Prokofieff: Sinfonien Nr. 1-7

  • Ich gebe denjenigen recht, die Schwierigkeiten mit der Rezeption der Prokofjewschen Sinfonien haben, die bei weitem nicht die Meisterschaft der von Schostakowitsch besitzen.


    rappy
    Du sprichst mir aus der Seele, was die 7. Sinfonie betrifft. Dieses Werk war die erste Prokofjew-Sinfonie, die ich hörte, das war vor einigen Jahrzehnten in meiner Jugendzeit, aber seitdem ist sie meine Lieblingsinfonie. Sicher hat sie keinerlei "Tiefgang" und mag systemkonform sein, aber in jedem Satz sind wunderschöne Themen, die einfach hängen bleiben. Vielleicht für Prokofjew-Einsteiger das geeignete Werk (die 1. ist ja überhaupt nicht typisch).


    Danach rangiert bei mir die 6. Sinfonie, die in der Tat sehr tiefgründig ist und meisterlich die erlebte Gegenwart in ihrer Absurdität karikiert. Zu der oft favorisierten 5. habe ich dagegen keine Beziehung gefunden, vielleicht ändert sich das bald, denn ich habe Karten für ein Roshdestwenskij-Konzert Ende April im Konzerthaus, wo er die 5. mit dem Konzerthausorchester aufführen wird.


    Mit besten Grüßen

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Hier mal einfach so eine Auflistung meiner Aufnahmen von Prokofievs Fünfter Sinfonie:


    1.) Berliner Philharmoniker, Seiji Ozawa; 1990, DG
    2.) Scottish National Orchestra, Neeme Järvi; 1985, Chandos
    3.) London Symphony Orchestra, Walter Weller; 1976, Decca
    4.) Berliner Philharmoniker, Herbert von Karajan; 1968, DG
    5.) Los Angeles Philharmonic Orchestra, André Previn; 1987, Philips
    6.) Concertgebouw Orchestra, Vladimir Ashkenazy; 1985, Decca
    7.) Philadelphia Orchestra, Eugene Ormandy; 1957, Sony
    8.) Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Klaus Tennstedt; 1977, Edition Hänssler
    9.) BBC Philharmonic, Gianandrea Noseda; 2002, BBC
    10.) Leningrad Philharmonic Orchestra, Mariss Jansons; 1987, Chandos
    11.) Cleveland Orchestra, George Szell; 1959, Sony
    12.) London Symphony Orchestra, André Previn; 1974, EMI
    13.) City of Birmingham Symphony Orchestra, Simon Rattle; 1992, EMI
    14.) St. Petersburg Philharmonic Orchestra, Yuri Temirkanov; 1991, RCA
    15.) Minneapolis Symphony Orchestra, Antal Dorati; 1959, Mercury
    16.) Orchestre de la Société des Concerts du Conservatoire, Jean Martinon; 1957, Testament
    17.) L'Orchestre de la Suisse Romande, Ernest Ansermet; 1964, Decca
    18.) Chicago Symphony Orchestra, James Levine; 1992, DG


    Hat jemand noch andere Aufnahmen und möchte darüber berichten?



    :hello:Agon

  • Hallo Agon,


    ich besitze von Deinen Aufnahmen die Nr.3 Weller (Decca), 4. Karajan (DG), 11. Szell (SONY) und eine weitere mit Kitaneko / Moskauer Philharmonie (Eurodisc).
    Das sind alles Aufnahmen die ganz gut bis sehr gut sind und die ich als behaltenswert einstufe und dahrr auch weiterhin besitze.


    *** Aber keine der Aufnahmen vermittelt auch nur annähernd die beeindruckende Hochspannung wie die
    :jubel: Szell-Aufnahme (SONY) - mein Favorit für die Fünfte.



    SONY, 1959, ADD


    Dazu möchte ich mich auch nochmal selbst zitieren:

    Zitat

    Szell gehört zu den schnellsten Interpreten des Werkes, wodurch an keiner Stelle auch nur der geringste Ansatz von Langatmigkeit entsteht - fabelhafte Aufnahme - und fabelhaftes Werk: 10:29 - 07:39 - 11:35 - 09:24.


    :hello: Ich würde dazu auch gerne Deine Meinung lesen.
    Ich könnte mir gut vorstellen, das N.Järvi, Ashkenazy, Ansermet, Ormandy, Dorati ebenfalls gute Interpreten für die Fünfte sind. Aber ob sie so packend sind wie Szell ??? ...

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,



    mit eine der besten GAs der Prokofieff-Sinfonien, die zwischenzeitlich auch bei Brilliant erhältlich ist.
    Weller geht die Sinfonien sehr direkt, zügig und kontrastreich an, seine Interpretation ist ähnlich der von Kondraschin bei den Schostakowitsch-Sinfonien, also in etwa so, wie man sich sozialistischen Realismus at his best vorstellt. Besonders gut steht diese Herangehensweise der 2. und 3. Sinfonie zu Gesicht, wird doch dabei das avantgardistische Element dieser Sinfonien besonders deutlich zum Ausdruck gebracht. 4, 5, 6 und 7 sind ebenfalls in der interpretatorischen Oberklasse anzusiedeln. Einzig bei 1. Sinfonie ist mir Wellers Zugriff etwas zu derb.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Ich habe diese Aufnahmen:




    und bin zufrieden. Es gibt zwar vermutlich noch bessere (Järvi, Roz..sky (kann mir nicht merken, wie man den schreibt)), aber alles in allem ist Rostropowitsch schon okay, zumal für das Geld.

  • Hallo teleton,


    also, die Karajan- und Szell-Aufnahmen von diesem Werk schätze ich auch außerordentlich. Sie sind beide sehr spannungsvoll und energiegeladen, und das ist bei diesem Werk auch mehr als wichtig, denn sonst zerfällt es in bedeutungslose Einzelteile und wirkt nur noch öde. Die Höhepunkte gegen Ende des ersten Satzes sind für mich immer ein Markstein für die Qualität der Interpretation und Aufnahmetechnik. Und da geht Karajan ja wirklich total ab - erschütternd wie er die Schlagwerkballungen ausführt. Szell ist eher schlanker, aber nicht minder überzeugend. Ich müßte die Aufnahme mal wieder hören. Ebenfalls gigantisch finde ich mal wieder Neeme Järvi, bei dem es natürlich auch ordentlich knallt und auch Mariss Jansons, der das Werk mit dem LPO ins absolut Grandiose steigert - die weiträumige Chandos-Technik tut ein Übriges um die Wirkung zu steigern. Die meisten der Anderen von mir genannten Aufnahmen habe ich lange nicht mehr gehört, aber ich werde dies nachholen, da ich zur Zeit Lust auf das Werk habe. Achja, Dorati ist auch spitzenmäßig. Die wird Dir gefallen - ähnlich wie Szell, nur noch heftiger!!!


    :hello:Agon


  • Hallo Prokofieff-Freunde und Agon,


    ich habe mir jetzt auch die Järvi-Aufnahme mit dem fabelhaft disponierten Scottish National Orchestra (Chandos) zugelegt.
    Dies als Ergänzung zu meinen Favoritenaufnahmen der Sinfonien Nr.1-5 mit Kitaenko / Moskauer PH (Melodiya, 1984, DDD) und Roshdestewensky-GA (Eurodisc-LP-Box).



    Decca, 1984/5, DDD


    Grund war die Sinfonie Nr.4 mal in beiden Fassungen mit Järvi erstmals kennenzulernen und ich dachte auch daran die Weller-GA / London SO (Decca, jetzt auch auf Brillant zu haben) gegebenenfalls abzusetzen, weil ich mir von Järvi noch mehr erhoffte. Bei Weller ist vieles zu kappellmeisterlich normal geraten und die Skythische Suite ist ein "laues Lüftchen" gegen Bernstein und Abbado.


    Aber es ist nicht alles Gold was glänzt:
    Järvi (Chandos) bietet mit dem eine TOP-Klangqualität und ein sehr gutes Orchester. Sehr schön die detailreiche Auflösung und die prägnanten Paukenstellen. In der Sinfonie Nr.1 sind im 4.Satz Paukenstellen von dessen Existens ich aus anderen Aufnahmen nie etwas gehört habe - hier sind sie fabelhaft hörbar. Dagegen sind mir die Mittelsätze wieder zu langsam und eine Flötenpassage wirkt langgezogen..... man höre wie perfekt das bei Solti, Bernstein oder gerne auch Karajan geht.


    Es fällt auf, das Järvi die TOP-Sinfonien, wie die Sinfonie Nr.5 genau kennt und hier auch eine TOP-Interpretation hinlegt. Auch die Nr.2 ist sehr gut, wenn er auch den Kitaenko-Wahnsinn nur bedingt erreicht.
    Die Vierte ist tatsächlich in der späten Fassung op.112 mit zusätzlichem Klavier und Harfe als wesentlich besser auskomponiertes Werk vorzuziehen. Die Erstfassung op.47 ist nur ein kurzer Abklatsch vom Ballett Der verlorene Sohn; ein in seinen Sätzen unzusammenhängendes Werk, das einer Erneuerung bedurfte. Auch hier ist Järvi ohne Tadel.


    Nun stelle ich fest, das ich Weller (Decca) doch nicht abgeben kann und unbedingt behalten muss, denn wie Weller die hier die vielgeschundene und kritisierte Sinfonie Nr.7 interpretiert ist gegen Järvi eine Freude. Zum Beispiel die Ohrwurmthemen im 4.Satz werden bei ihm viel genauer und mit mehr Herzblut herausgearbeitet und trotz der guten Chandos-Qualität bei Järvi ist hier die Raumaufteilung (Decca-analog) in der Breite noch besser. Es ist auch die einzige Aufnahmen mit dem London Philharmonic Orchestra in dieser Decca-Box. Auch die Sinfonie Nr.6 finde ich mit Weller besser interpretiert. Beides Werke die ich nicht mit Kitaenko habe.


    Auch wenn mir Weller in den Sinfonien Nr.2,3,5 zu harmlos erscheint, so ist er bei den weniger gespielten "Randsinfonien" unbedingt vorzuziehen.


    ;) Wiedermal eine klare Erkenntnis, dass man eine GA nicht als Ganzes beurteilen kann, sondern man wirklich die einzelnen Werke betrachten muss. Es werden bei mir nun beide GA - Järvi (Chandos) und Weller (Decca) im Regal verbleiben.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo,


    alle 7 Prokofjew-Sinfonien unter Roschdestwenski gibt es jetzt in einer Box, die zwar nicht ganz billig, aber trotzdem jeden Cent wert ist:



    Am meisten beeindruckt haben mich bei dieser GA die Sinfonien 1 und 2.
    Roschdestwenski spielt die 1 so, wie sie Prokofjew beschrieben hat, also so, als wie wenn Haydn sie im 20. Jhdt. komponiert hätte. Mit der Folge, dass diese Sinfonie nicht mehr retropersektivisch wirkt, sondern absolut modern mit klassischen Formen spielend. Wenn ich sie in dieser Interpretation höre, kommt mir sofort Schostakowitschs 9. in den Sinn, aber auch Strawinsky.


    Die 2. kommt in dieser Aufnahme derart schräg und bizarr daher, dass die Grenzen zwischen Witz und Schrecken völlig aufgehoben sind, aber keiner von beiden den anderen neutralisiert oder sonst wie aufhebt. In dieser Aufnahme ist Prokfjews 2. eine der besten Sinfonien, die ich in letzter Zeit gehört habe.


    Viele Grüße
    John Doe
    :thumbsup:

  • Hallo JohnDoe,


    Du erzählst mir persönlich mit deiner Begeisterung nichts neues, denn diese Aufnahmen habe ich seit den 80er-Jahren als Eurodisc-LP-Box im LP-Schrank - meine Erstaufnahme der Prokofieff-Sinfonien.
    Da der Preis mir als CD-Veröffentlichung immer zu hoch war, habe ich ewig auf die CD-Anschaffung verzichtet.


    :!::?: Nun eine wichtige kaufentscheidende Frage:
    Welchen Eindruck hast Du von dem neuen Melodiya - Remastering und allgemein von der Klangqualität dieser Aufnahmen ???


    Die Sinfonien Nr.1-5 habe ich u.a. mit Kitaenko / Moskauer PH (Melodiya, 1990, DDD) auf CD.
    Gerade die Sinfonie Nr.2, die Dir nachvollziehbar mit Roshdestwensky so gut gefällt, ist auch mit Kitaenko der Wahnsinn !


    Die Sinfonie Nr.5 kann ich mir nicht mehr besser als mit Szell (SONY, 1959) vorstellen --- und dann habe ich die klangstarke GA mit Järvi (Chandos), die mir aber nicht bei allen Sinfonien voll liegt und zufriedenstellt; und noch die GA mit Weller (Decca), die ich besonders bei der Sinfonie Nr.7 schätze. ........ von daher meine Zweifel, ob sich nun noch die altgeschätzte Roshdestwensky-GA für mich lohnt ?!?

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo Teleton,


    in Anbetracht der Tatsache, dass ich kein High Ender bin und mir nicht allzuviele alte Melodya-Aufnahmen vorliegen, würde ich den Klang als gut bis sehr gut bezeichnen. Die Aufnahmen machen einen sehr klaren und hellen Eindruck auf mich, die gewisse Grundhärte, die sie zweifelsohne haben, kippt jedoch nie ins Kreischen, Schneiden, Stechen oder Schrillen um.
    Im Vergleich zu der mir ebenfalls vorliegenden Weller-Aufnahmen, welche ebenfalls zu den eher heftigen gehören, ist Roschdestwenskis Einspielung der Prokofjew-Sinfonien plastischer, durchsichtiger. Am ehesten erinnern sie mich vom Klang her, an Soltis Mahler-Aufnahmen bei Decca.


    Zu Melodya allgemein möchte ich bemerken, dass dass sämtliche CDs, die ich von dieser Firma habe vom klanglichen her alle von guter bis sehr guter Qualität sind und somit deutlich über den diversen russischen Brilliant-Boxen liegen. Was hab ich? das KK von Chatschaturjan, die von Schtschedrin, die Schostakowitsch-Sinfonien unter Kondraschin und noch ein paar andere Sachen. Wenn jetzt da der Klang im ein oder anderen Fall auch besser sein könnte, so wie er ist passt er durchaus zu dieser Musik und ihrer Darstellung.


    Als einzige alte Einspielung kann ich im Moment nur Bruckner 0 und Doppel-0 unter Roschdestwenski anführen, die wiederum sagt mir jetzt vom klanglichen her nicht so zu, die ist mir diesbezüglich ein bißschen zu hart und zu schneidend.


    Abschließend möchte ich noch bemerken, dass 27 Euro für drei CDs eigentlich nicht mehr so teuer sind. Man kann sie vielleicht noch etwas günstiger via Marketplace bekommen, aber da kommen halt dann wieder die Versandkosten dazu.


    Viele Grüße
    John Doe

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  • Der Bayrische Rundfunk hat am Samstagabend eine Reihe wichtiger Einspielungen der Fünften von Prokofieff verglichen.


    Thomas Schulz lobte Roshdestvensky und sogar eine ältere Aufnahme mit Mitropoulos. Auch Karajan kam nicht schlecht weg; es wurde ihm aber eine zu positive Sicht des Werks unterstellt - bei allem grandiosen Engagement im Detail und einer glänzenden Klangqualität.


    Szell, den ich mittlerweile dank teleton sehr schätze, Kitaenko mit Gürzenich, nach wie vor meine Lieblingsaufnahme, und auch der eher kontrollierte Ozawa, der vielleicht zu Recht hier weniger geschätzt wird, kamen nicht zur Sprache.


    Die Lieblingseinspielung des Werks aus der Sicht des Rezensenten findet sich oben. Vorgespielt wurden die letzten Minuten des Finalsatzes. Und in der Tat: So unbarmherzig und fiebrig hört man diese gewiss nicht triumphale, aber wahrlich maschinenhafte Apotheose selten. Thomas Schulz selbst schien überrascht angesichts seiner Vorerwartungen bezüglich dieses Dirigenten.



    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat aus dem Thread "Beste Sinfonie aus den 50er Jahren":

    Mit Prokofjews siebenter Symphonie kann ich persönlich überhaupt nichts anfangen, ein schönes Werk aber ist das Symphonische Konzert für Cello und Orchester op. 125, welches Prokofjew kurz vor seinem Tod beendete. Diese ausgedehnte, lyrische Komposition steht ziemlich im Schatten seiner anderen Konzerte, was ich - vor allem im Vergleich mit seinen Violinkonzerten - für nicht gerechtfertigt halte. Das Stück ist trotz seines geleassenen Grundcharakters wesentlich weniger systemkonform als die siebente Symphonie.


    :D Auch hier muss ich meckern. :D
    Gerade dieser Thread zeigt mehrfach, wie wenig geschätzt die Sinfonie Nr.7 allgeimein wird. Wieso kann man damit weniger anfangen?
    Das Geschriebene in diesem Thread mag ja alles zutreffen. Dennoch schätze ich die 7 schon alleine wegen der Ohrwurmthemen im letzten Satz. Das hat eindeutig die Frische und das Temprament der Sinfonie Classique (Nr.1).
    Meine bevorzugte Aufnahme mit Walter Weller / LSO (Decca) hat das Zeug dazu, auch die schwäche Sinfonie Nr.7 als schätzenswert einzustufen.



    Cellokonzert e-moll op. 58 (1938) und Sinfonia Concertante für Cello und Orchester op.125
    Leider gibt es für das Cellokonzert op.,58 einen eigenen Thread. Felix erwähnt oben das Sinfonische Konzert op.125 (1952), das Prokofieff mit dem gleichen thematischen Material als Sinfonia Concertante op.125 umgeschrieben hat: 2 Versionen auf der Basis der selben Grundsubstanz!


    Ich hatte vermutlich eine sehr schwache Erstaufnahme mit Previn/Schiff? (Philips) als Erstaufnahme, die ich gegenüber der ersten Cellokonzert-Fassung als sehr langatmig und total langweilig empfand. :( Bei mir hatte op.125 nicht im geringsten zünden können. Ich habe mich dann auch nie wieder für eine andere Aufnahme der Sinfonia Concertante interessiert (und bin den Previn-... dann nach einigen Jahren doch noch losgeworden) ...
    :thumbup: Das ungleich kurzweiligere Cellokonzert op.58 in drei Sätzen hat mich gleich von Anfang an als TOP-Cellokonzert des 20.Jhd begeistern können. Für den Klassikhörer sicher interessant sich dieser spontaneren weniger kontroliierten 1.Version zuzuwenden.


    :?: Mich würden Eure Eindrücke dazu interessieren.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Die Weller-Aufnahme bei Decca ist ja eh die, die von Brilliant wiederaufgelegt wurde, oder? Genau diese besitze ich nämlich. Für mich ist die 7. irgendwie wie Prokofjew auf Tranquilizer - die erste ist ja hingegen sehr spritzig. Meine Favoriten bei den Symphonien - und zwar haushoch - sind die 2. und die 3. Die 5. und 6. gefallen mir ausschnittsweise genauso gut, aber nicht in ihrer Gesamtheit. Nr. 4 "kapiere" ich nicht.


    Bei der Cellosinfonie stimme ich so weit zu, dass sie tatsächlich gewisse Längen hat. Trotzdem gefällt sie mir insgesamt sehr gut. Man muss sich allerdings sehr darauf konzentrieren und so direkt mitreißend wie die ersten drei Klavierkonzerte ist sie sicher nicht. Die Urform, das Cellokonzert op. 58, kenne ich leider nicht, könnte sich aber lohnen, danach Ausschau zu halten. Generell gilt für mich bei Prokofjew: je früher desto besser. Ab seiner Rückkehr in die SU ist für mich die Show im wesentlichen vorbei, denn meine Lieblingswerke von Prokofjew finden sich alle in den 1910er und 1920er Jahren. Ausnahmen sind vielleicht die zweite Violinsonate, besagte Cellosinfonie und ein paar späte Klaviersonaten (vor allem 6 und 9).

  • Die erste ist witzig, aber doch mehr eine Fingerübung. Die anderen Sinfonien kenne ich alle sehr gut; hier ist fast alles gesagt. Eines aber ist mir aufgefallen, was man mit Prokofiew gar nicht so verbindet: die fantastischen langsamen Sätze mit den intensiven leisen Stellen, die dazu meist noch Ohrwürmer sind. Diese "Tranquilizer" liebe ich über alles!

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Gerade dieser Thread zeigt mehrfach, wie wenig geschätzt die Sinfonie Nr.7 allgeimein wird. Wieso kann man damit weniger anfangen ?

    Also, ich glaube, Prokofieffs Symphonien allgemein sind ein bisschen Geschmackssache, und diejenigen, denen der frühe, progressive Prokofieff gefällt, die haben vielleicht ein Problem mit der 7., die ja im letzten Satz wieder zum Ausgangspunkt der 1. zurückkehrt. Ich habe sie gerade zweimal gehört, in den Aufnahmen mit Roshdestvensky und Previn (Prokofieff goes Hollywood), und mir gefällt sie nach wie vor. Es ist halt kein triumphierender Abgang, sondern ein eher zurückgenommener leicht wehmütiger.

  • Ich wundere mich immer wieder, wie man anscheinend diese Musik hören kann. So ein Wort wie wehmütig ersttaunt mich da sehr. Für mich ist das alles Kopfmusik, geniale Musiktheorie und witzige oder skurille Ideen. Da geht es schon ordentlich rund. Aber zu Herzen geht es bei mir nie!
    Es gbit ja an anderer Stelle einen Thread, in dem es darum geht, wieviel Wissen man braucht, um klassische Musik genießen zu können. Bei Prokoffieff ist m.E. so ein Wissen unumgänglich. Mit reinem Gefühl ist diese Musik wohl nicht zu erfassen.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Also, ich glaube, Prokofieffs Symphonien allgemein sind ein bisschen Geschmackssache, und diejenigen, denen der frühe, progressive Prokofieff gefällt, die haben vielleicht ein Problem mit der 7., die ja im letzten Satz wieder zum Ausgangspunkt der 1. zurückkehrt. Ich habe sie gerade zweimal gehört, in den Aufnahmen mit Roshdestvensky und Previn (Prokofieff goes Hollywood), und mir gefällt sie nach wie vor. Es ist halt kein triumphierender Abgang, sondern ein eher zurückgenommener leicht wehmütiger.


    Das sehe ich auch so. Prokofjew pendelt in seinem Schaffen zwischen Expressionismus und einer Art Neoklassizismus. Es gibt sicher Leute, die beides gleichermaßen mögen, aber wahrscheinlich sind das eher wenige. Wobei ich selbst mit dem Neoklassizismus von Strawinsky oder Poulenc eigentlich überhaupt keine Probleme habe, aber der von Prokofjew ist meine Sache nicht (seine 9. Klaviersonate gefällt mir aber sehr gut).

  • Mit reinem Gefühl ist diese Musik wohl nicht zu erfassen.


    Hallo Klaus,


    bei den Sinfonien (ausser Nr.1) ist das sicher auch nicht ganz einfach.
    Aber was Prokofieff anbetrifft empfehle ich Dir das Ballet Romeo und Julia. Du wirst wenige Werke in der Klassik vorfinden, wo so viele zündende Ohrwurmthemen vorhanden sind. Das ist eine Musikalität, die einfach jeden ansprechen sollte, der nur einigermassen einen Sinn für klasische Musik entwickelt hat.


    Die Sinfonie Nr.2 (der helle Wahnsinn unter Kitaenko/Moskauer PH (Melodyia)) würde ich dagegen nun gerade Dir nicht empfehlen wollen. Da kann ich Deine Worte nachvollziehen, wenn ich diese auch nicht teile.


    Zur Sinfonie Nr.7
    Lutgra schreibt ein wehmütiger Abschied. Er bezieht das auf die im Vergleich zu den Vorgängern schwächere Sinfonie --- richtig. Es ist kein Bekenntniswerk zum Abschied, sio wie man sich das von einem Sinfoniker wünscht !


    Aber gerade der letzte Satz der Sinfonie Nr.7 erinnert mich an die Fröhlichkeit und die Spritzigkeit seiner Symphony Classique. Von daher sehe ich darin keinen "wehmütigen Abschied", sondern einen Satz der Lebensfreude zum Abschluss.
    klaus - dieser 4.Satz der Siebten sei Dir zum Hören ans Herz gelegt. Er wird Dir gefallen !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ok. Ich habe es mir noch einmal angehört und es hat mir zugegebenermaßen gefallen. Und stimmt, sie erinnert an die "Klassische", die mir ja auch sehr gut gefällt. Wehmut oder so etwas höre ich überhaupt nicht, ganz im Gegenteil. Aber dieses Gegenteil ist für mich nicht Lebensfreude, sondern Scherz. Und da bin ich schon wieder in der Kritik, mir scheint, als ob er sein eigenes Werk selbst nicht ganz ernst nimmt. Als wolle er uns an der Nase herumführen. - Dagegen ist auch prinzipiell ncihts zu sagen, aber es berührt einfach nicht sehr tief.
    Aber hörbar ist das ganze auf jeden Fall, soweit bin ich überzeugt.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Er bezieht das auf die im Vergleich zu den Vorgängern schwächere Sinfonie --- richtig.

    Dass die 7. schwächer ist als die Vorgänger habe ich aber nirgends geschrieben. Und mit der Wehmut beziehe ich mich auf die letzten 1-2 Minuten des 4. Satzes, die Stelle, wo der große Höhepunkt diese Satzes übergeht in die von der Celesta dominierte Passage, das klingt für mich nach resignativem Abschied, diese Stimmung wird dann noch einmal durch ein gewollt spritziges Ende beiseite gewischt.

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  • Für den Preis einer CD bietet Capriccio den Kölner Prokofieff-Zyklus unter Dimitrij Kitajenko an, der m.E. von allen "westlichen" Zyklen der interpretatorisch und klangtechnisch beste ist. Höre derzeit die 6., die in dieser Interpretation ihre Wirkung voll entfaltet. Neugierig bin ich allerdings noch auf die Aufnahme aus Bergen unter Andrew Litton, die in verschiedenen Kritiken hochgelobt wurde.

  • Schön, dass es den Zyklus wieder gibt. :)
    Schade nur, dass die SACD-Eigenschaft (so zu vernachlässigen sie faktisch-praktisch vermutlich ist) nicht mit gerettet wurde.


    Viele Grüße
    Frank

  • Frank, Du meinst doch diesen Zyklus? Ich habe ihn tatsächlich bei den Partner-Anbietern nicht mehr gefunden. Bei mir sind das allerdings keine SACDs, wobei ich die Klangqualität ganz exquisit und auch die meisten Interpretationen sehr gut finde (die 1. und die 5. sehe ich nicht in der allerersten Reihe, die genialisch brutale 2. und 3. aber allenthalben!).


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Hallo Wolfgang,


    ja, genau den meine. Dann verwechsle ich da wohl etwas mit dem Schostakowitsch-Zyklus. Letzterer liegt nämlich als SACD vor.


    Viele Grüße
    Frank

  • Diese Gesamtaufnahme liegt mir schon seit über einem Jahr vor, bis dato noch immer ungehört. Es ist wohl an der Zeit, dies bald zu ändern. Komplett gehört habe ich m. W. nur die Erste, die gar nicht spezifisch nach Prokofjew klingt.


    Liest man sich verschiedene Rezensionen an, hier und andernorts, wird sich immer wieder auf Roschdestwenskys Zyklus als Referenz bezogen. Nun kommt man ja auch seit einigen Jahren leichter an die Aufnahmen heran.


    Ich kam dieser Tage wieder darauf, als ich mich informierte, was Swetlanow von Prokofjew aufgenommen hat. Leider sehr wenig. Lediglich die Erste und Siebte dirigierte er öfter mal. Offenbar lag ihm dieser Komponist weniger. So ist Roschdestwensky vermutlich wirklich die erste Wahl, wenn man eine genuin russische Gesamtaufnahme sucht. Mrawinsky ist (mal wieder) nicht komplett und klanglich wohl desolat, also nichts für einen Erstkontakt.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • So ist Roschdestwensky vermutlich wirklich die erste Wahl, wenn man eine genuin russische Gesamtaufnahme sucht.


    Die entsprechende LP-Box unter Roshdestwensky´s referenzwürdigen Aufnahmen (Melodiya/Eurodisc) habe ich immer noch (nur auf LP) vorliegen. Gehört habe ich diese LP´s aber seit es CD´s gibt nicht mehr ... :huh:


    Diese Aufnahmen wollte ich mir immer mal in der von Dir abgebildeten CD-Version kaufen ... habe es aber angesichts des immer hohen Preises und noch entscheidender, meiner wirklich guten anderen Prokofieff-Sinfonien-Aufnahmen auf CD mit Kitaenko (Melodiya), N. Järvi (Chandos), W. Weller (Decca) und Szell (SONY, die Fünfte) dann doch nie für nötig gehalten.


    Herausragend mit dem gleichen russischen Flair wie Roshdestwensky, aber klanglich sogar Digital sind die ewig schwer und teuer zu bekommenden Kitaenko-Aufnahmen aus Moskau. Kitaenko hat ja später im Westen auch einen herausragend guten Zyklus mit dem Gürzenich Orchester Köln (Capriccio) aufgenommen, der zum Beispiel von WolfgangZ sehr gelobt wurde, aber offenbar nicht für alle Sinfonien das gleich hohe Niveau mitbringt.
    Aus eigener Erfahrung (so auch auch bei den Prokofieff-KK mit Krainew -- Frankfurter RSO vs Moskauer PH) haben seine Westaufnahmen nicht mehr den Biss der fabelhaften älteren russischen Aufnahmen.


    Da zum Zeitpunkt vom Start-Beitrag 1 (im Jahre 2006) keine Abildungen dieser ausgezeichenten Kitaenko-Melodiya-Studio-Aufnahmen mit der Moskauer PH vorlagen, hole ich dies nun nach.
    Schwer erhältlich sind die CD´s nach wie vor:
    - es liegen auch nur die Sinfonien Nr. 1-5 in Einspielungen auf CD vor -


    [timg]https://images-na.ssl-images-a…6_.jpg;n;300;300;*;Amazon[/timg]
    Melodiya, 1987, 1989, DDD


    [timg]https://images-na.ssl-images-a…0_.jpg;n;300;300;*;Amazon[/timg]
    Melodiya, 1985, 1986, DDD


    - die CD der Sinfonien Nr. 5 ist derzeit nicht mehr vorhanden -
    Moskauer PH / Kitaenko
    Melodiya, 1986, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Auch Ormandy und Leinsdorf haben hörenswerte Aufnahmen einzelner Prokofieff-Symphonien hinterlassen, Ormandy's 4. und 6. ist nach wie vor auf CD schwierig zu bekommen, ich habe sie noch als LP. Wie auch die von Leinsdorf, die aber inzwischen auf CD herausgekommen sind.



  • Nach Durchhören dieser in diesem Thread als Referenz bezeichneten Gesamtaufnahme aus den 1960er Jahren nun mein eigenes Ranking:


    7 - 1 - 5 - 4 - 6 - 3 - 2


    Meine Reihung mag anders sein als die meisten hier, aber jetzt verstehe ich, wieso Swetlanow nur die erste und letzte Symphonie von Prokofjew dirigierte. Mir gefällt der Neoklassizismus in diesen beiden Werken besonders gut.
    Die beliebte Fünfte käme bei mir als nächstes. Die Vierte (2. Fassung) scheint mir besser zu liegen als den meisten hier. Ich verstehe ihre Abgeschlagenheit gar nicht. Für eine der schwächsten Kompositionen Prokofjews halte ich sie mitnichten.
    Die Sechste erinnerte mich am stärksten an Schostakowitsch; ihre Schroffheit ist indes noch relativ gezügelt. Das kann man für die Dritte und besonders Zweite nicht behaupten. Während ich der Dritten durchaus noch etwas abgewinnen kann, verspüre ich bei der Zweiten keinen rechten Drang, das Hörerlebnis zu wiederholen. Das ist mir zu dissonant und überladen, so expressiv es auch sein mag.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Zu der oft favorisierten 5. habe ich dagegen keine Beziehung gefunden, vielleicht ändert sich das bald, denn ich habe Karten für ein Roshdestwenskij-Konzert Ende April im Konzerthaus, wo er die 5. mit dem Konzerthausorchester aufführen wird.


    Nun würde mich ja wirklich interessieren, wie Dir dieses Konzert mit dem russischen Altmeister gefallen hat, lieber timmiju. Das liegt ja nun auch schon wieder gut sieben Jahre zurück.

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    – Luís de Camões

  • Nachdem Josef gestern seine Reihung der Prokofieff-Sinfonien dargelegt hat, habe ich mir mal meine Reihung angesehen. Die war in Beitrag 5 von 2006 und da habe ich ja fast einen Schreck bekommen, denn die sieht heute nach 10 Jahren ganz anders aus! Inzwischen sind bei mir einige weitere Aufnahmen dazugekommen, die die Sinfonien in anderem Licht erscheinen lassen:
    Roshdestwensky (Eurodisc-LP-Box) - Weller (Decca) - N. Järvi (Chandos) - Kitaenko (Melodiya)


    Die Sinfonie Nr. 7 habe ich damals nicht so hoch geschätzt, weil ich die stinklangweilige Aufnahme mit Previn im Hinterkopf hatte (sie lag in meiner 2006er-Reihung ganz hinten :no: ).
    Dass die Sinfonie Nr. 2 bei Josef ganz hinten liegt, kann ich bedingt durch ihre wenig zugänglichen scharfen Attacken nachvollziehen. Ich fand diese auch immer wenig hörenswert bis ich die Kiteanko-Aufnahme hörte, die das Werk aus Eisen und Stahl auf knallharte Weise betrachtet, wie ich es noch nicht gehört hatte und das hat mich einfach begeistert hier plötzlich quasi einen "supermodernen Schostakowitsch" zu hören.


    *** Meine Reihung sieht heute so aus: 5 - 7 - 6 - 1 - 2 - 4 - 3
    Das bedeutet nicht, das auch die Hinteren von mir weniger geschätzt werden.



    Wenn Du, lieber Josef die Sinfonie Nr. 5 in der spannend-straffen Aufnahme mit Szell (SONY) mal zu hören bekommst, dann sage ich Dir voraus - sie steigt sie in Deiner Gunst! Alle anderen Aufnahmen wirken auf mich dagegen viel zu langatmig.
    Interessant Deine Info, dass unser Liebling Swetlanow nur die Sinfonien Nr. 1 und 7 dirigiert hatte. Ja, Prokofieff war nicht seine Klangwelt, aber die Siebte passt dann doch!

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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