Operninszenierungen - modern vs. "altmodisch"

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Eine griechische Tragödie so aufzuführen wie sie von der Erstaufführung her "gemeint" war, hieße sie, nicht mehr aufführen zu können. Die Darstellung durch drei Männer auf Kothurnen in altgriechischer Sprache würde den Altphilologen entzücken - aber ansonsten ziemlich lächerlich wirken. Die Zauberflöte als zeitgenössische Maschinenoper aufzuführen würde gleichermaßen das Menschheitsdrama wie den Märchencharakter ersticken.


    Na wieso denn das?


    "Würde lächerlich wirken" - ist argumentativ etwa so brauchbar wie "finden alle entsetzlich" (was letzteres auf Regietheater angewendet wird).


    Zitat

    Da vergleichst Du, lieber Alfred, Äpfel mit Birnen.


    Na, warum denn nicht? Jeder Vergleich bleibt nur ein Vergleich.


    Zitat

    Es geht um unterschiedliche ästhetische Konzepte, das ist gut, das ist wichtig - wenn man bereit ist, einander zuzuhören und nicht sich die Ohren zuzuhalten und zu schreien.


    Genau. Was heißt da "lächerlich"?


    Also zurück zum Mozart im Stil der Mozartzeit - soweit ich das verstehe wird das in Drottningholm praktiziert und dort auch nicht für lächerlich befunden.


    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Also zurück zum Mozart im Stil der Mozartzeit - soweit ich das verstehe wird das in Drottningholm praktiziert und dort auch nicht für lächerlich befunden.


    :hello:


    Für Dich wiederhole ich mich gerne. Auch was in Drottningholm praktiziert wird, ist eine historistische Rekonstruktion, nicht mehr, nicht weniger. Es ist deshalb keine Aufführung der Mozartzeit, für historisch Interessierte & Philologen immer noch interessant.


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von pbrixius


    Für Dich wiederhole ich mich gerne. Auch was in Drottningholm praktiziert wird, ist eine historistische Rekonstruktion, nicht mehr, nicht weniger. Es ist deshalb keine Aufführung der Mozartzeit, für historisch Interessierte & Philologen immer noch interessant.


    Liebe Grüße Peter


    Und wohl kaum nur für die.


    Und dann kann man noch ein wenig die Begriffe hin- und herwenden, und sich überlegen, was eine "Aufführung", eine "Interpretation" und eine "Rekonstruktion" ist.


    Von mir aus kannst Du das "Rekonstruktion" nennen - ich gebe zu, nicht zu wissen, was da genau geschieht. Man kann es sicher auch als lebendige Aufführung nehmen, womöglich als augenöffnende "Reinigung", wie man ja das HIP gerne propagiert.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Von mir aus kannst Du das "Rekonstruktion" nennen - ich gebe zu, nicht zu wissen, was da genau geschieht. Man kann es sicher auch als lebendige Aufführung nehmen, womöglich als augenöffnende "Reinigung", wie man ja das HIP gerne propagiert.
    :hello:


    Philologisch ist es nichts anderes als der Versuch einer Rekonstruktion. Die Darsteller, der Paratext - und dabei vor allem das Publikum sind die von heute. Das ganze ist ein produktiver Irrtum, denn natürlich ist das eine moderne Inszenierung. Man inszeniert sozusagen die Vergangenheit.


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von keith63
    Totale traditionelle Inszenierung - HIP (?) auf der Opernbühne bedeutet beim Belcanto die Rückkehr zum Kastratengesang! Darüber hinaus müssten viele Operninszenierungen ohne elektrisches Licht auskommen etc.


    D. h. welcher Traditionsansatz ist denn eigentlich gemeint, nachempfunden den 20er, 40er oder 60er Jahren des letzten Jahrhunderts, oder ist die Entstehungszeit der Oper gemeint?


    Die Kastratenproblematik gehört ja in den HIP-Diskussionsbereich, nicht in den Inszenierungsdiskussionsdauerbrenner.


    Das elektrische Licht abzuschalten ist wohl eher ein sicherheitstechnisches und rechtliches Problem. Aber Kerzen werden schon erlaubt sein, denke ich, geraucht wird ja auch auf der Bühne ...
    :hello:

  • Hallo Keith,

    Zitat

    M. E. ist die Diskussion lediglich vorgeschoben, da man in Wahrheit eine ganz andere Debatte führt, hier also lediglich eine „Stellvertreter-Diskussion“ vornimmt? Die zeitweise extrem leidenschaftliche geführte Debatte und Bedingungslosigkeit der Argumente bezeugt mir dieses.


    Möglich - aber Stellvertreter wofür? Für weltanschauliche Gegensätze?
    Es ist doch eine Binsenweisheit, daß Regietheater nicht a priori links und konservatives Theater nicht a priori rechts ist.
    Geht es nicht doch eher um unterschiedliche Vorstellungen, was das Theater soll? Also um den Gegensatz zwischen Unterhaltungs- und Bildungstheater?
    :hello:

    ...

  • Na, unter Rekonstruktion würde ich das jedenfalls nicht subsummieren. Allenfalls den Teilbereich der musikalischen Gestaltung. Hier werden weitestgehend originale Bühnenbilder (oder deren Kopien, ganz ähnlich dem Gebrauch von Instrumenten) ver- und die vorhandenen Bühnen-Techniken der damaligen Zeit angewendet. "Rekonstruiert" wurde da im weitesten Sinne nur: Was passiert, wenn ich diese Leine ziehe oder diesen Hebel betätige... Einzige Ausnahme ist das Licht. Das Kerzenlicht wurde natürlich aus Sicherheitsgründen abgeschafft und eigens dafür konstruierte und auch nach dem Ort des Geschehens so genannte Drottningholms-Kerzen erfunden, die einer brennenden Kerze täuschend echt sehen, mit Elektrik betrieben werden und sonst nirgendwo auf der Welt zu finden sind (die pseudo-HIPpen Flackerlämpchen haben damit nichts zu tun).


    Übrigens ist das Schloßtheater Drottningholm nicht das einzige Theater dieser Art: Das nahgelegene Schloß Ulriksdahl verfügt über ein ebensolches Theater namens Confidencen - es ist etwas kleiner und sicher auch nicht so dolle ausgerüstet wie Drottningholm und diente u.a. kleineren Veranstaltungen oder Opernproben vor einem ausgesuchten Publikum.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli
    Na, unter Rekonstruktion würde ich das jedenfalls nicht subsummieren.


    Lieber Ulli,


    ich sehe da durchaus nicht negativ, nicht dass Du mich da falsch verstehst. Für mich ist es eine sehr produktive Art moderner Inszenierung. Mit "altmodischen" Inszenierungen à la Zeffirelli & Co. hat das nichts zu tun, was da geschieht. In seiner Art ist das durchaus ein Gesamtkunstwerk.


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von Ulli
    Na, unter Rekonstruktion würde ich das jedenfalls nicht subsummieren. Allenfalls den Teilbereich der musikalischen Gestaltung. Hier werden weitestgehend originale Bühnenbilder (oder deren Kopien, ganz ähnlich dem Gebrauch von Instrumenten) ver- und die vorhandenen Bühnen-Techniken der damaligen Zeit angewendet. "Rekonstruiert" wurde da im weitesten Sinne nur: Was passiert, wenn ich diese Leine ziehe oder diesen Hebel betätige...


    Da verwechselst du jetzt aber "Ausstattung" mit "Inszenierung", oder? Irgendetwas werden die Sänger auf der Bühne tun müssen, und historische Gesten, Mienen, Bewegungen, überhaupt Weisen miteinander umzugehen kann man allenfalls mühselig aus Zeichnungen oder Beschreibungen rekonstruieren. Wenn überhaupt. Daran krankt ja, m.E., das komplette Genre des "Kostümfilms".


    Grüße,
    Micha

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Philologisch ist es nichts anderes als der Versuch einer Rekonstruktion. Die Darsteller, der Paratext - und dabei vor allem das Publikum sind die von heute. Das ganze ist ein produktiver Irrtum, denn natürlich ist das eine moderne Inszenierung. Man inszeniert sozusagen die Vergangenheit.


    Schöner Text, gefällt mir, leider verstehe ich nicht alles.
    :D
    Wo liegt aber nun der Irrtum?


    Die Partitur ist von 1780. Die Instrumente sind von 1780 oder den damaligen nachgebaut. Die Dekorationen sind von 1780 oder den damaligen nachgebaut. Wobei stets nicht ein Instrument/eine Dekoration 1 zu 1 einem alten Stück nachgebaut sein muss. Die Menschen sind von heute.


    Das Stück wird gespielt. Es wird keine konkrete alte Aufführung rekonstruiert.


    Der Ansatz ist modern, eine logische Weiterentwicklung des Konzepts, überhaupt alte Werke aufzuführen. 1780 war das nicht so angesagt.


    Ich sehe auch, dass es etwas von Rekonstruktion hat, dass es eine sei, sehe ich aber nicht. Und den Irrtum auch nicht, da ich nicht sehe, dass es etwas anderes sein will, als es ist.


    Jetzt bräuchten wir eine ausführliche Definition des Wortes "Rekonstruktion".


    Wikipedia sagt:
    "Rekonstruktion ist der Vorgang des neuerlichen Erstellens oder Nachvollziehens von etwas mehr oder weniger nicht mehr Existierendem oder Unbekanntem"


    Wie soll eine Aufführung eine Rekonstruktion sein können? Jede Aufführung existiert schon nicht mehr, wenn sie zu Ende ist. Was ist das nicht Existierende, was durch HIP oder obige Theaterpraxis neuerlich erstellt wird? Da keine konkrete Aufführung rekonstruiert werden soll, ist der Begriff vielleicht doch unangebracht.
    :hello:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose

  • Ich sehe da auch prinzipiell nichts Negatives darin - aber für mich ist der Begriff einfach nicht korrekt gewählt. In Drottningholm wird m. E. nichts rekonstruiert - es ist eine Renaissance: Vorhandene Mittel werden einfach wiederverwendet - und teilweise wird auch mit modernen Einschlägen inszeniert, weshalb man sicher nicht von einer Rekonstruktion sprechen kann. Denn die Bühnentechnik wird teilweise auf eine witzige i.S. von geistreiche Weise verwendet, wie dies im 18. JH wohl nicht der Fall war. Der eigentliche Zweck, nämlich: das Publikum zu faszinieren, läuft heute durchaus anders ab als damals. Im 18. JH fiel der Vorhang zum Szenenwechsel und öffnete sich nach 10 Sekunden wieder - und das erstaunte Publikum fand sich in einer völlig anderen (Zauber-) Welt wieder. Dies wird zwar heute auch noch praktiziert, aber eher als Demonstration und dann nur in einem von zwei oder mehreren Akten. In den übrigen Akten bleibt der Vorhang - ebenfalls zur Demonstration, diesmal der Wahnsinnstechnik - geöffnet. Das wäre damals undenkbar gewesen - und vor allem völlig sinnentfremdet.


    Rekonstruiert wurde da nichts - das Theater wurde aus seinem Schlummer erweckt, ein wenig geölt und entstaubt - und funktioniert wieder.


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von keith63
    Meiner Meinung nach haben beide Ansätze ihre Berechtigung und finden bei der Vielzahl der Häuser und Aufführungen auch ihren Platz.


    [...]


    Da (fast) alle, welche „zwischen den Stühlen sitzen“ oder neutraler formuliert, einen Weg des „sowohl als auch“ beschreiten, entweder irgendwann doch ein (Extrem-)Lager beziehen oder von beiden Lagern „beschossen“ werden, nehme ich für mich letzteres in Kauf.


    Die Position "zwischen den Stühlen" ist hier schon so oft bezogen worden, dass es mehr Leute neben als auf den Stühlen gibt.


    Gelegenheit, mein Posting vom 5.6.2007 zu zitieren:


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Und nichts war häufiger zu lesen als die wohlfeile Einsicht, dass es keine "altmodischen" und keine "modernen" Inszenierungen gebe, sondern nur "gute" oder "schlechte". Da damit das diskutierte Problem nicht gelöst, sondern eher verschärft wurde, und die zweifellos bestehenden Gegensätze auch nicht übertüncht werden konnten, drehte sich die Diskussion eben eine Spirale höher.


    Es ist sicherlich normal und auch durch neu dazukommende Mitglieder bedingt, dass sich bestimmte Debatten gern wiederholen. Aber mit der Bezeichnung Déjà-Vu wird man der jetzt neu aufflammenden Diskussion schon nicht mehr gerecht: Es gibt bestimmte Rollen mit einem nur minimal variierten Text, die öfter mal mit Debutanten besetzt werden, wobei einige altgediente, allseits geschätzte Mitglieder immer wieder gerne ihre angestammten Rollen spielen. Das erinnert etwas an eine in die Jahre gekommene Repertoirevorstellung.


    Ich habe wirklich alle 768 (inzwischen: 1560) Beiträge in diesem und alle 972 Beiträge im (inzwischen geschlossenen) Parallelthread gelesen (und einige wenige davon selbst verfasst) und kann nur sagen: Wer das mal getan hat, wird die meisten Argumente nicht mehr mit dem Gefühl vorbringen, als handele es sich um die Erfindung des Rads.


    Wir könnten hier alle nur noch mit solchen Zitaten aus früheren eigenen Beiträgen arbeiten, das würde nichts ändern. Ist es Freude am Ritual? Freude an der Polemik bzw. am Rechthaben? Amnesie?


    Jetzt kommt KSM wieder mit seinen HIP-Inszenierungen :D, dieses Thema hatten wir doch mit allem Pro und Contra und Missverständnis auch schon ohne Übertreibung 15-20mal. :faint:


    Verzweifelt Ihr nicht manchmal an der schieren Redundanz?


    Offenbar nicht...



    Viele Grüße


    Bernd


  • Erstens gehört das Ritual in diesem Thread zum Tamino-Dasein dazu.


    Zweitens reden wir im realen Leben auch immer variiert dasselbe, warum soll man in Tamino alles nur einmal sagen?


    Drittens habe ich mal wieder nur auf abfällige Formulierungen reagiert (wäre lächerlich) - die lasse ich einfach nicht so stehen.


    Viertens wollte ich mal sehen, ob es diesmal gelingt, ohne Rauferei mit Peter über das Thema zu repetieren.
    :pfeif:

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Erstens gehört das Ritual in diesem Thread zum Tamino-Dasein dazu.


    Nicht nur in diesem Thread, aber man kann das Thema ja trotzdem mal anschneiden. Gehört schließlich selbst zum Ritual. :D



    Zitat

    Zweitens reden wir im realen Leben auch immer variiert dasselbe, warum soll man in Tamino alles nur einmal sagen?


    Nur einmal ist natürlich höchst unrealistisch, aber ab etwa dem 20. Mal sollte ein Gefühl für die Merkwürdigkeit der Situation entstehen.



    Zitat

    Drittens habe ich mal wieder nur auf abfällige Formulierungen reagiert (wäre lächerlich) - die lasse ich einfach nicht so stehen.


    Die niedrige Reizschwelle sollte man in der Tat noch zu den Gründen hinzurechnen.



    Zitat

    Viertens wollte ich mal sehen, ob es diesmal gelingt, ohne Rauferei mit Peter über das Thema zu repetieren.
    :pfeif:


    Meine Prognose: verhalten pessimistisch. :D



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Die Kastratenproblematik gehört ja in den HIP-Diskussionsbereich, nicht in den Inszenierungsdiskussionsdauerbrenner.


    Das elektrische Licht abzuschalten ist wohl eher ein sicherheitstechnisches und rechtliches Problem. Aber Kerzen werden schon erlaubt sein, denke ich, geraucht wird ja auch auf der Bühne ...
    :hello:



    Hallo,
    hallo Kurzstueckmeister,


    die Kastraten waren nicht nur Gesangsphänomene, sondern m. E. auch eine besondere Bühnen- und Rollenerscheinung; weiter sehe ich Musik, Regie, Licht, Bühnenbild etc. im Idealfall als Einheit!


    Bis dann.


  • Hallo,
    hallo Edwin,


    "Unterhaltungstheater vs. Bildungstheater?"


    Leider kann ich darauf nur antworten: Ja, auch; aber nicht nur, die Gegensätze liegen tiefer, sind vielschichtig und grundsätzlicher Natur...


    Bis dann.

  • Zitat

    Original von Zwielicht
    Verzweifelt Ihr nicht manchmal an der schieren Redundanz?


    Es wurde zum Thema zwar schon fast alles gesagt, aber eben noch nicht von allen... :D


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Wikipedia sagt:
    "Rekonstruktion ist der Vorgang des neuerlichen Erstellens oder Nachvollziehens von etwas mehr oder weniger nicht mehr Existierendem oder Unbekanntem"


    Hm. Gefällt mir auch nicht so ganz, das mit dem "Unbekanntem" zumindest nicht. Rekonstruiert werden kann definitiv nur etwas, das schon einmal dagewesen ist. Bei Fragment gebliebenen Werken ist eine Rekonstruktion beispielsweise unmöglich, bei Fragment gewordenen bedingt möglich [es wird stets der Versuch einer Rekonstruktion bleiben müssen]. Einzige ausnahme wäre, daß es einen exakten Bauplan der zu rekonstruierenden Sache gibt, der, richtig interpretiert und lückenlos umgesetzt, eine vollständige Rekonstruktion immerhin zulässt.


    Das Drottningholmer Schloßtheater ist hingegen das genaue Gegenteil einer Rekonstruktion: Es wird, soweit dies moderne Sicherheitvorschriften zulassen, alles unverändert gelassen und dem Verfall sogar weitestgehend hingegeben. Ersetzt und meinetwegen auch rekonstruiert werden allenfalls Dinge, die für einen Betrieb des Theaters unabdingbar sind, wie z.B. Seilführungen oder Seile als Verschleißmaterial selbst. Tapeten, Bodendielen und Sitzfleischpolster stammen noch original aus 1766 und sehen entsprechend abgenutzt aus, was den heutigen Charme des Theaters ja ausmacht - da wird nichts geflickt oder ersetzt. Zu Demonstrationszwecken wurde ein kleiner Teil der Originaltapeten mittels moderner Technik von dem Dreck der Jahrhunderte und Tapsern ungehöriger Besucher befreit, damit man einen Eindruck von der damaligen Schönheit bekommen kann [Adelcrantz-Zimmer].


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Wenn eine Inszenierung HIP ist, dann ist das aber noch lange kein Qualitätskriterium. Man kann Bach auch auf Instrumenten von 1762 verdammt falsch spielen.


    Das muss dann daran liegen, dass Bach schon 1750 gestorben ist.
    :pfeif:

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich fordere: Wer Einlaß zu einer Aufführung in Drottningholm begehrt, muß glaubhaft nachweisen können
    1) noch nie Radio gehört zu haben
    2) noch nie ferngesehen zu haben
    3) noch nie eine CD gehört zu haben.
    Denn nur unter diesen Voraussetzungen kann er ansatzweise den Eindruck nachvollziehen, den eine HIP-Opernaufführung auf die zeitgenössischen Hörer gemacht hat.
    Kurz: HIP-Aufführungen bedürfen eines HIP (historic preparated) Zuhörers.
    :hello:

    ...

  • Ich fordere: Wer eine Regietheater-Umdeutung sehen will, muss:


    Sämtliche bisherigen Aufführungen des Werkes gesehen haben,
    da das Werk die Summe seiner Aufführungen ist, und der Wert der neuen Inszenierung nur vor diesem Hintergrund gesehen werden kann, das Werk selbst sonst gar nicht verstanden werden kann.
    :hello:




  • Hallo,
    hallo Zwielicht,


    Deine eigenen Zitate helfen gegen diese Redundanz besonders... ;)


    Bis dann.

  • Zitat

    Original von keith63
    Hallo,
    hallo Zwielicht,


    Deine eigenen Zitate helfen gegen diese Redundanz besonders... ;)


    Naklar, dem teuflischen Zirkel entkommen wir alle nicht - ich nehme mich da als letzten aus. ;)


    Auch diejenigen, die sich geschworen haben, in diesem Thread nie mehr zu posten, werden irgendwann wieder schwach... :D



    Viele Grüße


    Bernd



  • Hallo,
    hallo Bernd (Zwielicht),


    Ich hoffe, Du zählst mich nicht zu den "Geschworenen", denn mein erster "echter Beitrag" in diesem Thread ist heute geschehen. ;)


    Bis dann.

  • Lieber keith,


    nein, nein, Bernd beschreibt nur einen Umstand, den ich auch nur zu gut kenne. Es gelingt mir noch recht problemlos, diesen Thread die ersten Tage nach seinem erneuten auflodern weitgehend zu ignorieren, es besteht auch tatsächlich kein Verlangen, irgendetwas zu posten. Jeden Tag hoffe ich, dass dieser Thread wieder in den Tiefen dieses Forums verschwinden möge, aber immer wieder kommt es vor, dass jemand den Faden erneut aufnimmt. Nach geschätzten 4 Tagen passiert es: ich schreibe einen Zwei- bis Dreizeiler und weiss, jetzt ist alles verloren, ich bin schon wieder irgendwie mittendrin und schäme mich, doch so schwach gewesen zu sein, die Schreibabstinenz schon wieder nicht durchgehalten zu haben. Spätestens wenn Bernd, den ich als in dieser Frage wesentlich willensstärker, als ich es bin, erinnere, auch wieder in diesem Thread postet, weiss ich, ich bin nicht allein...

  • An dieser Stelle vielleicht eine ernst gemeinte Frage:


    In letzter Zeit habe ich ein wenig in theaterwissenschaftlichen Büchern gelesen. Thema Nr. 1 ist da (noch immer) das Performative. Sehr vereinfacht ausgedrückt geht es um die Besonderheit der Aufführungssituation in mehrfacher Hinsicht, u. a. neben der Betonung der Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit des jeweiligen Geschehens um die Interaktion zwischen Bühnengeschehen und Publikum, das als Teil derAufführung verstanden wird.


    Diese Interaktion wird im Sprechtheater ja durchaus durch verschiedene Methoden zu intensivieren versucht. So läuft zurzeit z. B. mal wieder im Hamburger Schauspielhaus der Faust, bei dem die Bühne sich da befindet, wo normalerweise das Publikum sitzt und umgekehrt.


    Was ich mich nun frage, ist, ob eine solche bewusste Einbeziehung auch in der Oper probiert worden ist und wenn ja, in welcher Weise.


    MIr fällt eigentlich nur Konwitschnys Don Carlos ein, der das Bühnengeschehen deutlich in den Bereich des Publikums verlagert und das Publikum auf diese Weise mitnimmt. Aber sonst?


    :hello:
    Thomas

  • Hallo,
    hallo Alviano,


    ich habe diesen Thread (und den "Nebenthread") lange verfolgt...Ich glaubte, dieser Thread kommt zu einem i. m. S. erkenntnisgewinnenden (Zwischen-)Ergebnis...leider nicht. Geht es hier lediglich um rhetorische Behauptung?


    Ich habe fast alle Beiträge gründlich gelesen...aber alles in diesem Thread ist sehr müßig...; weil nicht/oder so wenig ergebnisorientiert (Ausnahmen bestätigen die Regel!).


    Wie ich geschrieben habe...(s. o.); hier geht es um etwas ganz anderes...!


    Wenn sich die 'Klassikliebhaber'/die 'Opernliebhaber' schon in sich bekämpfen und das als "Minderheit der musikhörenden Gesellschaft"..., welche sich gegen die Kulturpolitik der Länder und des Bundes behaupten müssen...


    Die "reine Lehre" ist eine "reine Leere" und nicht zukunftswillig und -fähig; Dogmatismus ist immer der falsche Weg!



    Ich habe, wie Du wissen solltest, die letzen Beiträge aus dem Thread "Kölner Wíldschütz" zum Anlass genommen, mich in diesem Thread zu melden..., da die Grundsatzdebatte wieder seinen Anfang genommen hat...(ich "loderte" nicht das Feuer an...).



    [Vorsicht: Alles ist (subjektive) persönliche Meinung]


    Bis dann.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose