Jonas Kaufmann, von München aus die Welt erobert

  • Ein bisschen wird er den Ruhm jetzt aber schon genießen. Ist ja lange genug davon verschont geblieben. Villazon wird bestimmt auch für ihn ein warnendes Beispiel sein, aber wir werden es sehen. Bin auf jeden Fall sehr auf seinen Arien-Abend in München gespannt. Da wird er wohl in erster Linie seine neue CD vorstellen. Ob es die dann dort wenigstens günstiger gibt? :D


    LG Ingrid

  • Hallo,


    ich habe soeben die neueste CD von Jonas Kaufmann "Romantic Arias" zu Ende gehört und kann davon leider nicht schwärmen. Andere CDs von ihm kenne ich nicht, habe ihn aber in einigen Opernaufführungen im Fernseher gesehen, wo er mir recht gut gefallen hat. Doch hier, wo sein Aussehen und sein schauspielerisches Talent keine Rolle spielen, muß er mit Stimme und Interpretation punkten. Es ist alles nicht schlecht, aber reicht das um den Vorschusslorbeeren und den Lobeshymnen, die man gelegentlich liest gerecht zu werden? Ich meine nicht ganz. Gut finde ich seine Interpretation der meisten Werke, man merkt dass da ein Künstler mit Verstand am Werke ist. Seine Stimme ist sehr baritonal, aber das ist nicht das Problem. Seine forti kommen meist sehr massiv, manchmal empfinde ich sie sogar etwas grob, seine piani macht er mit viel Luft und seine Stimme gerät ungewollt dabei in ein leichtes tremolo. Er scheint das Stadium eines lyrischen Tenors verlassen zu haben, singt dennoch auf der CD einige Arien dieses Faches. Warum "Che gelida manina", "Ella mi fu rapita" oder "Lunge da lei"? Es gibt einige Sänger die das besser und stilgerechter als er singen und gesungen haben. Schon viel besser gefallen mir dann "Le fleur che tu m'avais jete" oder "Io l'ho perduta!" Die Arien von Gounod und Massenet hätte er sich meiner Ansicht nach auch sparen können (Liebe Severina, an einer Stelle hast Du geschrieben, dass Du in Manon mehr von Kaufmann als von Villazon erwartest. Auch mit angegriffener Stimme hat mir Villazon viel besser in "Ah, fuyez" als Kaufmann gefallen). Für dieses Repertoire fehlt ihm meiner Absicht nach ein bischen die Eleganz in der Phrasierung. Am besten hat mir die Arie aus Freischütz gefallen, bei der ich nichts auszusetzen habe.


    Das ist meine subjective und unprofessionelle Meinung, mit der ich aber anscheinend nicht ganz allein stehe. Wenn man die Kundenrezensionen auf Amazon liest, dann gibt es nur 2 Meinungsrichtungen: Top oder Flop. Ich selber würde der CD 3 von 5 Sternen geben, da es sich um einen ernst zu nehmenden Künstler handelt, der auf der Bühne sehr überzeugend ist. Ich denke auch nicht, dass er ein Marketingprodukt ist und ich glaube, dass er gut daran täte, sich zum schweren Fach zu orientieren und auf jeden Fall hauptsächlich zum deutschen Repertoire.


    Für die Interessierten hier die vorhin erwähnten Äusserungen von Axel Brüggemann. Nachdem ich nun die CD gehört habe, finde ich, ein Körnchen Wahrheit enthalten sie schon.


    Fiordiligi


    http://www.crescendo.de/blog/?p=910#more-910


    "Mit Jonas Kaufmann wird versucht, einen Star zu etablieren, und wenn man den “Spiegel” von vorletzter Woche liest, sind das abgeschriebene Pressetexte - es funktioniert immer nach der gleichen Masche: Die CD-Firmen preisen einen Sänger an und verweisen dabei auf die gute alte Vergangenheit - das hatten wir bereits bei Netrebko, nun soll es bei Kaufmann ebenso geschehen. Ich glaube, dass er auf seiner neuen CD ein Repertoire singt, das andere Sänger besser können: z.B Juan DIego-Florez oder Rolando Villazon. Ich kann nur jedem empfehlen, sich beim Vergleich auf die eigenen Ohren zu verlassen, weder einem Journalisten wie mir zu vertrauen noch den Kollegen und erst Recht nicht der PR. Hört hin! Und Ihr werdet Ohren machen."

  • Hallo Fiordiligi,
    Schlussendlich ist es vermutlich eine Frage der Gewichtung, wie man die neue CD von Kaufmann bewertet. Allein die auffällig intelligente Interpretation vieler Stücke der CD wäre mir schon den 4. bzw. 5. Stern wert.
    Ich bin aber nicht ganz sicher, ob das von Dir bemängelte "nicht stilgerechte" seiner italienischen Arien nicht einfach tradierte Dinge sind, die Kaufmann einfach erstmal anders macht, was dann vielleicht anfangs verstört. Je öfter ich die italienische Arien höre, desto besser gefallen sie mir jedenfalls.


    Und zu Herrn Brüggemann:

    Zitat

    Ich glaube, dass er auf seiner neuen CD ein Repertoire singt, das andere Sänger besser können: z.B Juan DIego-Florez oder Rolando Villazon.


    Ich wüsste nicht wo sich Florez und Kaufmann in ihrem Repertoire irgendwie überschneiden würden.


    Zitat

    Ich kann nur jedem empfehlen, sich beim Vergleich auf die eigenen Ohren zu verlassen, weder einem Journalisten wie mir zu vertrauen noch den Kollegen und erst Recht nicht der PR. Hört hin! Und Ihr werdet Ohren machen."


    Prima, damit macht sich Herr Brüggemann selber überflüssig :D, ganz meiner Meinung.


    Beste Grüsse :hello:
    Syrinx

  • Hallo Syrinx,


    ich gebe zu, dass ich die von mir erwähnten Arien in den gro0artigen Interpretationen von Di Stefano, Pavarotti, Domingo, Carreras und zuletzt Villazon im Ohr habe. Ich bin nicht nur Opernfan, sondern auch Italienfan und kann auch ziemlich gut italienisch. Bei den 5 Künstlern geht mir einfach das Herz auf, ich fühle mich plötzlich in dieses fantastische Land versetzt, vor meinem inneren Auge erscheinen wundervolle Landschaften und temperamentvolle Menschen mit sonnigem Gemüt. . Bei Kaufmann habe ich das Gefühl mich verirrt zu haben, zwar kann ich auch da durchaus Temperament erkennen, doch es fehlen mir einfach die Leichtigkeit und das Sonnige, die einfach zu dieser Musik dazu gehören. Ich will mir andererseits zum Beispiel nicht vorstellen, wie Pavarotti sich als Wagner-Sänger gemacht hätte.


    Das auch Nicht-Italiener dieses Fach hervorragend singen können beweisen die oben erwähnten Spanier. Auf dem Villazon-Thread habe ich einen Link zum Making of von der zukünftigen Schallplatte "Cielo e mar" hineinkopiert. DAS ist italienisch!


    Gruß
    Fiordiligi

    Einmal editiert, zuletzt von Fiordiligi ()

  • So, nun habe ich den Rising Star auch live erlebt und zwar am Samstag in der Berliner Bohème unter Gustavo Dudamel.


    Ich hatte eigens ein Opernglas mitgebracht und ausserdem nach der Pause einen serh guten Platz, habe aslo wirklich was gesehen :D


    Ja, das ist ein serh guter Sänger, der den Anforderungen der Rolle voll gewachsen war undlediglich stellenweise einen etwas rücksichtsvolleren Dirigenten gebraucht hätte: wie Dudamel in der Arie "Che gelida manina" das Orchester aufgedreht hat, fand ich z.B. unerhört. :motz:


    Und ja, das ist ein sehr attraktiver Rodolfo, den ich mir aber etwas weniger schmächtig vorgestellt hatte, irgendwie bekommt man von der ganzen PR auch optische Vorurteile-schlimm genug!


    Aber trotz der unzweifelhaft grossen Qualitäten konnte ich den fusstrampelnden Jubel nciht so ganz nachvollziehen und schon gar nciht mitmachen.
    Ich war zu erstaunt, wie unbewegt mich diese Bohème gelassen hat,obschon die Inszenierung sehr schön, die Sänger gut bis sehr gut waren und fast Alles sonst auch stimmte .
    Seltsamerweise kam bei mir sehr wenig Emotion an,ganz am Schluss in der Sterbeszene war das etwas anders, aber der gesamte erste Akt mit diesen herrlichen Duettszenen..... :no:


    Ich habe natürlich auch an Villazon gedacht-für mich ist das wirklich ein anderes Kaliber im Hinblick auf Ausdruckskraft und musikalische und darstellerische Hingabe.


    Aber da solche Vergleiche unzulässig sind, sage ich einfach mit gutem Gewissen, dass ich Jonas Kaufmann sängerisch hervorragend und attraktiv auf der Bühne finde, aber wegen ihm ganz sicher nciht in Ohnmacht fiele oder hysterisch würde :D


    F.Q.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich habe mir noch zu Zeiten, als der Hype noch nicht so groß war, einige Passagen aus der Winterreise von ihm angehört und war nicht sonderlich beeindruckt. Wie er das sang, war angemessen, mehr aber auch nicht.


    Die Stimme hat einen kehligen Klang und klingt künstlich verdunkelt (baritonal).


    Nun habe ich mir neulich die "Romantic Arias" CD angehört ...
    Auch hab ich ein Interview mit ihm gelesen, wo er in etwa sagt, wie er sieht, dass er seinen Weg bis hin zum "Tristan und den wirklich schweren Brocken" weitergehen kann.


    Ich glaube schon, dass die Stimme für solche, die keine jahrelange Hörerfahrung haben, bzw. nicht selber singen toll klingt. Das tut sie auch, wenn man die technischen Mängel überhört. Die hört vermutlich nur jemand der selber singt:


    zuviel Druck in der Höhe; Mittellage wird zu offen gesungen; Höhe wird zu eng gesungen; schwache Tiefe (Tristan!); verliert Fokus in der Höhe (man vergleiche sein Hohes c (auf dolce speranza) mit jenem Wunderlichs (YouTube) in "che gelida manina")


    Allerdings empfehle ich, sein "gelida manina" mal mit der Aufnahme Wunderlichs (auf deutsch) zu vergleichen, die es auf YouTube gibt. Man wird feststellen, dass ein Vergleich mit Wunderlich nicht zieht.


    Ich stimme mit dem oben genannten Agenten teilweise überein. Kaufmann hatte meiner Meinung nach noch nie eine wirklich ausgereifte Technik und täte gut daran nochmal drei bis fünf Jahre in die Lehre zu gehen (hab mal gelesen, dass er keine gute Meinung von Gesangslehrern hat und sich seine Technik selbst zusammengebastelt hat). Tut er das nicht, sollte er jedenfalls keine schweren Wagnerpartien singen.


    Wieder mal ein Tenor, der von der Maschinerie ausgenommen wird. Er wäre alt genug, eine entsprechende Technik aufzuweisen, die er leider nicht hat.

  • Zitat

    Original von Theiresias


    Ich glaube schon, dass die Stimme für solche, die keine jahrelange Hörerfahrung haben, bzw. nicht selber singen toll klingt. Das tut sie auch, wenn man die technischen Mängel überhört. Die hört vermutlich nur jemand der selber singt:


    zuviel Druck in der Höhe; Mittellage wird zu offen gesungen; Höhe wird zu eng gesungen; schwache Tiefe (Tristan!); verliert Fokus in der Höhe (man vergleiche sein Hohes c (auf dolce speranza) mit jenem Wunderlichs (YouTube) in "che gelida manina")


    Die Stimme klingt auch für jemanden toll, der jahrelange Hörerfahrung hat, selbst auf nicht gerade amateurhaften Niveau singt und technische Mängel - sofern vorhanden - erkennt. Bei Kaufmann kann ich keine der von Dir genannten Mängel finden und der Vergleich mit Wunderlich hinkt natürlich schon aufgrund der verschiedenen Stimmtypen. Enge Höhe ist definitv was anderes! Im Gegenteil, er geht vollstimmig in die Höhe, wenn es gefordert ist und kann aber auch ein ordentliches piano produzieren.
    Ich glaube bei der Beurteilung von Kaufmann prallen einfach verschiedene "Klangideologien" aufeinander. Entweder man mag die baritonalen Tenöre oder eben nicht.
    Ich mag sie und hoffe, dass Kaufmann sich nicht verheizen lässt, klug seine Rollen wählt und noch ein wenig an seinem Ausdruck arbeitet. Und Technik reift über Jahre - da kann sich kein Sänger von frei machen. Auf jeden Fall erscheint mir seine Herangehensweise gesünder als die von Villazon, auch wenn der natürlich bedeutend mehr Emphase mitbringe (und dafür offensichtlich schon bezahlt hat...)


    LG
    Rosenkavalier

  • Hallo Theiresias,
    Ich denke dass wir nicht den gleichen Mechanismen folgen sollten, wie der Musikindustrie, die jemanden erst hochjubelt und dann wieder fallen lässt. Bei näherer Betrachtung findet man an jedem Musiker auch Kritikpunkte.
    Kaufmann ist und bleibt ein guter Sänger, vielleicht ein aussergewöhnlich guter Sänger. Dieses traue ich mir durchaus zu nach allgemein musikalischen Kriterien zu beurteilen (als Musiker aber ohne selber Sänger zu sein). Und ich habe ihn auch schon zweimal live gehört.


    Zitat

    Ich habe mir noch zu Zeiten, als der Hype noch nicht so groß war, einige Passagen aus der Winterreise von ihm angehört und war nicht sonderlich beeindruckt. Wie er das sang, war angemessen, mehr aber auch nicht.


    Kann sein- Dann hör Dir mal die Strausslieder-CD an. Da hörst Du einen ausgereiften Liedsänger.


    Zitat

    Ich glaube schon, dass die Stimme für solche, die keine jahrelange Hörerfahrung haben, bzw. nicht selber singen toll klingt. Das tut sie auch, wenn man die technischen Mängel überhört. Die hört vermutlich nur jemand der selber singt:


    Mag ja auch sein- schlussendlich sind gerade Musiker in den seltensten Fällen einig über jemanden der die eigene Instrumentenzunft (in diesem Fall Sänger) betrifft.


    Zitat

    Allerdings empfehle ich, sein "gelida manina" mal mit der Aufnahme Wunderlichs (auf deutsch) zu vergleichen, die es auf YouTube gibt. Man wird feststellen, dass ein Vergleich mit Wunderlich nicht zieht.


    Natürlich zieht der Vergleich nicht 100%, wie sollte das auch gehen. Es ist irgendwie auch schwer gegen Legenden anzutreten, die man nicht mehr live erleben kann.


    Zitat

    Auch hab ich ein Interview mit ihm gelesen, wo er in etwa sagt, wie er sieht, dass er seinen Weg bis hin zum "Tristan und den wirklich schweren Brocken" weitergehen kann.


    Also wenn man so hört wer zur Zeit den Tristan singt (z.B. Trealeaven, der auch bejubelt wird), kann es eigentlich fast nur besser werden. Ich freu mich jedenfalls jetzt schon drauf.


    Zitat

    Kaufmann hatte meiner Meinung nach noch nie eine wirklich ausgereifte Technik und täte gut daran nochmal drei bis fünf Jahre in die Lehre zu gehen (hab mal gelesen, dass er keine gute Meinung von Gesangslehrern hat und sich seine Technik selbst zusammengebastelt hat)


    Keine Ahnung, wo du das gelesen hast, aber im Arte-Interview sagt er, dass er diese baritonale Tenorstimme mit seinem Lehrer zusammen entwickelt hat. Bliebe auch noch dei Frage bei wem er diese 3-5 Jahre in die Lehre gehen sollte :pfeif:.


    Gruss :hello:
    Syrinx

  • Selbst wenn man das "Eiskalte Händchen" nicht so gut singt, wie Fritz Wunderlich, bedeutet das ja nicht unbedingt, dass man es schlecht singt oder gar ein schlechter Sänger ist. ;)


    Dennoch hoffe ich, dass der Tristan-Kelch an Ihm vorrüber geht.


    Gruß
    Sascha

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Also, mir gefällt Kaufmann besser als Wunderlich, auch sein: "Che gelida manina",welches bei Wunderlich "Wie eiskalt ist die's Händchen" heißt.
    Ansonsten kann man die beiden Sänger schlecht vergleichen, weil Kaufmann meistens in einer höheren Gewichtsklasse singt.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Was ich von dieser ewigen Vergleicherei halte - nämlich nichts! - habe ich schon oft genug gesagt, im übrigen bin ich heilfroh, über kein absolutes Gehör zu verfügen und mich daher an einer Stimme wie der von Jonas Kaufmann erfreuen zu können :], ohne mir den Genuss dran mit "zu dunkel" (was meines Erachtens reine Geschmackssache ist), "zu eng" etc. vergällen zu lassen. Gibt es eigentlich einen Tenor (einen lebenden!!!!! :beatnik: ) der alle von Thereisias geforderten Kriterien erfüllt??????
    Aber Rosenkavalier als aktive Sängerin (Ich verfüge leider "nur" über 30 Jahre Hörerfahrung ;) ) hat mein tenorales Weltbild in Hinblick auf JK ohnehin gerettet! :lips:
    lg SEverina :hello:

  • Liebe Fairy Queen,


    Deine Anmerkungen zur Berliner "La Boheme" decken sich mit einer Rezension, die ich soeben gelesen habe. Da ein Ausschnitt:


    "Stürmische Leidenschaft


    Ein glanzvoller Repertoireabend Unter den Linden also, der das Publikum zum Jubeln bringt, andererseits aber doch einiges in rechte Proportionen rückt. Ja, Dudamels Interpretation hat jugendliches Feuer, stürmend-drängende Leidenschaft, er dirigiert gewissermaßen mit lodernden Locken, so wie man es sich für dieses Drama um die Pariser Twentysomethings wünscht.


    Doch der 27-Jährige hat auch hörbar wenig Erfahrung mit Puccini, noch gelingt es ihm nur selten, das Parfum der Partitur voll zu entfalten, mit einem Spitzenorchester wie der Staatskapelle die tausend kleinen atmosphärischen Details auszukosten. Weil er die Emotion immer sofort zum Anschlag hochpeitscht, bleibt vieles roh, gerät zu laut, so dass sich die Sänger unnötig zum Fortissimo gedrängt fühlen.


    Eiskaltes Händchen dreht auf


    Allen voran Jonas Kaufmann: Schon in seiner „Wie-Eiskalt-Ist-Dies-Händchen“-Arie dreht er zu sehr auf. Selbstverständlich gelingen ihm die Powertöne mühelos, er zeigt mannhaften Glanz mit metrosexuellem Schmelz, doch so plakativ ausgestellt berührt sein Rodolfo kaum, bleibt oberflächlich, wo Puccini viel raffinierter denkt.


    Verglichen mit Rolando Villazon, der jede Rolle hundertprozentig durchlebt, durchleidet (und am 25. und 26. Februar in Berlin mit Verdis „Requiem“ unter Barenboim beweisen will, dass er nach der sechsmonatigen Zwangspause wegen Stimmbandüberreizung wieder ganz der Alte ist), wird man bei Jonas Kaufmann das Gefühl nicht los, dass sich hier einer vor allem gerne selber zuhört. "


    Ich kann da nicht mitreden, da ich nicht dabei war, aber schon die Arie auf seiner neuen CD hat mich nicht vom Hocker gerissen. Wenn ich an Villazon's Rodolfo in Bregenz denke, den ich vor ein paar Tagen wieder gesehen habe, dann stimme ich Dir voll zu in der vergleichenden Beurteilung der beiden Sänger.


    Fiordiligii

  • Zitat

    im übrigen bin ich heilfroh, über kein absolutes Gehör zu verfügen und mich daher an einer Stimme wie der von Jonas Kaufmann erfreuen zu können Freude , ohne mir den Genuss dran mit "zu dunkel" (was meines Erachtens reine Geschmackssache ist), "zu eng" etc. vergällen zu lassen.


    Tja ;-)


    Manchmal wünsche ich mir auch, dass ich mir unbeschwert fast jeden Sänger anhören könnte. So wie die Dinge stehen, muss ich vor allem bei Männerstimmen auf ältere Aufnahmen von Sängern, die meist nicht mehr leben, zurückgreifen...


    Hab neulich versucht, den Tannhäuser von Seiffert anzuhören, der ja so hoch gelobt wurde - ging nicht. Hab mich immer dabei ertappt, wie ich mich nach Melchiors Stimme gesehnt habe ;-)


    Zitat

    Bei Kaufmann kann ich keine der von Dir genannten Mängel finden


    Die sind eigentlich ziemlich offensichtlich, ich dachte, vllt geht nur mir das so, aber schau dir mal die Rezensionen zu "Romantic Arias" auf Amazon an: ich bin nicht der einzige, der seine Technik problematisch findet.


    Das ist aber gar nicht so wichtig. Jene, die sich an seinem Gesang erfreuen, sollen dies tun, solange er noch singen kann. Wie gesagt, würde er nicht so bolzen, dann würde er auch nicht die Karriere machen, die er macht.

  • Liebe Fiordiligi, das ist wirklich sehr frappierend, denn ich habe diese Rezension vorher nciht gekannt und bin doch weitgehend derselben Ansciht wie der Schreiber..... :]


    Und lieber Theiresias, falls du mir unterstellen willst, als "Amateurin in Sachen Gesang" keine Sänger beurteilen zu können, sei dir das unbenommen.
    Mir ist es genauso unbenommen, sehr wohl zwischen einem Alagna oder Cura, die m.E, wirklich unzulänglcih singen und einem Kaufmann, der seiner Rolle als Rodolfo absolut gewachsen war, unterscheiden zu können.
    Was dich veranlasst, einen serh guten Tenor so abzuqualifizieren, weiss ich zwar nciht, aber vielleciht solltest du dir vor Augen halten, dass es von dieser Sorte eben wenig genug gibt und man solche wie Kaufmann dann hegen und pflegen sollte. :D
    Was den Vergleich mit Wunderlich angeht, vollkommen absurd! Das ist eine total andere Stimmfarbe und ein ganz anderer Typ Mann. Wer vergleicht denn einen Cox Orange mit einem Granatapfel? ?(


    Ich wünsche ihm eine lange Karriere, aber als Zuhörer sind mir leider und sehr egoistischerweise Kerzen, die an beiden Enden brennen, lieber.
    Wie gesagt, die mangelnde Emotionalität kann ich leider nciht wegdiskutieren.


    Aber den Vorwurf des "sich gerne selbst hören" hättr ich vielmehr auf Dudamel gemünzt-Kaufmann schien mir gar nciht gockelhaft und selbstverliebt :no:
    F.Q.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo Fairy,
    diesmal denken wir wieder einmal "siamesisch" ;) , denn deinen Worten kann ich nur wenig hinzufügen. Ich habe JK schon etliche Male live erlebt (als Tamino, Duca, Carlo, Königssohn - also in sehr verschiedenen Rollen!), aber noch NIE hatte ich den Eindruck, dass es ihm um "gockelhafte Selbstdarstellung" ginge, ganz im Gegenteil!! Und dass selbst ein Berufskritiker diese völlig unsinnige Vergleicherei (einmal mit Wunderlich, einmal mit Villazon.....) nicht lassen kann, disqualifiziert ihn in meinen Augen sowieso. (Ganz abgesehen davon, dass ich mich um Rezensionen ohnehin nicht kümmere und mir lieber selbst einen Eindruck verschaffe!) Was wollen wir eigentlich? Lauter Wunderlich - bzw. Villazonklone, oder eigenständige Sänger mit unverwechselbarem Stimmcharakter???? Gerade das Nebeneinander so unterschiedlicher Sängerpersönlichkeiten, so vieler "stimmlicher Möglichkeiten" macht für mich das Faszinosum Oper aus, und ich verderbe mir einen Opernabend doch nicht mit der ständigen Überlegung, wie das jetzt X oder Y singen würde, sondern ich genieße Z. Außer natürlich, es gibt nichts zu genießen, was ja leider oft genug vorkommt.....
    Was Villazons Bregenzer Rodolfo betrifft: Den finde ich auch großartig, nur muss ich leider als Rolandofan sagen, dass er SO schon lange nicht mehr klingt, und zwar bereits VOR seiner Stimmkrise nicht mehr :(
    lg Severina :hello:

  • Lieber Theiresias,
    Du hast natürlich recht. Wenn man den Tannhäuser mit einem lyrischen Tenor,wie Seiffert einer ist hört, erinnert man sich an Heldentenöre, wie Melchior, Suthaus, Vinay, Hopf, Vickers, etc. aber solche Tenöre gibt es leider nicht mehr. Sollte man also Tannhäuser, oder den Tristan garnicht mehr aufführen ? Das wäre sicher auch nicht richtig.
    Was den Tenor Jonas Kaufmann betrifft, muß ich sagen, daß ich ziemlich begeistert von ihm bin. Ich kenne ihn eigentlich nur von der Fidelio- Übertragung aus Zürich und ich muß sagen, daß ich viele Tenöre als Florestan gehört habe, aber keinen, der besser als Kaufmann war.
    Er sang ja ziemlich lange unbekannt. Jetzt hat er vielleicht noch zehn Jahre Karriere und ich wünsche ihm und uns, daß er noch einige interessante Rollen in sein Repertoire aufnimmt.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.


  • a) Von 18 Rezensionen sind 11 überschwänglich, eine mittel und 6 finden die CD schrecklich (wobei sich nicht alle vernichtenden Urteile an der Technik aufhängen). Einer hält Kaufmann für einen Bariton (für einen Bariton hat er ein verdammt gutes hohes C :D ) und einer meint, er würde knödeln. Beides ist schlichtweg falsch!Soweit zu dem Thema....


    b) Bolzen ist wirklich was anderes. Bolzen muss man tatsächllich, wenn die notwendige Technik und die Kraft fehlt. Und das rächt sich irgendwann. Kaufmanns Töne klingen aber nicht angestrengt (soweit man das beim Hochleistungssport Singen überhaupt vermeiden kann).
    Aber wie gesagt, ich kenne zur Genüge das Klangideal, das keine vollen, satten, kraftvollenTöne mag....."vornehme Tonbildung" wird ja leider noch immer viel zu oft als Maß aller Dinge genommen......


    LG
    Rosenkavalier

  • Ich war auch in der Boheme und kann FQ und Rosenkavalier nur zustimmen.
    Er hat gut gesungen,mich aber nicht überzeugt.
    Ich hatte den Eindruck,er singt Rodolfo,er ist es aber nicht.
    Am Schluss fragten wir uns,warum hat uns diese Boheme nicht berührt.
    Dudamel fehlt Puccinierfahrung,das war alles zu schnell,ohne Seele.


    Nun gehe ich morgen nochmal,werde in grosser Hoffnung gehen,
    ob der Funke rüberspringt.


    Trotzdem halte ich Kaufmann für einen guten Tenor,
    denn diese sind rar.(Ich habe schon eine Menge sehr schlechte gehört)


    Rita

  • Liebe Severina,


    Du hast vielleicht recht, dass Villazon nicht mehr so klingt wie 2002 in Bregenz, aber ich finde das nicht unbedingt eine negative Entwicklung, abgesehen von seiner Stimmkrise, die er hoffentlich ganz überwinden wird (sein letztes Konzert in Paris mit Arien aus seinem neuen Album hat sehr gute Kritiken bekommen). Ich habe eine Aufnahme von der letztjährigen La Boheme aus München an der Seite von Anna Netrebko und fand ihn noch anrührender als in Bregenz. Er ist ein Sänger dessen Interpretationen großartig sind, und ich finde dass er sich diesbezüglich in den letzten 5 Jahren enorm entwickelt hat. Dasselbe kann ich auch über seinen Edgardo aus Lucia di Lammermoor sagen, wenn ich eine Variante aus 2000 in Mexico mit der 2006 in Orange vergleiche. Die Stimme klang 2006 etwas müde, aber seine Rollengestaltung war ungleich besser als in 2000. Aber genug davon, wir sind jetzt doch bei Kaufmann.


    Ich gebe Dir recht, liebe Sebverina, freuen wir uns, dass es mehrere sehr gute Tenöre gibt, weil die immer Mangelware waren. Das mußte ich auch am Sonntag in der Stuttgarter "Norma" feststellen, wo ich mir sehnichst Kaufmann in der Rolle dea Pollione gewünscht hätte, statt des Norwegers Thomas Ruud. Sicher ist Kaufmann ein sehr guter Sänger, sicher einer der besten heutzutage, aber der Versuch, ihn uns gleich als großes Wunder zu verkaufen find ich doch etwas übertrieben.


    Fairy Queen sprach die Statur von Jonas Kaufmann an. Ich habe ein Bild - leider habe ich es nicht geschafft, es hier einzufügen - auf dem Kaufmann, Angela Gheorghiu, Placido Domingo und Rolando Villazon nebeneinander auf einem Gruppenfoto zu sehen sind. Kaufmann und Villazon haben etwa die selbe Statur.


    Fiordiligi

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Liebe Fiordiligi!
    Darauf können wir uns einigen, denn für ein "Wunder" habe ich JK nie gehalten, sondern nur für einen sehr guten Tenor über dem Durchschnitt, und amüsiere mich ja schon die ganze Zeit über die verbalen Kapriolen der Decca-PR.
    Ein kurzes OT: Ich kenne leider die Münchner "Boheme" mit Netrebko & Villazon nicht, aber wenn ich's richtig gelesen habe, ist das quasi der "Soundtrack" zu dem Boheme-Film, der eben in Wien mit den beiden gedreht wird. Es beruhigt mich zu hören, dass er da gut bei Stimme war, denn im ersten Moment dachte ich mir "O je, ein Mitschnitt aus dem Vorjahr..... :( "
    lg Severina :hello:

  • Ja, das stimmt, es ist der Soundtrack für den neuen La Boheme-Film und ausserdem glaube ich, soll die Aufnahme auch als CD erscheinen. Ich werde diese noch einmal anhören, weil es schon lange her ist, aber ich kann mich erinnern, keine großen stimmlichen Probleme bei RV heraugehört zu haben. Die Kritiken damals waren durchwachsen, vor allem die von der ersten Vorstellung, doch bei der Radio-Übertragung fand ich alles OK.


    Fiordiligi

  • Zitat

    Original von yago
    da gab´s da nicht viele,die schimpften,weil er die generalprobe hat sausen lassen???
    lg yago


    Ja, zumindest alle Wiener, die extra wegen ihm hingefahren sind. (Ich war gottlob nicht darunter, denn zum Nachreisen ist mir der gute Rolando ein viel zu unsicherer Kandidat ;) )
    Aber wir sind hier ziemlich OT - das ist der Jonas-Kaufmann-Thread!!!!
    lg Severina :hello:

  • OK, OK, wir sind bei Kaufmann, also hier eine Fotokollage von ihm ... und anderen.


    http://allyoucanupload.webshots.com/v/2004382604465654638


    Übrigens, liebe Severina, ich habe gerade die Münchner La Boheme gehört. Es wäre eine Reise wert gewesen, wegen des Tenors (keine Namen mehr auf fremdem Gebiet), denn die Sopranistin ist interpretativ ziemlich einfach gestrickt und berührt nicht wirklich. Schade. Vielleicht hilft es im zukünftigen Film, dass ihr Dekoltee ziemlich großzügig geschnitten ist und dass ihre Lippen feuerrot sind, als könnten sie wirklich "sehr heiss küssen".


    Fiordiligi

    3 Mal editiert, zuletzt von Fiordiligi ()

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Ich war gestern nun zum zweiten mal in der Boheme.,und es war genauso wie am 16.2.
    Es hat mich alles wieder nicht berührt.
    Meine Erwartung war,das eventuell bei der zweiten Vorstellung die Resonanz bei mir
    besser werden würde,leider war es nicht so.
    Das Orchester unter Dudamel wieder nicht Puccini!
    Kaufmann ein guter Tenor ,aber das war es auch.



    Rita

  • Ich hatte die letzten Tage auch Gelegenheit, in die CD reinzuhören (Man kommt auch nicht wirklich an Ihr vorbei :D). Genug für einen ersten Eindruck, deutlich zu wenig für ein abschließendes Urteil.


    Anlässlich der Rezension von Frau Lemke-Matwey möchte ich da sagen:


    Ein meckerndes Vibrato ist mir nicht negativ in Erinnerung geblieben. Und wie man sich durch "aufgeblähte mezza voce... um fast jedes Piano herummogelt", ist mir technisch nicht ganz klar und lässt gewisse Zweifel an der terminologischen Sicherheit der Rezensentin aufkommen. Jedoch zieht sich der Vorwurf der übertrieben dunklen Einfärbung der Vokale und des Knödelns als roter Faden durch die negativen Kritiken, manche Rezensenten sprechen auch von zu gaumiger oder kehliger Stimmbildung.


    Nun, in der Tat wirkt für mich die Stimme irgendwie mulmig, vor allem in der Mittellage, als wenn viele Vokale zu weit hinten plaziert werden und auch mir drängte sich der Verdacht auf, dass hier vor allem Volumen abgetrotzt werden soll.


    Aber dies wie gesagt nur ein erster Eindruck. Die Stimme spricht mich nicht unmittelbar an, und das ist naturgemäß eine Einladung zur Fehlersuche, während eine unmittelbare Begeisterung beim erster Hören eher dazu verführt, die Vorteile aus dem noch warmen Kuchen zu pflücken.
    Positiv hat mich jedoch gestimmt, dass Kaufmann sehr oft die gesamte Palette der dynamischen Grade ausnutzt, und nicht nur auf große, voluminöse Töne abstellt, sondern auch viel subtile Abschattierungen riskiert.


    Gruß
    Sascha

  • Ich erlaube mir nochmal, etwas zu posten, dass - mit gutem Willen und bei wenig Licht betrachtet ;) - das Thema Kaufmann immerhin etwas streift.
    So fand ich gerade bei youtube.com anlässlich der dortigen "Kaufmann-Diskussion" folgende, ungemein spannende Debatte, die in Sachen Vergleich, und vor allem hinsichtlich der plastischen Stimmcharakterisierung, keinen Wunsch offen lässt. Über Kaufmann heisst es da also:







    Wobei Experte E ein wirklicher zu sein scheint, denn der Harley-Vergleich ist einfach köstlich...und richtig! :D

  • Wir sollten glücklich sein, daß es nach langen Jahren wieder einen deutschen Tenor von internationaler Bedeutung gibt. Ich kenne Kaufmann zwar "nur" von der Fidelio- Fernseh-Übertragung, von seiner CD und von YouTube, aber was ich gehört habe,hat mich von der Qualität und vom Können dieses Sängers überzeugt(und ich bin sehr kritisch, besonders bei Tenören).
    Ich hoffe, daß der Sänger sein Publikum noch mindestens 10 Jahre mit seiner schöntimbrierten, gesangstechnisch hervorragenden Stimme begeistern wird.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose