Olivier Messiaen - Glaube jenseits der Stratosphäre?

  • Hallo Ralf,
    nett, daß Du die Kritik von unserem Konzert hier einstellst!


    Die Turangalila-Sinfonie ist schon ein Hammer, sehr, sehr schwer und anstrengend.


    Ich bin jedenfalls total fertig, habe aber heute abend noch ein Kammerkonzert zu spielen, was nach einem schweren Sinfoniekonzert leider etwas grenzwertig ist.


    Der Pianist Per Salo war atemberaubend gut.
    Er hat absolut perfekt gespielt bei jeder Probe und in beiden Konzerten, und dabei auch noch ausgesprochen klangschön.


    Das Konzerttheater in Coesfeld hat eine gute Akustik und ist ein sehr schöner Saal, schade, daß wir so etwas in Münster nicht haben.


    Gruß,
    Michael

  • Lieber Michael. Ich wäre wirklich neugierig, zu erfahren, wie viele Proben ihr gemacht habt. Es gibt allerdings ein Orchesterwerk von Messiaen, das wesentlich kürzer ist als Turangalîla, nämlich nur gut 20 Minuten mit gut 220 Partiturseiten, das dabei allerdings noch wesentlich mehr Probenarbeit benötigen würde. Das Stück übersteigert alle mehr oder weniger bekannten Werke Messiaens durch eine extreme Komplexität im Ablauf und in der Gleichzeitigkeit musikalischer Ereignisse. So sind die Vogelstimmen hier polyphon und polyrhythmisch geschichtet, mit eigenen metrischen Schwerpunkten und eigenen rhythmischen Abläufen in jeder einzelnen Stimme. Auch die Schichtungen unterschiedlicher Reihen von Akkorden sind so komplex, dass sie hörbar kaum zu trennen sind und sich eine extreme Dichte im Klang einstellt. Die bekannten Reste eines luxuriösen tonalen Wohlklangs sind in diesem Klangdschungel so verborgen, dass sie eher in den Noten gelesen als gehört werden können.


    Bei dem Stück handelt es sich um die Chronochromie, die am 16. Oktober 1960 in Donaueschingen zum ersten Mal aufgeführt wurde. Dirigent war Hans Rosbaud. Am 29. März 1962 gab es in München eine Aufführung unter Leitung von Pierre Boulez. Vor dem Konzert hielt Messiaen einen Vortrag, in dem er auf die Schwierigkeiten des Werkes einging. Dieser Vortrag ist in der 2007 erschienenen Messiaen-Biografie von Peter Hill und Nigel Simeone auf den Seiten 257 - 258 wiedergegeben und wird jetzt hier wörtlich zitiert:


    Bisher waren die Reaktionen des Publikums immer sehr heftig - unabhängig vom Geschmack der Zuhörerschaft, ob diese nun konservativ oder avantgardistisch war oder eine Mischung aus diesen beiden. Bei der fünften Aufführung des Werks, in Paris, wurde der Tumult so laut und hielt so lange an, dass er die pessimistischsten Voraussagen übertraf. Ich werde jetzt keine »Verteidigungs und Erläuterungsrede« halten. Ich werde lediglich versuchen, das Werk vorzustellen und zugleich den Grund für all diese Unruhe zu aufzuzeigen.


    Wenden wir uns zunächst dem Rhythmus zu. In die »Makro-Zeit«, die durch die sieben miteinander verbundenen Abschnitte des Werks dargestellt wird, habe ich die »Mikro-Zeit« eingebettet. Diese ist von den Kontrapunkten der Vögel und den Permutationen der zweiunddreißig chromatischen Dauern abgeleitet. Die Unterschiede zwischen den langen Dauern, die die »Makro-Zeit« ausmachen, und insbesondere die Unterschiede zwischen allen zweiunddreißig chromatischen Dauern, würden Zuhörer aus dem Osten ohne Zweifel wahrnehmen (vor allem jene, die an solche Feinheiten gewöhnt sind): Sie bleiben jedoch für westliche Ohren kaum wahrnehmbar. Und während das Arbeiten mit Zahlen vor allem auf jene modernen Musiker Eindruck macht, die strenge Strukturen lieben, wirkt »musikalische Mathematik« doch abstoßend auf die Laienöffentlichkeit. Auch avantgardistische Musiker, die den Zufall (in Form von irrationalen Werten) gegenüber den strengen Permutationen von Dauern bevorzugen, werden nicht finden, was sie suchen.


    Nun zum Vogelgesang. Alt und Jung sind sich darin einig, dass es nicht möglich ist, den Gesang der Vögel zu notieren, dass Vogelgesang keine Kunst ist, dass es für einen Menschen unter seiner Würde ist, seine Intelligenz den Geheimnissen der Natur unterzuordnen. Hier gibt es eine Kluft zwischen dem Stadtmenschen und dem Menschen, der in den Wäldern lebt. Die Konzerthörer kommen aus den Städten - und ich biete ihnen die Musik der Felder und Weinhänge, des Meeres und der Berge, des Himmels und der Wälder.


    Ein drittes Missverständnis betrifft die Farben. Neoklassizisten erwarten klare tonale Kadenzen, während altmodische Anhänger der Zwölftonmusik die Düsterkeit der »Reihen« vermissen. Und wenn ich ganz direkt von klangvollen Harmonien spreche, die »purpurrot mit orangefarbenen und roten Sprenkeln und von Violett umgeben« sind, betrachten sie mich lächelnd, als sei das eine bedenkliche Sinnestäuschung. Diese Verbindungen zwischen Klang und Farbe sind jedoch kein rein subjektives Phänomen: Ich selbst fühle sie intensiv - und ich weiß, dass auch andere Menschen sie empfinden, da ich diese Erfahrung gemacht habe. Dabei ist es gleichgültig, dass es vielleicht einige kleine Unterschiede zwischen den Gefühlen verschiedener Menschen gibt: »Gerüche, Farben, Klänge passen zusammen«, bevor die Wissenschaft dies eventuell bestätigt und festschreibt.


    Der letzte Grund für die Empörung - und keinesfalls der unwesentlichste - sind die Freiheit und der Gegensatz zwischen Strenge und Freiheit. Meine Permutationen der Dauern sind streng, mein Vogelgesang ist völlig frei. Strenge ist unerbittlich, doch die Freiheit ebenfalls. Beides miteinander zu vermischen, schockiert alle Zuhörer gleich welcher Überzeugung. Und wenn in der »Épôde« zeitgleich in achtzehn realen Stimmen ein riesiger Kontrapunkt der Vögel sich entfaltet, bei dem all diese Freiheiten ineinander verwoben werden, ist diese scheinbare Unordnung unentwirrbarer Klänge der letzte Tropfen, der beim Publikum das Fass zum Überlaufen bringt und Protestrufe und Tumult auslöst. Freiheit! Ohne Zweifel haben wir Angst vor diesem Wort. Letztendlich ist es die Freiheit, die in meiner Musik triumphiert. Und wenn ich diesem bescheidenen Vortrag einen Titel geben sollte, würde ich ihn vielleicht »Ein Plädoyer für die Freiheit« nennen.

  • Chronochromie wird in diesem Jahr für unerschrockene Zuhörer noch einige Male aufgeführt. Alle Messiaen-Aufführungen weltweit sind unter messiaen2008.com einzusehen.


    Für Chronochromie sind das folgende:


    19.09.2008
    Musikfest Berlin
    Berliner Rundfunk-Sinfonieorchester, Marek Janowski




    21.09.2008
    Kölner Philharmonie



    22.09.2008
    Milano Settembre Musica



    23.09.2008
    Torino Settembre Musica



    25.09.2008 Belgien, Gent, Cathédrale Festival van Vlaanderen



    27.09.2008 Essen, Philharmonie


    jeweils Junge Deutsche Philharmonie, George Benjamin (dir)
    Außerdem im Programm: Richard Wagner - Parsifal, Prélude
    George Benjamin - Palimpsests
    Richard Wagner - Götterdämmerung, Finale



    28.09.2008 Frankfurt, Alter Oper Chronochromie, pour grand orchestre Junge Deutsche Philharmonie, George Benjamin (dir)
    Außerdem: Richard Wagner - Parsifal, Prélude
    Richard Wagner - Götterdämmerung, Finale
    Maurizio Kagel - Etudes pour orchestre, n° 1
    Hector Berlioz - La Damnation de Faust, extraits



    21.10.2008 - 19h30 London, Southbank Centre/Queen Elizabeth Hall From the Canyons to the Stars: the music of Olivier Messiaen / Philharmonia Orchestra
    Chronochromie, pour grand orchestre Philharmonia Orchestra, George Benjamin (dir)
    Außerdem: Iannis Xenakis - Pithoprakta
    György Ligeti - Atmospheres
    George Benjamin - Sudden Time



    06.12.2008 - 20h00 Saarbrücken Nuit Olivier Messiaen
    Deutsche Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern, Christoph Poppen (dir)
    Außerdem : Theo Brandmüller und Paul Dukas

  • Lieber Ralf,

    Zitat

    Ich wäre wirklich neugierig, zu erfahren, wie viele Proben ihr gemacht habt


    Wir hatten 7 Probentermine, von denen jeweils zwei reine Streicher- und Bläserproben waren.
    Also hatte jeder 5 Proben.


    :hello:
    Michael

  • Olivier Messiaen
    Complete Edition der DG


    Die Messiaen-Jubiläumsausgaben nehmen kein Ende: Die Deutsche Grammophon veröffentlicht am 04.Nov.2008 (in Frankreich schon am 13.0kt.) eine Edition mit dem Großteil der Werken des französischen Komponisten auf 32 CDs.


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    Der Preis ist in jedem Fall interessant. Amazon Deutschland listet mit 81,00 €, bzw Amazon France mit 75,00 €. Ein echtes Schnäppchen, handelt es sich doch hierbei um äußerst achtbare bis hervorragende Einspielungen aus dem Archiv der DG.




    Éclairs sur l'au-Delà
    Wien PO, Ingo Metzmacher



    Die neue Live-Einspielung der Éclairs sur l'Au-Delà ist wirklich hervorragend und intensiv. Sie könnte meine persönliche Referenz unter den sechs erhältlichen Einspielungen sein, wären die Nebengeräusche doch nicht so arg. Gerade in den kontemplativen Stücken des Werkes stören die Hustenanfälle und Knarzgeräusche doch sehr und lenken auch sonst erheblich von der Musik ab, die vom Zuhörer ein höchstes Maß an Konzentration und Hingabe erfordert. Nichtsdestotrotz gewöhnt man sich an alles - diese Interpreation hat es in jedem Fall verdient -


    Gruß
    Jörg

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  • Hallo,


    Von EMI gibt es auch eine Jubiläumsausgabe:


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    Diese CD-Box enthält unter anderem einige Orgelaufnahmen mit Messiaen selbst an der Orgel, einige Klavierwerke mit Michel Béroff, die Turangalîla mit André Previn und die Eclairs sur l'au-delà mit Simon Rattle. Enthalten ist unter anderem auch das Frühwerk "La mort du nombre".


    Hat schon jemand in diese CD-Box reingehört? Ist sie zu empfehlen?


    Viele Grüße


    Sinfonie


    :hello:

  • hm, die EMI-Box erscheint ja erst am 13. Oktober (Am..on France) bzw. am 14. (US) bzw. am 31. (D).
    Noch witziger sind die Preisunterschiede. In D ziemlich exakt doppelt so viel wie in F...


    Was drin ist, erfährt man allerdings nicht.
    Mit Béroff kenne ich die Vingt Regards, haben mir sehr gut gefallen. Sie sollten hoffentlich ganz enthalten sein. Den Vogelkatalog dürfte es bei EMI aber nicht geben.
    Die Eclairs mit Rattle sind zum abgewöhnen, wie wir hier mehrfach festgestellt haben.
    Auf den Rest sind wir gespannt. Vielleicht weiß Edwin schon mehr.


    Gruß,
    Khampan

  • Leider weiß ich auch nicht wirklich mehr. Im Grunde braucht man sich nur durchzusehen, was die EMI an Messiaen veröffentlicht hat, das wird dann wohl der Inhalt der Box sein. Interessant ist dabei lediglich die "Chronochromie" unter Antal Dorati und, sollten sie dabei sein, die "Visions de l'amen" mit den ganz jungen, noch nicht auf Show ausgerichteten Labèque-Schwestern.


    Ich will aber die Gelegenheit ergreifen, auf diese wirklich aufregende Zusammenstellung hinzuweisen:


    Enthalten sind:
    - "Visions de l'amen" (Loriod und Messiaen)
    - "Catalogue d'oiseaux" (Loriod)
    - "Cantéyojayâ" (Loriod)
    - "Vingt regards" (Loriod)
    - "Quatuor" (Messiaen am Klavier)
    - "Sept Haikai" (Loriod/Boulez)
    - "Oiseaux exotiques" (Loriod/Albert)
    - "Tourangalila" (Le Roux)


    Vielfach sind die Lesarten in diesen Interpretationen wesentlich radikaler. Man spürt, wie neu diese Musik für die Ausführenden ist (auch für die Loriod), wodurch sich eine enorme Spannung einstellt. Die "Sept Haikai" hat auch Boulez selbst nie wieder in dieser Klarheit hingekriegt, hier sind sie eben nicht nur virtuos, sondern auch enorm aggressiv. Der "Tourangalila" merkt man technisch das Alter ein wenig an, aber was Le Roux aus dem Werk an jubilierenden, geradezu metallischen Klängen herausholt, ist einzigartig. Und so süß und tristanisch-verzückt klingt der "Jardin" nicht einmal unter dem sonst überragenden Kent Nagano.


    :hello:

    ...

  • Vor mir liegt nun die DG-Gesamtausgabe. Ein ganz schön schwerer Ziegel. Kein Wunder: Immerhin 32 CDs und ein dickes Booklet mit 378 Seiten in Französisch und Englisch. Es enthält Einführungstexte (leider nicht immer die besten) und sämtliche Texte der Vokalwerke, auch diese stets in Originalsprache (wenn nicht ohnedies Französisch die Originalsprache ist), Französisch und Englisch.


    Zu den CDs. Aufgnommen sind tatsächlich alle Werke, die ediert sind. Nicht aufgenommen sind Juvenilia, die Messiaen selbst in die Schublade gelegt hat. Aus der "reifen" Zeit ist absolut alles vorhanden, inklusive Raritäten und Varianten ("Poèmes pour Mi" etwa in beiden Versionen).


    Die DG stützt sich dabei zumeist auf eigene Aufnahmen - aber keineswegs immer. So erscheint der "Catalogue" nicht in der problematischen Ugorski-Version (die nur als - sehr spannende - Vergleichseinspielung anzuraten ist), sondern in der restlos begeisternden von Roger Muraro, dessen Interpretationen überhaupt das Gros des Klavierwerks ausmachen. Nur bei den "Visions de l'Amen" greift die DG auf ein Einspielung von Messiaen selbst mit Yvonne Loriod zurück - schade, die ist wohlbekannt (und exemplarisch), da wäre die vergriffene Argerich-Aufnahme wohl spannender gewesen.


    Das Orgelwerk ist die Latry-Einspielung, der "Saint Francois" die bekannte Salzburger Nagano-Aufnahme. Die orchestralen Werke sind aufgeteilt unter Chung und Boulez (alles aus dem bisherigen DG-Katalog). Chung dirigiert auch die "Trois petites liturgies" - diese Aufnahme soll demnächst auch ausgekoppelt erscheinen. Neu für die meisten wird der dreiminütige "Chant des déportés" für Chor und Orchester sein, ein Gelegenheitswerk, das keinen Anspruch erhebt, eine Genieleistung zu sein.


    Wechselnde Kräfte bei der Kammermusik und den kleinbesetzten Vokalwerken - die meisten Aufnahmen fanden unter künstlerischer Leitung der Loriod statt, man merkt, wie genau sie mit den Interpreten gearbeitet hat; das ist wirklich exemplarisch.


    Insgesamt: Bitte vor dem Kauf genau ausrechnen, ob's wirklich dafürsteht. Das meiste werden wohl bei den Fans Doubletten sein. Wer freilich einen ihm unbekannten Komponisten komplett haben will (bei Messiaen steht das mehr dafür als bei den meisten anderen, da er kaum Nebenwerke geschrieben hat), soll, nein: muss zugreifen.


    :hello:

    ...

  • Auch die Hochschule für Musik Detmold versucht jetzt ein Messiaen-Festival. Von Messiaens Modi im Jazz bis zum Orchesterwerk "Des canyons aux étoiles" gibt es Konzerte, Vorträge und Kurse zum Nulltarif in der Musikhochschule Detmold und in Veranstaltungsorten in Paderborn.



    Montag, 10.11.2008


    Brahms-Saal, 19:30 Uhr
    Feierliche Eröffnung und Sonderkonzert des MESSIAEN-Festivals 2008: "Vingt Regards Sur L'Enfant Jésus"


    Markus Bellheim, Klavier




    Hoher Dom zu Paderborn, 19:30 Uhr
    Olivier Messiaen: Orgelzyklus "Les corps glorieux" | Tomasz Adam Nowak, Orgel und Werkeinführung




    Dienstag, 11.11.2008


    Gartensaal im Palais, 09:30 Uhr
    Meisterkurs Markus Bellheim (Klavier und Kammermusik)


    Brahms-Saal, 19:30 Uhr



    Kammerkonzert "Messiaen im Kontext" - Werke von Lehrern und Schülern Messiaens


    Ausführende: János Bálint, Jean-Efflam Bavouzet, Kristi Becker, Burkhard Böhme, Yi-Chung Chen, Thomas Lindhorst, Ruven Ruppik, Hans-Jörg Wegner | Eine Veranstaltung im Rahmen des MESSIAEN-Festivals 2008 | Mit freundlicher Unterstützung der Gesellschaft der Freunde und Förderer der HfM Detmold




    Mittwoch, 12.11.2008


    Brahms-Saal, 17:00 Uhr
    Vortrag Bernhard Helmut Schmincke: "Über die Ornithologie im kompositorischen Schaffen Olivier Messiaens"



    Kaiserpfalz Paderborn, 18:30 Uhr
    Vortrag Dr. Paul Thissen: "Olivier Messiaen - Ein katholischer Musiker im 20. Jahrhundert"




    Brahms-Saal, 19:30 Uhr
    Gesprächskonzert: "Messiaensche Modi im Jazz"


    Ausführende: Bernd Englbrecht | Oliver Groenewald | Christian Schoenefeldt | Christoph Terbuyken | Kai Niedermeier | Shawn Grocott
    Moderation: Prof. Dr. Bernd Englbrecht



    Kaiserpfalz Paderborn, 19:30 Uhr
    Kammerkonzert mit Werken Olivier Messiaens


    Dozenten und Studierende der HfM Detmold




    Donnerstag, 13.11.2008


    Brahms-Saal, 19:30 Uhr
    Kammerkonzert mit Werken von Olivier Messiaen
    - Vortrag: "Olivier Messiaen - Ein katholischer Musiker im 20. Jahrhundert"


    Einführung: Dr. Paul Thissen | Lehrende und Studierende der HfM




    Freitag, 14.11.2008


    Hoher Dom zu Paderborn, 19:30 Uhr
    Orchesterkonzert "Des canyons aux étoiles"


    Alberto Carnevale Ricci, Klavier | Ludovica Butti, Horn | Ein Orchester der HfM Detmold | Leitung: Peter Prommel



    Brahms-Saal, 19:30 Uhr
    Kammerkonzert "Quatuor pour la fin du temps" und "Visions de l'Amen"


    Ausführende: Aki Hoffmann, Kjell Arne Jörgensen, Yuri Kim, Thomas Lindhorst, Youngmin Song, Byung hwa Yoon - Einführung: Prof. Dr. Susan Lempert




    Samstag, 15.11.2008


    Detmolder Sommertheater, 19:30 Uhr
    Orchesterkonzert "Des canyons aux étoiles"


    Alberto Carnevale Ricci, Klavier | Ludovica Butti, Horn | Ein Orchester der HfM Detmold | Leitung: Peter Prommel



    Kaiserpfalz Paderborn, 19:30 Uhr
    Kammerkonzert "Quatuor pour la fin du temps"


    Ausführende: Aki Hoffmann, Kjell Arne Jörgensen, Yuri Kim, Thomas Lindhorst, Youngmin Song, Byung hwa Yoon | Einführung: Prof. Dr. Susan Lempert




    Sonntag, 16.11.2008


    St. Johannes Baptist, Paderborn-Wewer, 15:30 Uhr
    Vortrag "Aspekte der musikalischen Sprache Olivier Messiaens"


    Dr. Paul Thissen - Eine Veranstaltung im Rahmen des MESSIAEN-Festivals 2008




    St. Johannes Baptist, Paderborn-Wewer, 17:00 Uhr
    Orgelkonzert: Olivier Messiaen, "La nativité du seigneur"


    Gerhard Weinberger, Orgel



    Brahms-Saal, 19:30 Uhr
    Kammerkonzert mit Werken von Olivier Messiaen


    Lehrende und Studierende der HfM

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  • Das Messiaen-Jubiläumsjahr geht weiter und weiter. Es gibt viele neue Konzerte, Kongresse und CDs. Etwas lückenhaft sieht es aus, wenn man sich für Video-DVDs zum Thema Messiaen interessiert. Insbesondere gibt es kaum Videos mit Aufführungen der großen Werke. Insbesondere frage ich mich, wann einmal eine DVD mit seiner Oper Saint François d'Assise erscheinen wird. Ich habe jetzt zwar eine Aufführung des Stückes gesehen und 1998 auch, aber gelegentlich möchte man sich ja so etwas auch einmal am heimischen Bildschirm ansehen.


    Gibt es kommerziell vertriebene Videos oder gibt es Möglichkeiten, bei Fernsehanstalten Videos zu bekommen, etwa von den Aufführungen in Salzburg oder in Paris?

  • Hallo Ralf,


    gerade lese ich im neuen Odeon Nr. 71 aus der Niederländischen Oper, dass der Saint François d'Assise aus Amsterdam am 28.12.2008 ab 12:50 Uhr auf Nederland 2 im TV übertragen wird! Das ist die Aufführung, die Du so kongenial hier im Forum beschrieben hast!!


    Leider schwer in Deutschland zu erreichen; ich probiere mal über Freunde eine Aufzeichnung zu bekommen!


    Gruß wimmus

    Beste Grüße!

  • Einer der Mitreisenden in Amsterdam hat einen digitalen Satellitenreceiver, mit dem er immer arabische und fernöstliche TV-Sender ansieht. Ich werden ihm einmal nach seinen holländischen Empfangsmöglichkeiten fragen. Danke für die Nachricht, sie ist Gold wert!

  • Messiaens Trois petites liturgies de la présence divine für 18 Sopranistinnen, kleines Orchester, virtuoses Klavier und Ondes martenot aus dem Jahr 1944 werden jetzt am nächsten Wochenende
    von einem Hamburger Kirchenchor aufgeführt. Es handelt sich um Kantorei und Vokalensemble St. Jacobi, die bereits am 5. und 6. November gemeinsam mit anderen Hamburger Chören und Orchestern Messiaens monumentale
    La Transfiguration de notre Seigneur Jésus-Christ unter Leitung des wagemutigen Kirchenmusikdirektors Rudolf Kelber auf die Beine stellen konnten. Die Aufführung der Transfiguration in einem kirchlichen Rahmen unter maßgeblicher Beteiligung von (sehr guten) Laienchören war ein absolutes Novum und anscheinend von Erfolg gekrönt. Insofern darf man auf das jetzt aktuelle Messiaen-Projekt gespannt sein.


    Die Konzertankündigung auf der Internetseite der Kirchengemeinde sagt:


    Samstag, 22. November 2008, 19 bis 24 Uhr Messiaen-Nacht mit
    Maurice Duruflé, Requiem (ca. 19.30), Olivier Messiaen, Trois petites liturgies de la présence divine (ca. 21.00) und weiteren Werken.
    Betty Klein (Mezzosopran), Kantorei und Vokalensemble St. Jacobi, Concertone Hamburg, Leitung: Rudolf Kelber

  • Zitat

    Insofern darf man auf das jetzt aktuelle Messiaen-Projekt gespannt sein.


    Wird es darüber bei uns einen Bericht geben? Ich kann mir nicht vorstellen, daß ein Laienchor den dritten Satz schafft, der auch gestandene Berufschöre zur Verzweiflung treibt (nichts ist schwieriger als ein Unisono bei unangenehmen Intervallen...).
    :hello:

    ...

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  • Ich weiß nicht. Vielleicht nicht gerade von mir. Ich habe jetzt mehrere der Detmolder Messiaen-Konzerte gehört. Dort war auch die Aufführung der Canyons in dem ziemlich kleinen Detmolder Sommertheater, einer für große Konzerte eher als Übergangsprovisorium gedachten Spielstätte, sehr erfolgreich und sehr plastisch.
    Es gibt vielleicht auch eine Aufführung der Liturgies am 10. Dezember in der Marktkirche Hannover, die für mich nicht so weit weg ist.
    Daher weiß ich nicht, ob ich in die Hansestadt fahre.

  • Eben sehe ich, daß die englische Decca zwei Messiaen-Sammelboxen herausgebracht hat. Von der zweiten kenne ich nicht alles, daher kann ich keine Empfehlung in welcher Richtung auch immer abgeben. Die erste jedoch ist für Raritätensammler interessant:

    Enthalten ist nämlich die Ersteinspielung der "Transfiguration" unter Antal Dorati, meiner Meinung nach eine der stärksten Aufnahmen des Werkes und von Messiaen selbst sehr geliebt, und die "Poèmes pour Mi" in der ersten Einspielung unter Boulez, die insofern interessant sind, als Boulez hier wirklich den Rhythmus mit extremer Genauigkeit nimmt (in der zweiten Einspielung ist er wesentlich flexibler) und dadurch die hinzugefügten Werte und die unumkehrbaren Rhythmen ihre ganze Plastizität entfalten.
    Sehr interessant ist die Aufführung der "Visions de l'Amen" durch Ogdon und Brenda Lucas: Extrem eigenwillig, stellenweise vielleicht etwas zu ungestüm, aber eine Interpretation, die Feuer und Leidenschaft hat. (Genuigkeitsfanatikern mit Rhythmusgefühl sei sie nicht unbedingt empfohlen... :D )
    Zu bekommen ist diese 6-CD-Box um leider 34 Pfund beispielsweise bei amazon.co.uk.


    :hello:

    ...

  • Hallo Messiaen-Freunde,


    die Münchner Philharmoniker widmen Messiaen auch eine kleine Konzert-Serie. Letztes Wochenende wurde "Des Canyons aux Étoiles" unter Leitung von Kent Naganon aufgeführt. Ich war in zwei der insgesamt drei Aufführungen (Samstag und Sonntag). Ich kann keine fundierte Kritik der Aufführung abgeben, aber mich haben die beiden Aufführungen sehr beeindruckt.


    Vor allem die Aufführung am Sonntag, was vermutlich aber an den akustisch besseren Plätzen lag. Die Münchner Philharmonie ist akustisch wirklich eine Katastrophe. Samstags klang es teilweise übertrieben schrill, das Klavier sehr trocken. sonntags war es viel besser ausgewogen und nuanciert. Das kann natürlich an der unterschiedlichen Form gelegen haben, aber ich vermute es lag an den unterschiedlichen Plätzen, obwohl beide eigentlich nicht weit auseinanderlagen. (Ich empfehle Block H).


    Besonderes Lob gebührt sicher dem Solo-Hornisten des Münchner Philharmoniker, Ivo Gass, der den sechten Satz, ein ca. 8-minütiges Horn-Solo wunderbar gespielt hat. Übrigens auswendig, ist das üblich?


    Weiterhin natürlich Nagano - ich werde nach seinem fulminanten Wozzeck an der Oper langsam wirklich zum eingefleischten Fan :-)
    Seine sehr konzentrierte Dirigier-Weise überträgt sich dabei auch auf mich als Hörer. Ich glaube, dass wird üblicherweise nicht unter Charisma verstanden, aber was soll es denn sonst sein?


    Nagano hat nach dem zweiten Teil, also nach ca. der Hälfte, eine kleine deutsche Ansprache gehalten und versucht das Werk dem Publikum näher zu bringen. Samstags hat er über die Messiaens Assoziation von Farben und Klängen gesprochen, verdeutlicht an einer kleinen Anekdote aus eigenem Erleben mit Messiaen. Sonntags ging es um die Vögel.


    Leider war das lange und sicher auch nicht ganz leicht zu hörende Stück für manche Besucher zu anstrengend, so kam es Samstags häufiger zu Störungen, weil Leute den Saal - nicht gerade leise - verlassen haben. Das war Sonntags übrigens viel besser, Sonntags war der Applaus auch deutlich höher.


    Für die, die der Zyklus interessiert:


    Am 03./05. und 07.12. folgt die Turangalila-Sinfonie unter Jun Märkl, am 11./12./13.12. Et Exspecto Resurrectionem Mortuorum gekoppelt mit der Sinfonie Nr. 3 von bernstein unter Zubin Mehta. Ich werde natürlich jeweils an einem der Termine dabeisein.


    ein großes dank an den ehemaligen Intendanten der Münchner Philharmoniker, der diesen Zyklus noch geplant hat. Das Bayerische Rundfunk-Sinfonie-Orchester hat das Messiaen-Jahr ja leider verschlafen...


    Viele Grüße,


    Melanie

  • Liebe Melanie,

    Zitat

    Das Bayerische Rundfunk-Sinfonie-Orchester hat das Messiaen-Jahr ja leider verschlafen...


    Und was glaubst Du tut sich in Wien in Sachen Messiaen?
    Aber wir haben seinerzeit ja auch den Schütz verschlafen...
    :hello:

    ...

  • Lieber Edwin,


    vielleicht geht in Wien, genauso wie bei dem BRSO, auch einfach der Kalender falsch. Das BRSO spielt nämlich im Juni 2009 Et Exspecto und im Mai 2009 das Cellokonzert von Carter :D


    Und Wien Modern hatte gar nichts auf dem Programm? Um den Zyklus habe ich Euch eigentlich immer beneidet - einmal habe ich sogar ein Wochenende in Wien bei diesem Zyklus verbracht. Das habe ich immer noch in guter Erinnerung, vor allem Boulez, das Arditti-Quartett, den Tafelspitz und den Grünen Veltliner


    :hello:

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  • Allen Freunden von Olivier Messiaen sei der Artikel von Claus Spahn in der aktuellen Zeit ans Herz gelegt:


    Musik in milchweiß gesprenkeltem Orange
    Der Komponist Olivier Messiaen war Mystiker, Außenseiter und Weltversöhner. Am 10. Dezember jährt sich sein Geburtstag zum 100. Mal VON CLAUS SPAHN


    Wer die großen CD-Boxen mit den gesammelten Kompositionen von Olivier Messiaen zur Hand nimmt und sich an langen Herbstabenden Stück für Stück durch das Gesamtwerk des französischen Komponisten hört, macht eine eigentümliche Erfahrung. Messiaen, dessen Geburtstag sich am 10. Dezember zum 100. Mal jährt, hat ekstatische Orchestermusik geschrieben, visionär farbschillernde Orgel- und Klavierwerke, rauschhafte Oratorien. Er war ein strenggläubiger Katholik, und es gibt nur wenige Werke in seinem OEuvre, die kein religiöses Thema behandeln. Was hat der Franzose in seiner Musik nicht alles zur Darstellung gebracht: die Farben des himmlischen Jerusalem und die Streiflichter des ewigen Lebens. Er hat über das Mysterium der Heiligen Dreifaltigkeit meditiert und imaginäre Blicke auf das Jesuskind geworfen, er hat die Natur als Gottes vollkommene Schöpfung geschaut und eine Oper über den heiligen Franziskus geschrieben. Aber seltsam: Je näher man all den Werken tritt und je höher sich die himmlischen Herrlichkeiten vor einem türmen, umso unnahbarer erscheinen sie. Messiaen dient dem Hörer Gottes Pracht nicht an. Er predigt nicht für die Gemeinde, sondern lebt ganz nach innen gekehrt in seinen Visionen. Man zweifelt mitunter sogar, ob seine Musik überhaupt einen Adressaten hat, so abgekapselt wirkt sie, so versunken in sich selbst. Wie in einer Schüttelkugel, hinter Glas und in Flüssigkeit geborgen, kommen einem die pfingstlichen Erscheinungen vor, die Messiaen in Töne gesetzt hat. Manchmal fallen sie auch so kitschig wie das Schneegestöber im Glas aus, dann stieben die Farbklangkristalle knallbunt durcheinander. Man kann als Hörer mit dem Fingerknöchel ans Glas der wundersamen Messiaen schen Schüttelkugeln klopfen, Einlass gewähren sie nicht.
    Die beredtsten Auskunftgeber in der Musik scheinen die Vögel zu sein. Um die ganze Welt ist Messiaen gereist, um ihren Gesang aufzuzeichnen und in Noten und Musik zu verwandeln. Den größten Teil seines Schaffens durchschwärmen sie mit gezackter Melodik und vertrackten Rhythmen. Manche Kompositionen speisen sich ausschließlich aus ihrem Ruf. Aber was tönt da eigentlich, wenn der Pirol anschlägt, die Alpendohle schreit, der Mittelmeersteinschmätzer tiriliert? Ist es zwitschernder Surrealismus? Ist es die der Natur abgelauschte Stimme Gottes? Oder bleibt das Vogelgeschrei am Ende doch immer nur Vogelgeschrei? Der Messiaen- Schüler Pierre Boulez hat erst kürzlich wieder in einem Interview bei dem Thema verächtlich abgewinkt: Vögel imitieren? Da ziehe er nicht mit, das sei etwas fürs breite Publikum.
    Messiaen war Synästhetiker. Er hat die Klänge beim Komponieren als differenzierte Farb kom binatio nen vor sich gesehen. Es sei eine der Tragödien seines Lebens, erklärte er einmal, dass das Publikum diese Wahrnehmungsebene nicht mit ihm teile: »Ich kann noch so reichlich Farben in meiner Musik verwenden, die Leute hören, aber sie se hen nichts.« Umso glühender fallen seine Werk kommentare aus. Sie fließen geradezu über vor Metaphern und überbordend detaillierten Bildbeschreibungen. In seinem Riesenoratorium La Transfiguration de Notre-Seigneur Jésus-Christ (»Die Verklärung unseres Herrn Jesus Christus«) etwa imaginiert er in einer Passage einen Refrain, »dessen Harmonien von grün gestreiftem Blau über Diamant, Smaragd und Pupurviolett bis zu rot und gold geflecktem Schwarz reichen, bei deutlicher Dominanz von milchweiß gesprenkeltem Orange«. Das Stück ist in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre entstanden, als die Beatniks ihre Drogenexperimente intensivierten. Muss ihnen der gottestrunkene Franzose nicht hochgradig naturstoned vorgekommen sein?
    Ein Künstler-Ich auf dem großen Glaubenstrip war Messiaen trotzdem nicht. Der Musikwissenschaftler Theo Hirsbrunner hat das in seinem Messiaen- Buch treffend klargestellt: Der Mensch und Künstler Messiaen lösche sich selbst in seinen Naturbeobachtungen fast vollständig aus, er schreibe nicht Naturlyrik im romantischen Geiste, bei der sich das Individuum in seiner Einsamkeit in die Natur projiziere. Die Natur bleibe bei Messiaen mit sich allein. Und deshalb sei ein Werk wie der Catalogue d’oiseaux nichts anderes als die Zurücknahme von Beethovens Pastoral-Symphonie. Beethoven schwebte »Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei« vor, bei Messiaen sei es genau umgekehrt.
    Wobei er sich die Farben für seine »Malerei« mit avanciertesten Kompositionstechniken gewinnt. Hochbewusst, auf der Höhe seiner Zeit (und weit darüber hinaus) reflektiert er über den Zeitbegriff in der Musik, über Tonsysteme, Klangfarbe und Rhythmus. Er hat sich seinen eigenen, die abendländische Tonalität hinter sich lassenden, melodisch-harmonischen Kosmos aus speziellen Modi geschaffen – Tonfolgen, die Parallelen zu Arnold Schönbergs Zwölftonreihen aufweisen, aber auch mittelalterlichen und außereuropäischen Skalen nahestehen. Er hat – insbesondere von indischer Musik inspiriert – irreguläre Rhythmen ertüftelt, die durch minimale Hinzufügungen von Notenwerten oder Verkürzungen die herkömmlichen Taktschemata und metrischen Schwerpunktbildungen außer Kraft setzen und so gleichsam die Zeit in einen Schwebezustand versetzen. Messiaens Naivität geht einher mit elaborierter Materialorganisation und einem ausgefuchsten kompositorischen Kalkül. Das ist nach wie vor die große Irritation, die von seinem OEuvre ausgeht: wie einer kindlich staunen kann auf so hohem ästhetischen Niveau.
    In die Gebirgshöhen der Dauphiné bei Grenoble haben ihn viele seiner Erkundungsgänge geführt. Dort ist er aufgewachsen und zu Hause gewesen. Dort begreift er etwa, auf eine Gletscherlandschaft blickend, den Unterschied »zwischen dem schwachen Glanz des Schnees und der strahlenden Herrlichkeit der Sonne« und bringt das Licht in Verbindung mit dem Leuchten Christi bei dessen Verklärung auf dem galiläischen Berg Tabor. Oder er durchwandert die Canyons Amerikas und schreibt sich die Eindrücke im Orchesterwerk Des Canyons aux étoiles … (»Von den Canyons zu den Sternen …«) von der Seele: ein hundertminütiges Klangpanorama wird es am Ende, erschlagend in seiner landschaftlichen Monumentalität, atemberaubend in den Perspektivwechseln zwischen jäh aufragenden Akkordklippen, metallisch gleißender Himmelsschau und schrundigem Schluchtendunkel.
    Auch hier nimmt Messiaen in jeder Felsabbruchkante und jedem zwitschernden Vo gel Gottes Schöpfergröße wahr, über allem liegt übernatürlicher Glanz. Die Wüste, in der die große Windmaschine faucht, ist keine trostlose Ödnis, sondern ein friedvoller Ort der Meditation, in der die Seele frei wird »für die inneren Gespräche des Geistes«. Im donnergrollenden, angsteinflößenden Abstieg in den Kessel von Cedar Breaks, einer der schwärzesten und apokalyptischsten Passagen im gesamten Schaffen Mes si aens, symbolisiert die Furcht für den Komponisten »eine der sieben Gaben des Heiligen Geistes«. Immer und überall führt ein Weg zu Höherem, zum ewigen Licht. Auch Des Canyons aux étoiles … endet mit einer Paradiesvision: Im Zion Park in Utah bimmeln die Glöckchen des himmlischen Jerusalem.
    Was ist das nur für eine eigenwillige Künstlerfigur, die das 20. Jahrhundert da hervorgebracht hat? Mit seinen religiösen Utopien steht dieser Olivier Messiaen vollkommen quer zu der Zeit, in die er geboren wurde. Die Menschheitskatastrophen, die seine Epoche geprägt haben, finden in seinen Werken kaum Widerhall. Allenfalls auf sein berühmtes Quatuor pour la fin du temps (»Quartett für das Ende der Zeiten«), das er als Kriegsgefangener 1941 in einem Lager bei Görlitz komponiert hat, wirft die politische Gegenwart einen erkennbaren Schatten. Messiaens Werke erzählen davon, dass die Welt auf unerschütterbare Weise gut ist. Kein Pulverdampf und kein Ascheregen der Kriege, keine Giftwolke der Naturzerstörung kann das Licht, das von oben kommt, verdunkeln.
    Musik ist für ihn die weltversöhnende, alle Wunden heilende Kunstform. In der Nachkriegsmoderne stand er mit dieser Vorstellung weit und breit alleine. Womöglich ist das aus heutiger Sicht das eigentlich Avantgardistische seines Wirkens und weniger die kompositionstechnischen Innovationen, für die er gerühmt wurde und die ihn als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts erscheinen lassen. Seine 1949 in Darmstadt präsentierte Klavieretüde Mode de Valeurs et d’Intensités gilt als Gründungsstück der seriellen Musik. Messiaen hat den Blick über den Horizont der abendländischen Musik hinaus gerichtet, als von Weltmusik noch niemand sprach. Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis gehörten zu seinen Schülern, er war Mentor des Musique-concrète-Pioniers Pierre Henry.
    Pierre Boulez sagt: »Uns hat damals die technische Seite seines Komponierens interessiert. « Aber ist die nicht inzwischen historisch geworden? Liegt das Provozierende nicht viel mehr in der frommen Weltversöhnungsgeste? Er selbst hat sein Credo so formuliert: »Ich weiß nicht, ob ich eine Ästhetik habe, aber ich kann sagen, dass meine Vorliebe einer farblich schillernden, verfeinerten, ja wollüstigen Musik gehört, einer Musik in der Art von Kirchenfenstern, in denen Komplementärfarben in wirbelnde Bewegung geraten, einer Musik, die die Begrenzungen der Zeit und ihre Allgegenwart spürbar werden lässt, die von den Auferstandenen, den göttlichen und übernatürlichen Mysterien handelt, einer Musik, die einem theologischen Regenbogen gleicht.«
    Der eklatante Widerspruch zwischen einer rationalen, materialistischen, komplexen Moderne und Messiaens naiv farbenfrohen Himmelsvisionen klafft bis heute. Wunderschön wölbt sich Messiaens theologischer Regenbogen auch über die Wirklichkeit des 21. Jahrhunderts. Man müsste nur an diesen Regenbogen glauben. Aber wer kann das schon – außer dem Komponisten selbst?


    Olivier Messiaen: Das Gesamtwerk
    Mit Pierre Laurent Aimard, Pierre Boulez,
    Myung Whun Chung, Ivonne Loriod u.v.a.
    32 CDs, DG 480 1333


    Olivier Messiaen: Werke für Orchester
    SWR-Sinfonieorchester, Ltg.: Sylvain Cambreling,
    8 CDs, Hänssler Classic 93.225


    Olivier Messiaen: Transfiguration …, Visions
    de l’Amen, Des Canyons aux étoiles u. a.

    Reinbert de Leeuw u.v.a.
    6 CDs, Naïve 2218682179


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Lieber Barezzi, danke für die Wiedergabe des Artikels aus der Zeit. Er wird sicher dazu beitragen, Olivier Messiaen in eine noch weiter gehende öffentliche Diskussion einzubringen. Und dafür ist es ja jetzt die richtige Zeit.


    Der 100. Geburtstag von Olivier Messiaen liegt kurz vor uns, aber die Aktivitäten der Hochschulen, Chöre und Orchester scheinen allmählich bereits wieder nachzulassen. Vor allem in der ersten Jahreshälfte gab es ja eine Fülle von Messiaen-Konzerten. Im Amsterdam wurden praktisch alle bedeutenden Werke aufgeführt, und in London und Paris gab es umfassende Aufführungsserien. In allen diesen Städten außer Berlin war auch Messiaens Oper Saint François d'Assise mit dabei, auch wenn sie nur in Amsterdam auch zu sehen war. Aber Berlin hat sich ja schon im Jahr 2002 mit einer berühmten und vielfach diskutierten Inszenierung um diese Oper verdient gemacht.


    In Hamburg gelang es dem Kirchenmusikdirektor Rudolf Kelber, sowohl La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus Christ als auch Trois petites Liturgies de la présence divine aufzuführen.


    In München gibt es im November und Dezember dank der Münchner Philharmoniker sowohl die Turangalila-Symphonie als auch Et expecto resurrectionem mortuorum und das religiös inspirierte Naturpanorama Des Canyons aux Étoiles...


    Letzteres Werk stand auch im Detmolder Messiaen-Festival am vorletzten Abend am 15. November auf dem Programm. Die Aufführung vermittelte ein etwas unwirkliches Bild: 44 Musiker, darunter vor allem Bläser und Schlagzeuger, befanden sich vor den gut gefüllten knapp 200 Sitzplätzen des Detmolder Sommertheaters, das Anfang des vorigen Jahrhundert gebaut wurde, damit auf Sommerfrische weilende Schauspieler aus der Hauptstadt auch einmal dem Publikum im Fürstentum Lippe die hohe Kunst des klassischen Schauspiels nahe bringen konnten. Nach dem Wiederaufbau vor einigen Jahren diente das Haus vor allem für kleiner besetzte Veranstaltungen. Als eines der besten Projekte in diesem Haus erwies sich die Kinderkonzertreihe "concerto piccolino". Weil aber die "Wunderschöne", die große Aula der Hochschule für Musik Detmold bis zum Frühjahr 2009 einer umfassenden Renovierung unterzogen wird, nach der auch die akustischen Eigenschaften des Saales durch ausgefeilte Elektronik unterstützt werden sollen (Wellenfeldsynthese), finden zur Zeit auch die großen Konzerte der Hochschule in einem kleinen Haus statt.


    Eine Art Ferienwerkstatt für Schauspieler in einer ostwestfälischen Kleinstadt wurde somit zu dem Ort, in dem Musik sich in einer denkbar rätselhaften und fremdartigen Weise entfalten konnte.
    Die anderthalbstündigen und wie eine monumentale Symphonie klingenden Landschaftsbilder Messiaens sind ja nicht nur ein Portrait der Canyons und der dazugehörigen Vogelstimmen im US-Bundesstaat Utah. Der Komponist nimmt das 1971 – 1974 als Auftragswerk für die New Yorker Alice Tully Foundation geschriebene Hauptwerk zum Anlaß, hinter den ehrfurchtsgebietenden Landschaftsbildern auch die Bilder der Suche nach Gott, der Fremdheit Gottes, des Numinosen, und die Verbundenheit mit den Sternen als Zeichen Gottes darzustellen. Die philosophische Grundlage findet Messiaen in einer katholischen Mystik, die eine unmittelbare Verbindung von Mensch zu Gott in der Erfahrung der Ehrfurcht gebietenden Größe seiner Schöpfung sucht. Der in diesem Orchesterstück an zentraler Stelle stehende Appell interstellaire ist dann vor allem der Ruf zu dem über oder hinter den Sternen stehendem Gott. Und gerade in diesem Satz ist Gott dann nicht nur fremd, groß und majestätisch, sondern auch mitfühlend und dem Menschen zugewandt. Passend dazu die Zitate aus der Bibel, die Messiaen diesem Stück voranstellt: Die Heilige heilt die, deren Herz zerbrochen ist, verbindet ihre Wunden. Sie zählt die Zahl der Sterne, ruft sie alle beim Namen. (Psalm 147, 3-4) Erde, bedecke mein Blut nicht und ohne Ort sei mein Schreien! (Job16, 18 )
    (Anm: Zitate hier aus der Bibel in Gerechter Sprache, Gütersloher Verlagshaus, 2006.)


    Musikalisch erschafft Messiaen in diesem Werk einen Kosmos, der sich an Debussys Farben ebenso orientiert wie stellenweise auch an den ungewöhnlichen und neuartigen instrumentalen Spielweisen Helmut Lachenmanns. Die vielfarbigen Akkorde und die neuartige Rhythmik Messiaens werden erweitert durch Grenzüberschreitungen wie das Spiel auf dem Mundstück der Trompete oder das Spiel zwischen Griffbrett und Saitenhalter. Die Aufführung fesselte vor allem in der klanglichen Wucht und der weiten Farbenpalette der Schlagzeuger und Bläser. Die Solisten, Ludovica Butti als Hornistin im Appell interstellaire, die die Konzentration dieses Stückes ebenso konzentriert vermitteln konnte, und die gestalterisch-technisch äußerst sicher und natürlich auswendig spielte, und der Pianist Alberto Carnevale Ricci boten mit den ihnen zugedachten Solostücken den notwendigen Kontrast zu den Landschaftsbildern, die das von dem Schlagzeugprofessor Peter Prommel geleitete Orchester aus Studenten der Hochschule vor dem geistigen Auge der Zuhörer entstehen ließ. Diese - im Alter etwa von zwei bis zweiundachtzig - hörten äußerst konzentriert zu und niemand verließ unbotmäßig lärmend den Saal. Die wenigen, die gingen, taten dies in einer ganz kurzen Pause nach dem 7. Satz. (Ansage Peter Prommel: Wir brauchen im Orchester eine kurze Pause, um wieder ruhig atmen zu können. Bleiben Sie bitte sitzen, aber reden Sie doch ein bisschen.)


    Die anderen Eindrücke aus Detmold:


    Markus Bellheim spielte am ersten Abend die Vingt régards sur l`Enfant-Jésus mit der Überzeugungskraft einen Schamanen bei einem religiösen Ritual. Die Durchsichtigkeit der unterschiedlichen polyphonen Schichten, die Anschlagskultur vom Glockenklang im dreifachen Fortissimo bis zum leisesten Pianissimo, die technische Bravour - alles war da.


    Am zweiten Abend, der Lehrern und Schülern Messiaens gewidmet war, überzeugte die Detmolder Studentin Yi-Chung Chen mit einer ganz entspannt und bemerkenswerterweise auswendig gespielten Aufführung der quasi-seriellen Mode de valeurs et d'intensités.Am allerletzten Abend, einen Tag nach dem Orchesterkonzert, spielte sie auch noch die Nummern 1-4 und 6 (also auch das enorme Par lui tout a ete fait) aus den Vingt régards. Ich hätte auch das gerne gehört. Jean-Efflam Bavouzet bot am zweiten Abend Debussys erstes Buch der Images und die Douze notations von Pierre Boulez mit einer entspannten Gelassenheit, aus der sich der Reichtum von Debussys Farbpalette einer neuartigen "harmonischen Chemie" entwickeln konnte. In Zoltan Kocsis Bearbeitung des Vorspiels aus "Tristan und Isolde" und Liszts Transkription des Liebestodes zauberte er Wagners Orchesterfarben in den Brahms-Saal der Musikhochschule. Der Schlagzeugstudent Ruven Ruppik, der auch an der Aufführung der "Canyons" maßgeblich beteiligt war, bot einen Kompaktkurs in Sachen indischer Rhythmik. Kristi Becker beschloss das Konzert mit einer Rarität - Shiraz von dem Stockhausen-Schüler Claude Vivier, der 1983 in Paris ermordet wurde. Kristi Becker nahm das Feuerwerk der ersten vier Seiten etwas zurückhaltender als wir es in den Aufnahmen von Jenny Lin oder von Marc Couroux (in der Marco-Polo-Produktion der Nederlandse Opera) hören können, und sie bot somit weniger ein entfesseltes Bravourstück als eine Farbstudie über die Klänge des Orients und - prosaischer gesagt - eine Studie in einer raffinierten zwei-mal-Zweistimmigkeit, die alle Register des Klaviers einbezieht. Vivier hatte ja darauf hingewiesen, dass dieses Stück nicht nur von Robert Schumanns Toccata angeregt wurde, sondern auch von dem Gesang zweier blinder Sänger auf dem Marktplatz der südiranischen Stadt Shiraz.


    Die Visions de l`Amen für zwei Klaviere waren leider im ganzen Festival nicht komplett an einem Abend zu hören, sondern sie wurden von zwei verschiedenen Duos auf zwei Konzerte verteilt aufgeführt. Am Abend vor dem großen Orchesterkonzert boten die Herren Youngmin Song und Byung hwa Yoon drei Stücke daraus sehr professionell, aber auch etwas distanziert.


    Am gleichen Abend führten vier Dozenten der Hochschule, der Pianist Aki Hoffmann, Kjell Arne Jörgensen, Yuri Kim und der Klarinettist Thomas Lindhorst das Quatuor pour la fin du temps auf. Sie erweckten dieses apokalyptische Fantasiestück, das der zweiunddreißigjährige Messiaen im Kriegsgefangenenlager in Görlitz schrieb, mit allen Mitteln einer Feinabstufung der Klavierakkorde, der sicheren Führung der Kantilenen in den Streichern und einer Klarinette, die den "Abgrund der Vögel" (bereits hier schon die Verbindung von religiöser Vision und Natur) mit einer völlig natürlich wirkenden Wandlungsfähigkeit im Klanglichen entstehen ließ, zum Leben.


    Auch wenn in der Detmolder Konzertreihe außer den Orchestermusikern nur verhältnismäßig wenige Studenden aktiv mitgewirkt haben, so war diese Reihe doch neben den Konzerten der Musikhochschule Würzburg das umfassendste Messiaen-Projekt einer deutschen Musikhochschule in diesem Jahr. Am 10. Dezember setzen sich dann Studenten der Hochschule für Musik und Theater Hannover in der Marktkirche Hannover für Messiaen ein und führen unter anderem die Cinq rechants und die Trois petites Liturgies de la présence divine auf. Die Musikhochschule Saarbrücken veranstaltet am Nikolaustag eine Messiaen-Nacht. Ich selber habe nichts veranstaltet, aber immer wieder fleißig Messiaen gehört, so auch im Februar in Köln bei La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus Christ und in der Nederlandse Opera Amsterdam. Ich werde in den nächsten Tagen sicher auch einige Stunden am Radioapparat verbringen.


    Hier aber nun meine Frage: Liebe Taminesinnen und Taminesen - wir verbringt ihr das Messiaen-Jahr 2008?

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Neu für die meisten wird der dreiminütige "Chant des déportés" für Chor und Orchester sein, ein Gelegenheitswerk, das keinen Anspruch erhebt, eine Genieleistung zu sein.
    :hello:


    Diese Chants habe ich letztens gehört, allerdings in schlechter Tonqualität. Somit eine Frage: welches Instrument "steht" dabei in begleitender Funktion? Sind das gewöhnliche Glocken? Es wirkt für mich vordergründig und hintergründig zugleich; irgendwie skurril.


    Das Gefühl habe ich übrigens bei mehreren Stücken Messiaens.


    Gruß,


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Der redliche Messiaen-Verehrer höre am 100. Geburtstag des Meisters am 10. Dezember fleißig Radio. Insbesondere die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bemühen sich an diesem Tag sehr um das Werk Messiaens. Ein gutes Beispiel gibt der Westdeutsche Rundfunk Köln.


    Dort gibt es gleich drei Sendungen. Zunächst von 9.05 - 12.00 Uhr das WDR 3 Klassik Forum. In mehreren Stunden erklingen Werke von Messiaen, und der Bogen spannt sich von dem Klavierstück des achtjährigen Olivier "La dame de Shalott" bis zum astrologischen Selbstportrait "La constellation du sagittaire" aus Messiaens letztem vollendetem Werk "Éclairs sur l’Au-delà". Außerdem gibt es Musik von Komponisten, die bedeutend für Messiaen waren, so vom Renaissance-Meister Clement Janequin, von Paul Dukas, Claude Debussy... Und die Messiaen-Interpretin und Witwe des Komponisten Yvonne Loriod ist auch mit Mozart zu hören.


    WDR 3 TonArt bringt von 15.05 bis 17.45 Uhr ein Messiaen-Portrait von Patrick Hahn.


    Und um 20 Uhr ist ein Konzert der Jungen Deutschen Philharmonie zu hören, in dem neben Wagner und George Benjamin auch Messiaens "Chronochromie" gespielt wird.


    WDR 3 bietet auf seiner wdr3.de Website in der "Multimedia"-Wühlkiste auch einen digitalen Radio-Recorder zum Herunterladen an, mit dem problemlos alle WDR-Sendungen aufgenommen werden können.

  • Dem Geburtsregister der Stadt Avignon ist zu entnehmen, dass Olivier Eugène Prosper Charles Messiaen am 10. Dezember 1908 um 23 Uhr geboren wurde. Die Adresse seiner Eltern wird mit 20 boulevard Sixte Isnard angegeben. Sein Vater, Pierre Messiaen, war als Englischlehrer am städtischen Lycee Frédéric Mistral angestellt, und so brachte Cécile Messiaen (geborene Sauvage) ihren Sohn in Avignon zur Welt. Die Geburt wurde am 12. Dezember in das standesamtliche Register eingetragen und von beiden Eltern unterzeichnet. Am ersten Weihnachtstag des Jahres 1908 wurde Olivier in der Kirche Saint-Didier in Avignon getauft. An dieses Ereignis erinnert heute eine Gedenktafel in der Kirche…
    (Peter Hill und Nigel Simeone: Messiaen, dt. Ausgabe, Schott, Mainz, 2007, S. 11)

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  • Bei uns gibt es shco nseit gestern Abend Messiaen am laufenden Band- eine Gelegenheit wieder ienmal ganz in seine Musik einzutauchen.


    Ich habe insbesondere die Turangalila-Symphonie und das "Quatuor pour la fin du temps" neu genossen - besonders Letzteres ist immer wieder eine Neuentdeckung und ein unbeschreiblich schönes Kunstwerk.


    Bonne anniversaire au grand Centenaire! :jubel: :jubel: :jubel:

  • Hallo,


    heute wird im Karlsruher Konzerthaus vom Hochschulorchester die Turangalila-Sinfonie aufgeführt! Also wer in der Nähe ist, das Konzert wird sich mit Sicherheit lohnen.

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Holla Sinfonie,


    der Artikel aus der Neuen Züricher Zeitung ist in der Bildhaftigkeit seiner Darstellung, der Klarheit des Aufbaus und der umfassenden Darstellung der Hintergründe innerhalb des gebotenen Raumes schon absolut fantastisch. Vielleicht regt er hier im Forum ja zur weitergehenden Diskussion an.


    Als ergänzendes Diskussionsmaterial möchte ich hier noch zwei ganz andere und sehr entgegengesetzte Meinungen stellen, bei denen ich dann auch die Quelle im Internet mit anzeige.


    Ach ja, vorher aber noch meine Liste der Messiaen-Aktivitäten in diesem Jahr.


    1. Im Februar nach Köln gefahren und La Transfiguration de Notre Seigneur Jésus Christ gehört.
    2. Im Juni nach Amsterdam gefahren und Saint François d'Assise gesehen.
    3. Im Juni in Detmold eine Aufführung der Oiseaux exotiques gehört.
    4. Im Juli in Hannover einen Klavierabend von Marc-Pierre Toth und Ashley Hribar besucht und dabei das Prélude Cloches d'angoisse et larmes d'adieu (= das beste Präludium Messiaens und einer seiner besten langsamen Sätze) genossen.
    5. In Detmold das Messiaen-Festival besucht, und auch einige der Plauderstunden von Anatol Ugorski in Sachen Catalogue d`Oiseaux.
    6. Einen Klavierauszug des ersten Aktes der Franziskus-Oper erworben.
    7. Einige Postings gepostet, in der Schule mit einem Oberstufenkurs Teile aus Des Canyons aux Étoiles und aus der Turangalîla-Symphonie untersucht sowie im sechsten Jahrgang sich Le Loriot aus dem Verzeichnis der Vogelstimmen spielend und hörend annähern lassen.


    Ja und hier die beiden Meinungen aus der Medienwelt vom 10. Dezember:




    ... Über seine Schüler, mehr noch über die Schüler seiner Frau Yvonne Loriod, von denen Pierre-Laurent Aimard und Kent Nagano die prominentesten sind, schaffte Messiaen endgültig den Sprung ins Repertoire. Dort nimmt er seit ungefähr zehn Jahren eine Sonderstellung ein; Messiaen ist chic, ist altmodisch und avantgardistisch, metaphysisch und zugleich höchst physisch, also sinnlich - seine brausende, kunterbunte "Turangalîla-Symphonie" schlägt heutzutage nicht einmal mehr angejahrte Abonnenten in die Flucht.
    Ob es für ihn und für Carter wirklich zur Unsterblichkeit reicht, darf bezweifelt werden. Aber die ersten 100 Jahre haben sie immerhin schon geschafft.


    Volker Tarnow, Messiaen und Carter, Komponisten der Moderne, in Die Welt, 10. Dezember




    Am meisten habe ich heuer vom 100. Geburtstag Olivier Messiaens profitiert, denn es gab einige wunderbare Konzerte, angefangen mit einer Aufführung der „Turangalîla“-Symphonie (DSO / Ingo Metzmacher / Jean-Efflam Bavouzet, Klavier / Takashi Harada, Ondes Martenot) im Januar. Wenig Glück hatten wir dagegen in einem Konzert der Berliner Philharmoniker – Edgar Varèse, Igor Strawinsky, Jonathan Harvey, Olivier Messiaen –, denn die drei oder vier Reihen vor uns waren mit britischen Schülern besetzt. Hatten sie Freikarten? Folgten die Lehrer, die sich in die erste Reihe setzten, um nicht gestört zu werden, der tausendmal widerlegten pädagogischen Maxime, Kunst müsse zum Kinde kommen und nicht umgekehrt? Buchstäblich mit dem ersten Ton ging das Kichern, das Seufzen und Räuspern los. Kleine Zankereien folgten, gelangweilt zogen sich einige ihre Jacken an und aus, andere legten sich demonstrativ zum Schlafen nieder, kurz, der ersten Hälfte des Programms war von unseren Plätzen aus nur mit größter Mühe zu folgen. Eine Dame neben uns räumte den ihren in der Pause, am Ende mit ihren Nerven.
    Doch zu früh. Denn nun kam Messiaen („Trois petites liturgies de la présence divine“). Die Schüler kicherten und alberten nach Kräften weiter, doch auf einmal störten sie nicht mehr. Mehr noch, ihr Gehabe und Gescharre wurde zu Musik. Wenn Säuglinge geplärrt, Lungenkranke gehustet oder Kühe gekalbt hätten, hätten sie damit lediglich den Reichtum Messiaens vermehrt. Die Größe dieser Musik zeigt sich darin, dass sie sich mit allem Geräusch verträgt, das lebende Wesen äußern können.


    Stefan Ripplinger, Messiaen, in jungle-world, 10. Dezember

  • Am Montag war ich in der schönen Landeshauptstadt Hannover, um Weihnachtseinkäufe zu tätigen. Ein Freund bekundete im Keller der riesigen und wunderbar sortierten Buchhandlung Schmorl und von Seefeld in der Bahnhofstraße, die 32 CDs umfassende Messiaen-Gesamtausgabe der DG zu erwerben. Immerhin lagen noch drei der löblichen Pakete auf den Ladentischen herum. Der absolut fantastische Buchhändler kennzeichnete diese CDs mit 99,95€. Ich riet dem Freund vom Kauf ab, mit der Bemerkung, dass es bei JPC die Ausgabe schon für 77€ gäbe. Heute kam dann das böse Erwachen: JPC versendet die Komplettausgabe nicht mehr, es ist alles schon weg. Wieweit auf den Ladentischen in Bielefeld und Minden noch Restexemplare zu finden sind, ist fraglich. Bis jetzt kam von dem Freund noch keine Morddrohung gegen mich oder ähnliches. Aber ich habe jetzt gelernt: Gib keine Ratschläge einfach so über den grünen Klee, informiere dich lieber zuerst bei JPC.

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