Moderne Inszenierungen-Totengräber der Oper?



  • Hallo Knusperhexe,
    Danke für Deine Antwort!!
    Hab ich das Polarlicht tatsächlich für einen Sonnenuntergang gehalten...
    Naja, so kann man sich täuschen...
    Herzlichst,
    Medard

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Allerdings widersprechen diese Ausführungen von Dir jenen im Thread über die "Ringe" von Schenk und Chéreau, denn genau die auch von Dir monierten Facetten findet man 1:1 im Schenk-"Ring". Aber da Du ihn ja nicht kennst, tu ich mich bei der Argumentation natürlich schwer.


    Danke, Edwin, dass du mir meine Unkenntnis des Schenkschen Rings auch hier noch mal aufs Brot schmierst. ;) Aber das tut ja hier nicht wirklich viel zur Sache. Wenn wir schon mal dabei sind, dann kann ich nur sagen: Wenn bei Schenk die Sänger herumstehen und die Händen ringen (was ich dir aufgrund der besagten Un kenntnis jetzt einfach mal mit Vorsicht glauben will), dann ist das zwar ärgerlich, hat aber nichts mit konservativem Theater zu tun.
    Ich habe z. B. vor einiger Zeit im Bielefelder Theater eine Aufführung von Enescus Oedipus gesehen. Die Oper für sich genommen hat mir richtig gut gefallen. Leider war die Inszenierung so, dass die Handlung in einem modernen "Flüchtlingslager" (wie bei den letzten Naturkatastrophen; so der Dramaturg in der Einführung) spielte. Es sah dann wie ein Sperrmüllager aus. Die Erklärung des Dramaturgen begründete diesen Einfall so: Enescu habe ja während des Ersten Weltkriegs gelebt, und da habe es auch solche Lager gegeben.
    Diese Erklärung rockt natürlich das Haus. Und der Rest war Stehtheater der schlimmsten Sorte. Bewegte Szenen wie der Kampf des Ödipus mit seinem Vater und dessen Begleitern waren einfach grottig, da wurde mit irgendwelchen Stangen ohne irgendeinen Waffencharakter meterweit aneinander vorbeigehauen und dann hölzern umgefallen, wie man es sich beim Schülertheater schon nicht mehr trauen würde. Die Sphinx sah aus wie vom Kinderkarneval und starb, indem sie sich - in einem Jugendherbergen-Hochbett liegend - ein wenig krümmte.
    Und wenn ich solches Schmierentheater in Verbindung mit so ansprechender Musik und angemessenen musikalischen Leistungen sehe, dann kann ich nur sagen, da muss das Theater einfach vom Film lernen, wie man konsistente und ansprechende Bilder herstellt. Oder sehe ich einfach zu viele Filme und trage diese Ansprüche dann ans Theater heran?

    „People may say I can't sing, but no one can ever say I didn't sing."
    Florence Foster-Jenkins (1868-1944)

  • Zitat

    Zitat Draugur
    Die Erklärung des Dramaturgen begründete diesen Einfall so: Enescu habe ja während des Ersten Weltkriegs gelebt, und da habe es auch solche Lager gegeben.


    A priori ist dieser Zugang nicht schlecht unter einer Voraussetzung: Daß daraus etwas für die szenische Interpretation folgt.
    Tatsache ist nämlich, daß die Komponisten ihre Werke aus ihrer Zeit heraus erschaffen.
    Wenn dieser Ansatz allerdings zum Selbstzweck wird, wie in der geschilderten "Oedipe"-Aufführung, die ich nicht kenne, dann ist das natürlich weniger ideal.


    Nur: Daß es auch im Regietheater mißglückte Produktionen gibt, hat nie jemand abgestritten. Meine Kritik am konservativen Theater mache ich ja auch nicht an eindeutig mißglückten Aufführungen fest, sondern an solchen, die als Musterbeispiele eines geglückten konservativen Theaters gelten.


    ---------------------


    Zitat

    Zitat Knusperhexe
    Kaum sind Kostüme und Bühnenbild so wie's im Libretto steht, schon hält sich die Regietheaterfraktion den Bauch vor Lachen. Ihr könnt doch gar nicht wissen, ob's packend inszeniert ist. Oder mal konkret:


    Ja, ich war dort. Und ich schwöre Dir: Man lacht sich krank. Es ist wie eine Parodie auf Wagner. Nicht musikalisch - das sind tüchtige bis gute Aufführungen. Aber szenisch ist es die totale Unbedarftheit. In Wahrheit ist es Regieverweigerung in Kostüm, Maske und Wackelkulisse.


    :hello:

    ...

  • Was mich an diesem Thread hier stört ist, daß man den Eindruck bekommen könnte, die "intelligenten Anhänger des Regietheaters" machen sich über die "unintelligenten Anhänger des Autorentheaters" lustig - stets weitgehend unwidersprochen.


    Hier möchte ich schon feststellen, daß dies mit der Mentalität der beiden Gruppen zu tun hat. Ursprünglich war dieses Forum als Bollwerk der konservativen Aufführungspraxis gedacht. Anhänger der Moderne wurden nicht zugelassen - bzw ob ihrer Aggressivität zumeist nach kurzer Verweildauer im Forum wieder ausgeschlossen - weniger wegen ihrer Meinung, sondern wegen der oft aggressiven Vehemenz mit der sie sie kundtaten.


    Ich habe aber ein Forum gegründet, dessen Lebensgrundlage die Diskussion ist. - Und die Anhänger des konventionellen Theaters sind nun mal - von Ausnahmen mal abgesehen (Hallo Knuspi ) nicht besonders diskussions- und streitfreudig, notabene stellt sich die Frage worüber man diskutieren will, wenn alle einer Meinung sind.
    Genau das wurde aber von einigen (nicht mehr im Forum weilenden Usern) verlang: Die schweigende Bewunderung von musikalischen Grössen - ohne Kritik - ohne wenn und aber.Als die ersten "härteren" Diskussionen stattfanden haben sie sich aus dem Staub gemacht.


    Somit habe ich meine Forenpolitik überdenken müssen.....
    Generell jedoch - das ist meine ehrliche Überzeugung -haben die meisten Opernfreunde mehr Freude an "konventionellen" Aufführungen.
    Sie sind aber nicht willens dafür auf die Barrikaden zu steigen - so wichtig ist ihnen das Ganze denn doch nicht.......


    Zum Bühnenbild - es ist ja das einzige was ich von dieser Aufführung sehen kann:
    Grundsätzlich gefällt mir das Schiff und die Stimmung die hier verbreitet wird, auch die Spinnstube - wenngleich ich mir NOCH historisch getreuere Bühnenbilder wünschen würde.


    Das St.Elmsfeuer schein mir jedoch ein weniog dilletantisch gemacht - aber der Eindruck kann auch trügen - Mag sein, daß es auf der Bühne beeindruckend ist. Die Treppe - ja da könnte man viel besser machen.....


    Dennoch, die Grundstimmung passt. Man kann Märchen und Sagen - erzählt im 19. Jahrhundert - lächerlich, antiquiert oder was weiss ich noch finden : Modernisieren, umschreiben etc. sollte man sie jedoch nicht - man nimmt ihnen dann das was ihren EIGENTLICHEN Reiz ausmacht....


    mfg
    aus Wien


    Alfred


    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....




  • Hallo Alfred,
    ich weiß jetzt nicht, ob Deine Einlassung so direkt an mich adressiert war, ich ziehe mir den Schuh aber mal an, da ich mich ja ob der Welser Bilder ein wenig exponiert habe - was eigentlich nicht so sehr meine Art ist, weil ich weniger die Polemik schätze als das Argument - was ich, so meine ich zumindest, in all meinen anderen Beiträgen zu diesem Thread auch deutlich gemacht habe.
    Dennoch möchte ich einen Aspekt, den ich schon mehrfach angesprochen habe, nochmals wiederholen: Ich empfinde die extreme Polarisierung von »konservativer Aufführungspraxis« oder wie die sagst »Autorentheater« einerseits und »Regietheater« andererseits als absolut künstlich. A) weil die Grenzen absolut permeabel sind und B) weil es in dieser Grundsätzlichkeit überhaupt keine Relevanz hat hinsichtlich der Beurteilung einer Inszenierung.
    Man kann es nur gebetsmühlenartig wiederholen: Eine Regietheaterproduktion wird keineswegs deshalb gut, weil es sich um Regietheater handelt und eine konservative Inszenierung wird noch lange nicht allein deshalb gut, weil sie konservativ ist (mit dem Wörtchen »schlecht« gilt das übrigens gleichermaßen). Wer da gegenteilig argumentiert, argumentiert überhaupt nicht sondern postuliert etwas.
    Ich habe heute schon in meiner Antwort auf Knusperhexe geschrieben, daß mir viel an einer Versachlichung der Diskussion gelegen wäre und ich mir bewußt bin, daß meine Einlassung über die Welser Bilder nicht unbeding dazu geeignet war, zu einer solchen Versachlichung beizutragen - alle anderen Postings, die ich zu diesem Thread beigetragen habe aber schon. Das Problem scheint mir eher darin zu bestehen, daß im Rahmen dieser irgendwie verfestigten Fronten »sachliche« Beiträge anscheinend schlicht überlesen werden - vielleicht gerade weil sie zu sachlich sind.
    Und noch eine persönliche Bemerkung: Mir liegt es absolut fern, anhand der ästhetischen Vorlieben einer Person irgendwelche Schlüsse auf seine Intelligenz zu ziehen.
    Ganz herzliche Grüße aus Dortmund,
    Medard

  • Gibt es hier auch eine Fraktion derer, die weder das Eine noch das Andere auf der Fahne haben, sondern einfach nur schluessiges und adaequates aber unverstaubtes Theater mit einer werkimmanenten Aesthetik sehen wollen? ?(
    Egal ob Regie/oder Autorentheater-es gibt von jeder Sorte gute und schlechte Beispiele, die das Werk erschliessen oder ermorden.
    Finde ich . Und ich liebe Oper wahrhaftig. Ob Visconti/Zefirelli oder gut gemachte Videomontagen. So gesehen bei Orfeo von Monteverdi und es war umwerfend gut. Waehrend Orfeo zum Hades ging, um Eurydice zu suchen lief eine Videoinstallation, auf de rzuerst Kleider und dann Koerper wie Blaetter ins Dunkel fielen. Derer gab es viele recht einfache aber sehr plastische Bilder. Vom wem das war, muss ich in meiner Programmheftsammlung nachsehen, ich weiss nichtmal mehr wo-sorry. :untertauch: Aber es war genauso toll wie eine konventionelle, aber unverstaubte Traviata in 19.JH Atmospaere in Brussels mit altmodischem Ambiente aber deutlich edel-erotischen Touch, der da eben hingehoert.
    Bei einem Rosenkavalier, der so konservativ war, dass die Staubflocken flogen, bin ich mal rausgegangen und ebenso bei einem modern inszenierten Clemenza von Mozart in London, der zum :kotz: war.


    Es geht ncihts ums Prinzip an sich, sondern um die kuenstlerische Qualitaet ob modern oder konservativ gut ist. Schliesslich muss auch ein heutiger Operngaenger wie ich noch was nachvollziehen koennen und das Ganze spannend finden.
    Fairy Queen

  • Hallo Alfred,


    im Grunde ist es wirklich absurd: Man ist ja so entwöhnt, etwas einigermaßen werktreues zu sehen, dass die Welser Ausstattung zur Diskussionsgrundlage herhalten muss. Noch vor 15 Jahren hätte eine derartige Aufführung für überhaupt kein Aufsehen gesorgt, da wär's ausschließlich um Sänger und Dirigat gegangen und die Inszenierung wäre lediglich auf ihren Stimmungsgehalt überprüft worden. Mich stimmt's wehmütig, denn ganz klar: Wels ist nicht das Nonplusultra - aber immerhin eine löbliche Ausnahme.


    Was habe ich für schöne Aufführungen von "Der fliegende Holländer" gesehen. Hattet Ihr nicht in Wien diesen tollen Effekt, wo das Holländerschiff ein ganz aus Plexiglas gebautes Mini-Modell war, das dann mittels Licht zum Bühnenhöhe ausfüllenden Alptraum wurde? Das würde ich liebend gerne nochmal sehen!!!!!!!! Aber Ihr habt die Inszenierung nicht mehr im Repertoire, oder?


    Und nochmal was bzgl. "Lachen":


    In Köln hatte es eine Neuinszenierung, die durchgehend in einem überdimensionalen, weiß-gekälkten Bretterverschlag spielte. Da kamen und gingen Matrosen durch, die zogen arg bemüht an Tauen. Also, das fand ich witzig. Kein Schiff weit und breit. Das einzige Mal, dass ich Gänsehaut bekam, war im 3.Akt: Nachdem o.g. Matrosen den armen Steuermann, der die ganze Zeit hinken musste und folgerichtig der Aufforderung zum Tanze nicht nachkommen konnte, zusammengeschlagen hatten, da sprang eine Tür auf und ein schwarzgewandeter Schemen hielt eine nackte Frau in Armen - dazu Windmaschine und Blitz und Donner. Das war noch mal Theaterzauber, aber ansonsten... Oder dann die Bonner (?) inszenierung, wo's eine Badewanne gab, in der Schiffeversenken gespielt wurde. Oder die Essener Geschichte, die fand ich ganz grausam oder in Hagen: Da wurde das Ganze auf einmal zur Schwarzen Messe umfunktioniert.


    Edwin, welches war denn Dein liebster "Holländer"?


    :hello:
    Knusperu.s.w.

  • Hi, Fairy Queen, doch, ICH! :D Ich liebe beides, sofern es gut gemacht ist, wobei mir MM (moderat modern) am liebsten ist.
    lg Severina :hello:

  • Hallo.


    Mir macht der Begriff der Werktreue im Rahmen dieser Diskussion stets ein wenig Bauchschmerzen. Denn schnell erscheint alles, was nicht haargenau so im Libretto sich findet, schlicht falsch. Das ist meines Erachtens eine zu enge Linie.
    Ich beziehe mich jetzt mal auf Wagner, weil ich Opern anderer Komponisten kaum höre. Wagner hat für mein Empfinden keine reality-soaps in Töne setzen wollen, sondern eine künstliche, eine mythische Welt schaffen wollen. In dieser lässt er Personen auftreten, die teils aus der Historie, teils aus Sagen bekannt sind. Er nimmt deren Geschichten, um an ihnen exemplarisch etwas zu zeigen - nicht historisch verbürgte Lebensläufe, sondern Menschenschicksale. Menschen, deren Gegenwart dramatisch ist, und in deren Zukunft Erlösung liegen mag. Menschen wie du und mich, sozusagen.
    Ob diese Menschen nun eine Toga, ein Bärenfell oder einen dreiteiligen Anzug tragen, ist mir grundsätzlich egal, denn um derlei Äußerlichkeiten kann es in diesem Zusammenhang für mich nicht gehen. Das einzige, was insofern werktreu oder eben wichtig in Bezug auf das Werk ist, kann für mich nur sein, ob die Geschichte hinter der Geschichte nachvollziehbar erzählt ist.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

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  • Zitat

    Original von severina
    Hi, Fairy Queen, doch, ICH! :D Ich liebe beides, sofern es gut gemacht ist, wobei mir MM (moderat modern) am liebsten ist.
    lg Severina :hello:


    Hallo Severina, Hallo Fairy Queen,
    mir geht's genauso - mit leichter Präferenz für regielastigere Inszenierungen. Aber wesentlich ist, daß es - wie severina schreibt - »gut gemacht« ist und: daß es mich anspricht.
    Herzlichst,
    Medard

  • Ich frag mich nur so langsam, warum wir uns im deutschen Sprachraum so mit diesem Regiertheater abplagen müssen, dem Rest der Welt scheint dies ja erspart zu bleiben. Es bringt uns ja letzlich auch nichts, da sonst niemand auf der Welt daran interessiert ist, und wir so was ja auch nicht exportieren, mangels Nachfrage. Vielleicht sollten wir doch über gute Regien diskutieren und nicht um die Regie als vorrangiges Element in einer Oper oder auf einer Bühne. Welcher international angesehene Regisseur gibt sich auch schon für so was her: Heimatfilmregisseure vielleicht, von denen wir ja schon mehr als genug hatten? gggggg

  • Zitat

    Zitat Knusperhexe
    Edwin, welches war denn Dein liebster "Holländer"?


    Wenn es nur um die Regie geht, war mir mit meilenweitem Abstand David Puntney bei den Bregenzer Festspielen am liebsten. Ich mochte auch Harry Kupfers Bayreuther Inszenierung. Und ich würde auch die Wiener Mielitz-Regie mögen, wenn sie mir da nicht gar so den Marxismus-Hammer auf den Kopf dreschen würde.


    -----------------------


    Hallo Michael,

    Zitat

    denn Regietheater gibt es ja nur um deutschsprachigen Raum.


    Also nicht in Spanien (Bieito, Fura del baus), nicht in den USA (Peter Sellars), nicht in Frankreich (Patrice Chéreau), nicht in den Niederlanden (Pierre Audi), auch nicht in Norwegen (Stefan Herheim) und schon gar nicht in Großbritannien (David Pountney)... :no:


    Zitat

    Welcher international angesehene Regisseur gibt sich auch schon für so was her: Heimatfilmregisseure vielleicht


    Das gilt für die konservative Regie zweifellos (obwohl Zeffirelli ja ein paar international erfolgreiche Kitschfilme gedreht hat), aber wie wäre es mit dem international erfolgreichen Filmregisseur Chéreau? Oder mit dem ebenfalls international erfolgreichen Filmregisseur Ken Russell? Und da gäbe es auch noch Michael Haneke und ein paar andere. Oder zählen die nicht, weil sie nicht ins Konzept passen?


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Michael
    Ich frag mich nur so langsam, warum wir uns im deutschen Sprachraum so mit diesem Regiertheater abplagen müssen, dem Rest der Welt scheint dies ja erspart zu bleiben. Es bringt uns ja letzlich auch nichts, da sonst niemand auf der Welt daran interessiert ist, und wir so was ja auch nicht exportieren, mangels Nachfrage. Vielleicht sollten wir doch über gute Regien diskutieren und nicht um die Regie als vorrangiges Element in einer Oper oder auf einer Bühne. Welcher international angesehene Regisseur gibt sich auch schon für so was her: Heimatfilmregisseure vielleicht, von denen wir ja schon mehr als genug hatten? gggggg


    Lieber Michael, hier irrst du aber, Regietheater ist sicher nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränkt! Wie kommst du denn darauf? Dass wir hier in erster Linie von Produktionen an deutschen/österreichishen Opernhäusern sprechen, liegt schlicht und einfach daran, dass das eben unser hauptsächlicher Aktionsradius ist, nach Frankreich z.B. komme ich der Oper wegen kaum. Aber ich habe z.B. schon 1986 in Madrid einen für damalige Verhältnisse Regietheater-Werther gesehen, Mortier, einer der Vorkämpfer für moderne Regie, kommt aus Belgien - also RT ist ganz bestimt kein "innerdeutsches Phänomen".
    lg Severina :hello:


    Edwin war wieder einmal schneller -und gründlicher! :D

  • Zitat

    Original von severina



    Lieber Michael, hier irrst du aber, Regietheater ist sicher nicht nur auf den deutschen Sprachraum beschränkt! Wie kommst du denn darauf? Dass wir hier in erster Linie von Produktionen an deutschen/österreichishen Opernhäusern sprechen, liegt schlicht und einfach daran, dass das eben unser hauptsächlicher Aktionsradius ist, nach Frankreich z.B. komme ich der Oper wegen kaum. Aber ich habe z.B. schon 1986 in Madrid einen für damalige Verhältnisse Regietheater-Werther gesehen, Mortier, einer der Vorkämpfer für moderne Regie, kommt aus Belgien - also RT ist ganz bestimt kein "innerdeutsches Phänomen".
    lg Severina :hello:



    severina, weil ich es nur aus dem deutschen Sprachraum kenne, und ich habe es schon zuvor angeführt, (leider verliert man den Überblick, ich ja auch), unter dies so auch klar gesagt wird unter:
    http://de.wikipedia.org/wiki/Regietheater
    Ach Severina, wie toll war es noch in der WSO in Wien, bevor diese unselige Mode eingeführt wurde, und in der Burg haben ja auch viele das Abo aufgekündigt, als Paymann kam. Zuvor war die Burg ja ein Traum............ Nimm’s mir bitte nicht für übel Severina, ich fand es halt weit besser zuvor.


    LG Micha:hello:

  • Was für ein Theater soll Theater sein, wenn nicht Regietheater? Herumstehtheater? Eine Lesung? Konzertante Oper? Museum? Das, was manche als "Regietheater" nicht mögen, ist auch keine neue Mode. Inszenierungen verschiedenster Art hat es doch immer schon gegeben, mal mehr, mal weniger gelungen.


    Und was für eine Inszenierung sollte denn sonst erarbeitet werden, wenn nicht eine moderne? Etwa eine veraltete?


    Mein Problem ist allerdings, dass ich mich bei manchen Inszenierungen teilweise nicht auskenne. Ich hätte gerne, dass die Macher der Produktion immer ins Programmheft schreiben müssen, was sie sich gedacht haben; also wirklich ein paar nachvollziehbare Erklärungen zu Elementen der Inszenierung, nicht nur zum Werk.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hiiilfe! 8o8o 8o 8o Jetzt habe ich mich auf einen schönen Opernabend gefreut mit meiner Neuerwerbung des Tages, der Zauberflöten-DVD von der MET mit Araiza (Ja, genau, deshalb :] )Kathleen Battle, Kurt Moll, Luciana Serra, Manfred Hemm usw. Am Cover steht was von "exemplarisch für eine moderne und zugleich stimmungsvolle Inszenierung" - klingt also vielversprechend....
    Aber schon während der Ouverture wurde mir schlecht, denn da gefiel sich der Bildregisseur in einem Streifzug durch sämtliche (Viiiiiele!!!) Bühnenbilder - und nein, so bitte wirklich nicht! Gemalte pseudoägyptische Prospekte, Pappfelsen (Ja, wirklich, ich zitiere jetzt nicht Edwins Lieblingsfeindbild! ;) )und das alles in so quietschbunten, grässlichen Farben, dass man sich nach Legoland versetzt glaubt. Dagegen ist unsere alte Schenk'sche Zauberflöte blanker Realismus!! Und beinahe sehne ich mich nach Kusejs Züricher Trafo-Labyrinth, obwohl ich diese Inszenierung auch nicht wirklich gelungen finde.
    OK, das Ding hat nur 14,99 Euronen gekostet, ist für eine DVD nicht viel, und ich überlege jetzt, wie ich sie wieder los werde. (Muss mal schauen, wann Edwin Geburtstag hat! :D )
    Und Araizas Stimme war 1991 für den Tamino auch schon zu schwer... :(
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von lohengrins
    ...
    Mir macht der Begriff der Werktreue im Rahmen dieser Diskussion stets ein wenig Bauchschmerzen. Denn schnell erscheint alles, was nicht haargenau so im Libretto sich findet, schlicht falsch. Das ist meines Erachtens eine zu enge Linie.


    Das liegt aber daran, dass du zu wenig Libretti liest (oder besser: sie nicht genau genug liest!). In Opernlibretti finden sich ganz selten "haargenaue" Angaben, sie geben im Gegenteil zumeist sehr allgemeine und flexible Rahmen für die Ausstattung und Inszenierung vor. Ein Regisseur mit Phantasie kann eine Oper im Sinne des Textbuches mehrere Male inszenieren, ohne sich wiederholen zu müssen.


    Es geht daher in der Diskussion ob Regietheater Ja oder Nein darum, ob man sich an die vorgegebenen Rahmenbedingungen hält oder sie im Gegenteil negiert und grundsätzlich werkfremde Elemente hineinnimmt.



    Zitat

    Ich beziehe mich jetzt mal auf Wagner, weil ich Opern anderer Komponisten kaum höre. Wagner hat für mein Empfinden keine reality-soaps in Töne setzen wollen, sondern eine künstliche, eine mythische Welt schaffen wollen. In dieser lässt er Personen auftreten, die teils aus der Historie, teils aus Sagen bekannt sind. Er nimmt deren Geschichten, um an ihnen exemplarisch etwas zu zeigen - nicht historisch verbürgte Lebensläufe, sondern Menschenschicksale. Menschen, deren Gegenwart dramatisch ist, und in deren Zukunft Erlösung liegen mag. Menschen wie du und mich, sozusagen.


    Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Wagner ist einer der Spezialfälle. Der Holländer ist meines Erachtens eine Oper, die sich relativ leicht zeitlich verschieben lässt. Immerhin geht der gute Mann alle sieben Jahre an Land und ein Regisseur mit einem schlüssigen Konzept kann da schon ein wenig mogeln.


    Tannhäuser, Lohengrin und Meistersinger sind handlungsmäßig stark in eine bestimmte Zeit eingebettet. Hier führt eine Abstrahierung oder Transponierung zwangsläufig zu logischen Problemen (es ist eine mich immer wieder faszinierende Tatsache, dass Regietheater-Fans auf moderne und "lebendige" Inszenierungen bestehen und dabei bereitwillig nahezu jeglichen logischen Unsinn schlucken).


    Tristan, Ring und Parsifal spielen in weit vergangenen Zeiten und sind daher so abstrakt, dass sie am ehesten deiner Beschreibung entsprechen. Wagner spielt hier bewusst die Karte des überzeitlichen Dramas. Witzigerweise ist es nun beim Regietheater so, dass gerade diese Werke gerne in sehr viel konkretere Zusammenhänge verpflanzt werden, was genau entgegen Wagners Intention und deiner Beschreibung ist.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Hallo Theophilus.


    Es mag sein, dass ich zuwenig in Libretti schmökere - oder eben nur sehr ungenau aufnehme, was da steht. Doch wenn ich mal so in Wagners Libretti blättere, finde ich da schon recht eingehende Vorgaben (und ich erspare uns jetzt, dass ich daraus abschreibe).
    Ich meinte allerdings auch ein Beispiel wie: Muss denn tatsächlich der arme Lohengrin sichtbar von einem Schwan herangezogen werden? Für mein Empfinden nicht. In der Lohengrin-DVD, die ich habe, sah es der Regisseur (Langhoff) auch nicht als zwingend an; dafür war ich ihm dankbar und für mich war das Werk dadurch in keiner Weise beschädigt.


    Bei Holländer, Tristan, Ring und Parsifal sind wir ja ohnehin nicht weit auseinander. Aber bei Tannhäuser und Lohengrin sehe ich diesen zeitlichen Bezug auch nicht als zwingend an. Wir reden hier über Geschichten, in denen wie selbstverständlich eine Liebesgöttin oder ein Elsa-Bruder als gefiederte Rikscha auftreten, so übertrieben realistisch und zeitgebunden ist das ja nun nicht.
    Allein bei den Meistersingern wüsste ich nicht so recht, wie das bruchlos in die Gegenwart transponiert werden kann - ehrlich gesagt macht mich der Gedanke aber eigentlich nur neugierig, wie das funktionieren könnte, von vornherein ablehnen würde ich auch das nicht.


    :hello:


    Gruß, l.

    "Jein".

    Fettes Brot

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  • Zitat

    Original von Michael


    Die da da Severina? ggggggggggg


    http://ec1.images-amazon.com/i…I/51a4a1NDW+L._SS500_.jpg



    Kein Wunder; diese Inszenierung ist ja laut Cover 400 Jahre alt.
    Nein, aber im Ernst, auf David Hockneys Bühnenbilder wäre ich schon neugierig.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Hallo Michael,
    jo, genau die da da! :D Bin noch ganz erschlagen von der Farborgie, besonders das grelle grün-rote Outfit des Tamino empfanden meine Augen als arge Beleidigung. OB ich mir diese DVD ein zweites Mal antue, wage ich zu bezweifeln :wacky:
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Michael,
    jo, genau die da da! :D Bin noch ganz erschlagen von der Farborgie, besonders das grelle grün-rote Outfit des Tamino empfanden meine Augen als arge Beleidigung. OB ich mir diese DVD ein zweites Mal antue, wage ich zu bezweifeln :wacky:
    lg Severina :hello:


    Hallo Severina,
    Des mit die Auge wird scho wieda..................................


    LG Micha:hello:

    Einmal editiert, zuletzt von Michael ()

  • Zitat

    Ja, ich war dort. Und ich schwöre Dir: Man lacht sich krank. Es ist wie eine Parodie auf Wagner. Nicht musikalisch - das sind tüchtige bis gute Aufführungen. Aber szenisch ist es die totale Unbedarftheit. In Wahrheit ist es Regieverweigerung in Kostüm, Maske und Wackelkulisse.


    Hallo Edwin,


    ich habe natürlich versucht, mir das anzuschauen, aber es hat nicht funktioniert...


    Hallo Alfred,


    Zitat

    Was mich an diesem Thread hier stört ist, daß man den Eindruck bekommen könnte, die "intelligenten Anhänger des Regietheaters" machen sich über die "unintelligenten Anhänger des Autorentheaters" lustig - stets weitgehend unwidersprochen.


    Da muss man, denke ich, unterscheiden. Manche der Bilder, die hier zu sehen sind, bieten einen szenischen Eindruck, der auch für mich nicht mehr ernstzunehmen ist. Mit den Textbeiträgen der Mitdiskutanten hier setze ich mich allerdings oftmals gerne auseinander und ich käme gewiss nicht auf die Idee, an dieser Stelle über "Intelligenz" zu fabulieren.


    Zitat

    Generell jedoch - das ist meine ehrliche Überzeugung -haben die meisten Opernfreunde mehr Freude an "konventionellen" Aufführungen.


    Da verändert sich was - langsam zwar, aber so doch: viele Opernfreunde sind dann bereit, auch neue und andere Sichtweisen auf altbekannte Werke zu akzeptieren, wenn man ihnen näher bringt, warum sich ein Regisseur für eine bestimmte Bildlösung entschieden hat. In den Opernhäusern selbst wird wesentlich differenzierter diskutiert, als man das meinen möchte, eine positive Entwicklung, wie ich finde.


    Hallo yago,

    Zitat

    barrie koskys holländer in essen war doch grandios.


    Nun, "grandios" würde ich nicht gerade sagen, aber es ist eine spannende und sehenswerte Produktion, die auch durchaus erfolgreich ist. Ich war erstaunt, dass sich viele ältere Theaterbesucher sehr positiv über die Szene geäussert haben und das, was zu sehen ist, auch gar nicht "anstössig" fanden. Die Aufführung ist (Hallo, Theophilus) schon schnelll, aber mit ca. 2 1/2 pausenlosen Stunden durchaus im Rahmen.


    Und jetzt richtig: Hallo Theophilus,


    Zitat

    es ist eine mich immer wieder faszinierende Tatsache, dass Regietheater-Fans auf moderne und "lebendige" Inszenierungen bestehen und dabei bereitwillig nahezu jeglichen logischen Unsinn schlucken.


    Das ist wieder so eine persönliche Meinung, die einer näheren Betrachtung nicht standhält. Von "Tatsache" sollte also an dieser Stelle nicht gesprochen werden. Nur weil Du etwas für unlogisch hältst, muss es das für bsplsw. mich nicht sein. Ich kann auch Deiner kleinen Beschreibung von Wagners Werken nicht zustimmen, ich habe da einen völlig anderen Zugang zu: aber der Diskurs über diese diametral entgegengesetzten Postionen (über die gleiche Sache), den finde ich durchaus spannend.

  • Hallo Theophilus,

    Zitat

    Tristan, Ring und Parsifal spielen in weit vergangenen Zeiten und sind daher so abstrakt, dass sie am ehesten deiner Beschreibung entsprechen. Wagner spielt hier bewusst die Karte des überzeitlichen Dramas. Witzigerweise ist es nun beim Regietheater so, dass gerade diese Werke gerne in sehr viel konkretere Zusammenhänge verpflanzt werden, was genau entgegen Wagners Intention und deiner Beschreibung ist.


    Aber nur, wenn man "Überzeitlichkeit" in Deinem Sinn auffaßt. Man kann's nämlich auch so sehen, daß diese überzeitliche Abstraktion eine konkrete szenische Interpretation verlangt - dann wäre die pure Nachstellung der Regieanweisungen in Wirklichkeit werkfremd.


    Zitat

    es ist eine mich immer wieder faszinierende Tatsache, dass Regietheater-Fans auf moderne und "lebendige" Inszenierungen bestehen und dabei bereitwillig nahezu jeglichen logischen Unsinn schlucken


    Zum Beispiel...?


    Zitat

    Ein Regisseur mit Phantasie kann eine Oper im Sinne des Textbuches mehrere Male inszenieren, ohne sich wiederholen zu müssen.


    Bei einer konservativen Regie ganz bestimmt. Z.B.:
    - "Meistersinger"-Inszenierung 1: Sachs hat den Nachttopf in der linken Hand.
    - "Meistersinger"-Inszenierung 2: Sachs hat den Nachttopf in der rechten Hand.
    - "Meistersinger"-Inszenierung 3: Sachs hat keinen Nachttopf (für diesen Regisseur aber eine ungewöhnlich fantasielose Regie...) :hahahaha::hahahaha::hahahaha:


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von severina
    Hallo Michael,
    jo, genau die da da! :D Bin noch ganz erschlagen von der Farborgie, besonders das grelle grün-rote Outfit des Tamino empfanden meine Augen als arge Beleidigung. OB ich mir diese DVD ein zweites Mal antue, wage ich zu bezweifeln :wacky:
    lg Severina :hello:



    Hallo Severina,
    ich hab die da:
    http://www.rondomagazin.de/klassik/m/mozart/wam74.htm
    zum Trost: auch nicht so besonders gelungen, obwohl mit Welser-Möst, mit japanischen Untertiteln, aber viel mehr auch nicht


    LG Micha:hello:


  • "Meistersinger"-Inszenierung 4: Hans Sachs hält den Nachttopf mit beiden Händen wirft ihn auf einen Kritiker :baeh01: :baeh01:
    lg Severina :hello:
    PS:Irre ich mich, oder hast du ein kleines Nachttopf-Trauma??

  • Ich finde leider die Beiträge zur Premiere der „Manon“ in Berlin von vorgestern mit der Netrebko und Villazon nicht mehr und wollte dazu nur sagen: es kamen im RBB Fernsehen einige Ausschnitte davon, wobei es neben dem Lob unter anderem auch hieß, die Inszenierung sei durchaus nicht „prüde“, was von einem Berliner Publikum, das ja sicher einiges gewohnt ist, für mich etwas überraschend kam, da ich persönlich in besagten Szenen durchaus nichts Anstößiges sehen konnte. Es hieß dann es sei eine Koproduktion zwischen Berlin und Los Angeles, wo die Oper bereits mit großem Erfolg mehrmals aufgeführt worden sei, dies nur nebenbei.


    LG Micha :hello:

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