Konstantin Krimmel Bariton

  • Konstantin Krimmel wurde bereits in dem Thread "Entdeckungen: Neue Stimmen" von Boismortier vorgestellt. Inzwischen nimmt seine Karriere ihren Lauf.


    Konstantin Krimmel ist ein Bariton deutsch-rumänischer Abstammung. Er erhielt seine erste musikalische Ausbildung bei den St. Georgs Chorknaben in Ulm. Im Alter von 21 Jahren begann er dann sein Gesangsstudium bei Prof. Teru Yoshihara, das der Sänger 2020 mit Auszeichnung abschloss.
    Zum Lied-Repertoire entwickelte er eine besondere Liebe und er hat inzwischen zahlreiche Liederabende gegeben. Seit Herbst 2021 ist er Mitglied der bayerischen Staatsoper. In einem Livestream konnte man ihn in einer kleinen Rolle in der Oper Peter Grimes erleben.
    Bereits 2019 veröffentlichte er seine erste CD "Saga". Dieses Jahr folgte dann die 2. CD mit Liedern von Franz Liszt.

    Konstnantin Krimmel ist ein sehr charismatischer Sänger und ich hatte die große Freude ihn im November in einem Liederabend zu erleben. Sein Begleiter war Daniel Heide. Einen guten Eindruck kann man sich bei dem folgenden Konzert machen.

    https://www.youtube.com/result…tin+Krimmel+kammerkonzert

    :hello:
    Jolanthe

  • Hier die beiden CDs



    :hello:
    Jolanthe

    Liebe Jolanthe, noch zwei Aufnahmen dazu! :)


    v


    Liebe Grüße vom Fiesco :hello:

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Vielen Dank lieber Fiesco, diese beiden Aufnahmen waren mir entgangen.
    Ich wollte noch ergänzen, dass Konstantin Krimmel Jahrgang 1994 ist.

    :hello:
    Jolanthe

  • Damit der Sänger ein Gesicht und eine Stmme hat:



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Im Herbst wird Konstantin Krimmel übrigens seine erste große Rolle an der Bayerischen Staatsoper singen, den Guillelmo in Cosi fan tutte. Ich hoffe sehr auf einen live-stream.

    :hello:

    Jolanthre

  • Von Konstantin Krimmel ist eine neue CD erschienen:




    Am 26. Oktober streamed die Bayerische Staatsoper um 19.00 Uhr live "Cosi fan tutte" mit Konstantin Krimmel als Guillelmo.
    :hello:

    Jolanthe

  • Das ist vom Programm her keine herkömmliche Arien-CD - und sehr zu empfehlen. Sie wird eröffnet mit vier Nummern aus dem zweiteiligen Singspiel "Der Stein der Weisen oder Die Zauberinsel". Es wurde erst 1996 vom amerikanischen Musikwissenschaftler David J. Buch in der Musikabteilung der Hamburger Staats- und Universitätsbibliothek entdeckt. Zwei Jahre später legte der Dirigent Martin Pearlman mit dem von ihm gegründeten Boston-Baroque-Ensemble eine Aufnahme vor, die bei Telarc erschien. Aufführungen gab es 2001 in Augsburg, 2006 beim englischen Festival Garsington Opera und 2017 in Innsbruck. Diese Entdeckung wurde schon deshalb als Sensation gefeiert, weil sich eine Nähe zur "Zauberflöte" von Mozart zeigte, die ein Jahr nach dem zweiteiligen Singspiel uraufgeführt wurde. Sie erschöpfte sich nicht darin, dass Emanuel Schickaneder (1751-1812) beide Male das Libretto verfasste. Mozart wird als einer der Komponisten des Singspiels genannt. Bei Wikpdedia wird sogar auf die Inhaltsangabe bei Tamino verwiesen.


    MOZART, Henneberg, Schack, Gerl, Schikaneder: DER STEIN DER WEISEN

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • In Dortmund wurden die "Oper!Awards" verliehen. Konstantin Krimmel wurde als bester Nachwuchskünstler ausgezeichnet.


    :hello:


    Jolanthe

  • Erscheint am 7.7. '23


    Franz Schubert: Die schöne Müllerin D.795



    Konstantin Krimmel (Bariton), Daniel Heide (Klavier)


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Lieber Fiesco, danke für den Hinweis. Auf diese Aufnahme bin ich schon deshab sehr gespannt, weil ich im ersten Lieder der "Müllerin", das bei Spotify bereits komplett zu hören ist, Auschmückungen ausmache, die ich so nicht kenne. Was sollte das sein?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Was sollte das sein?

    Lieber Rheingold,

    das wurde hier ja schon vor Jahren diskutiert; Anlass war - glaube ich mich zu erinnern - die 2008 erschienene »Müllerin« vom Christoph Prégardien / Michael Gees


    cdschwarz7nenh.jpg


    Im Booklet dieser CD wird das unter der Überschrift Die schöne Müllerin - schön verziert? thematisiert

  • Zitat von hart

    Im Booklet dieser CD wird das unter der Überschrift Die schöne Müllerin - schön verziert? thematisiert

    So ist es, und Live habe ich ihn mit dieser Müllerin 2010 gehört!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • (...) das wurde hier ja schon vor Jahren diskutiert (...)

    Da gibt´s eigentlich nichts zu "diskutieren". Das ist sachlich sinnloser Vortrags-Manierismus, - sinnlos, weil von der Aussage-Absicht der Melodik her nicht nur unangebracht, sondern diese sogar verfälschend. Hätte Schubert solche melodische Melismen für die Aussage der Melodik als notwendig erachtet, er hätte sie in die Noten geschrieben.


    Dieser Manierismus kam schon zu Schuberts Zeiten auf und wurde danach bei Sängerinnen und Sängern Mode. Schon Vogl hatte das in seinen Lied-Vortrag eingeführt, - zum Ärger von Schubert, der diesen Hang Vogls "zu Manieren" nicht mochte, auch wenn ansonsten bekannte, "dass "die Art und Weise, wie Vogl singt und ich accompagniere, wie wir in einem solchen Augenblicke Eins zu sein scheinen (...) etwas ganz Neues" sei.

    L. Sonnleitner berichtet:

    "Er (Vogl) trug viele Schubertsche Lieder hinreißend, tiefergreifend, wenn auch (besonders später) mit unverkennbarer Affektation und Selbstgefälligkeit vor."


    Dass Christoph Prégardien zu dieser interpretatorischen Masche griff, es ist tatsächlich nicht mehr als das, wundert mich nicht. Er neigte schon seit längerer Zeit dazu, im Liedvortrag zu experimentieren, mal weg von den alten Gepflogenheiten zu kommen, mal was Neues zu machen. Sein Sohn scheint diesen Drang übernommen zu haben.

    Wenn ich hier - im Fall der "Schönen Müllerin" - von einer regelrechten Verfälschung der Melodik spreche, so deshalb , weil diese Melismen zu dem "Müller", zum Protagonisten des Zyklus, überhaupt nicht passen. So wie Schubert diesen Menschen in seinem Denken und Fühlen kompositorisch gestaltet hat, würde er sich melodisch niemals in dieser Weise ausdrücken.

    Wunderlich, dass Prégardien das nicht gesehen hat.

  • Dass Christoph Prégardien zu dieser interpretatorischen Masche griff, es ist tatsächlich nicht mehr als das, wundert mich nicht. Er neigte schon seit längerer Zeit dazu, im Liedvortrag zu experimentieren, mal weg von den alten Gepflogenheiten zu kommen, mal was Neues zu machen. Sein Sohn scheint diesen Drang übernommen zu haben.

    Aber singen können die beiden! Da beisst die Maus keinen Faden ab ...

  • Aber singen können die beiden! Da beißt die Maus keinen Faden ab ...

    Keine Frage!

    Aber darum ging es mir ja nicht, sondern um den Firlefanz, den Christoph Prégardien der von ihm so großartig vorgetragenen Melodik Schubert da und dort unnötigerweise auflädt und damit - für mich - ihre in der Schlichtheit der Struktur und in Klarheit der Aussage wurzelnde Schönheit ein wenig verunstaltet.


    Was Konstantin Krimmel betrifft, um den es hier ja geht:

    Ich habe gerade dessen gesangliche Interpretation von "Das Wandern" mit der von Prégardien verglichen. Aus meiner Sicht reicht sie an diese nicht heran. Ist mir zu pathetisch-gewichtig aufgeladen. Prégardien trifft mit seinem deutlich flotteren Tempo und der beschwingten Leichtigkeit des Vortrags den Geist des frohgemuten Aufbruchs von Schuberts Liedmusik besser.

    Krimmel leistet sich übrigens, dies wohl im Zusammenhang mit seinem stark ausdrucksbetonten interpretatorischen Grundkonzept, eine ganze Reihe von Abweichungen von der Melodik, wie sie im Notentext vorliegt.

  • Schubert "Die schöne Müllerin"

    250833-2021-krimmel-heide-0119-c-guido-werner-kopie.jpg

    Photo Guido Werner

    Konstantin Krimmel/Daniel Heide

    Zitat von Zur Aufnahme

    Der Bariton Konstantin Krimmel, der bei den Oper! Awards 2023 zum "Besten Newcomer" des Jahres gewählt wurde und seit 2021 Mitglied der Bayerischen Staatsoper ist, präsentiert seine dritte Aufnahme bei Alpha Classics. In enger Zusammenarbeit mit dem Pianisten Daniel Heide stellt er sein künstlerisches Potential und sein Sprachgefühl in den Dienst des Liedrepertoires. Konstantin Krimmel folgt in der Interpretation des Werkes seiner ganz eigenen Vision und präsentiert eine unerwartet zeitgenössische, sozialpsychologische Analyse: "Die schöne Müllerin ist ein Werk, das die Entwicklung einer Geisteskrankheit romantisiert und ungefiltert zeigt, wie sich ein junger Mensch ohne eine gemäßigte Gefühlswelt fühlen kann. Mit all den Schattenseiten.'

    Ich bin total begeistert von dieser Aufnahme! :jubel::hail::):thumbup:


    LG Fiesco


    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zit: "Die schöne Müllerin ist ein Werk, das die Entwicklung einer Geisteskrankheit romantisiert und ungefiltert zeigt, wie sich ein junger Mensch ohne eine gemäßigte Gefühlswelt fühlen kann ..."


    Auf diese verrückte Idee ist in Sachen interpretatorische Deutung von Schuberts Zyklus "Die schöne Müllerin" bislang noch keiner gekommen.

    Verliebt-Sein, wie es sich in den Worten "Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben" von Lied 7 ausdrückt, ist also eine "Geisteskrankheit". "Eifersucht", wie in Lied 15, also auch.

    Worin man aus psychiatrischer Perspektive sieht: Dieser junge Müller hat es nicht geschafft, zu "einer gemäßigten Gefühlswelt" zu finden und darin verbleiben zu können.

    Ich fasse es nicht!

    Übrigens: Wie wenig diese These auch sprachlich durchdacht ist, zeigt sich darin, dass die Begriffe "romantisiert" und "ungefiltert" sich ausschließen.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Mich hat der Hinweis auf eine "Geisteskrankheit" auch irritiert. Ich kann ihn in keinem der Lieder unterbringen. Hinzu kommt, dass der Begriff im heutigen allgemeinen Sprachgebrauch unüblich geworden ist. Und das aus gutem Grund. Retrospektiv verwendet, macht er für aber auch keinen Sinn. Vielleicht kann und möchte uns Fiesco aufklären. Ich kenne die Aufnahme nur von Spotify, wo es kein Booklet gibt. Ich kann gut damit, weil es ja genügend andere Einspielungen ohne Verzierungen gibt, die einst üblich, jetzt aber nur noch historische interessant sind. Vielleicht hätte man das auch gleich auf dem Cover vermerken können.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat von Helmut Hofmann

    Übrigens: Wie wenig diese These auch sprachlich durchdacht ist, zeigt sich darin, dass die Begriffe "romantisiert" und "ungefiltert" sich ausschließen.


    In der Tat. Hier verrät sich wieder mal Geschwätz auf das Schönste. Das geht in Richtung einer Freud'schen Fehlleistung.

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Auf diese verrückte Idee ist in Sachen interpretatorische Deutung von Schuberts Zyklus "Die schöne Müllerin" bislang noch keiner gekommen.

    Verliebt-Sein, wie es sich in den Worten "Dein ist mein Herz und soll es ewig bleiben" von Lied 7 ausdrückt, ist also eine "Geisteskrankheit".



    In der Tat. Hier verrät sich wieder mal Geschwätz auf das Schönste. Das geht in Richtung einer Freud'schen Fehlleistung.


    Auch wenn ich den Zyklus der Müllerin nie als Äußerung von Geisteskrankheit erlebt habe, so finde ich diese These nicht gänzlich uninteressant.


    Anders als die Winterreise, die mich immer schon existenziell berührt hat, war für mich beim Hören der Müllerin doch das Narrativ (also die Liebesgeschichte des Müllers mit seinen Empfindungen) immer die treibende Kraft des Liederzyklus. Deswegen liegt er mir auch nicht so. Man kann dem zitierten Text doch immerhin entnehmen, dass eine solche verzweifelte Liebe als wesensfremd empfunden wird. Man sollte also beim Rezipieren der Müllerin einen historisch beladeneren Kontext (romantische Liebe) bemühen, als bei der Winterreise.

  • Mir ging es natürlich primär um die dumme Formulierung. Ansonsten habe ich große Probleme mit der Idee und tendiere von vornherein dazu, Helmut Hofmann zuzustimmen. Seine Kenntnisse bringe ich jedenfalls nicht mit und wie es im Vergleich mit denen von Axel bestellt ist, da will ich nun wirklich nicht irgendetwas vermuten oder gar formulieren, for heaven's sake not, wie die Chinesin sagt. Als Schulgermanist benötige ich das Konzept der Geisteskrankheit jedenfalls kaum, das wäre eine technokratische Verengung jeglichen Romantikverständnisses, abgesehen - das hat, glaube ich, Rheingold gesagt - vom verwaschenen Terminus.


    Aber Du hast sicher dahingehend Recht, Axel, dass bei einer breiten Befassung mit dem Thema man hier wird abwägen müssen ... und/ oder, wie so erschreckend oft, sich um Begriffsdefinitionen bemühen, will man bei der Debatte sich nicht verrennen. Unsere Foren dienen hierbei als Muster ... :yes:;):)

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Anders als die Winterreise, die mich immer schon existenziell berührt hat, war für mich beim Hören der Müllerin doch das Narrativ (also die Liebesgeschichte des Müllers mit seinen Empfindungen) immer die treibende Kraft des Liederzyklus.

    Die "Liebesgeschichte des Müllers" ist tatsächlich die "treibende Kraft des Liederzyklus, dies aber nur vordergründig, auf der Ebene des narrativen Geschehens, das sich in den monologischen Äußerungen des Müllerburschen aufbaut.

    Darin, in diesen Äußerungen, bildet sich aber von Lied zu Lied das heraus, worum es in diesem Zyklus eigentlich geht. Es ist die Wanderschaft im Sinne eines Suchens nach der Geborgenheit in einer existenziellen Heimat, - zentrales Thema von Schuberts liedkompositorischem Schaffen ganz allgemein, insbesondere aber im Falle der "Winterreise".

    Das versuchte ich in einer analytischen Betrachtung des Werkes aufzuzeigen: Franz Schubert, „Die schöne Müllerin“. Der Liederzyklus als musikalisches Selbstbekenntnis


    Einleitend merkte ich dazu an:

    "(...) Nun steht im Zentrum dieser narrativ angelegten und daraus auch ihren Charakter als Zyklus beziehenden Gruppe von Liedern tatsächlich eine unglückliche, weil keine Erfüllung findende und sogar im Tod des Protagonisten endende Liebe. Aber die Geschichte derselben konstituiert sich von Wilhelm Müllers 1816/17 als „Liederspiel“ verfasster, 1818-1820 erweiterter und 1821 publizierter literarischer Vorlage her als Aufeinanderfolge von lyrischen, wesenhaft reflexiv angelegten Monologen. Es gibt darin nur einen wirklichen, weil als solcher sich narrativ tatsächlich ereignender Dialog: Der aber findet zwischen dem Protagonisten und dem „Bach“ statt, bleibt also per se auch monologisch-imaginativ.

    Personaler Dialog ereignet sich nicht wirklich.


    Die wenigen Worte des Mühlenbesitzers und seiner – als Bezugsperson der Liebe so bedeutenden - Tochter werden in zwei Liedern (Nr.5 und 10) nur in sprachlich-narrativem Imperfekt zitiert. Der Jäger als Antagonist kommt überhaupt nicht zu Wort, stattdessen ziehen sich die lyrischen Texte mehr und mehr aus der anfangs noch präsenten Ebene des Geschehens in die der monologischen Reflexion zurück. Die dialogischen Auftritte des Baches ändern daran nichts, denn sie sind in Wirklichkeit ja monologisch-imaginative Ereignisse.

    Was aber haben sie in dem zu sagen, was Schuberts Liedmusik aus ihnen macht?
    Ist das tatsächlich nur ein permanentes und sich darin erschöpfendes Kreisen um das Thema „Liebe“ aus den verschiedenen sich dabei einstellenden Perspektiven?
    Oder kann man in dem Werk, in dem Schubert unter bewusstem Eliminieren der ironischen Komponente Müllers lyrische Texte in Musik gesetzt und damit auch interpretiert hat, mehr vernehmen?


    Mehr im Sinne eines Vordringens der musikalischen Aussage auf die Ebene allgemeiner existenzieller Relevanz, so dass es um mehr geht als um einen kleinen Müllergesellen, der irgendwann und irgendwo einmal Liebesgefühle für die Tochter eines Mühlenbesitzers entwickelte und, weil seine Gefühle von dieser nicht erwidert wurden, den Tod im Mühlbach suchte?

    Diesen Fragen, bei denen es also letzten Endes um die liedmusikalische Aussage der „Schönen Müllerin“ geht, soll Gestalt einer Betrachtung der einzelnen Lieder nachgegangen werden.


    Gleichsam erkenntnisleitend ist dabei die These, dass es sich bei dieser Komposition um mehr handelt als einen liedmusikalisch ansprechenden, eine amüsante Geschichte von unglücklicher Liebe beinhaltenden Liederzyklus, vielmehr hier ein höchst bedeutsames musikalisches Selbstbekenntnis vorliegt. Dies in der Gestalt, dass Schubert sich in dieser von Wilhelm Müller kreierten Gestalt des Müllerburschen wiederfand, insofern ihm darin die literarische Verkörperung existenzieller Wanderschaft begegnete.


    Der Begriff „musikalisches Selbstbekenntnis“ wurde erstmals 1869 von Eduard von Bauernfeld in dieser Anmerkung zu Schuberts Liedkompositionen verwendet:
    „Für den lyrischen Dichter wie für den Tondichter ist eine unglückliche Liebe, wenn sie nicht gar zu unglücklich ist, vielleicht ein Vorteil, indem sie seine subjektiven Empfindungen erhöht und den Gedichten und Liedern, die ihr entströmen, Farbe und Ton der schönsten Wirklichkeit aufdrückt. Produktionen wie die beiden >Suleika<, die >Zürnende Diana<, vieles aus den Müllerliedern (gemeint ist „Die schöne Müllerin“) und der >Winterreise<, lauter musikalische Selbstbekenntnisse, in die Glut einer wahren und tiefen Leidenschaft getaucht, sind geläutert und abgeklärt als echte Kunstwerke in schönster Form aus dem zarten Innern des Liebenden hervorgegangen“. (in: „Schubert, Die Erinnerungen, S.199) (...)"

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Zitat von Rheingold1876

    Vielleicht kann und möchte uns Fiesco aufklären.

    Nö!:stumm:

    Ich werde auch in Zukunft keine Liederalben mehr einstellen!


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Da ich mich an dieser Stelle in anderer Leute Angelegenheiten eingemischt habe und nun denke, dass sich das eigentlich nicht gehört, lösche ich den entsprechenden Beitrag und ersetze ihn durch die Frage, die mich eigentlich interessiert, seitdem ich von Konstantin Krimmels Deutung von Schuberts Zyklus "Die schöne Müllerin" erfahren habe.

    Ich kann diese nicht teilen, halte sie für geradezu abwegig und habe, wie aus dem vorangehenden Beitrag 25 ersichtlich wird, ein gänzlich anderes Verständnis dieses Werkes.


    Aber die Frage, die mich nun umtreibt, ist:

    Schlägt sich Krimmels These ""Die schöne Müllerin ist ein Werk, das die Entwicklung einer Geisteskrankheit romantisiert und ungefiltert zeigt, wie sich ein junger Mensch ohne eine gemäßigte Gefühlswelt fühlen kann" in seiner gesanglichen Interpretation des Zyklus nieder?

    Und wenn ja, in welcher Weise?

  • Vielen Dank werter Helmut Hofmann für die sehr ausführliche Antwort.

    Es gibt darin nur einen wirklichen, weil als solcher sich narrativ tatsächlich ereignender Dialog: Der aber findet zwischen dem Protagonisten und dem „Bach“ statt, bleibt also per se auch monologisch-imaginativ.

    Ein interessanter Gedanke! Du hast recht mit dieser Beobachtung, man kann das leicht nachvollziehen.

    Was aber haben sie in dem zu sagen, was Schuberts Liedmusik aus ihnen macht?
    Ist das tatsächlich nur ein permanentes und sich darin erschöpfendes Kreisen um das Thema „Liebe“ aus den verschiedenen sich dabei einstellenden Perspektiven?
    Oder kann man in dem Werk, in dem Schubert unter bewusstem Eliminieren der ironischen Komponente Müllers lyrische Texte in Musik gesetzt und damit auch interpretiert hat, mehr vernehmen?

    Das ist die Frage!


    Gleichsam erkenntnisleitend ist dabei die These, dass es sich bei dieser Komposition um mehr handelt als einen liedmusikalisch ansprechenden, eine amüsante Geschichte von unglücklicher Liebe beinhaltenden Liederzyklus, vielmehr hier ein höchst bedeutsames musikalisches Selbstbekenntnis vorliegt. Dies in der Gestalt, dass Schubert sich in dieser von Wilhelm Müller kreierten Gestalt des Müllerburschen wiederfand, insofern ihm darin die literarische Verkörperung existenzieller Wanderschaft begegnete.

    Eine Geschichte unglücklicher Liebe müsste nicht per se nur amüsant sein.


    Ich nehme Deine Gedanken für das nächste Hören mit. Es wäre ja dann, wenn ich richtig verstehe, Aufgabe des Sängers, die zunehmende Selbstreflexion und Abstraktion zu gestalten. Ich habe die Einspielung von Fischer-Dieskau und eine neuere von Andrè Schuen und würde für's erste über diese Interpretationen die Entwicklung existenzieller Wanderschaft nachvollziehen.


    Zusätzlich könnte ein Vergleich mit der Einspielung von Krimmel interessant sein, ob man denn nun die zugrundeliegenden interpretatorischen Differenzen heraushören kann.

  • Aber die Frage, die mich nun umtreibt, ist:

    Schlägt sich Krimmels These ""Die schöne Müllerin ist ein Werk, das die Entwicklung einer Geisteskrankheit romantisiert und ungefiltert zeigt, wie sich ein junger Mensch ohne eine gemäßigte Gefühlswelt fühlen kann" in seiner gesanglichen Interpretation des Zyklus nieder?

    Diese Therse schlägt sich nach meinem Eindruck nicht nieder. Wie auch? Vielmehr komme ich zu dem - wenn auch vorläufigen - Schluss, dass die diversene Verzierungen das Existenzielle dieses Zyklus ins musikalisch Rückwärtige wenden. Die Koloratur im letzten Lied auf das wiederholte Wort "heran" stört mich ganz gewaltig, weil sie mir keinen Sinn macht. Das Original klingt für mich viel morderner und kühner als der Rückgriff auf eine zu Schuberts Zeit übliche freie Vortragsweise, die im Ermessen des jeweiligen Sängers lag. Ich bleibe aber dabei, dass Krimmel den Zyklus auf seine Weise sehr gut singt. Joyce DiDonato fragte sich gelegentlich ihrer Aufnahmne der "Winterreise", was denn aus IHR wird? Gemeint ist das Mädchen, welches gleich im ersten Lied von Liebe spricht. Die Frage finde ich nicht uninteressant. Sie ließ sich intrerpretatorisch genauso wenig überzeigend umsetzen wie die angenommene "Entwicklung einer Geisteskrankheit" in der "Müllerin", mit der sich Krimmel versucht.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Diese These schlägt sich nach meinem Eindruck nicht nieder. Wie auch? Vielmehr komme ich zu dem - wenn auch vorläufigen - Schluss, dass die diversen Verzierungen das Existenzielle dieses Zyklus ins musikalisch Rückwärtige wenden. Die Koloratur im letzten Lied auf das wiederholte Wort "heran" stört mich ganz gewaltig, weil sie mir keinen Sinn macht. Das Original klingt für mich viel morderner und kühner als der Rückgriff auf eine zu Schuberts Zeit übliche freie Vortragsweise, die im Ermessen des jeweiligen Sängers lag. Ich bleibe aber dabei, dass Krimmel den Zyklus auf seine Weise sehr gut singt. (...)

    Rheingold ist - aus meiner Sicht - zuzustimmen, wenn er feststellt, dass "Krimmel den Zyklus auf seine Weise sehr gut singt", dass aber, - und das finde ich gut beobachtet - "die diversen Verzierungen" in seinem Vortrag "das Existenzielle dieses Zyklus ins musikalisch Rückwärtige wenden".

    Anderer Meinung bin ich freilich, was seine Meinung anbelangt, Krimmels Deutung des Zyklus als ein "Werk, das die Entwicklung einer Geisteskrankheit romantisiert und gefiltert zeigt" schlage sich nicht in seiner gesanglichen Interpretation desselben nieder. Fast den ganzen Sonntagmorgen habe ich damit verbracht, eben diese gründlich anzuhören und zu studieren. Und ich bin zu der Feststellung gelangt, dass es sehr wohl einen solchen Niederschlag gibt.

    Nein, ich muss es vorsichtiger formulieren: Ich meine, einen solchen Niederschlag darin zu vernehmen.


    Weil ich unmöglich hier auf die vielen Notizen eingehen kann, die ich mir dazu gemacht habe, fasse ich zusammen, was aus ihnen hervorgeht.

    Krimmels gesangliche Interpretation, die sich durch einen perfekten Legato-Gesang und präzise Ausführung der deklamatorischen Schritte mit angenehm wohltönender Stimme auszeichnet, hebt sich gleichwohl auf markante und - wie ich meine - problematische Weise von den herausragenden und maßstabsetzenden Interpretationen Christoph Prégardiens und Dietrich Fischer-Dieskaus ab: Sie ist in einem relativ hohen Grad affektiv aufgeladen und mutet deshalb da und dort leicht sentimentalisiert an. Einher geht das mit der Bevorzugung langsamer Tempi (ich hatte schon in Beitrag 18 unter Bezugnahme auf "Das Wandern" darauf hingewiesen) und der Dominanz eines jeweils am Anfang angeschlagenen affektiven Grundtons im Vortrag, dies auf Kosten der deklamatorischen Vielfalt, wie sie sich aus der textbezogenen Struktur der melodischen Linie ergibt.


    Bemerkenswerterweise beobachtet man dies besonders in den Liedern, in denen der Müllerbursche sein seelisches Leiden zum Ausdruck bringt. Und eben dieser Sachverhalt bringt mich zu der Annahme, dass sich hierin Krimmels Grundverständnis desselben als eines wesenhaft geisteskranken Menschen niederschlägt.


    An einem Beispiel möchte ich das aufzeigen, dem Lied "Trockne Blumen" nämlich. Man vergleiche bitte einmal diese beiden Interpretationen miteinander:




    Krimmels Vortrag nimmt vier Minuten und 35 Sekunden in Anspruch, der Prégardiens nur drei Minuten 43, Fischer-Dieskaus gar nur drei Minuten 31. Schubert gibt als Vortragsanweisung "ziemlich langsam" (also nicht "sehr langsam") vor. Krimmel behält den schmerzlich-wehen Grundton des Vortrags gleichförmig bis fast zum Ende bei und verleiht dabei den Schmerzlichkeit ausdrückenden melodischen Figuren besonders starken Ausdruck, wie etwa bei den Worten "ihr Blümlein alle, wie welk wie blass".


    Besonders charakteristisch und bezeichnend für diese Gleichförmigkeit seines Vortrags ist, dass er den affektiven Umschlag, der sich mit den Worten „Und wenn sie wandelt / Am Hügel vorbei" ereignet, nicht hinreichend zum Ausdruck bringt.

    Die hohe Expressivität, die die Liedmusik hier entfaltet und in der sie sich bei den vielen nachfolgenden Wiederholungen sogar noch steigert, geht nicht nur von der gleich drei Mal sich ereignenden, mit einem Terzsprung zu einem hohen „Gis“ eingeleiteten und im nachfolgenden Fall durch einen Zwischen-Sekundsprung zu einem „Fis“ in seinem Ausdruckspotential gleichsam potenzierten melodischen Figur aus, auch der Harmonik kommt dabei eine wichtige Funktion zu, und eine noch bedeutsamere dem Klaviersatz. Die Harmonik beschreibt bei der Melodiezeile auf den Worten der letzten Strophe eine dreimalige und darin expressivitätssteigernde Rückung aus einem als Dominante fungierenden verminderten „Cis“ nach einem klanglich klar und hell wirkenden E-Dur, das am Ende durch eine Kadenz-Rückung zur Dominante H-Dur in eben dieser Klanglichkeit noch einmal bestärkt wird.


    Die große liedmusikalische Emphase, in die Schubert diesen verzückt diesem lyrischen Bild sich hingebenden Müllergesellen gleich mehrfach ausbrechen lässt, vernimmt man - nein: vernehme ich - bei Krimmel nicht in der ausdrucksstarken Weise, wie das bei Prégardien" oder "Fischer-Dieskau der Fall ist. Erst ganz am Ende findet er in seinem Vortrag dahin, aber auch dies nur in verhaltener Weise.

    Hier singt ein hoffnungslos leidender Mensch, - dies allerdings auf zugegeben höchst eindrückliche Weise.


    Aber bitte zu beachten: Das ist das ganz und gar subjektive Bild, das sich bei mir im vergleichenden Hören dieser Aufnahme des Schubert-Zyklus mit Konstantin Krimmel und Daniel Heide eingestellt hat. Ich kann gut verstehen, dass man sie großartig findet.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose