Als ich gestern die Rheinoper auf dieses Jubiläum aufmerksam machte, reagierte man ziemlich verständnislos. Die Leute, die da heute am Ruder sind, haben wohl keine Ahnung von der Geschichte ihrer Häuser.....
Lieber Harald, das kenne ich auch aus Berlin zur Genüge, und ich wundere mich inzwischen nicht mehr. Denn: Die Vergangenheit ist manchmal auch der Feind der Gegenwart. Der gefühlte Feind in den Chefetagen der Opernhäuser. Berlin hat drei davon, und alle drei tuen so, als hätten sie die Oper erst in den letzten zehn Jahren erfunden. Nix Tradition. Wenn sich beispielsweise an der Staatsoper jemand mal zu einem historischen Exkurs oder das, was er dafür hält, aufschwingt, dann sind 99 Prozent Barenboim, das verbleibende eine Prozent die 200 Jahre davor. Die DDR kommt schon so gut wie gar nicht mehr vor. Dabei soll es im Sozialismus auch Menschen gegeben haben, die singen, inszenieren und dirigieren konnten. Unbildung und Wikipedia-Wissen tuen das Übrige. In einer Diskussion an eben dieser Lindenoper sagte erst kürzlich eine verantwortliche Person auf eine Frage zu Frida Leider: Frida Leider? Frida Leider? Muss man die kennen? Dabei wirkten die ersten wirklichen weiblichen Weltstars (ich liebe diesen Begriff gar nicht, gebrauche ihn aber zur Verdeutlichung!) der Oper allesamt in Berlin: Lilli Lehmann, Johanna Gadski und die Leider. Und sie sind auch hier begraben.
Die Deutschen waren schon immer Meister in der Verdrängung ihrer Vergangenheit - im Bösen wie im Guten. Das ist ein ganz widerlicher Zug.
Grüße zum Sonntag von Rüdiger