Haydn, Joseph: Sinfonie Nr. 87 A-Dur

  • Hallo!


    Nun geht’s um die Symphonie A-dur Hob.I:87:


    Das Werk ist vermutlich 1785 entstanden, gemeinsam mit Nr. 83 also die älteste der „Pariser“ Symphonien. Diese Jahreszahl trägt zumindest der (in Paris) erhaltene Autograph. „Vermutlich“ schrieb ich, da ich in einer anderen Quelle zur Datierung die Bemerkung fand: „Möglicherweise entstand das Stück noch vor 1784“. Weiß dazu jemand näheres? Das würde das Werk freilich entstehungsgeschichtlich weit weg von den fünf Schwersterwerken rücken.
    In der Besetzung trägt Haydn zumindest nicht dem reichhaltig besetzten Pariser Orchester Rechnung (in den anderen Werken des Zyklus aber meist auch nicht): Flöte, 2 Oboen, 2 Fagotti, 2 Hörner und Streicher nebst Cembalo-Continuo (dieses ist aber nur selten bei heutigen Aufführungen zu hören).


    Die drei Aufnahmen, die ich gehört habe, mit zugehörigen Zeiten:


    Neville Marriner (1981): 6:41 – 5:58 – 4:02 – 4:23


    Adam Fischer (1994): 7:00 – 6:42 – 4:14 – 4:39


    Nikolaus Harnoncourt (2002): 11:16 – 7:18 – 4:55 – 6:30


    Harnoncourt merkt zu dieser Symphonie an „seltene Tonart“. In der Tat ist das ja gar nicht so abwegige A-dur in den Symphonien mit Nummer > 65 nur dieses einzige Mal Grundtonart (auch unter seinen letzten 35 Streichquartetten gibt es nur ein A-dur-Werk).
    Was er aber mit „total ungewöhnliche Form“ meint, verstehe ich nicht. Mir kommt die Symphonie im Vergleich zu den anderen „Parisern“ sogar tendenziell archaischer, strukturell einfacher vor.


    Marriner und Fischer sind von Ausdruck unter Interpretation nahe beieinander und gefallen mir beide recht gut. Harnoncourt ist etwas extremer – v.a. durch breitere Tempi und expressivere, dramatischere Gebärden. Bei den Zeiten muß man aber beachten, daß NH im 1. und im 4. Satz Durchführung und Reprise wiederholt. Zumindest beim 1. Satz finde ich das auch wichtig und richtig so. Für mich sind alle drei Aufnahmen etwa gleichwertig, eine liebste habe ich nicht.


    1. Satz (Vivace):
    Das Auffällige am Beginn ist der auffällige Beginn. Ohne Einleitung geht es gleich los mit dem flotten Vivace-Hauptsatz (ist zwar bei No. 82 auch der Fall, aber beim späten Haydn doch eher selten). Der Satz ist sehr vorwärtsdrängend und auch etwas hektisch (z.B. durch die ständigen rhythmischen Achtel im Hintergrund. Auch im eher kurzen, entspannten 2. Thema, das von den Holzbläsern getragen wird, sind die hektischen Achtel der Streicher präsent. In der Schlußgruppe taucht dann nochmal ein neues Motiv auf, kann man aber wohl nicht als 3. Thema durchgehen lassen.
    Das entspannte Dreitonmotiv des Seitensatzes taucht dann in der Durchführung in dramatischerer Form auf (zunächst markant in den Streichern, dann trüb in den Bläsern). Die Durchführung ist ansonsten eine übliche Haydnsche, bis – ja bis nach einem Diminuendo eine (fermatierte? kann man das mal nachsehen?) Generalpause den musikalischen Fluß kurz anhält. Danach kommt nicht direkt die Reprise (das wäre wohl zu effekthascherisch gewesen), sondern nochmal eine Wiederholung der letzten Durchführungs-Takte.


    Daß der Satz bei Harnoncourt expressiver und dramatischer wirkt als bei Marriner und Fischer, hatte ich bereits erwähnt. Aber in seinen Arbeitsnotizen zu dem Werk (die im Booklet abgedruckt sind; auch bei den anderen „Parisern“ wird darüber zu sprechen sein) berichtet er gar von „Drama, Erstarrung (und damit ist nicht die Generalpasue vor der Reprise gemeint!) und (E-dur-)Gewalt“ - da ist wohl die Phantasie etwas in ihm durchgegangen? Denn dynamische und harmonische Kontraste sind in klassischen Symphonien ja üblich und hier nicht auffälliger als sonstwo, finde ich.


    Frage an die Notenleser: Inwiefern sind alle Teile des Satzes motivisch miteinander verknüpft (hatte ich so irgendwo gelesen)?


    2. Satz (Adagio):
    Kann mir jemand sagen, welche Form der Satz hat? Ist es eine Sonatensatzform mit einer sehr kurzen und blassen Durchführung? Ich meine, grob die Form A-B-Kadenz (s.u.)-A'-A-B-Kadenz-Coda erkannt zu haben?
    Dieser hübsche D-dur-Satz beeindruckt v.a. Durch die individuelle Klangfärbung durch die Holzbläser, die teilweise ähnlich wie in einer Sinfonia Concertante solistisch agieren. Insbesondere am Schluß des 1. Teils (Exposition?) und vor der Coda klingt es wie eine gemeinsame Holzbläser-Kadenz.


    3. Satz (Menuett):
    Harnoncourts Sicht vom „skurrilen Ausdruckstanz“ kann ich hier nicht teilen (auch wenn er den Satz doch in diese Richtung spielen läßt). Mir scheint es eher ein Menuett des „alten Typs“ zu sein (im Gegensatz zu den moderneren Scherzo-Menuetten). Auffällig am Trio ist die solistische Oboe.


    4. Satz (Vivace):
    Dieser abschließende Sonatensatz ist ein ebenso heiterer und flotter Satz wie der erste. Hier ist der Vivace-Fluß wegen der monothematischen Anlage kaum durchbrochen (zumindest ist mir kein echter Seitensatz aufgefallen). In der Durchführung kommen ein paar dunklere Töne hinzu, aber die werden stets postwendend mit einer heiteren Passage fortgeführt. Insofern kann man den Satz als ein typisches Kehraus-Finale bezeichnen.
    In diesem Falle finde ich Harnoncourts Wiederholung von Durchführung und Reprise überflüssig. Erstens übergewichtet er dadurch IMO diesen Satz und zweitens irritiert es mich stets, wenn es nach den Schlußakkorden nochmal weitergeht. Denn mir kommt es vor, als sei der Schluß der ersten Reprise und der wiederholten Reprise identisch, d.h. es wird das Satzende zweimal gleich gespielt, und es gibt keine richtige Coda. Ist das korrekt? Aber es steht in den Noten, daß die Reprise zu wiederholen ist? (da ich ohnehin nicht notenlesen kann, habe ich mir natürlich auch keine Noten zur Symphonie besorgt)
    Noch eine Frage: Bei Fischer ist das Tempo „Presto“ angegeben. Sonst habe ich stets die Angabe „Vivace“ gefunden. Da Haydn ja sorgfältig zwischen den beiden Bezeichnungen unterschieden hat, frage ich mich, ob es zwei verschiedene Überlieferungen gibt oder ob Fischers Angabe falsch ist.


    Das häufige Hören des Werkes hat womöglich dazu geführt, daß es vom letzten Platz der „Pariser“ in meiner Beliebtheit weggekommen ist. Das werde ich in den kommenden Wochen überprüfen.


    Viele Grüße,
    Pius.



    in Paris Ende des 18. Jahrhunderts

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Pius
    Das Werk ist vermutlich 1785 entstanden, gemeinsam mit Nr. 83 also die älteste der „Pariser“ Symphonien. Diese Jahreszahl trägt zumindest der (in Paris) erhaltene Autograph. „Vermutlich“ schrieb ich, da ich in einer anderen Quelle zur Datierung die Bemerkung fand: „Möglicherweise entstand das Stück noch vor 1784“. Weiß dazu jemand näheres? Das würde das Werk freilich entstehungsgeschichtlich weit weg von den fünf Schwersterwerken rücken.


    Laut Lessing und Finscher ist die 87 von 1785, Finscher weist auf die Autographe der Pariser außer 85 hin, auf denen die Jahreszahlen vermerkt sind (übrigens ist wahrscheinlich auch 85 von 1785, das Autograph ist hier verschollen, und Haydns eigene Reihenfolge der Pariser war 87, 85, 83, 84, 86, 82; bei Finscher wird das recht ausführlich thematisiert).


    Zitat


    Was er aber mit „total ungewöhnliche Form“ meint, verstehe ich nicht. Mir kommt die Symphonie im Vergleich zu den anderen „Parisern“ sogar tendenziell archaischer, strukturell einfacher vor.


    Zumindest zum Finale weiß Finscher etwas zu berichten und bezeichnet ihn als einen der "merkwürdigsten Sonatensätze [...], die Haydn je geschrieben hat". Er begründet dies damit, dass das Thema nie geschlossen präsentiert werde, sondern immer wieder in "lärmende Tutti-Durchführungsabschnitte" umbreche, wohingegen die Durchführung gar nicht thematisch arbeite und die Reprise auf 12 Takte zusammengeschrumpft sei.
    (Zweiteres kann ich nicht so recht nachvollziehen, es tauchen doch dauernd Themenfragmente auf, z.B. als Kontrapunkte, und ein langer Abschnitt der Durchführung ist über ein Viertonfragment aus dem Thema?!)


    Zitat


    In diesem Falle finde ich Harnoncourts Wiederholung von Durchführung und Reprise überflüssig. Erstens übergewichtet er dadurch IMO diesen Satz und zweitens irritiert es mich stets, wenn es nach den Schlußakkorden nochmal weitergeht. Denn mir kommt es vor, als sei der Schluß der ersten Reprise und der wiederholten Reprise identisch, d.h. es wird das Satzende zweimal gleich gespielt, und es gibt keine richtige Coda. Ist das korrekt? Aber es steht in den Noten, daß die Reprise zu wiederholen ist? (da ich ohnehin nicht notenlesen kann, habe ich mir natürlich auch keine Noten zur Symphonie besorgt)


    Ja, das ist so, sowohl im Kopf- als auch im Schlusssatz. Es wird jeweils bis zum Ende wiederholt.


    Zitat


    Noch eine Frage: Bei Fischer ist das Tempo „Presto“ angegeben. Sonst habe ich stets die Angabe „Vivace“ gefunden. Da Haydn ja sorgfältig zwischen den beiden Bezeichnungen unterschieden hat, frage ich mich, ob es zwei verschiedene Überlieferungen gibt oder ob Fischers Angabe falsch ist.


    In der Partitur, die ich hier liegen habe (G. Henle Verlag, 1971), steht "Vivace". Auch die beiden Einspielungen, die ich besitze, geben das als Tempo an.



    Zitat

    Das häufige Hören des Werkes hat womöglich dazu geführt, daß es vom letzten Platz der „Pariser“ in meiner Beliebtheit weggekommen ist.


    Da ist die Symphonie bei mir garantiert nicht! In anderen Threads wurde schonmal über die 87 hergezogen, aber mir gefällt sie sehr gut, "Leichtgewicht" hin oder her. Den Kopfsatz finde ich sehr mitreißend, die Durchführung ist dramatisch und wirkungsvoll! Das Adagio mit seinen schönen konzertanten Holzbläsern mag ich ebenfalls sehr gerne, hinter denen von 86 und 83 ist es meine Nummer drei unter den langsamen Sätzen der Pariser (und mir um Längen lieber als die Allegrettos aus 85 und vor allem 82...). Die beiden Schlusssätze finde ich auch gefällig, aber im Vergleich zu den anderen Parisern nicht herausragend.


    Von meinen beiden Aufnahmen (Bernstein/New York und Kuijken) präferiere ich klar Bernstein, auch wenn er mir im Menuett ein gutes Stück zu langsam ist. Dafür profitieren die Ecksätze ungemein von der Wucht des größeren Orchesters und das Adagio davon, dass er sich mehr Zeit nimmt als Kuijken (8:08 zu 6:40). Kuijken wiederholt übrigens im letzten Satz Durchführung und Reprise, im ersten aber nicht.



    Gruß,
    Spradow.

  • Zitat

    Original von Spradow


    Laut Lessing und Finscher ist die 87 von 1785, Finscher weist auf die Autographe der Pariser außer 85 hin, auf denen die Jahreszahlen vermerkt sind (übrigens ist wahrscheinlich auch 85 von 1785, das Autograph ist hier verschollen, und Haydns eigene Reihenfolge der Pariser war 87, 85, 83, 84, 86, 82; bei Finscher wird das recht ausführlich thematisiert).


    Das ist auch der mir bekannte Stand der Forschung. Gerade bei 87 mit den beinahe konzertanten Einlagen im adagio und Trio (wahrscheinlich ein Alptraum, die Oboe völlig exponiert und in einer Lage, wo es ziemlich quietschig wird) würde es mich wundern, wenn sie überhaupt nicht mit dem Pariser Auftrag in Aussicht komponiert worden wäre. Es kann aber natürlich sein. Archaisch empfinde ich das Stück eigentlich nicht. Höchstens ein wenig die Thematik des Kopfsatzes, die seltsamerweise ein wenig an die fast 20 Jahre vorher komponierte Nr 59 "Feuer" erinnert.


    Zitat

    Ja, das ist so, sowohl im Kopf- als auch im Schlusssatz. Es wird jeweils bis zum Ende wiederholt.


    Und das ist meines Wissens bei allen Pariser Sinfonien im Kopfsatz der Fall (auch bei 88-92). Nur ist Harnoncourt anscheinend der einzige, der das konsequent befolgt.
    In diesem Werk sind übrigens seine Tempi auch nicht ungewöhnlich. Nicht ganz so flott wie der extrem rasante Marriner (der mir aber im adagio etwas zu schnell unterwegs ist); der Kopfsatz wirkt dafür hier sehr viel dramatischer als bei den anderen HIP- oder Kammerorchesterversionen und farbiger als die leider sehr streicherdominierte Einspielung von Bernstein (man hört bei NH allenthalben Bläserstimmen in Tuttistellen, die sonst fast überall untergehen). Die Wdh. stört mich hier nicht (anders als in 86,i, da finde ich es tatsächlich besser ohne).


    Zitat

    Da ist die Symphonie bei mir garantiert nicht! In anderen Threads wurde schonmal über die 87 hergezogen, aber mir gefällt sie sehr gut, "Leichtgewicht" hin oder her. Den Kopfsatz finde ich sehr mitreißend, die Durchführung ist dramatisch und wirkungsvoll! Das Adagio mit seinen schönen konzertanten Holzbläsern mag ich ebenfalls sehr gerne, hinter denen von 86 und 83 ist es meine Nummer drei unter den langsamen Sätzen der Pariser (und mir um Längen lieber als die Allegrettos aus 85 und vor allem 82...). Die beiden Schlusssätze finde ich auch gefällig, aber im Vergleich zu den anderen Parisern nicht herausragend.


    Das sehe ich ähnlich (abgesehen natürlich von dem abfälligen Urteil über das allegretto aus 82!!!)
    Bei Menuett und Finale scheint mir, daß diese Sätze in den beiden zuletzt komponierten Stücke, 86 und 82 wesentlich an Gewicht gewonnen haben. Aber wie Du sagst, fällt 87 da nicht aus dem Rahmen der anderen vier. Bei mir gibt es eigentlich nur zwei Gruppen, Favoriten sind 82, 83, 86 und dann der Rest, innerhalb tue ich mich eher schwer zu werten. Allerdings finde ich 84 und 87 verglichen mit der eleganten, aber etwas glatten 85 klar unterschätzt.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Pius
    Bei Fischer ist das Tempo „Presto“ angegeben. Sonst habe ich stets die Angabe „Vivace“ gefunden. Da Haydn ja sorgfältig zwischen den beiden Bezeichnungen unterschieden hat, frage ich mich, ob es zwei verschiedene Überlieferungen gibt oder ob Fischers Angabe falsch ist.


    Bei Sigiswald Kuijken ist die Tempobezeichnung ebenfalls [Finale] Vivace. Zum 2. Satz merkt Adélaide de Place an, daß er sich in einer fast rhapsodischen Atmosphäre entwickelt.


    Ich hatte schon andernorts den Verdacht geäußert, daß Haydn im Falle der 87 irgend ein altes Notenbündel der 1760er Jahre entstaubt hat. Stilistisch ist das Werk schon sehr seltsam für die angebliche Entstehungszeit - mit den übrigen 80er-Sinfonien mithalten kann es m. E. nicht.


    Zitat


    Diese Jahreszahl trägt zumindest der (in Paris) erhaltene Autograph.


    Der Autograph ist für mich ein Gerät, welches Noten o.a. schreibt. Du meinst vermutlich das Autograph... [warum Wiktionary es allerdings als feminin angibt, ist mir ein Rätsel...]


    :hello:


    Ulli

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Das sehe ich ähnlich (abgesehen natürlich von dem abfälligen Urteil über das allegretto aus 82!!!)


    Ich dachte, wir wollten ein bisschen polarisieren! Irgendwie springt aber sonst keiner darauf an... ;)
    Im Ernst, ich habe den 82er-Satz jetzt noch ein paar Mal aufmerksam gehört, so schlecht finde ich ihn tatsächlich nicht. Insgesamt mag ich aber doch das 87er-Adagio mehr, vielleicht schon einfach deshalb, weil es ein Adagio ist...


    Zitat

    Original von Ulli
    Ich hatte schon andernorts den Verdacht geäußert, daß Haydn im Falle der 87 irgend ein altes Notenbündel der 1760er Jahre entstaubt hat.


    Ja, das meinte ich mit "In anderen Threads wurde schonmal über die 87 hergezogen"...
    Vielleicht ist Kuijken doch die falsche Aufnahme? ;)



    Gruß,
    Spradow.

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  • Zitat

    Original von Spradow


    Ich dachte, wir wollten ein bisschen polarisieren! Irgendwie springt aber sonst keiner darauf an... ;)


    Bei der Diskussion von #82 sehen wir uns wieder!
    Die Interpretation ist hier nicht unwichtig; aufgrund der vielen nur minimal verändert wiederholten Partien kann er etwas langatmig wirken und es lassen's natürlich nicht alle in der Coda angemessen rustikal krachen.


    Zitat


    Im Ernst, ich habe den 82er-Satz jetzt noch ein paar Mal aufmerksam gehört, so schlecht finde ich ihn tatsächlich nicht. Insgesamt mag ich aber doch das 87er-Adagio mehr, vielleicht schon einfach deshalb, weil es ein Adagio ist...


    Das Adagio ist m.E. ein sehr deutlicher Beleg dafür, daß Ullis Verdacht unzutreffend ist. Die Kombination des weiträumigen hymnischen Duktus mit den konzertierenden Holzbläsern, was dabei aber niemals gewollt oder aufgesetzt wirkt, ist eine späte Errungenschaft. Auch wenn mich selbst der Beginn des Kopfsatzes mal an #59 erinnert hat, so ist auch hier, trotz der vergleichbaren Energie die Großzügigkeit und Konsequenz des Aufbaus weit von dem hektischen Geschrubbe anno 1769 entfernt ;)
    Lessing übertreibt vielleicht ein wenig, wenn er hier die freudige Tatkraft Haydns angesichts des Pariser Auftrages zu hören meint ;), da man eben nicht weiß, ob das Werk nicht schon vorher geschrieben worden war. Dennoch ist es ein energischer und kraftvoller Satz, den ich sehr schätze und angesichts des dramatischen Beginns der Durchführung kann man Harnoncourts Anmerkung schon verstehen (NH ist übrigens auch im Menuett, besonders im Trio, eher schneller als der Rest, er macht bei allen diesen Menuetten auch beim dacapo des Menuetts alle Wiederholungen noch einmal!)


    Ich habe leider noch immer keine Noten, aber m.E. ist das "Schlußgruppenthema" das eigentliche 2. Thema. Denn das taucht doch in der Durchführung wieder auf, oder irre ich da?
    Und es gibt sogar zwei gemeinsame Kadenzen im langsamen Satz, Zu dessen Aufbau kann ich leider aber auch nicht mehr sagen als Pius' Mutmaßungen; ein Kommentar spricht m.E. von Durchführung. In den meisten langsamen Sätzen, gleich ob Variation, ABA, Rondo oder Sonate sind die Formen ja recht frei gehandhabt, eine sehr kurze (oder ganz fehlende) Durchführung ist nicht so selten. Im letzteren Fall (kommt bei Mozart ein paarmal vor) hat man dann von den melodischen Gestalten her ungefähr:
    Expo [A B ("2.Thema" in Dominante)]
    (keine Durchführung bzw. nur einige zur Grundtonart zurück modulierende Takte)
    Reprise [A B (2. Thema in Grundtonart)]
    (ggf. Coda) (basiert die Coda auf Material von A wie häufig, erinnert das schon fast an ein Rondo)


    Wenn Pius recht hat, wäre sein <<A'>> eine rudimentäre Durchführung und eben jeweils noch Kadenzen eingeschoben.



    :hello:


    JR

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    (Bob Dylan)

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    Original von Johannes Roehl
    Ich habe leider noch immer keine Noten, aber m.E. ist das "Schlußgruppenthema" das eigentliche 2. Thema. Denn das taucht doch in der Durchführung wieder auf, oder irre ich da?


    Meinst Du das Staccato-Auf-und-Ab ab Takt 48 (Bernstein 1:11) und nachher ab Takt 63 ganz am Ende der Exposition? Das bezeichnet zumindest Lessing als Seitenthema, und in der Durchführung nimmt es sehr viel Raum ein (ab Takt 108, Bernstein 2:27). Viel Platz in der Durchführung beanspruchen allerdings auch die aufsteigenden (Forzato)-Halben ab Takt 24 (bzw. vorher schon ähnlich, aber absteigend und auf Viertel endend, Bernstein 2:16; Durchführung Takt 85ff, 3:50).


    Was mir trotz Partitur nicht so recht klar ist ( :untertauch: ): Wo genau beginnt eigentlich der Seitensatz? Mein erster Tipp wäre jetzt tatsächlich Takt 48 gewesen?!



    Gruß,
    Spradow.

  • Hallo!


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Ich habe leider noch immer keine Noten, aber m.E. ist das "Schlußgruppenthema" das eigentliche 2. Thema. Denn das taucht doch in der Durchführung wieder auf, oder irre ich da?


    Das Nichtschlußgruppenzweitethema aber auch (IMO sogar deutlicher) - oder fängt bei Dir die Schlußgruppe früher an als bei mir ? (wie gesagt, ich bewege mich da auf dünnem Eis)


    Zitat

    Und es gibt sogar zwei gemeinsame Kadenzen im langsamen Satz


    Hatte ich ja geschrieben: A-B-Kadenz-A'-A-B-Kadenz-Coda


    Zitat

    Zu dessen Aufbau kann ich leider aber auch nicht mehr sagen als Pius' Mutmaßungen; ein Kommentar spricht m.E. von Durchführung. In den meisten langsamen Sätzen, gleich ob Variation, ABA, Rondo oder Sonate sind die Formen ja recht frei gehandhabt, eine sehr kurze (oder ganz fehlende) Durchführung ist nicht so selten.


    Allein durch die Kadenzen ist es ja eine recht freie Form. Oder soll man das mit "konzertantes Sonatenvariationsrondo" ( :rolleyes: ) umschreiben, um es festzunageln? Darunter kann man sich ja dann auch wieder alles und nichts vorstellen...


    BTW:


    Zitat

    Bei mir gibt es eigentlich nur zwei Gruppen, Favoriten sind 82, 83, 86 und dann der Rest, innerhalb tue ich mich eher schwer zu werten.


    Bei mir sind 82, 85 und 86 die Favoriten und die anderen die Herausforderer. Ich habe vor, das demnächst einer genauen Prüfung zu unterziehen.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Zitat

    Original von Spradow


    Meinst Du das Staccato-Auf-und-Ab ab Takt 48 (Bernstein 1:11) und nachher ab Takt 63 ganz am Ende der Exposition? Das bezeichnet zumindest Lessing als Seitenthema, und in der Durchführung nimmt es sehr viel Raum ein (ab Takt 108)


    Ja, das meinte ich. Damit endet die Durchführung dann auf diese ausgedünnte Weise.


    Zitat


    Was mir trotz Partitur nicht so recht klar ist ( :untertauch: ): Wo genau beginnt eigentlich der Seitensatz? Mein erster Tipp wäre jetzt tatsächlich Takt 48 gewesen?!


    Das sagt Lessing jedenfalls. Vorher gibt es ja noch einige Überleitungsmotive, ab ca. 0:30 bei Bernstein das von Dir genannte in Halben, dann begleitet von Synkopen, dann bewegtere (8tel+zwei 16tel) Figuren.
    Man kann immer entweder gucken, ab wann die Dominante (E-Dur) endgültig etabliert ist oder wann eine greifbare (möglichst periodisch in Viertakter oder sonstwie regulär gegliederte) melodische Gestalt auftaucht. Häufig (was auch zur Übersicht beiträgt) bringt Haydn in der 2. Gruppe als erstes nochmal das Hauptthema in der Dominante und dann folgt erst ein melodisch verschiedenes 2. Thema (hier nicht, aber in 86 müßte es eigentlich so sein)



    Zitat

    sagen als Pius' Mutmaßungen; ein Kommentar spricht m.E. von Durchführung. In den meisten langsamen Sätzen, gleich ob Variation, ABA, Rondo oder Sonate sind die Formen ja recht frei gehandhabt, eine sehr kurze (oder ganz fehlende) Durchführung ist nicht so selten. Im letzteren Fall (kommt bei Mozart ein paarmal vor) hat man dann von den melodischen Gestalten her ungefähr:
    Expo [A B ("2.Thema" in Dominante)]
    (keine Durchführung bzw. nur einige zur Grundtonart zurück modulierende Takte)
    Reprise [A B (2. Thema in Grundtonart)]
    (ggf. Coda) (basiert die Coda auf Material von A wie häufig, erinnert das schon fast an ein Rondo)


    Besser als Pius kann ich das auch nicht heraushören. Das Hauptthema wird nach der Vorstellung leicht variiert unter Führung der Flöte wiederholt. Dann setzt etwas Neues zuerst in der Oboe (und mit den Triolen in den Streichern) ein, ab ca. 1:12 (Bernstein), ab ca. 1:48 folgt wieder das Hauptthema, 2:40 die Kadenz. Ab 3:20 herrscht deutlicher Durchführungscharakter, jedenfalls wird es harmonisch ziemlich trübe. 4:20 habe ich mir hier noch notiert, vielleicht setzt dann die Reprise, diesmal gleich mit Flötenumspielung ein. Die zweite lange Solo/Kadenzstelle folgt dann ab 6:30 (Bernstein benötigt etwas über 8 min insgesamt). Ob das nun ein Sonatensatz ist, kann man nur sagen, wenn man sich die harmonische Entwicklung genauer ansieht. Ich höre zwar, daß das in Durchführung/Mittelteil recht fremd wird, aber nicht, ob die triolenbegleitete Passage zuerst in der Dominante steht und in der Reprise aufgelöst wird. Andererseits wirkt der Satz durch die mehrfache Wiederkehr des Anfangs allein im "A-Teil" (der ja melodisch etwa A-A' (Flöte)-B(Oboe/Triolen)-A''-Kadenz aussieht) eher wie ein Rondo als das Capriccio in 86. Zumal das Thema hier, wenngleich auch kein typisches Rondothema, wesentlich "abgeschlossener" wirkt als die Phrase, mit der 86,ii beginnt.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Ja, das meinte ich. Damit endet die Durchführung dann auf diese ausgedünnte Weise.



    Zitat

    Das sagt Lessing jedenfalls. Vorher gibt es ja noch einige Überleitungsmotive, ab ca. 0:30 bei Bernstein das von Dir genannte in Halben, dann begleitet von Synkopen, dann bewegtere (8tel+zwei 16tel) Figuren.


    Ich reime mir das (mit Hilfe von Herrn Finscher) so zusammen: ab Takt 23 ertönt ein Überleitungsmotiv in Halben, von Synkopen begleitet und später (ab Takt 30) von Holzbläsern fortgesponnen. Dann kommt (ab Takt 37) das von Johannes erwähnte Thema, dessen erster Takt rhythmisch mit dem Hauptthema identisch ist und dann mit bewegteren (Achtel + zwei 16tel) Figuren fortgesetzt wird. Mit diesem Thema ist die Dominante E-dur erreicht, es muss somit als (erstes) Seitenthema bezeichnet werden - Finscher scheint dieses Thema zu meinen, wenn er vom "ersten der popularen Seitensätze" spricht. Der zweite populare Seitensatz wäre dann das ebenfalls in E-dur stehende Staccato-Thema ab T. 48.


    Die Durchführung, so Finscher, "greift auf den alten Typus des zweiten Durchgangs durch die Themen zurück (so daß die Satzform insgesamt durch einen dreifachen Durchgang geprägt ist)". Dabei taucht der erste Seitensatz ab T. 101 auf (also nach der Durchführung des Überleitungsthemas) - der Witz scheint mir hier zu sein, dass Haydn dabei die Ableitung dieses Themas aus dem Hauptthema offenlegt (laienhafte Hypothese von mir).




    Zitat

    Besser als Pius kann ich das auch nicht heraushören. Das Hauptthema wird nach der Vorstellung leicht variiert unter Führung der Flöte wiederholt. Dann setzt etwas Neues zuerst in der Oboe (und mit den Triolen in den Streichern) ein, ab ca. 1:12 (Bernstein), ab ca. 1:48 folgt wieder das Hauptthema, 2:40 die Kadenz. Ab 3:20 herrscht deutlicher Durchführungscharakter, jedenfalls wird es harmonisch ziemlich trübe. 4:20 habe ich mir hier noch notiert, vielleicht setzt dann die Reprise, diesmal gleich mit Flötenumspielung ein. Die zweite lange Solo/Kadenzstelle folgt dann ab 6:30 (Bernstein benötigt etwas über 8 min insgesamt). Ob das nun ein Sonatensatz ist, kann man nur sagen, wenn man sich die harmonische Entwicklung genauer ansieht. Ich höre zwar, daß das in Durchführung/Mittelteil recht fremd wird, aber nicht, ob die triolenbegleitete Passage zuerst in der Dominante steht und in der Reprise aufgelöst wird. Andererseits wirkt der Satz durch die mehrfache Wiederkehr des Anfangs allein im "A-Teil" (der ja melodisch etwa A-A' (Flöte)-B(Oboe/Triolen)-A''-Kadenz aussieht) eher wie ein Rondo als das Capriccio in 86. Zumal das Thema hier, wenngleich auch kein typisches Rondothema, wesentlich "abgeschlossener" wirkt als die Phrase, mit der 86,ii beginnt.


    Vom bloßen Höreindruck würde ich den langsamen Satz auch eher als Rondoform bezeichnen, aber es scheint tatsächlich ein Sonatensatz mit rudimentärer Durchführung zu sein. Das Seitenthema in der Oboe (danach mit Fagott) über den Sextolen der zweiten Geigen steht beim erstenmal in der Dominante A-dur, beim zweitenmal in der Tonika D-dur. Die "Durchführung" währt 13 Takte und ersetzt gewissermaßen den ersten Durchgang des Themas in der Reprise - diese beginnt ja gleich mit dem zweiten Durchgang, der T. 9ff. in der Exposition entspricht.



    Viele Grüße


    Bernd

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  • Zitat

    Original von Spradow
    Laut Lessing und Finscher ist die 87 von 1785, Finscher weist auf die Autographe der Pariser außer 85 hin, auf denen die Jahreszahlen vermerkt sind (übrigens ist wahrscheinlich auch 85 von 1785, das Autograph ist hier verschollen, und Haydns eigene Reihenfolge der Pariser war 87, 85, 83, 84, 86, 82; bei Finscher wird das recht ausführlich thematisiert).


    Nochmal ein etwas allgemeinerer Aspekt, der oben von Spradow angesprochen wurde. Haydn hat ja eine verbindliche Reihenfolge festgelegt, in der die Pariser Sinfonien publiziert werden sollten: 87 - 85 - 83 - 84 - 86 - 82. Angefangen mit Artaria hat sich allerdings kein Verleger daran gehalten. Erst die neue kritische Haydn-Werkausgabe aus Köln folgt dem Wunsch des Komponisten.


    Finscher deutet es mehr implizit an, als dass er es explizit ausspricht: die von Haydn gewollte Reihenfolge bezeichnet cum grano salis eine Reihenfolge vom Gewohnten zum Ungewohnten, vom Einfachen zum Komplexen. Das gilt vielleicht nicht durchgehend (Nr. 84 müsste man sich daraufhin nochmal ansehen) und es lässt sich nicht jeder Satz in diese Reihenfolge pressen (insb. die langsamen nicht). Aber es ist kaum zu bestreiten, dass Nr. 87 im Kopfsatz die archaischste der Pariser Sinfonien ist, außerdem idealtypisch das "Pariser" Menuett einführt, und dass 86 und 82 die avanciertesten Werke der Reihe sind.


    Zunächst einmal handelt es sich um ein rezeptionsorientiertes, didaktisches Vorgehen, das Haydn später auch in London praktiziert: das Publikum wird behutsam an Neuerungen und komplexere Formen gewöhnt. Zum anderen kann man aber auch unabhängig davon eine gewisse Dramaturgie erkennen: Der Weg vom Kopfsatz der Nr. 87 bis zum (in Nr. 82) vielleicht avanciertesten Finale einer Sinfonie, das Haydn je geschrieben hat, ist eine triumphale Reflexion Haydns bezüglich seiner kompositorischen Entwicklung und der souveränen Verfügung über unterschiedlichste Kompositionsstile.


    In diesem Zusammenhang wäre die "Altertümlichkeit" des ersten Satzes von Nr. 87 noch einmal neu zu verorten: nicht als Indiz für ein früheres Datum der Komposition, sondern als ein bewusst archaisierender stilistischer Gestus Haydns.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht


    Finscher deutet es mehr implizit an, als dass er es explizit ausspricht: die von Haydn gewollte Reihenfolge bezeichnet cum grano salis eine Reihenfolge vom Gewohnten zum Ungewohnten, vom Einfachen zum Komplexen. Das gilt vielleicht nicht durchgehend (Nr. 84 müsste man sich daraufhin nochmal ansehen) und es lässt sich nicht jeder Satz in diese Reihenfolge pressen (insb. die langsamen nicht). Aber es ist kaum zu bestreiten, dass Nr. 87 im Kopfsatz die archaischste der Pariser Sinfonien ist, außerdem idealtypisch das "Pariser" Menuett einführt, und dass 86 und 82 die avanciertesten Werke der Reihe sind.


    Das ist beides durchaus zu bestreiten... (in Konolds Konzertführer wird sie z.B. als in jeder Hinsicht unauffälligste der Pariser bezeichnet) Zur angeblichen Archaizität s.u. Ich halte auch 82, vielleicht vom Finale abgesehen für nicht außergewöhnlich "fortschrittlich". Das allegretto daraus z.B. ist gewiß ein Prachtexemplar, aber eben eines beinahe standardisierten Satztypus, der seit Ende der 1770er sehr häufig auftaucht (z.B. auch in 53 s.u.) und außerordentlich populär war.
    Wenn überdies die Vermutung korrekt ist, daß 87 und evtl. auch 83 schon komponiert waren, bevor der Auftrag aus Paris überhaupt eintraf, wird die angeblich systematische Steigerung noch fragwürdiger. Damit ist natürlich nicht bestritten, daß eine demonstrative Vielfalt angestrebt wurde. Aber keine annähernd lineare "Steigerung" zunehmender Komplexität (oder gar Unpopularität) Sehe gerade, daß auch Walter eine explizit zyklische Konzeption für eher unwahrscheinlich hält. Er findet aber anscheinend archaische Züge in Nr. 83 ("scheint mit ihren rigorosen Beginn stilistisch eher auf die Moll-Sinfonien der späten sechziger und frühen siebziger Jahre hinzuweisen, doch erreicht sie keineswegs deren Subjektivität", 93)
    (er schreibt noch einiges weitere interessante, aber teils auch ziemlich fragwürdige zu der Werkgruppe, allerdings nur zu Nr. 85 ausführlich)


    Zitat


    Zunächst einmal handelt es sich um ein rezeptionsorientiertes, didaktisches Vorgehen, das Haydn später auch in London praktiziert: das Publikum wird behutsam an Neuerungen und komplexere Formen gewöhnt. Zum anderen kann man aber auch unabhängig davon eine gewisse Dramaturgie erkennen: Der Weg vom Kopfsatz der Nr. 87 bis zum (in Nr. 82) vielleicht avanciertesten Finale einer Sinfonie, das Haydn je geschrieben hat, ist eine triumphale Reflexion Haydns bezüglich seiner kompositorischen Entwicklung und der souveränen Verfügung über unterschiedlichste Kompositionsstile.


    Zu der didaktischen These paßt der angeblich "archaische" Charakter m.E. gerade nicht. Als Hinführung nimmt man etwas eingängig Populäres, nichts was ein differenziertes Bewußtsein von Stil- und Geschmackswandel voraussetzt (die Konoldsche Charakterisierung oben würde die Didaktik-These eher stützen). Außerdem ist 82 verdammt populär, sogar das Finale...


    Zitat


    In diesem Zusammenhang wäre die "Altertümlichkeit" des ersten Satzes von Nr. 87 noch einmal neu zu verorten: nicht als Indiz für ein früheres Datum der Komposition, sondern als ein bewusst archaisierender stilistischer Gestus Haydns.


    Nach einigem Nachdenken halte ich für ziemlich unplausibel, daß hier eine bewußte "Archaisierung" vorliegen soll (wenn überhaupt könnte sie auch nur für den Kopfsatz gelten, auf die anderen drei Sätzen trifft das gewiß nicht zu) Was soll das überhaupt heißen? Im Vergleich zu welchem modernen Stil archaisch und welcher altehrwürdige Stil wird emuliert? Was wäre überhaupt von den Parisern oder anderen Zeitgenossen 1786/87 als "archaisch" (das heißt ja was anderes als bloß altmodisch!) empfunden worden? Etwas barocknahes? Eine Sinfonie in Kirchensonatenform wie Nr. 49 von ca. 1768/70? Wurden CPE Bachs "Hamburger Sinfonien" (1773) schon zu ihrer Entstehungszeit als "archaisch" oder altmodisch gehört? 12 Jahre später?
    Wurden Stücke aus den 1780ern, die mir heute etwas "archaisch" vorkommen, wie einige Sinfonien von Kraus derart empfunden?
    Oder lag das vielleicht alles in einem Rahmen, spannte eine stilistische Breite auf, die als ganz normal gehört wurde?


    Ich bin da sehr skeptisch. Leider konnte ich nicht herauskriegen, welche Sinfonien Haydns in Paris vor dem Auftrag besonders populär waren. Vielleicht gibt es dazu auch kaum historische Belege (Walter gibt zwar sogar den Anteil Haydnscher Sinfonien an Pariser Konzerten in Prozentwerten an, aber welche vor 82-87 häufig gespielt wurden, scheint er nicht zu wissen) . Ob das eher die heute so genannten "Sturm&Drang"-Werke um 1770 waren, oder (wahrscheinlicher) einige der im folgenden Jahrzehnt und Anfang der 1780er komponierten Stücke. Eine der populärsten überhaupt (lt. Walter besonders in England) war jedenfalls Nr. 53 "L'imperiale" von ca. 1779. Ich habe mir vorhin die und Nr. 69 nochmal angehört (leider war ich ziemlich müde, daher nicht besonders konzentriert) Die haben jedenfalls beide mehr mit 82 und auch 86 gemein als mit 87, was freilich auch einfach an den C-Dur/D-Dur-Gesten und Floskeln liegen mag.


    Hier zeigt sich mal ein Nachteil unserer verkehrten Reihenfolge. Hätten wir und jetzt länger mit den Sinfonien von ca. 60-80 befaßt, würden wir vermutlich die 87 anders hören.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Zu der didaktischen These paßt der angeblich "archaische" Charakter m.E. gerade nicht. Als Hinführung nimmt man etwas eingängig Populäres, nichts was ein differenziertes Bewußtsein von Stil- und Geschmackswandel voraussetzt (die Konoldsche Charakterisierung oben würde die Didaktik-These eher stützen).
    [...]
    Nach einigem Nachdenken halte ich für ziemlich unplausibel, daß hier eine bewußte "Archaisierung" vorliegen soll (wenn überhaupt könnte sie auch nur für den Kopfsatz gelten, auf die anderen drei Sätzen trifft das gewiß nicht zu)
    [...]
    Ich bin da sehr skeptisch. Leider konnte ich nicht herauskriegen, welche Sinfonien Haydns in Paris vor dem Auftrag besonders populär waren. Vielleicht gibt es dazu auch kaum historische Belege (Walter gibt zwar sogar den Anteil Haydnscher Sinfonien an Pariser Konzerten in Prozentwerten an, aber welche vor 82-87 häufig gespielt wurden, scheint er nicht zu wissen) . Ob das eher die heute so genannten "Sturm&Drang"-Werke um 1770 waren, oder (wahrscheinlicher) einige der im folgenden Jahrzehnt und Anfang der 1780er komponierten Stücke. Eine der populärsten überhaupt (lt. Walter besonders in England) war jedenfalls Nr. 53 "L'imperiale" von ca. 1779. Ich habe mir vorhin die und Nr. 69 nochmal angehört (leider war ich ziemlich müde, daher nicht besonders konzentriert) Die haben jedenfalls beide mehr mit 82 und auch 86 gemein als mit 87, was freilich auch einfach an den C-Dur/D-Dur-Gesten und Floskeln liegen mag.


    Laut Finscher war von den Sturm-und-Drang-Symphonien zumindest die Abschiedssymphonie in Paris bekannt und noch 1784 gespielt worden. Auch der "Abschieds"-Gag in 85 ist ein Indiz dafür, dass die Abschiedssymphonie in Paris laut Haydns Informationen gut bekannt war.
    Das könnte bedeuten, dass der Sturm-und-Drang-Stil Haydns für die Pariser Zuhörer nicht allzu archaisch, sondern eher recht aktuell war, was einen didaktischen Hintergrund des Sturm-und-Drang-Bezugs der ersten drei Symphonien erklären könnte.


    Viel Konjunktiv, aber immerhin passt es zusammen. :D


    Bei der 87 weist Lessing übrigens in Bezug auf den Beginn der Durchführung auf Sturm-und-Drang-Stil hin.



    Gruß,
    Spradow.

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Nach einigem Nachdenken halte ich für ziemlich unplausibel, daß hier eine bewußte "Archaisierung" vorliegen soll (wenn überhaupt könnte sie auch nur für den Kopfsatz gelten, auf die anderen drei Sätzen trifft das gewiß nicht zu) Was soll das überhaupt heißen? Im Vergleich zu welchem modernen Stil archaisch und welcher altehrwürdige Stil wird emuliert? Was wäre überhaupt von den Parisern oder anderen Zeitgenossen 1786/87 als "archaisch" (das heißt ja was anderes als bloß altmodisch!) empfunden worden? Etwas barocknahes? Eine Sinfonie in Kirchensonatenform wie Nr. 49 von ca. 1768/70? Wurden CPE Bachs "Hamburger Sinfonien" (1773) schon zu ihrer Entstehungszeit als "archaisch" oder altmodisch gehört? 12 Jahre später?
    Wurden Stücke aus den 1780ern, die mir heute etwas "archaisch" vorkommen, wie einige Sinfonien von Kraus derart empfunden?
    Oder lag das vielleicht alles in einem Rahmen, spannte eine stilistische Breite auf, die als ganz normal gehört wurde?


    Dem kann ich mich nur anschließen. Diese [Finschers] Art der Argumentation scheint mir von einer etwas abstrusen Innovationsästhetik bestimmt zu sein, die zudem mit einer verkehrten Vorstellung von Norm und Abweichung operiert. Wenn etwa Mitte der 1780er Jahre Haydns Nr. 87 als »archaisch« (und damit also abweichend) empfunden worden sein sollte, dann würde damit ja vorausgesetzt, daß der »avancierte« Stil der Nr.n 82 und 86 bereits die Norm (oder - mal im strukturalistischen Vokabular ;) - die automatisierte Folie der Rezeption) dargestellt hätte und somit eben gar nicht mehr avanciert erschienen wäre.


    Kann ich mich verständlich machen - oder ist das zu krude gedacht?


    Also nochmals andersherum: Als »avanciert« kann ja etwas nur dann empfunden werden, wenn es sich gegenüber einer automatisierten Folie der Rezeption als Novum abhebt; wenn aber etwas gegenüber dem »avancierten« Stil als »archaisch« empfunden wird, setzt dies naklar voraus, daß der »avancierte« Stil (zumindest in der Tendenz) bereits als automatisierte Folie fungiert und damit nicht länger als Novum resp. als »avanciert« wahrgenommen wird.


    Die 87 erhält vermutlich erst aus heutiger Perspektive, in der die Avanciertheit von Symphonien wie 82 oder 86 bereits in einer Gesamtschau der symphonischen Entwicklung Haynds (und darüber hinaus) eingeordnet werden kann, einen archaisch anmutenden Charakter.


    Viele Grüße,
    Medard


  • Sehe ich ähnlich, wobei der übliche Gebrauch von archaisch m.E mindestens eine weitere Norm, nämlich das Normale voraussetzt. Also z.B. (ich meine das nicht, nur als Beispiel): Nr 84 u. 85 bleiben im Rahmen der Erwartungen, repräsentieren die "Norm". Dei "avancierten" 82 u. 86 erweitern diese Normalität auf innovative Weise ("sprengen" scheint wohl ein bißchen zu stark) und 87 und teils 83 wirken dem gegenüber "archaisch". Damit archaisch aber nicht einfach nur altmodisch oder nicht gerade dem letzten Schrei entsprechend bedeutet, brauchen wir noch mehr. Nämlich einen älteren Stil, dem bzw. dessen Nachahmung eine besondere Dignität zugesprochen wird oder der jedenfalls ein spezielles Interesse erwecken würde. Eine Anspielung für die kundigen Connoisseurs oder so etwas. Ich habe Zweifel, daß der Stil von Haydn um 1770 (oder vielleicht der von CPE Bach noch einige Jahre später) 10 oder 15 Jahre später als eine solche alte Norm, auf die man dergestalt anspielte, empfunden wurde.


    Zitat


    Die 87 erhält vermutlich erst aus heutiger Perspektive, in der die Avanciertheit von Symphonien wie 82 oder 86 bereits in einer Gesamtschau der symphonischen Entwicklung Haydns (und darüber hinaus) eingeordnet werden kann, einen archaisch anmutenden Charakter.


    Wie gesagt, bezweifle ich sogar diese schwächere These ;)


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Sehe ich ähnlich, wobei der übliche Gebrauch von archaisch m.E mindestens eine weitere Norm, nämlich das Normale voraussetzt.


    Das stimmt natürlich – ich war allerdings davon ausgegeangen, daß Finscher [den ich nur via Forum kenne] eine archaisch/avanciert-Differenz (87 vs. 82/86) aufmachen würde und damit das »Avancierte« gewissermaßen zum »Normalen« stilisiert (oder vielleicht nichtmals dezidiert das »Avancierte« sondern die »Progression«).


    Naja, jedenfalls sind wir uns einig.


    Viele Grüße,
    Medard

  • Jetzt hängt Ihr Euch aber sehr an der Vokabel archaisch auf. Diese war von mir offenbar ungeschickt gewählt und führt zu Missverständnissen. Dafür sollte man nicht Herrn Finscher verantwortlich machen, aus dessen Ausführungen ich ja nur folgendes berichtet habe:


    Zitat

    Original von Zwielicht
    Finscher deutet es mehr implizit an, als dass er es explizit ausspricht: die von Haydn gewollte Reihenfolge bezeichnet cum grano salis eine Reihenfolge vom Gewohnten zum Ungewohnten, vom Einfachen zum Komplexen.


    Alles andere in meinem obigen Posting ist auf meinem Mist gewachsen.



    Ich versuche nochmal kurz, mein Anliegen deutlich zu machen:


    1) Haydn hat die Pariser Sinfonien als einen Zyklus komponiert und hat ihn auch als solchen veröffentlichen lassen. Dabei bestand er auf einer bestimmten Reihenfolge der Werke. Das ist erklärungsbedürftig: Wollte er nur die Reihenfolge der Entstehung petrifizieren? Wohl kaum. Eine sinnvolle Ordnung der Grundtonarten kann man bei der von Haydn vorgeschlagenen Reihenfolge auch nicht ausmachen. Das Fortschreiten von relativer Simplizität zu relativer Komplexität (cum grano salis, wie gesagt) ist also zumindest eine überprüfenswerte Hypothese.


    2) Und dieses Fortschreiten zu mehr Komplexität (nicht von „schlechter“ zu „besser“) lässt sich m.E. an den Werken nachweisen. Nicht durchgehend, aber bei den Kopfsätzen, Menuetts und Finales ziemlich gut. Das kann ich hier unmöglich am Detail ausführen. Aber natürlich ist Nr. 82 ein ganz anderes Kaliber als Nr. 87, nicht erst im Finale: Man vergleiche nur die ersten zwanzig Takte der Kopfsätze beider Sinfonien in puncto Harmonik, Thematik und thematische Arbeit, Rhythmik, Instrumentation. Ob mehr „Komplexität“ auch mehr „Fortschritt“ bedeutet, bleibt zweifellos diskussionswürdig. Aber wenn schon das Stichwort „Innovationsästhetik“ fällt: Ja klar – wo, wenn nicht hier? Zu den beliebtesten Topoi der Haydn-Rezeption in Paris scheint das Stichwort nouveauté gehört zu haben.


    3) Man erkennt also Neuartigkeit in Haydns Werken – und zwar sowohl gegenüber seinen Vorgängern (Mannheimer Schule etc.) als auch gegenüber seinen früheren Sinfonien. Mit der falsch gewählten Vokabel „archaisch“ wollte ich eigentlich nur ausdrücken, dass Haydn den Hörer mit Vertrautem „abholen“ wollte: mit relativ klarer Blockhaftigkeit der Form (87), mit dem Gestus der Sturm-und-Drang-Sinfonien (83), mit klarer Bezugnahme auf französische Barockmusik (85; hier könnte man am ehesten von einem Archaismus sprechen).


    4) Rezeptionslenkung war Haydn wichtig, sonst hätte er nicht die gerade genannten Elemente und Stile in die Werke eingebaut (auch das von Spradow genannte Zitat aus der Abschiedssinfonie in Nr. 85 ist ein klares Indiz dafür, dass Haydn mit Blick auf das Pariser Publikum und mit Blick auf seine früheren Werke komponiert hat). Dass Haydn mit „einfacher“ gebauten Sinfonien anfängt, haben wir bereits bei den Londoner Sinfonien diskutiert. Allerdings hatte Haydn in Paris ja kaum Einfluss auf die Reihenfolge der Aufführungen, so dass man den Punkt „Rezeptionslenkung beim Pariser Publikum“ bei 82-87 nicht überbewerten sollte. Der Sinn der von Haydn gewünschten Reihenfolge scheint mir deshalb eher in der bewussten Demonstration einer immer stärkeren kompositorischen Ausdifferenzierung zu liegen. Das überlagert sich dann mit dem mindestens ebenso wichtigen Grundsatz der größtmöglichen Variabilität innerhalb des Zyklus.



    Jetzt geh ich erstmal essen, es gibt – hoffentlich nicht allzu archaisches – Huhn...



    Viele Grüße


    Bernd

  • So- Jetzt starte ich Doch einen Versuch diese wunderschöne Sinfonie zu beschreiben. Ich habe sie in zwei Aufnahmen komplett gehört (Siehe oben) und in eine dritte vie Youtube hineingehört, jene unter Antonini, da ich sie noch nicht habe - ich hoffe auf eine zweite günstige 10er Box..(?)Feurig beginnt der erste Satz, was aber besonders reizvoll ist, das sind die immer wieder auftretenden kontrastierenden leisen Passagen wo die Bögen der Geigen die Saiten im StakkatoRhytmus berühren. Der zweite Satz, ein adagio hat auf mich meditativen Charaktert. Eine Idylle, aber eine nachdenklich verträumte, mit seltenen temperamentvollen Ausreissern. Die Bläser leisten hier hervorragende Arbeit. 3. Satz: Stimmungswechsel Es folgt eines von Haydns gestelzte, etwwas rustikalen Menuetten. Hier ist anzumerken, daß Antonini einen anderen Eindruck erzielt als seine Kollegen, etwas radikaler, geschickt kaschiert durch die besonders innig und klangschön dargebotenen ruhigeren Stellen. Der Finalsatz ist ein richtiger Ohrwurm und Energiebündel zugleich. Die Pariser werden hingerissen gewesen sein.....



    mfg aus Wien

    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Um auch die Ungeduldigen zufriedenzustellen, hier das Cover der Nummer elf von den mittlerweileie erschienenen 15 Ausgaben der Edition.



    Man erkennt sofort, dass sich Pariser Sinfonien darauf befinden müssen ... :) Die Spekulation auf eine zweite 10-er Box scheint aber Sinnzu haben. Die Edition geht erkennbar weiter.

  • Eine Sinfonie die ich immer mochte, bei der ich aber nie verstanden habe warum sie so unpopulär ist.

    Was diese Sinfonie ausmacht ist das fast romantische Adagio, wenn es als solches gespielt wird, was aber leider selten der Fall ist. Zwei Dirigenten die das hinkriegen sind Leonard Bernstein und Roy Goodmann. Bei beiden dauert das Adagio mehr als acht Minuten. Sie geben der Musik genug Raum sich zu entfalten und die zahlreichen Soli der Bläser kommen damit voll zur Geltung.


    Der erste Satz erzeugt mit seinem energetischen Hauptthema eine gewisse Aufbruchsstimmung. Da diese Sinfonie wahrscheinlich die erste der Pariser war, ist das passend.


    LG aus Wien.:hello:

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  • Ja,


    das Adagio ist wunderbar. Das höre ich gerade mit der einzigen Aufnahme die ich habe. Kuijken mit dem OAE.


    Sollte ich mir Weil oder Goodman noch zulegen ?

  • Lieber Kalli,


    Das kommt darauf an wie zufrieden Du mit der Aufnahme von Kuijken bist (ich kenne sie nicht). Weil (ich habe die Aufnahme) ist in dem Adagio sehr flott unterwegs, während Goodman dem Adagio genug Zeit lässt sich zu entfalten. Gerade bei Haydn finde ich das richtige Tempo in seinen langsamen Sätzen immens wichtig, wichtiger sogar als bei Mozart der meist ein Andante vorschreibt. Bei Haydn hat man in den langsamen Sätzen alles von Largo assai bis hin zu Allegretto.


    LG aus Wien.:hello:

  • Danke,


    werde Goodman bestellen, bisher fand ich alle seine Haydn Aufnahmen sehr gut. Und da ich langsame, langsame Sätze besonders schätze wird das schon so gut sein.


    Gruss aus Bruchsal.

  • Eine Sinfonie die ich immer mochte, bei der ich aber nie verstanden habe warum sie so unpopulär ist.

    Das ist in der Tat seltsam. Ich hatte früher Vorbehalte gegen größer besetzte A-Dur-Sinfonien (das sei keine Tonart für sowas), bis mir dann Beethovens op. 72 in die Quere kam ...


    Hob. I:87 mag ich auch besonders:




    Der Finalsatz ist ein richtiger Ohrwurm und Energiebündel zugleich. Die Pariser werden hingerissen gewesen sein.....

    So sehr, daß sie keinen würdigen Beinamen fanden? Le Concert de la Loge hat die Werkbeinamen der Sinfonie sine nomine ergänzt; die 87 heißt ab jetzt L'Impatiente (Der/Die Ungeduldige). Näheres dazu wird man wohl deren Libretto entnehmen müssen. Ich kann mich eher am Kopfsatz kaum satthören: eine Synthese aus Tradition, Spitzfindigkeiten und Trivialem.




    Ein für mich überaus schätzenswertes und spritziges Werk mit dem zu Recht gerühmten konzertanten Mittelsatz, der zum Verweilen einläd! (Die übrigen Sätze dieses Ensembles stehen ebenfalls auf YT zum Abruf bereit).

    Als Pumuckl sich zum Frühstück noch ein Bier reingeorgelt hat, war die Welt noch in Ordnung.
    (unbekannt)

  • So,


    die Goodman CD ist angekommen und läuft gerade zu zweiten Mal. Es ist leider nicht die mit dem Helios Aufdruck, aber läuft ohne Mängel.

    Ich wurde nicht enttäuscht - Goodman ist für mich immer eine Bank bei Haydn. Angemessene Tempi, klarer aber kein dünner oder spitzer Klang. Durchaus HIP, aber sehr gemäßigt - so wie ich es mag.

    Thomas Fey ist noch unterwegs zu mir.

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  • Ja die CD mit der 87 mit Goodman ist einer meiner Favoriten. Auch die anderen beiden Sinfonien (85 & 86) auf der Scheibe sind sehr gut gespielt. Die einzigen anderen Aufnahmen die ich von Goodman habe sind 82-84 (82 sehr gut 83 & 84 eher mäßig) und 90-92 (90 ohne Trompeten und Pauken:cursing:, 91 und 92 aber sehr gut). Das Cembalo brauche ich persönlich nicht, ist aber bei diesen CD‘s sehr dezent eingesetzt und kaum hörbar.:)


    LG aus Wien.:hello: