mehr ausgebildet (ich spreche für Deutschland). Tut mir leid, auch Kaufmann paßt nicht in dieses Klischee.


    Das Ganze ist für mich nur erträglich mit Akteuren, die für Operette allseitig geeignet sind, auch optisch. Nicht nur das komische Paar, sondern alle müssen singen können und tanzen, sprachlich ihren Kollegen aus der Oper gegenüber deutlich im Vorteil sein (die Operettenakteure können ihre Unfähigkeit, sich deutlich und verständlich auszudrücken, nicht hinter Fremdsprachen verstecken ).

    Was gar nicht geht, das sind die Regietheatereinfälle wie Csardasfürstin im 1.Weltkrieg (Konwitschny in Dresden) u.a. Blödsinn. Denn wer in die Operette geht, hat eine andere Erwartungshaltung als Kriegsgeschrei. Operette wird noch immer von vielen Operettenfreunden gewünscht, aber nach der 3. Enttäuschung hintereinander sagen sie sich "die wollen nicht mehr oder könnens nicht mehr" und bleiben zu Hause. Die Operette ist nicht von allein kaputtgegangen, sie wurde kaputtinszeniert.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Was gar nicht geht, das sind die Regietheatereinfälle wie Csardasfürstin im 1.Weltkrieg (Konwitschny in Dresden) u.a. Blödsinn. Denn wer in die Operette geht, hat eine andere Erwartungshaltung als Kriegsgeschrei. Operette wird noch immer von vielen Operettenfreunden gewünscht, aber nach der 3. Enttäuschung hintereinander sagen sie sich "die wollen nicht mehr oder könnens nicht mehr" und bleiben zu Hause. Die Operette ist nicht von allein kaputtgegangen, sie wurde kaputtinszeniert.


    La Roche

    Genauso sehe ich das auch. Da war für mich Mörbisch der einzige Lichtblick in der trüben Soße. Erst vor wenigen Tagenhabe ich mir da wieder eine Inszenierung von der Seebühne aufgelegt.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wichtig sind die "leichten" Stimmen, und sie "dürfen" auf möglichst jung sein. Es gab eine Zeit , wo man Operettenaufnahmen mit Opernsängern, die ihren Zenit meist schon überschritten hatten - gemacht hat, a la "für die Operette gehts grad noch. In Einzelfällen mag das geklappt haben, die komischen Einlagen von Karl Dönch sind unvergessen, aber hier war eher die Schauspielkunst das Ausschlaggebende als seine Stimme.


    Aber es ist nicht so, daß Mörbisch ein einzighartiger Lichtblick war. Teilweise wurden recht mediokre Orchester eingesetzt und die Akustik war, vor allem in den Anfangsjahren recht äh gewöhnungsbedürftig.


    Ich habe "Eine Nacht in Venedig" dort gesehen (1988 ?)

    mit einem entsetzlich grölenden Giuseppe die Stefano, Insider wussten natürlich was sie erwartete jund gingen aus Neugier tgrotzdem hin.

    Aber es war viel schlimmer als gedacht, nicht mal den Text konnte er einigermaßen korrekt singen.

    er wirkte überfordert UND desinteressiert.

    Die Bühne war zwar mit etlichen komparsen und Statisten besetzt, wirkte aber dennoch leer

    (Spätere Inszenierungen waren da unvergleichlich besser)



    Ich habe aller ein "Land des Lächelns" dort gesehen, welches um einiges besser war als das betimmt nicht schlechte von 2019.

    Damals sangen und spielten

    • Harald Serafin (Graf Lichtenfels)
    • Ingrid Habermann (Lisa, seine Tochter)
    • Dietmar Kerschbaum (Graf Gustav von Pottenstein)
    • Sangho Cho (Prinz Sou-Chong)
    • Yuko Mitani (Mi, seine Schwester)
    • Toru Tanabe (Tschang, sein Onkel)
    • Gideon Singer (Obereunuch)
    • Volker Wahl (Fu Li, Sekretär)
    • Nora Miedler (Fanny)
    • Julia Resinger (Fini)

    Das Besondere aber war die Inszenierung, wo weitere Melodien von Lehar (aus der "Gelben Jacke" ?, der Urfassung des Stückes )

    benutzt wurden um die "Verwandlungen" zu überbrücken.

    Dabei wurden zahlreich Fackeln zur Beleuchtung eingesetzt um die Effekt zu verstärken.

    Das Werk wurde opernhafterund düsterer und rutschte dadurch in die Nähe von Puccinis Turandot.


    In dem letztzen Jahren ("das Land des Lächelns" von 2019 ausgenommen) konnte man schon einen Niedergang feststellen -auch schon in den letzen Jahren der Intendanz Serafin, was danach kam - darüber möchte ich aus Höflichkeit schweigen.


    Ein schönes Theater mit 1000 - 1200 Sitzplätzen - finanziell gut ausgestattet, wäre eine Ideallösung für traditionelle aufführungen. Man wäre unabhängig vom Wetter und den Gelsen (Stechmücken). Operette braucht eine Bühne. Seebühnen mögen im Einzelfall von Vorteil sein - aber nur in Einzelfällen. Sie sind zudem technisch schwerer zu beherrschen und gleichzeitig teurer von der Anzahl der Komparsen, von den wetterfesten Dekorationen ganz zu schweigen.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Vor allem Jonas Kaufmann sollte sich viel mehr dem Genre widmet. Er ist für mich der geborenen Operettenstar, bei dem Stimme und äußere Erscheinung einher gehen. :)

    Lieber Rheingold,

    ironischer geht es kaum als mit dieser Empfehlung. Aber es ist gekonnt. "Ein Schelm der böses dabei denkt."

    Herzlichst

    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Rheingold,

    ironischer geht es kaum als mit dieser Empfehlung. Aber es ist gekonnt. "Ein Schelm der böses dabei denkt."

    Herzlichst

    Operus

    Lieber operus, das war so gemeint wie es geschrieben steht. Ich halte Kaufmann tatsächlich für einen Sänger, der auch Operette kann. :) Operette ist für mich überhaupt nicht minderwertig. Ganz im Gegenteil. Vor allem jungen Sängern würde ich dringend raten, nach entsprechehenden Aufgaben zu greifen.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich sehe noch einen Aspekt, auf den ich hinweisen will: und zwar auf den sogenannten 3. Akt-Komiker.

    Zur Zeit der Entstehung gab es kein TV, keinen Film und auch noch kein Radio - und im Operettentheater hörte man die aktuellsten Witze, gab es aktuelle Zusatzstrophen zu vielen Couplets ( heute kann das nur noch Gerhard Ernst, früher unübertroffen Herbert Prikopa ), das war live meist Unterhaltung auf hohem Niveau.

    Doch wer ist heute noch imstande, jede Woche etwas Neues aus dem Stegreif zu liefern?


    Ich selbst bin im Teenager-Alter noch in diverse Operetten gegangen, um so etwas zu hören.


    Erich

  • ... und habe kürzlich Exemplare von Edmund Eysler und Nedbal konsumiert - mit gemischten Gefühlen. Immerhin habe ich mich streckenweise sehr amüsiert.

    Eysler und Nedbal sind nicht gerade Repräsentanten der ersten Reihe in der Operette. Eysler war zu seiner Zeit schon ein "Gestriger" und von Nedbal ist "Polenblut" eine brauchbare Operette, andere Werke von ihm sind dagegen recht schwach.


    Selbst die sehr gut gemeinten und bunten Inszenierungen jüngeren Datums an der Komischen Oper Berlin fand ich letztlich ermüdend. Die waren meist nicht gut genug gesungen. Das aber müssen sie! Einzige Ausnahme: "Vetter aus Dingsda".


    In meinem Archiv habe ich hunderte Operetten und Szenen. Gehört ist noch etwas anders als gesehen. Soll heißen: Ich höre Operetten lieber.

    Dass die Aufführungen der Komischen Oper schlecht gesungen waren, hat mich auch gestört. Operette nur hören ist ja beinahe ein Muss, wenn man bei dem einseitigen Repertoire der Theater die vielen vergessenen aber schönen Operetten erfahren will.


    Uwe

  • Ich möchte eine Lanze für Edmund Eysler brechen - und vor allem für seine Textdichter.

    Leider ist das hier eingestellte Sample vom Sängerischen her eine Zumutung, dallein die Frauenstimme !!!


    ABER -hört man darüber hinweg (uns stellt sich eine entprechende Sängerleistung vor - wobei die männliche Rolle einigermaßen akzeptabel isz)

    dann findet man man allerlei vergnügliches jund einige Doppeldeutigkeiten. Alleinder Name "Portschunkula" ist IMO völlig ungeeignet für eine "Liebeserklärung" - und wurde genau deshalb gewählt. Diese in der Operette unerotische Figur wird hier mit einem zweideutigen Kompliment bedacht, die Schönheit wird allein auf die Nacht begrenzt.

    Eine schlüpfrige Umschreibung für: In der Nacht sind alle Katzen grau"

    Der coupletartige Charakter ist hier bestens geeignet



    Diese Operette ist für ironische Anspielungen und Couplets geradezu prädestiniert -keine "Große Operette" sondern ein Kleinod im Kleinformat.

    Sie ist IMO "allzu wienerisch" um eine große Breitenweirkung zu erzielen - vielleicht ähnlich wie Jessels "Schwarzwaldmädel"


    Hier ebenfalls eine "Hinrichtung" eines "Klassikers" -ebenfalls eher 2-3. Reihe - aber sicher besser als hier gezeigt

    In gewisser Weise - eine geglücke Parodie - nein eigentlich nicht mal das - eher peinlich


    Vielleich hat Uwe Aisenpreis irgenwie recht, wenn er (indirekt) vor Operetten zweiter Qualität warnt.

    Ich bin der Überzeugung, die könnten gefallen, so ein perfekter Regisseur (a la Otto schenk) sie inszeniert und ein gutes junges Ensemble spielt und singt -

    Hier gehören die von Erich Ruthner beschriebenen Couplets und natürlch wirkungsvolle, perfekt getanzete Balletwinlagen.


    Man muß bei den "großen" Opretten im Gedächnis halten, daß sie bei ihrem Erscheinen auch oft Flickwerk waren, ich nenne hier "die Nacht in Venedig" an der zahlreiche Komponisten und Arrangeure (am Ende dann doch erfolgreich)gebastelt haben, damit sie erfolgreich war.

    "Wiener Blut" ist eine Operette von Johann Strauß, dienach seinem Tod lediglich aus Versatzstücken des Meissters zusammengestellt wurde.


    "Die Fledermaus" - wird von einigen -Gott allein weiß warum - als "Oper gesehen.

    Sieht man von der herrlichen Musik und denm möglichem bombastischen Aufwand ab - dann würde ich sie als schwaches Stück sehen.


    Ansonst hatte Johann Strauß zahlreiche erfolglose Operetten geschrieben.


    Das "Dreimäderlhaus" angeblich von Berthe. Von dem ist kein einziges Musikstück enthalten - irgendwo habe ich gelesen, daß es Musik von ihm dazu gab, die aber auf Grund ihrer Qualität durch jene von Schubert ersetzt wurde....


    Ich habe das Stück zweimal in verschiedenen Besetzungen gesehen - Dass es als rührseliger Kitsch gesehen wurde, tat der Wirkunf auf das Wiener Publikum im Raimundtheater (irgendwann m 1970 (?) ) keinen Abbruch. Das Stück vermittelte in der Tat das Flaie des biedermeierlichen Wien - Ein besonders rührseliges Ensembel musste auf Grund von frenetischem Applaus sogar wiederholt werden.

    Hier aber haben wir das Beispiel einer gekonnten Hinrichtung durch das Landestheater Linz:

    Eine Zumutung !!!

    Einst wurde das Stück als Operette bezeichnet - heute als Singspiel


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • "Die Fledermaus" - wird von einigen -Gott allein weiß warum - als "Oper gesehen.

    Sieht man von der herrlichen Musik und denm möglichem bombastischen Aufwand ab - dann würde ich sie als schwaches Stück sehen.

    Auch wenn ich weiter oben die inhaltlichen Aspekte vieler Operetten beklagt habe, finde ich die "Fledermaus" rasant. Die Geschichte ist ungeheuerlich. Im zweiten Akt beim Prinzen Orlofsky geht die ganze Gesellschaft kurz davor, gemeinsam in die Betten zu sinken - vorausgesetzt, die Szene wird so erotisch aufgeladen wie das Carlos Kleiber gelingt. Der hat nämlich ganz genau erkannt, dass dieses Werk ziemlich unanständig ist:


    ALLE.
    Brüderlein, Brüderlein und Schwesterlein,
    Stimmet alle mit uns ein.
    Laßt das traute Du uns schenken
    Für die Ewigkeit, immer so wie heut,
    Wenn wir morgen noch dran denken!
    Erst ein Kuß, dann ein Du, Du, Du immerzu!
    Duidu, Duidu, la la la!


    Das Uhrenduett zwischen Eisenstein und seiner von ihm nicht erkannten Ehefrau Rosalinde kommt mir wie eine geniale Parodie auf Mozarts "Cosi" vor. Und weiter und so fort. Völlig einer Meinung mit Alfred bin ich, dass es sich bei der "Fledermaus" um keine Oper handelt. Schwer tue ich mich mit dem letzten Akt im Gefängnis. Den Frosch finde ich unerträglich, auch wenn er für Teile des Publikums die vielleicht liebste Gestalt ist. Da kann spielen wer will. Ich kann nicht lachen. :(

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Genau diese dritte Akt ist es, der IMO das Werk entwertet. Hier wird Klamauk pur geboten.

    Ein weiteres Problem, das ich hier habe, ist, daß ich nicht mehr unterscheiden kann, was hier Original und was hier Schenks Inszenierung ist. Niemand hat sich getraut die Texte anzupassen - und wenn dies einst vorsichtig geschah, war es -freundlich formuliert - Mittelmaß.

    Aber sonst, - man mag es mögen oder nicht - sind einige der handelnden Personen schon recht clicheèhaft.

    Der versoffene Gefängniswärter (eine Parallele zu "Enterich" aus dem Bettelstudent ?)

    Der Gefängnisdirektor, der gerne "uneingennütziger Förderer eines Talents" wäre und unglücklicherweise eine Verkleidung wählt, der er sprachlich nicht gewachsen ist.

    Adele, die mit allen Wassern gewaschen ist* (Diensrmädchenclicheè von Toinette über Despina uns zahlreiche andere)

    die standhafte Ehefrau mit offensichtlichem Vorleben und Vorliebe für "Alfred"

    Eisenstein, eigentlich ein Opfer der Geschehnisse lässt aber auch keine Gelegenheit aus ...

    Über die Rolle des Prinzen Orlofsky habe ich mir auch meine Gedanken gemacht

    Ob die (zumeist) Darstellung durch eine Frau eine zarte Anspielung darauf sein soll, daß der dekandent elgante Prinz eigentlich schwul ist ?

    Wir werden es nie erfahren.

    Kennengelernt habe ich in meiner Jugend diese Einspielung mit Böhm, Janowitz, Holm, Wächter, Kunz, und in der Rolle der Prinzen hier ausnahmsweise

    ein Mann: Wolfgang Windgassen.

    Auch wenn man heute zur Originalbesetztung mit einer Frau geigt - so musste ich mich erst daran gewöhnen,

    Übrigens hatte diese Aufführung einen (negativen) Effekt auf das Tamino -Klassikforum:

    Als die hystersche Debatte über unerwünschte Annäherung an Damen bei Tamino den Höhepunkt erreicht hatte, da habe ich gesagt, es sei sogar um die Jahrhundertwende (gemeint ist jene um 1900)(auch wenn ich es selber nie genacht habe) durchaus "gesellschaftlich akzeptiert gewesn, wenn Chefs der Sekrektärein oder dem Dienstmädchen durch einen Klaps etc, ihr Interesse bezeugten - und ich habe dazu die fledermaus zitiert.

    Das hat ein weibliches Mitglied derart empört - dass es auf Nimmerwiedersehen das Forum verlassen hat. Soll sein

    Siehe 1:07:55 ff

    "Ist ja doch Adele - Den Quietscher kenn ich"

    Das lässt eindeutig darauf schliessen, daß es hier um eine regelmäße gewohnheit handelte - und nicht um eine einmalige Entgleisung.



    Was ich gesagt habe war lediglich die Wahrheit. Und das angeblich so prüde Publikum hat darüber allenfalls wissend gelächelt...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat

    astewes:

    Wenn er intelligent ist - und akzeptiert, daß es sich hier um HISTORISCHES Material handel - mit anderen Wertesystemen als heute, dann sollte das kein Problem darstellen.


    Vielen Dank für das Kompliment ;)!



    Man muß aber auch hinzufügen, daß Operettenfilme der 40er und 50er Jahre und auch noch später - einer gewissen Modernisierung unterlagen,welche entlavt, wie entstellend solche Bearbeitungen später gesehen werden können - die (vielleicht) zu Zeiten ihres Entstehens dem Publikumsgeschmack angepasst wurden.


    Wir erleben solche Verballhornungen auch heute, wenn einige Dummköpfe verlangen, daß "rassistische" und "kriegerische" Passagen aus den alten Werken der Generation aus der Serie "Einfaltspinsel" Genüge getan wird.

    Ich will nicht auschließen, das reine modische Anpassungen das Material eher schädigen, als dass sie es attraktiver machen. Ich höre auch lieber eine ordentliche barocke Messe, als den eine zeitlang mal modernen "Wir haben alle lieb"-Singsang, der Gottesdienste attraktiver gestalten sollte.;(


    Meines Erachtens kann man aber das Problem der Akzeptanz nicht völlig wegdiskutieren. Die Frage, so wie ich sie verstanden habe, heißt ja nicht: was gefällt jetzigen Freunden der Operette an heutigen Aufführungen nicht, sondern eher: Wie gewinnt die Operette neues (und jüngeres) Publikum?


    Folgende Voraussetzungen müsste man IMHO zur Grundlage für eine Diskussion machen:


    1. Es besteht Bedarf an geistreicher musikalischer (nicht anstrengender) Unterhaltung. Natürlich auch bei der jüngeren Bevölkerung. (Keineswegs alle schauen Dschungelcamp!)


    2. Operetten haben eine musikalische Substanz, die es wert ist, erhalten zu bleiben (Hier stimmen natürlich alle zu :)). Sie könnten genau dem unter 1 erwähnten Bedürfnis entgegenkommen.


    Dann bleibt meines Erachtens erstmal für mich (der momentan kein Freund der Operette mehr ist) das Faktum, dass ich interessante Anfführungen benötige, die mich fesseln. Das von Alfred angesprochene Problem:

    Als die hystersche Debatte über unerwünschte Annäherung an Damen bei Tamino den Höhepunkt erreicht hatte, da habe ich gesagt, es sei sogar um die Jahrhundertwende (gemeint ist jene um 1900)(auch wenn ich es selber nie genacht habe) durchaus "gesellschaftlich akzeptiert gewesn, wenn Chefs der Sekrektärein oder dem Dienstmädchen durch einen Klaps etc, ihr Interesse bezeugten - und ich habe dazu die fledermaus zitiert.

    Das hat ein weibliches Mitglied derart empört - dass es auf Nimmerwiedersehen das Forum verlassen hat. Soll sein

    Siehe 1:07:55 ff

    ist nicht meines, solange ich es als historisches Faktum betrachten kann. Allerdings muss ich zugeben, dass der Unterhaltungswert von "Klapsen auf den Po" für mich deutlich begrenzt ist. Das "wissende Schmunzeln" ist definitiv nicht mehr meine Welt. Um mich an dieser Stelle zu unterhalten, würde es hier schon einer Metaebene bedürfen, die mir ein Schmunzeln über dieses damalige Schmunzeln erlauben würde. In einer Welt, in der die Frauen doch erheblich an berechtigter Gleichberechtigung gewonnen haben (wenn es auch noch viele Probleme geben mag), kann man diese Art männlicher Selbstherrlichkeit einer jungen Generation eher über einen ironisierenden Weg nahebringen. Das wäre dann aber Aufgabe der Inszenierung.


    Da liegt meines Erachtens auch der Hase im Pfeffer. Ob die jetzigen Modernisierungen etwas taugen, kann ich überhaupt nicht beurteilen, um eine solche wird man aber kaum herumkommen.


    BTW: Ich habe als Kind/Teenager auch mit riesiger Freude Shakespeares Komödien zur Unterhaltung gesehen, die sich tatsächlich nicht abgegriffen haben. Hier dann sicher auch modernere Aufführungen. Dieses Niveau haben dann die zumindest mir bekannten Libretti nicht. Vielleicht sollte man sie dann auch nicht als sakrosankt ansehen.


    Was ich gesagt habe war lediglich die Wahrheit. Und das angeblich so prüde Publikum hat darüber allenfalls wissend gelächelt...

    An dieser Stelle habe ich natürlich kein Problem, das Geschehen als lustig zu akzeptieren. Allerdings sähe ich auch kein Problem, diese Geste durch etwas anderes zu ersetzen.

  • ja, bei nedbals polenblut war's eher die musik, bei eyslers künstlerblut eher der text, was mich mehr unterhalten hat (bei nedbal war in der aufnahme allerdings nicht viel text).

    beides historische aufnahmen der 50er/60er.

    [am]B00B8O5AZW[/am]

    dass das nicht die größten stars sind, weiß ich, ich kenne ferner offenbach, suppe, strauß, lehar, benatzky, o straus. kalman und fall sollten noch sein und lehar in aufnahmenform.

  • ... Leider ist das hier eingestellte Sample vom Sängerischen her eine Zumutung, dallein die Frauenstimme !!!


    ...Vielleich hat Uwe Aisenpreis irgenwie recht, wenn er (indirekt) vor Operetten zweiter Qualität warnt.


    ...Das "Dreimäderlhaus" angeblich von Berthe. Von dem ist kein einziges Musikstück enthalten - irgendwo habe ich gelesen, daß es Musik von ihm dazu gab, die aber auf Grund ihrer Qualität durch jene von Schubert ersetzt wurde...

    Wo ist das eingestellte Sample?


    Ich habe nicht vor zweiter Qualität gewarnt sondern wollte eigentlich darauf hinweisen, dass, wenn jemand schreibt, dass er Operette oft furchtbar altmodisch oder albern findet, es vielleicht mal mit Operetten aus der ersten Reihe versuchen sollte (Offenbach, Strauß, Suppé, Millöcker, Lehár, Fall, Kálmán, Oscar Straus...). Und warum ausgerechnet und nur die Fledermaus nicht altmodisch sein sollte, ist mir ein Rätsel. Altmodisch oder nicht hängt viel von der Inszenierung ab und die Musik ist, falls sie nicht verjazzt wird (schrecklich) immer eine Kind ihrer Zeit, wie bei der Oper auch.


    Zum Dreimäderlhaus habe ich ebenfalls gelesen, dass Berté zuerst die Musik selbst schreiben wollte, doch als die Direktion einige Proben daraus hörte, verlangte sie Originalmusik von Schubert.


    :) Uwe

  • Manche Gags bei der Fledermaus kennt man schon auswendig. Vor zwei Jahren hab ich mir die Silvester Aufführung der Fledermaus an der Rheinoper angetan. Mit 48 war ich der jüngste Besucher und das restliche Publikum wirkte eher gelangweilt und unterhielt sich laut während der Vorstellung. Zwischenbeifall gab es fast keinen und am Ende wollten alle nur schnell nach Hause. Die Rolle des Frosch könnte von mir aus auch gestrichen werden. Der Frosch an der Staatsoper macht seit Jahren die gleichen Witze. Gibt es dieses Jahr einen Überraschungsgast bei der Silvester Fledermaus ?

  • Manche Gags bei der Fledermaus kennt man schon auswendig. Vor zwei Jahren hab ich mir die Silvester Aufführung der Fledermaus an der Rheinoper angetan. Mit 48 war ich der jüngste Besucher und das restliche Publikum wirkte eher gelangweilt und unterhielt sich laut während der Vorstellung. Zwischenbeifall gab es fast keinen und am Ende wollten alle nur schnell nach Hause. Die Rolle des Frosch könnte von mir aus auch gestrichen werden. Der Frosch an der Staatsoper macht seit Jahren die gleichen Witze. Gibt es dieses Jahr einen Überraschungsgast bei der Silvester Fledermaus ?

    Das kommt davon, wenn man sich alle Jahre wieder zu Silvester Die Fledermaus (und am Fernsehen Dinner for one) antut. Die Theater könnten zu Silvester auch mal was anderes bringen - Champagner wird übrigens nicht nur in der Fledermaus getrunken.


    Es sind auch ausgerechnet immer die Staatstheater, die an Silvester die Fledermaus aufführen (und ansonsten nie eine Operette) - das ist doch antiquiert und vielleicht kommt auch daher die Meinung einiger, die Fledermaus sei eine Oper :?:


    Uwe

  • Genau diese dritte Akt ist es, der IMO das Werk entwertet. Hier wird Klamauk pur geboten.

    Ich finde nicht, dass der "Klamauk" das Werk entwertet. Er ist vielleicht in dieser Länge überzogen, aber immerhin gibt es im dritten Akt noch drei gute Musiknummern: die ganz große "Unschuld vom Lande" , ein hervorragend komponiertes und sehr witziges Terzett "Ich steh' voller Zagen" und ein Finale, das nicht nur wie in jüngeren Werken nur noch aus Wiederholungen besteht.


    :thumbup:Uwe

  • Wenn jemand - wie Du - zeitgenössische Musik von lebenden Komponisten schreibst:

    "Diese Musik erschließt sich meines Erachtens ohne große Probleme und bereitet ziemlichen Hörspaß."

    dann ist es kein Wunder, wenn Du zur Operette keinen Zugang hast.

    Lieber Alfred,


    ich hatte schon bei meiner Vorstellung geschrieben, dass meine musikalischen Erlebnisse ziemlich chaotisch verteilt sind. Meine Rezeption ist fernab jeder enzyklopädischen oder historischen Systematik. (da finde ich die Erfahrungen hier im Forum auch interessant) Als Kind habe ich die Operetten natürlich geliebt. So mit dem Erwachsenwerden hat sich die Begeisterung gelegt. Ich halte das aber nicht für ein grundsätzliches Problem schwindender Adoleszenz, sondern das hatte mit dem Zeitumfeld zu tun gehabt.


    Meines Erachtens ist es nicht klar, dass, nur weil ich auch gerne Zeitgenössisches höre, sich mir die Operette verschließen muss.


    Auch beim Zeitgenössischen habe ich nicht unerhebliche Lücken, wie ich erfahren durfte, und selbst dort finde ich nicht alles einfach zu hören.

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