Hallooho?!
ZitatOriginal von Hildebrandt
Ulrich allerdings müsste doch nahezu täglich im Schumannhaus auf der Matte stehen und sich über die Angebote freuen.
, klar, ich hab ja auch sonst nix vor ...
Außerdem habe ich mich doch gar nicht beschwert. In Bonn lebe ich im Paradies - Nono-in-der-Stadtbibliothek-mäßig und so - auch in Köln oder Bochum sind die Verhältnisse vorbildlich, in Berlin sowieso.
Nicht nur aufgrund eigener Ansicht, sondern auch aufgrund familiärer personeller Verbundenheit bilde ich mir ein, ein recht gutes Bild vom Bibliotheksangebot in Bonn zu haben. Wie sehr sich gerade auch in Bonn
ZitatOriginal von Hildebrandt trotz sinkender Budgets die Bibliothekare leidenschaftlich bemühen, dem sogenannten Bildungsauftrag nachzukommen,
ist mir durchaus bewusst und kann nicht deutlich genug betont werden. Das gilt unter Inkaufnahme auszufechtenden Konfliktpotentials auch und gerade für die Bonner Verhältnisse - wieviel mehr also für noch kleinere Gemeinden.
Aber werfen wir doch mal einen Blick auf die Neuerwerbungsliste der Musikbibliothek Bonn, die eine Zweigstelle der Bonner Stadtbibliothek ist und eben gerade in dem von Hildebrand so schön beschriebenen Schumann-Irrenhaus sitzt (das übrigens für diverse Bilder im Avatar-Pool herhalten musste). Die Neuerwerbungsliste also führt für den Zeitraum 01.04.2008 bis 25.06.2008 285 (!) neue CDs auf. Davon entfallen 117 (!) Stück auf den Bereich Klassik/Ernste Musik, 12 Filmmusik, 30 Weltmusik, 31 Jazz, 66 Rock/Pop, 6 Chansons und Liedermacher, 18 Vokalgruppen leichte Musik, 5 sonstige (1). Das klingt doch recht löblich.
Aber: unter den 117 CDs Klassik/Ernste Musik ist eine CD mit Schnittke, eine mit Britten, einmal Orff, zweimal Stravinsky - das war's für die nach 1950 verstorbenen Komponisten -, und die EINZIGEN beiden CDs mit Werken lebender Komponisten ist eine mit Musik von Phil Glass (Einstein on the Beach) - naja - und dann diejenige mit Schumann-Fantasie für großes Orchester und Bardo für Cello und Orchester von Hans Zender - immerhin ... aber auch nicht gerade Avantgarde.
Das meinte ich, als ich sagte:
ZitatOriginal von Ulrich Kudoweh
Genauso ist aber fraglich, ob ein solches Angebot etwas bewirkt. Kenntnisnahme von kulturellen Angeboten ist für den Konsumenten Holschuld. Wer sich mit Chormusik der Moderne nicht auseinandersetzen will - selbst wenn er, wie ich, im Einzelfall scheitert - wird auch die CDs in der Stadtbibliothek im Regal lassen, befürchte ich. So bliebe es bei dem guten Gefühl zu wissen, dass es dort einen Ort gibt, an dem alle diese Schätze, die der Durchschnitt gar nicht haben will, meinem Zugriff ausgeliefert wären, wollte ich denn tatsächlich irgendwann zugreifen. Gut zu wissen, dass Du zugreifen würdest, aber wie viele noch außer Dir? Die Stadtbibliothek hat einen Bildungs-, keinen Forschungsauftrag: Geld und Lagermeter zu verpulvern für Bestände, die kaum ein Mensch haben will, kann nicht Bestandteil des Bildungsauftrags sein.
Der gute Wille und das heiße Bemühen der/s einzelnen BibliothekarIn mag auch noch so ausgeprägt sein, neben dem Bildungsauftrag muss eben auch die einzelne Anschaffung gegenüber dem städtischen Kämmerer gerechtfertigt werden. Und das geht wohl in erster Linie über die Quote - die Ausleihquote nämlich. Vielleicht ist Dir, lieber Bernd, aufgefallen, dass wir über Nonos Chormusik und ihre Akzeptanz diskutiert haben, als die Rede auf die Präsenz von Tonträgern mit Neuer Musik in den Stadtbibliotheken kam. In diesem Kontext sind die getätigten Aussagen zu sehen. Und dass wirtschaftliche Überlegungen für den einzelnen Bibliothekar - in Bonn wie anderswo, behaupte ich - durchaus ihre Rolle spielen, zeigt, meine ich, die erörterte Bonner Neuerwerbungsliste der vergangenen einvierfünftel Monate.
Liebe Grüße, Ulrich
(1)Quelle: wewewe.lib.bonn.de/Weitere_Angebote/Neuerwerbungen_Musikbibliothek.html