Zitat...worüber ich schon einige Male nachgegrübelt habe, ohne allerdings in dieser Hinsicht eine bestimmte Interpretationsrichtung auszumachen, ist der Gegensatz zwischen der sinnlichen Erfahrung des Ich und dem bloßen Aussprechen als abstrakter Handlung. Im vorigen Lied hatten wir ja eine Umdeutung auf der Symbolebene ausgemacht: Metaphysische Symbole werden jetzt auf die Geliebte übertragen ("Sie selber aber ist mir ..."), was ja auch eine Erhöhung der sinnlichen Erfahrung und der irdischen Liebe bedeutet. Auch in diesem Lied ist die positive Steigerung mit sinnlichen Erfahrungen, das "bitterliche Weinen" dagegen mit sprachlichen Gefühlsäußerungen verbunden.
Sehr gut, liebe Petra, und verdammt richtig! Bernd ist sich auch schon kurz auf dem Terrain ergangen:
ZitatMan kann die Stelle fundamentaler als Sprachkritik verstehen – wer spricht, lügt. Oder auch selbstreferentiell auf den ganzen Zyklus beziehen, der die Frau, ihren Kuss und ihren Körper durch das lyrische Sprechen mit Buchstaben, Worten und Versen zu fassen und zu ersetzen sucht.
Und sogar mir ist da symbolmäßig was aufgefallen:
ZitatDie eigentlichen Ereignisse des Liebens und Verlassenwerdens sind für das Lyrische Ich nicht exakt zu lokalisieren, auf keiner der Ebenen rein festzumachen. Gefühle werden stets durch Natur bildhaft repräsentiert, physische Gegebenheiten durch emotionale Analogien greifbar zu machen versucht.
Darüber würde ich dichterliebend gern weiter handeln, möchte mich aber nicht selbst wieder in die Rosen und Lilien und Brennetteln, äh, -nesseln setzen.
Bitte fahre fort mit Deinen Überlegungen. Denn unser "bitterliches" Weinen schreit ja weiter nach Erklärung, wenngleich Bernd plausible "eroto-klimatische" Bezüge angedeutet hat. Was ist denn mit der topologischen Erfassung dieses bitterlichen Weinens? Wie wichtig ist das generell zu nehmen? Handelt es sich um letztes, tiefstes Ausdrucksmittel, wenn der Bedrückungen zu viele werden, oder gleicht es doch mehr dem wurstigen Flennen eines großen Kindes, dem man sein Lieblingsspielzeug weggenommen hat?
Ich hab´ das Weinen immer noch nicht ganz gefressen. Wirkt mir zu stilecht appliziert...
Wer wirklich fertig war und weinen mußte, der redet nicht nachher andauernd über dieses Weinen. Nicht "bitterlich", nicht "freudiglich", nein, garnichtlich!
Alex.