Kurznotizen aus den Opernhäusern!

  • Zitat

    Original von severina


    Ich kann mir die Caballe in dieser Partie wunderbar vorstellen, sie ist doch das, was wir in Wien eine Ulknudel nennen! :D
    Alviano, falls du öst. TV empfangen kannst - die PR wird live übertragen!!
    lg Severina


    Als Ulknudel kann ich sie mir allerdings vorstellen. Ich erinnere mich noch an Rossinis Il viaggio a Reims mit Abbado in den Achtzigerjahren - ich hoffe, dass es die Aufzeichnung aus der Wiener Staatsoper endlich mal als DVD gibt; das war nämlich ein herrlicher Spaß, und da hat sie sogar noch gut gesungen.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Eben hab ich's noch mal anhand meiner CD (Carlos Kleiber) nachgeprüft: Der Germont in Hamburg hatte in der Tat einen kurzfristigen Blackout. Aber der Reihe nach:


    La Traviata, Staatsoper Hamburg


    Keine Ahnung, welchen Ruf dieses Haus hat (bin für jede Info dankbar). Aber spätestens nach 30 Sekunden war klar, dass ein großer Abend bevorsteht. Das Orchester war ab dem ersten Ton voll da. Die Sänger ebenfalls. Die Inszenierung war vollkommen "normal". Fast schon zu normal. War es vielleicht Absicht? Jedenfalls sah ich die Welt der Reichen, Adligen, Geldverschwender, etc. durch elegant, aber durchweg konventionell gekleidete und sich benehmende Personenen dargestellt. Des Chorgesangs übrigens durchaus mächtig, auch in den schwierigsten Passagen. Dortmund kam da nicht ganz ran.


    Glanzpunkt war die Violetta (Inga Kalna; muss man die kennen?). Sie überstrahlte alles. Alfredo (Piotr Beczala) konnte mithalten. Seine Stimme klang etwas weinerlich (erinnerte mich an Pavarotti), bisweilen etwas laut. Hohes Niveau, nur halt nicht so gefühlvoll und perfekt an die Situation angepasst wie bei der Violetta.


    Auch Germont (Peter Danailov) überzeugte größtenteils. Toll das Duett mit Violetta. Klasse auch "Di Provenza il mar, il suol". Nur kurz danach ("No, non udrai rimproveri", etc.) sang er krass am Orchester vorbei. Ich dachte schon, das müsse so sein. Aber nein: Die Wörter "rimproveri", "guidato", "giubilo" (und weitere) müssen exakt auf einer schnellen 16tel(?)-Figur erklingen. Wie konnte das passieren??? Zwischendurch klappte es wieder, später wieder nicht. Seltsam.


    Der 3. Akt hat mich nicht mehr so mitgerissen, das kann aber auch an mir gelegen haben (Konzentrationsmangel).


    Insgesamt kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die "großen Häuser" letztendlich doch das bessere Personal haben. Bin aber jederzeit offen für andere Einschätzungen der Hamburger Staatsoper...



    Thomas Deck

  • Zitat

    Original von Melot1967


    Als Ulknudel kann ich sie mir allerdings vorstellen. Ich erinnere mich noch an Rossinis Il viaggio a Reims mit Abbado in den Achtzigerjahren - ich hoffe, dass es die Aufzeichnung aus der Wiener Staatsoper endlich mal als DVD gibt; das war nämlich ein herrlicher Spaß, und da hat sie sogar noch gut gesungen.


    Ja, das hoffe ich auch, aber an der WSO ist man punkto DVD ziemlich lahm im Vergleich mit anderen Opernhäusern. Warst du damals in der Vorstellung, als Raimondi Geburtstag hatte und die Caballe während der großen Arie des Don Profondo aus der Kiste auftauchte?? Darüber könnte ich mich in der Erinnerung noch kringelig lachen!! :hahahaha: :hahahaha:
    lg Severina

  • Zitat

    Original von lohengrins
    Hallo.


    Tja, Sascha, da sind wir gestern wahrscheinlich aneinander vorbeimarschiert in der Staatsoper.


    Hallo Lohengrins,


    Wahrscheinlich mehr als einmal...ist ja nicht soviel Platz vorhanden. Hab Dich allerdings nicht gesehen - es sei denn, Du warst dieser Typ mit dem leuchtorangen Pullover. :D



    Wenn Du demnächst in den Boris gehst, wünsche ich Dir viel Spaß. Habe Ihn letztes Jahr mit einem glänzend disponierten René Pape erlebt, war wirklich musikalisch großartig und die Inszenierung ist O.K. Vor allem aber waren damals alle Sänger durch die Bank - mit Pape als Höhepunkt - sehr gut, ich glaube, die Besetzung ist auch identisch.


    Bei Barenboim muss ich bekennen, dass ich quasi mit seinem Wagner aufgewachsen bin, alle Opern bis auf die Meistersinger live kennen gelernt habe. Ja, er sieht sich in der Tradition der großen Romantiker und reizt in der Regel die Spannungsbögen maximal aus, was risikobehaftet gelegentlich auch ins spannungsarme Gegenteil ausarten kann. Dabei wurde die Verwandlungsmusik 1. Akt für meine Begriffe außerordentlich rasch genommen, was ich von Ihm anders in Erinnerung hatte. Jedoch fand ich die Transparenz im Vorspiel wirklich gelungen.


    Zur Akustik: Das ist so einer der Nachteile des Hauses. Einerseits hörst Du auch im dritten Rang noch sehr gut, dass Haus ist ja auch ein sehr kleines. Andererseits ist die Akustik so trocken wie die Betty-Ford-Klinik. :D
    Das kann vor allem im vorderen Teil des Parketts ausgesprochen auf die Nerven gehen. Ich erinnere mich an einen Lohengrin, wo mich irgendwann die ganzen Blechfanfaren einfach nur noch genervt haben, weil sie einfach nicht "klangen, man wähnt sich in einem schallarmen Probenraum. Weiter hinten und in den Rängen geht es dann halbwegs.


    Das der Brendel so geschrieen hat, wunderte mich ehrlich gesagt, weil wie gesagt die Stimme noch erstaunlich durchschlagskräftig erschien. Ich hatte aber wie gesagt den Eindruck, er saß da jetzt halt im kalten Wasser und wollte irgendwie eine Show bieten, um zur Rettung des Abends beizutragen und das war im Spagat zwischen Ablesen vom Textmonitor und größtmöglichem Schmerzausdruck haarig.


    Ich bin im Juni wieder anwesend, habe Karten für "La Clemenza de Tito", freue mich schon auf Elina Garanca.



    Zitat

    Alviano schrieb
    Da ich im letzten Jahr nur "Poppea" gesehen hatte, nutzte ich die Gelegenheit, mir am vergangenen Wochenende neben "Marienvesper/Combattimento" noch den "Orfeo" anzuschauen.


    Hallo Alviano,


    wie fandest Du denn die Poppea im letzten Jahr ? Hab sie mir da auch angesehen und war restlos begeistert. Von der Inszenierung ist relativ wenig in meinem Gedächtnis hängen geblieben, aber die Personenführung und das Spiel der Sänger hat mir sehr gefallen, vor allem aber war ich musikalisch hingerissen. Jacobs hat dieses lange Stück derart spannend musiziert, dass ich wirklich keine Längen gespürt habe. Dabei hatte ich bei meiner ersten Barockoper live - was wiederum meine Urteilsfähigkeit etwas relativiert :D - ganz schön bammel, dass es eventuell nicht mein Fall sein könnte. Aber diese Oper hat mich zum Barock-Fan gemacht. Habe es leider dieses Jahr nicht zu den Barockfesttagen geschafft, hoffe aber ja, dass Jacobs sein Wirken an der Staatsoper noch in den nächsten Jahren fortsetzen wird.


    Gruß
    Sascha

  • Hallo Sascha,


    erst nochmal ein Satz zum "Parsifal": ich selbst habe ihn nicht gesehen, aber ich habe mit Menschen gesprochen, die in einer Aufführung waren - und die fanden auch, dass sich die Inszenierung nicht lohnen würde, aber Dirigat und Orchester hat ihnen durchaus zugesagt.


    Mein Fall ist Barenboim nicht so - ich gebe allerdings zu, dass ich seinem Bayreuther "Ring" live durchaus etwas abgewinnen konnte.


    Die Staatsoper in Berlin scheint im Moment etwas Pech zu haben, "Parsifal" litt offensichtlich genauso unter krankheitsbedingten Ausfällen, wie mein Monteverdi.


    Nun, das beste an "Poppea" war für mich einmal mehr René Jacobs und die Akademie für alte Musik. Das ist so ein Klang, der mich schon auch süchtig machen kann. Dazu diese sehr frische Art, mit der Jacobs an die tänzerischen Momente herangeht, der sehr bewegliche und ausdruckstarke Klang der Continuo-Gruppe - das ist schon erstklassig. Bei Jacobs bin ich nicht so ganz objektiv, das kann man hier ja auch gelegentlich nachlesen. Ich mochte ihn schon als Sänger sehr - an den Dirigenten habe ich mich erst gewöhnen müssen - mit dem Egebnis, dass ich das heute wirklich geniessen kann.


    Bei den Sängern fand ich Lawrence Zazzo (als Ottone) recht gut, aber auch Nerone (M. Ernman) oder Antonio Abete (Seneca) sind mir noch in Erinnerung geblieben. Marie-Nicole Lemieux als Arnalta fand ich hinreichend drastisch, gesanglich gefällt sie mir (als interessante Marilyn- Horne-Nachfolgerin) in den Vivaldi-Einspielungen bei "Naive" ("Orlando furioso" oder "Griselda") besser.


    Die Inszenierung fand ich jetzt nicht so prickelnd. Vor allem, weil dann doch viel herumgestanden wurde. Manches war ganz schön (die Talkrunde mit Seneca, z. B.), aber "Poppea" kann stärker sein. Ich fand die grell-böse Inszenierung von Karoline Gruber in Hamburg besser - und auch Nigel Lowery mit seiner Comic-Strip-artigen Version in Basel war lebendiger.


    "Poppea" ist allerdings ein wirklich tolles Stück - wenn man bedenkt, wie alt diese Oper schon ist - und wie modern eigentlich der Stoff geblieben ist, wie genial die Musik ist (für mich eines der schönsten Liebesduette der gesamten Opernliteratur überhaupt: das "Pur ti miro" vom Ende der "Poppea - völlig unabhängig davon, ob es wirklich von Monteverdi stammt, wahrscheinlich ja nicht...), dann kann man da sicher von einem echten Höhepunkt der damals noch jungen Geschichte der Oper sprechen.


    Schön, dass es Dir gefallen hat - ich kann Dich nur ermuntern, Dir auch die anderen Monteverdi-Produktionen in Berlin anzuschauen. Ich fand "Orfeo" sehr spannend inszeniert - und musikalisch ganz wunderbar. Ich hoffe jetzt noch auf den "Ulisse", vielleicht kommt der wieder und eventuell auf den kompletten "Orfeo".


    Gruss nach Bärlin (bin ich demnächst auch mal wieder)

  • über die durchwachsene aufführung des frankfurter tannhäusers war in den feuilletons schon einiges zu lesen, aber das, was ich am 8.2. erlebt habe, war katastrophal: ich überlegte die ganze zeit, ob ich gehen sollte oder nicht (bin geblieben), so GRAUENHAFT schlecht war diese aufführung. bis auf den chor und evtl. noch wolfram (recht wacker, aber keinesfalls so zu umjubeln, wie das alle tuen) wirklich erschreckend schlechte leistungen. so etwas habe ich noch nie in ffm erlebt. carignani dirigierte den sprödesten tannhäuser, den ich kenne. über die bereits in der presse ausgeführten nichtqualitäten von tannhäuser brauche ich kein wort zu verlieren, aber auch elisabeth und vor allem landgraf (entsetzlich) hatten ihre probleme. venus besaß überhaupt keine erotik und atmosphäre im gesang. die inszenierung völlig am thema vorbei ( der 3. akt allerdings war gut!), belanglos, 'frauen'-inszenierung eben (bitte jetzt nicht falsch verstehen...), aber ich dachte nur: das ,muß von einer frau sein..und recht hatte ich ... meine schwester fand alles genauso schlimm ..unsere gerollten und verdrehten augen trafen sich andauernd ... schande für ffm!
    das war PROVINZ- tiefste

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Witzig Klingsor, ich hatte genau dieselben Empfindungen und habe mich weg geschmissen, als mein Blick ins Programmheft mir den Geschlechterk(r)ampf bestätigte. Schwachsinn! Und gesanglich hast Du eh schon alles gesagt.


    LG,
    Knuspi

  • Also so eine Katastrophe kann der "Tannhäuser" doch von der Regie her nicht sein. Die Presseagentur dpa, deren Kritiken ich eigentlich meistens vertraue, schreibt:


    Nemirovas "Tannhäuser"-Inszenierung überschwänglich gefeiert

    Überschwänglichen Applaus für die Solisten

    Richard Wagners Oper "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg" in der Regie von Vera Nemirova ist an der Oper Frankfurt mit großem Jubel gefeiert worden. Das Premierenpublikum applaudierte begeistert, als die bulgarische JungRegisseurin am Sonntag ihre erste Wagner-Arbeit vorstellte. Nemirova, eine Schülerin von Ruth Berghaus und Peter Konwitschny, gilt als Hoffnungsträgerin in der jungen deutschen Regietheater-Szene. Überschwänglichen Applaus gab es auch für den Bariton Christian Gerhaher in der Rolle des Wolfram von Eschenbach.
    Vera Nemirova verlegt in ihrer Inszenierung die mittelalterliche Handlung in die Gegenwart. Die Pilger werden bei ihr zu jungen Menschen, die nach Rom zum Papst reisen oder zum Weltjugendtag. Sie tragen Rucksäcke, haben Iso-Matten und Schlafsäcke dabei.


    In der Nähe von Bob Dylan


    Tannhäuser selbst ist ein moderner Sänger, ein Künstler, irgendwo in der Nähe von Bob Dylan angesiedelt. Seine Mitmusiker wirken wie die Comedian Harmonists, sind Mitglieder irgendeiner Combo. Nemirova und ihr Bühnenbildner Johannes Leiacker thematisieren mit ihrem Ansatz in der 1845 in Dresden uraufgeführten Oper die Rolle der Kunst. Es gehe im "Tannhäuser" um die Zerrissenheit der Titelfigur.


    Um Flucht und Einsamkeit. Tannhäuser könne nur "schöpferisch tätig sein, wenn er seine Körperlichkeit, seinen Eros zurückzuhalten imstande ist", sagte Nemirova. Durch die Verlegung der Handlung in die Gegenwart äußert NemirØva gleichzeitig Kunstkritik: "Wie inhaltsfern Kunst sich heute überall verkaufen muss, finde ich einfach grenzwertig, Marktwert ist entscheidender als Inhalt", meint sie.


    So wird in ihrer Inszenierung der Sängerwettstreit zu einem multimedialen Fernsehshow mit Kameras, Gogo-Tänzerinnen und Werbe-Einblendungen. Die gebürtige Bulgarin Nemirova lebt seit 1982 in Deutschland und arbeitet seit 1998 als freie Regisseurin. Zu ihren letzten Arbeiten zählen "Otello" an der Semperoper in Dresden, "Le nozze di Figaro" an der Lettischen Nationaloper in Riga sowie "Die Dreigroschenoper" in Luzern.


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Um Flucht und Einsamkeit. Tannhäuser könne nur "schöpferisch tätig sein, wenn er seine Körperlichkeit, seinen Eros zurückzuhalten imstande ist", sagte Nemirova.


    Dass beim Tannhäuser aber genau das Gegenteil der Fall, dürfte dir aber nicht entgangen sein, oder? Die Charakterisierung passt auf Wolfram, und eines der Hauptthemen der Oper ist eben die duale Ausdrucksmöglichkeit in der Kunst, personifiziert in Tannhäuser und Wolfram.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Carl St. Clair ist zum neuen Generalmusikdirektor
    der Komischen Oper Berlin gewählt worden.Mit der
    Spielzeit 2008/09 wird er Nachfolger von Kirill Petrenko.
    St.Clair wird in der nächsten Saison schon mit 2 Konzerten und
    einer Premiere seinen Einstand geben!
    Zur Zeit ist er noch GMD in Weimar!

    mucaxel

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  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Also so eine Katastrophe kann der "Tannhäuser" doch von der Regie her nicht sein. Die Presseagentur dpa, deren Kritiken ich eigentlich meistens vertraue, schreibt:
    Überschwänglichen Applaus für die Solisten

    Richard Wagners Oper "Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg" in der Regie von Vera Nemirova ist an der Oper Frankfurt mit großem Jubel gefeiert worden. Das Premierenpublikum applaudierte begeistert, als die bulgarische JungRegisseurin am Sonntag ihre erste Wagner-Arbeit vorstellte. Tannhäuser selbst ist ein moderner Sänger, ein Künstler, irgendwo in der Nähe von Bob Dylan angesiedelt. Seine Mitmusiker wirken wie die Comedian Harmonists, sind Mitglieder irgendeiner Combo.


    Nein, eine Katastrophe ist der "Tannhäuser" in der Regie von Vera Nemirova tatsächlich nicht. Er ist für mein Empfinden nicht völlig "rund" geworden, einiges bleibt ungelöst - aber sehenswert ist die Produktion schon. Dass das Publikum "begeistert applaudierte" ist allerdings so nicht richtig. Im Gegenteil: Vera Nemirova und Johannes Leiacker mussten heftige Buh-Rufe entgegen nehmen - und Nemirova schien damit nicht gerechnet zu haben. Beide zeigten sich dem Publikum nur ein einziges Mal.


    Auch mit dem "überschwänglichen Applaus" für die Solisten ist das so eine Sache. Zumindest der Tannhäuser wurde geradezu reserviert empfangen. Seine Leistung war an mehr als einer Stelle indiskutabel.


    Andere Solist/innen wurden da freundlicher bedacht, auch wenn vieles an diesem Abend sängerisch der Frankfurter Oper nicht zum Ruhm gereicht hat: Landgraf, Elisabeth, Venus...


    Die Bemerkung über Bob Dylan und die "C. Harmonists" stammen übrigens aus einem Interview mit Nemirova, das wenige Tage vor der Premiere in der "Frankfurter Rundschau" zu lesen war. Ähnlichkeiten mit den letzteren sind marginal, mit ersterem gar nicht vorhanden...

  • Ich komme gerade aus dem Konzerthaus von einem Künstlergespräch mit Rolando Villazon und Lang Lang (witziges Paar, die beiden!) und habe mich wieder einmal über die ach so geistreichen Fragen des Interviewers geärgert. :motz: Schon bei Villazon-Netrebko in der Staatsoper dachte ich mir, dümmere Fragen als Peter Dusek kann man nicht stellen, aber Heinz Sichrovsky hat ihn noch getoppt. Villazon hat ein paarmal die Gesprächsführung an sich gerissen und einen Dialog mit Lang Lang gestartet, und da wurde es dann wirklich interessant. Welche Qualifikation braucht man eigentlich, um so ein Gespräch leiten zu dürfen???? Habt ihr auch schon einmal ähnliches erlebt?
    Frustrierte Grüße von Severina

  • Liebe Severina,


    wenn Du Beispiele für inkompetente Gesprächsführung sehen willst, musst Du Dir nur die sog. "Talkshows" oder noch schlimmer, die Politikgesprächsrunden oder Interviews mit Sportlern gönnen :D


    :hello:
    Stefan


    PS: Welche Qualifikation braucht man? Denke keine :rolleyes:


    PPS: Einfach nicht drüber aufregen ;)

    Viva la libertà!

  • Staatsoper Hamburg "Frau ohne Schatten"


    Las gerade im Internet in der "Welt" und im Berliner
    "Tagesspiegel" vernichtende Kritiken von der
    Premiere.
    Simone Young hat dirigiert und die Sänger wurden
    mit BUUHRUFEN scheinbar überschüttet!!!
    Ist jemand hier der das LIVE erlebt hat???



    Gruss aus München :D :O ?(

    mucaxel

  • Eigentlich hätte gestern in Freiburg Premiere von György Ligetis "Grand macabre" sein sollen, aber das Konzept von Regisseur Calixto Bieito war dem kleinen Theater Freiburg zu aufwendig, so dass die Ligeti-Produktion in die nächste Spielzeit verschoben wurde (noch werden Sponsoren gesucht, um die Unternehmung "Grand macabre" abzusichern). Man entschloss sich, "Elektra" (ursprünglich für die Spielzeit 2007/2008 geplant) vorzuziehen - der Regisseur blieb der gleiche.


    Auf der Drehbühne sieht der Zuschauer eine Art moderne Wohnlandschaft mit Nasszellen, Wohn- und Schlafbereich und Küche. Zu Beginn wird in der Küche ein Fest gefeiert. Die kleine Elektra hat Geburtstag und Mutter und Stiefvater bemühen sich mit den anderen Anwesenden um eine gelöste Atmosphäre. Allein Elektra wirkt ernst und uninteressiert. Die intakte Oberfläche der Familie trügt - mit dem ausblasen der Kerzen auf dem Geburtstagskuchen dröhnt die Musik los.


    Elektra, jetzt eine erwachsene Frau, ist nur eine Beschädigte in diesem bösen Spiel, die gesamte Familie ist kaputt und eine Rückkehr zu einer irgendwie unbeschwerten Kindheit unmöglich. Ob die Rache für den Vatermord, wenn schon keinen Frieden, so doch irgendeine Erlösung bringt, ist von vorneherein ungewiss.


    Die ganze Szene wird von quasi "Untoten" beherrscht, jeder trägt schwer an seinem Schicksal - was Bieito breit ausspielen lässt, bsplsw. in einem angedeuteten Border-Line-Syndrom bei Elektra.


    An einigen Stellen wirkt die Inszenierung wie ein Horror-Film, mit Waschbecken voller Blut, mit dem sich Klytämnestra wäscht.


    Brutal geht es zu, auch im Umgang der beiden Schwestern miteinander - nur die Begegnung mit Orest (der durch den Zuschauerraum kommt) und Elektra hat einen intimeren Charakter.


    Die Mutter wird in der Dusche mit dem Messer ermordet, sie schleppt sich zu einem Sessel, immer wieder sticht der Sohn zu. Aegisth wird erdrosselt.


    Am Ende gibt es keine Hoffnung mehr: alle sind dem Wahnsinn anheim gefallen, isoliert von einander, gefangen in einer ganz eigenen Welt, "in der die Toten lebendig sind, als wären die Lebenden tot."


    Cynthia Makris ist eine überwältigende Darstellerin der Elektra. Sie ordnet auch den Gesang immer dem Ausdruck unter, was leider zu mancher Ungenauigkeit führt. Die Stimme verfügt über enorme Kraftreserven und hält bis zum Ende durch, ohne dass das Gefühl entsteht, dass hier Grenzen erreicht werden. Getrübt wird der Gesamteindruck für mich durch ein übergrosses Vibrato.


    Ebenfalls beeindruckend Leandra Overmann als Klytämnestra. Wobei diese gerne etwas mehr hätte singen, statt deklamieren dürfen - zumal sie über eine noch intakte Stimme verfügt (bei der Alternativbesetzung - Ortrun Wenkel - sieht das möglicherweise anders aus...).


    Gute Leistungen von Sigrid Schell als Chrysothemis und Neal Schwantes (Orest - ebenso, wie der hier als sehr präsenter "Alter Diener" eingesetzte Jesse Coston eine jahrzehntelange Stütze des Freiburger Opernhauses).


    Das Freiburger Orchester mit Patrick Ringborn am Pult bot für ein Theater dieser Grösse beachtliches, kleinere Unsicherheiten sollen da nicht ins Gewicht fallen - sympathisch: am Ende durfte sich das Orchester auf der Bühne mit Verbeugen.


    Seltsam das Applausverhalten von Calixto Bieito: er zeigte sich für Sekunden dem Publikum, drehte sich sofort den Mitwirkenden zu, dankte diesen und verschwand auf Nimmerwiedersehen in der Gasse, bevor wohl die Zuschauer richtig realisierten, wer der freundliche Herr mit ohne Haare war...


    Es ist eine starke und gelungene Aufführung - trotzdem bewerte ich die Produktion von Günter Krämer in Köln höher (damals mit G. Schnaut, H. Schwarz, H. Peeters, E. Johannsen und H. Hiestermann, am Pult James Conlon) - sie wirkte auf mich runder, geschlossener, stimmiger.


    Als nächste Projekte stehen (verteilt auf fünf Jahre) Wagner Opern in Stuttgart mit Bieito an: "Lohengrin", "Parsifal" und "Holländer" werden genannt...

  • Hallo Alviano,
    Die Bieito-"Elektra" klingt bestechend, aber ich habe meine Zeifel - vielleicht kannst Du sie zerstreuen.
    Wie Du weißt, bin ich ja durchaus kein Erzkonservativer, aber wenn ich "an einem deutschen Mittagstisch" von Tieropfern höre, von Dienern, von einem Hund, der seinen Herren erkennt etc.etc. (der Text ist ja voll davon), kommt in mir die Frage hoch, ob diese mythischen Anspielungen nicht deplaziert wirken. Oder zieht Bieito eine Ebene des Mythos in die Ebene der Gegenwart ein?
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Zitat Severina
    Schon bei Villazon-Netrebko in der Staatsoper dachte ich mir, dümmere Fragen als Peter Dusek kann man nicht stellen,


    Kann es sein, daß Duseks Fragen in ihren geistigen Höhenflügen seinen Gesprächspartnern genau angemessen waren...? :D
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Kann es sein, daß Duseks Fragen in ihren geistigen Höhenflügen seinen Gesprächspartnern genau angemessen waren...? :D
    :hello:


    Ich fürchte, da überschätzt du den Herrn Dusek! :D (Ich hoffe, du kennst ihn nicht persönlich :O) Bis dahin dachte ich eher, so tief kann kein Geist fliegen.... (Deine Anna-Phobie ignoriere ich jetzt einfach einmal :]) VR halte ich übrigens wirklich nicht für dumm, er ist nur in der Pubertät stecken geblieben.
    lg Severina :hello:

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Hallo Alviano,
    Die Bieito-"Elektra" klingt bestechend, aber ich habe meine Zeifel - vielleicht kannst Du sie zerstreuen.
    Wie Du weißt, bin ich ja durchaus kein Erzkonservativer, aber wenn ich "an einem deutschen Mittagstisch" von Tieropfern höre, von Dienern, von einem Hund, der seinen Herren erkennt etc.etc. (der Text ist ja voll davon), kommt in mir die Frage hoch, ob diese mythischen Anspielungen nicht deplaziert wirken. Oder zieht Bieito eine Ebene des Mythos in die Ebene der Gegenwart ein?
    :hello:


    Hallo Edwin,


    ich bin mir nicht sicher, ob ich Deine Frage richtig verstehe. Gesehen hast Du die Aufführung nicht...? Der Bezug von Bieito liegt stärker als in der Gegenwart in der Enstehungszeit des Stückes. Freud ist da das Stichwort, und das empfinde ich als nicht falsch. Das ist der gleiche Ansatz, der bei Krämer in Köln zu sehen war, dort allerdings um einiges moderater.


    Diese ganz alten Stoffe haben vielleicht deshalb so lange überlebt, weil sie archetypisches erzählen, etwas, was Menschen zu allen Zeiten berührt und beschäftigt hat. So betrachtet wirkt der Mythos auch in der Freiburger Neuproduktion in die Gegenwart fort.


    Die Sprachbilder empfinde zumindest ich nicht als deplaziert. Einen geschlachteten Hund (auch ein Textzitat, wohl das Lieblingstier der Chrysothemis) gibt es, ohne dass das aufgesetzt wirken würde. Und das "kreissen" und "morden" eines sei, wird auch ganz wörtlich umgesetzt. Dass Klytämnestra in der Dusche zu Tode kommt, wo sie doch mit ihrem Lover Aegitsh den Ehemann "im Bade" erschlagen hat, ist zumindest eine spannende Situation. Solche Beispiele eher genauen Lesens des Stückes finden sich viele.


    Ob man die entsprechende Visualisierung toleriert, ist dann eine andere Frage...


    Wenn ich kann, zerstreue ich gerne Zweifel...


    LG

  • Hallo Alviano,
    nun, die Zweifel zerstreuen sich. Ich hatte den Eindruck, es gehe bloß um die Demontage einer bürgerlichen Familie. Und dafür finde ich den "Elektra"-Stoff mit seiner Blut- und Opfer-Symbolik ungeeignet, weil der Mythos vordergründiger blutrünstig und grausam ist, während die familiäre Situation der Gegenwart ihre Grausamkeiten eher tarnt.
    Aber so, wie Du es jetzt konkretisiert hast, hätte ich eigentlich nichts dagegen.
    :hello:

    ...

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  • Der Direktor der Wiener Staatsoper
    Ioan HOLENDER hat heute
    Mittwoch, den 21.II.07 erklärt dass er seinen
    Vertrag über das Jahr 2010 n i c h t
    verlängern wird....


    Die Suche nach einem Nachfolger kann
    beginnen...



    :pfeif:

    mucaxel

  • Hallo,


    am 10. März bin ich in Berlin und liebäugle mit einem Besuch von Hoffmanns Erzählungen in der Komischen Oper. Es wird dort auf Deutsch gespielt.


    Kennt jemand die Inszenierung? Ist sie interessant?


    Wie gut wird an der KOB eigentlich gespielt? Ist das eher Hamburg/Köln, eher Dortmund/Karlsruhe, eher Bielefeld/Münster?


    Was erwartet mich in der KOB hinsichtlich meiner "objektiven Qualitätskriterien"?



    Thomas Deck

  • Hallo Thomas,


    unter diesem Link kannst Du Kritiken zu Hoffmann finden, aber wahrscheinlich hast Du die inzwischen ja schon längst gelesen.
    'http://www.komische-oper-berlin.de/'


    Bin dann gespannt, ob Du von Deinem Besuch in der KOB berichten wirst, denn diese Oper steht auch noch auf meinem Wunschzettel.


    Die Akustik soll in der Mitte des Parketts nicht so ganz optimal sein, also bietet sich der 1. und 2. Rang Mitte wohl eher an, um Deinen Kriterien zu entsprechen. Meinst Du mit gespielt, die schauspielerische Leistung der Sänger? Die habe ich nirgends besser erlebt und auch nicht die Sprachverständlichkeit. Da wird wohl sehr großer Wert drauf gelegt.


    Wünsche Dir viel Vergnügen bei Deinem Aufenthalt in Berlin.


    Herzl. Gruß
    Ingrid


  • Hallo Ingrid,


    heute habe ich die Karte gekauft. Noch mal zu meinen "Qualitätskriterien": Ich möchte erst mal nur die Sache verstehen:


    Text: Man singt auf Deutsch, aber möglicherweise ohne Untertitel. Angenommen, ich verstehe nur 50% des Textes: Dann wäre das ein Rückschritt gegenüber dem übertitelten Original. Allerdings ist der Text bei Offenbach nicht gar so wichtig wie bei Wagner. Warten wir ab.


    Inszenierung: Wie gesagt, ich möchte das Konzept des Regisseurs verstehen.



    Es gibt natürlich weitere Qualitätskriterien, die man aber nicht mehr so leicht objektivieren kann: Qualität des Spiels (Musik, Gesang, Mimik, etc.).


    Objektiv kann man aber feststellen, ob überhaupt gespielt wird. Ich sah schon Szenen, da waren 20-30 Leute auf der Bühne, und jeder spielte irgendwas, alles passte zusammen. Es gibt aber auch Szenen, da sind die 4 Hauptdarsteller auf der Bühne und stehen nur rum. Und dann gibt's die Mischformen: Mann spielt genial, kommt aber durch das viele Herumgerenne aus dem Takt.


    Wie auch immer, ich werde berichten, wie es an der KOB ist...



    Gruß
    Thomas

  • Zitat

    Original von thdeck
    Wie auch immer, ich werde berichten, wie es an der KOB ist...


    Wie es an der KOB ist, wirst Du nach einer Vorstellung wahrscheinlich nicht zu 100 % sagen können, sondern doch nur, wie Deine Kriterien an diesem Abend erfüllt wurden. Auch die eigene Verfassung spielt eine Rolle, dann die verschiedenen Besetzungen und man sollte berücksichtigen, dass einem nicht alle Opern ähnlich gut liegen.


    Wünsche Dir auf jeden Fall einen spannenden Opernabend.
    Gruß Ingrid

  • Zitat

    Original von Ingrid


    Wie es an der KOB ist, wirst Du nach einer Vorstellung wahrscheinlich nicht zu 100 % sagen können, sondern doch nur, wie Deine Kriterien an diesem Abend erfüllt wurden. Auch die eigene Verfassung spielt eine Rolle, dann die verschiedenen Besetzungen und man sollte berücksichtigen, dass einem nicht alle Opern ähnlich gut liegen.


    Wünsche Dir auf jeden Fall einen spannenden Opernabend.
    Gruß Ingrid


    Jaja, das bezog ich natürlich auf den einen Abend (du bist Ingenieurin, Naturwissenschaftlerin oder Handwerkerin, gib's zu; das sind nämlich die einzigen, die den wahren Durchblick haben).


    Eins muss ich aber noch anmerken: "Verschiedene Besetzungen" kann als Ausrede nicht akzeptiert werden. Die Eintrittspreise sind nämlich immer gleich (von Premieren etc. mal abgesehen). Also muss auch die Leistung immer angemessen sein. Z.B. zahle ich bei der betreffenden Vorstellung satte 62 Euro. Dafür kann es keine zweitklassige Leistung geben.


    Aber zur Sicherheit: Ich gehe immer mit einer positiven Grundhaltung in eine Oper. Ich sehe mich nicht als unerbittlichen Richter über die Leistung des Ensembles. Allenfalls vergleiche ich mit anderen Opernabenden. Bzgl. der KOB bin ich da durchaus guter Hoffnung...



    Gruß
    Thomas

  • Hallo Thomas,


    in der Früh ist es mit dem Durchblick immer überhaupt nicht gut (Du scheinst ja auch ein Nachtmensch zu sein), selbst wenn ich einen Deiner angeführten Berufe hätte ;)


    Mit der Besetzung hast Du natürlich recht und die Unterschiede werden minimal sein, aber manchmal hat man halt auch da so seine Vorlieben, gerade wenn man schon einige vom Ensemble erlebt hat. Ich würde z.B. als Muse gerne Stella Doufexis sehen, da ich sie schon in anderen Rollen an der KOB und in München unglaublich gut fand, aber sein Traumteam bekommt man halt nicht immer.


    Also nochmals: Viel Freude in Berlin und bei der Vorstellung.
    Gruß Ingrid

  • Ich schreib das mal hier rein, weil ich dafür keinen neuen thread aufmachen möchte:


    Ich kann heute abend ins akademiekonzert in mannheim gehen


    Kann mir jemand etwas über die musik sagen?


    ob sie eher schwer oder eher leicht zu hören ist?


    wäre sehr nett.


    26. / 27. Februar 2007
    5. Akademiekonzert
    Dirigent: Friedemann Layer


    Solist: Gerard Caussé


    Robert Schumann Ouvertüre zum dramatischen Gedicht Manfred, op. 115


    Felix Mendelssohn Bartholdy Symphonie Nr. 4 A-Dur, op. 90, Italienische


    Hector Berlioz Harold en Italie, Symphonie in vier Sätzen mit Soloviola, op. 16




    Danke schonmal


    grüße Bastian


  • Servus Bastian,


    Schumann kenne ich nicht, ist nicht so meins ;-), aber Die Italienische und Harold en Italie sind zwei sehr schöne Stücke, die Dir bestimmt gefallen werden. Und "schwer" sind sie auch nicht ;-)


    Viel Vergnügen,
    Austria

    Wir lieben Menschen, die frisch heraus sagen, was sie denken - vorausgesetzt, sie denken dasselbe wie wir (Mark Twain)

  • Am 15.02. begann dieses Jahr der Karneval - und vermutlich bleibt kein Gast des Ruhrgebietes zwischen Köln, Düsseldorf und Mönchengladbach davon unbehelligt. Auch die Wiederaufnahme des "fliegenden Holländers" in Essen (Regie: Barrie Kosky, Dirigent: Stefan Soltesz) litt unter den "tollen Tagen": während, dem Vernehmen nach, der "Holländer" normalerweise ein echter Kassenschlager in Essen ist, blieben an diesem Donnerstag viele Plätze leer.


    Die Bühne wird von wilden Felsen eingerahmt (ein "Fluchtort" für Senta), die Aktionsfläche stellt aber einen modernen Raum dar, steril weiss, im Hintergrund eine Art Hochhausfassade mit vielen Fenstern darinnen.


    Vergleichbar der Bayreuther Inszenierung von Harry Kupfer steht auch in Essen Senta im Mittelpunkt des Stückes, sie ist entweder persönlich oder in vielfältiger Aufteilung die ganze Vorstellung über präsent.


    Vieles in Koskys Inszenierung ist uneindeutig, interpretierbar - so auch diese Senta. Auf mich wirkt sie wie ein Missbrauchsopfer, das von Männern, auch dem Vater Daland, benutzt wird, die einen Ausweg aus ihrer bedrückenden Situation sucht und diesen im Traumbild des Holländers zu finden scheint.


    Zu Beginn beobachten Männer mit Ferngläsern diese Senta im Bühnenvordergrund. Der Steuermann richtet sein Lied nicht an irgendein entferntes Mädchen, sondern an Senta.


    Der Holländer bricht durch eine Wand in Sentas seltsam klaustrophobische Welt herein: ein grosser, kräftiger Typ im weissen Unterhemd und mit Dog-Tags um den Hals, ein Macho.


    Brutal verhökert Daland seine Tochter an den Fremden.


    Die Mädchen sind eine Putzkolonne unter der Anführung einer Mary, die auch als Gefängnisaufseherin durchgehen würde. Das Rädchen, das da summt und brummt, ist Senta selbst, die sich um ihre eigene Achse dreht.


    Erik sieht aus wie ein kleiner Angestellter, Modell moderner Buchhalter mit Fielmann-Brille - man versteht, warum sich Senta einen ganz anderen Typ Mann imaginert.


    Der dritte Akt ist der Kulminationspunkt der Aufführung, ein Albtraum der Senta, alle sehen aus, wie Senta selbst - oder wie der Holländer (im Falle des Geisterchores): es ist eine krude Mischung aus Vergewaltigung und schwarzer Messe, was da zu sehen ist, beängstigend und punktgenau in Szene gesetzt.


    Am Ende befreit sich Senta vom Holländer (und mit ihm von allen Männern, die ihr wehgetan haben...?): sie schneidet ihm die Kehle durch und wirkt mit dieser Tat sehr zufrieden.


    Stefan Soltesz dirigiert einen sehr zügigen, sehr emotionalen Wagner, der mir insgesamt gut gefallen hat, die sängerischen Leistungen überzeugen weniger. Am besten schneidet noch Astrid Weber ab, sie ist auch auf CD-Einspielung unter Bruno Weil als Senta zu erleben. Ihr Partner, Almas Svilpa als Holländer, tut sich mit der deutschen Sprache schwer, kämpft auch mit der für einen Bass unangenehmen Lage der Partie. Somit wirkt sein Gesang oft hart, rüde und in der Höhe angestrengt. Als Typ allerdings ist er ausgesprochen gut besetzt und schauspielerisch überzeugend. Schwache Leistungen vom Erik Thomas Piffka (zwei, drei Stentortöne und ansonsten noch nicht mal saubere Linienführung oder korrekte Einsätze) und Marcel Rosca (Daland).


    Eine spannende Aufführung, die mich mehr überzeugt hat, als der "Tristan" am selben Haus vom gleichen Regisseur.


    In Essen würde ich noch gerne Herheims "Don Giovanni" sehen - aber ich schrecke wegen der gesanglichen Seite davor zurück. Hat vielleicht jemand von den Berlinern (oder Gästen in Berlin) die "Forza" an der Lindenoper gesehen? Eindrücke würden mich interessieren.

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