Hoffmanns Erzählungen - Ein Unglücksstück?

  • Der englische Spielfilm stammt aus dem Jahre 1947, die deutsche Synchronisation entstand 1951 in Berlin.


    Hier ist die Originalbesetzung des Films:

    Aufnahme: 1947, Studio
    Spieldauer: 125'33
    Dirigent: Thomas Beecham
    Royal Philharmonia Orchestra London
    Chous of the Sadlers Wells Opera
    Verfilmung Regie: Michael Powell, Emeric Pressburger, englische Fassung


    Rollen und Sänger
    Antonia: Ann Ayars
    Cochenille: Murray Dickie
    Coppélius: Bruce Dargaville
    Crespel: Owen Brannigan
    Dapertutto: Bruce Dargaville
    Frantz: Grahame Clifford
    Giulietta: Margherita Grandi
    Hermann: Owen Brannigan
    Hoffmann: Robert Rounseville
    Lindorf: Bruce Dargaville
    Luther: Fisher Morgan
    Miracle: Bruce Dargaville
    Nathanaël: René Soames
    Nicklausse: Monica Sinclair
    Olympia: Dorothy Bond
    Pitichinaccio: Murray Dickie
    Schlemihl: Owen Brannigan
    Spalanzani: Grahame Clifford


    LG Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,
    der Synchronisation ist allerdings einiges zum Opfer gefallen.
    Stella und Lindorf gibt es garnicht. Die Antonia-Arie fehlt, so wie große
    Teile des Antonia-Akt's, u.a.das Couplet des Franz. Das sind nur
    einige der Striche, in der 1951er Aufnahme unter Beecham.


    (Die Oper ist laut Kloiber 165 Min. lang.)


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert,


    Du hast recht! In der deutschen Fassung muß Etliches rausgeschnitten worden sein. Ich habe eben nachgesehen, meine Video-Fassung in deutscher Sprache ist nur ganze 103 min. lang (incl. Vor- und Nachspann).


    Die Doppel-CD mit dem englischen Soundtrack ist viel länger, sie enthält allerdings einige längere Instrumentalstücke (vermutlich Ballettmusik), denn das ganze ist ja eher ein Tanzfilm gewesen....


    LG
    Harald

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Harald Kral
    In der deutschen Fassung muß Etliches rausgeschnitten worden sein.


    Ganz so stimmt's nicht. Während der Film von Powell/Pressburger nach Beechams Aufnahme gedreht wurde, die aber eine vollständige war, haben die Regisseure für Ihren Ballettfilm auf eine gekürzte Fassung erstellt um dem Publikum nicht zuviel Tanz zuzumuten.


    Die deutsche Fassung, die eigens für die Synchronisation des Films eingespielt wurde, hat dann nur die Sequenzen übernommen, die im Film auch vorkamen.


    Eigentlich schade, denn so hat man eine recht gute deutsche Gesamteinspielung (natürlich nur der traditionellen Choudens - Fassung) versäumt, die mit nur wenig mehr Aufwand zu haben gewesen wäre.


    Jedenfalls reime ich mir die Abläufe so zusammen, weil sie nur so Sinn machen. Abgesichert ist die Information aber nicht.


    Meiner Ansicht nach ist der Film ein sehr wertvolles eigenes Stück, das man aber nicht unbedingt mit anderen Gesamteinspielungen oder Bühnenmitschnitten der Oper vergleichen sollte, denn der Tanz stellt doch ganz andere Anforderungen.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Theophilus


    Den muss ich haben! Wo gibt es ihn?

    :hahahaha:


    Lieber Theophilus,


    Ach entschuldige, das kommt davon, wenn man Tamino nur so schnell, schnell zwischendurch betreibt. Die 1851-Geheimproduktion ist natürlich nur bei Dr.Mirakel persönlich gegen Verschreibung der Seele erhältlich. :D


    LG


    Waldi

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  • Ich gehe mit Herbert konform, was die Aufteilung der Sopranpartien auf verschiedene Sängerinnen betrifft; insbesondere in den modernen Fassungen scheint es mir wesentlich, dass Stella, Olympia, Antonia und Giulietta von einer Darstellerin verkörpert werden. Denn das erhaltene Originallibretto beabsichtigt meiner Meinung (oder Interpretation) nach eine Art Dreiecksbeziehung Hoffmann - Muse - Stella und die drei "Erzählungen" sind gleichsam vergangene Spiegelbilder dieser gegenwärtigen Beziehung und/oder beleuchten die Aspekte der gegenwärtigen Beziehung (Hoffmanns Art, sie zu verarbeiten) - wie Nicklausse im letzten Akt jedenfalls sagt: Drei Frauen in einer.



    Zitat

    Original von Emotione
    Vier verschiedenene Sopranistinnen sind in letzter Zeit Standard, zumal Giuiletta zumeist von einer Mezzo gesungen wird.


    Aber nur in den alten Fassungen (die, scheint mir, bei den Intendanten nach wie vor beliebter sind?!). Das neue Material für den Giulietta-Akt (der ja vorher ziemlich zusammengestoppelt war) macht nämlich aus Giulietta statt einem de-facto-Mezzosopran einen lyrischen Sopran mit Koloratur, so dass man für Olympia und Giulietta sowieso einen ähnlichen Stimmtypus braucht (z. B. Natalie Dessay und Sumi Jo in der Nagano-Aufnahme).


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Für alle, die den Film noch nicht kennen, gibt es am kommenden Sonntag im Fernsehen die Gelegenheit, das nachzuholen (oder aufzunehmen):


    WDR 3 - Kino am Sonntag - 27. Januar 2008, 06.20 - 08.00 Uhr


    Hoffmanns Erzählungen (Großbritannien 1951)
    (The Tales Of Hoffmann)
    Buch und Regie: Michael Powell und Emeric Pressburger
    Kamera: Christopher Challis
    Musik: Jacques Offenbach


    Darsteller:


    Stella/Olympia (Moira Shearer)
    Hoffmann (Robert Rounseville)
    Lindorf/Coppelius (Robert Helpmann)
    Kleinzack/Cochenille (Frederick Ashton)
    Luther (Meinhart Maur)
    Giulietta (Ludmilla Tscherina)
    Spalanzani/Schlemihl (Leonide Massine)
    Crespel (Mogens Wieth)
    Atonia (Anne Ayars)


    "Hoffmanns Erzählungen" ist eine hinreißend inszenierte musikalische Fantasie von Michael Powell und Emeric Pressburger, die auf der gleichnamigen Oper von Jacques Offenbach basiert.


    Zitat

    "Hoffmanns Erzählungen" ist eine kongeniale filmische Umsetzung der gleichnamigen fantastischen Oper von Jacques Offenbach, die seinerzeit selbst Hollywood neidisch machte. Mit fantasievollen Regieeinfällen und ästhetisch reizvoll gestalteten Dekors unterstreichen Michael Powell ("Der Dieb von Bhagdad", "Peeping Tom - Augen der Angst") und Emeric Pressburger ("Die roten Schuhe") die traumartige Atmosphäre der literarischen Vorlage E.T.A. Hoffmanns. Powells und Pressburgers Opernadaption ist ein Gesamtkunstwerk, das Musik, Literatur, Ballett und Film in selten zu sehender Perfektion miteinander verknüpft

    .


    Zu hören ist die deutsch synchronisierte Fassung mit Rudolf Schock, Josef Metternich und Rita Streich.


    Die Laufzeit des Films beträgt nach Angabe des WDR 105 min.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Zitat

    Original von Walter Krause


    Dem Lob über die Monteux-Aufnahme von 1955 schließe ich mich aus voller Überzeugung an. Selbst Marcus Ebeling (jaques-offenbach.de) hebt sie in den Himmel. Nirgendwo ein Durchhänger oder eine schwache Leistung, eine absolute Opernsternstunde! Sie wirkt auch sehr französisch-authentisch, weil das Sentimentale nicht auf rührselige Weise vermittelt wird. Diesbezüglich möchte ich besonders Richard Tucker meine Reverenz erweisen, der als Hoffmann unglaublich präsent ist und keine von seinen sonstigen "Unarten" hören läßt. Aber auch Martial Singher verkörpert die Bösewichte in einer so beklemmenden Eindringlichkeit, daß es besser kaum denkbar ist. Und Monteux loben, heißt Eulen nach Athen tragen. Roberta Peters ist in brillanter Weise automatenhaft-kühl (wiewohl ich sinnlich-verführerische Olympia-Stimmen auch sehr schätze).
    Neben dem englischen Film von 1951 ist das eindeutig mein Lieblings-"Hoffmann" (was andere Versionen nicht abwertet).


    Fragen: Wie ist die Klangqualität des MET-Mitschnitts zu beurteilen? Die Schnipsel hören sich o.k., allerdings auch nicht berauschend an. Würdet Ihr sie insgesamt eher besser oder schlechter (nur Ton) als Cluytens von 1948 einstufen?
    Ich habe diese mit Cluytens auf dem "Billiglabel" Aura, klingt zwar fürs Alter auch o.k., aber inzwischen ist sie auf Naxos historical erschienen. Hat die jemand gehört und ggf. verglichen?


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Tonqualität des Met-Mitschnitts von 1955 ist ordentlich, aber Hi-Fi-Puristen haben immer was zu meckern....mein Gesamteindruck: Musik :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:, Ton :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:
    Auch eine sehr empfehlenswerte Aufnahme (aufgrund des Alters aber nur für Hörer, die sich mit historischen Aufnahmen beschäftigen):
    Met, 23.1.1937/Raoul Jobin, Lawrence Tibbett :jubel:, Vina Bovy unter Maurice de Abravanel (fantastisch).
    Für m i c h eine Spitzenaufnahme: Salzburg 1981/Domingo, van Dam, Malfitano unter Levine.


    :hello:Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Ich schließe mich der Beurteilung, die Heldenbariton abgegeben hat an und möchte hinzufügen, daß die Metaufnahme von 1955, natürlich tonmäßig um 18 Jahre besser ist, als die von 1937.


    Die Studioaufnahme von 1948 (Naxos), ist natürlich vom Ton her besser, als die Liveaufnahmen, aber die Dirigenten der beiden Metaufnahmen sind A.Cluytens zumindest ebenbürtig. Die Sänger dieser Aufnahme sind gut und Opéra-Comiqueerfahren. Für mich ist ein Nachteil, daß die Dienerrollen von einem französischen Filmkomiker(Bourvil)verkörpert werden. Anderen wird das vielleicht als Vorteil erscheinen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Es gibt da eine DVD mit Placido Domingo, mit verschiedenen Besetzuungen der 4 Frauen und der sog. Bösewichter:


    Hoffmann - Placido Domingo,
    Olympia - Luciana Serra ( der Lieblingssängerinn des Schah von Persien),
    Giuletta - Agnes Baltsa,
    Antonia - Ileana Cotrubas,
    Nicklaus und Muse - Claire Powell,
    Lindorf - Robert Lloyd,
    Spalanzani - Robert Tear,
    Coppélius - Geraint Evans,
    Miracle - Nicolai Ghiuselev,
    Schlemil - Philip Gelling,
    Pitticchinaccio - Francis Egerton
    Crespel - Gwynne Howell,
    Stimme der Mutter - Phyllis Cannan,
    Luther - Eric Garett,
    Nathanael - Robbin Leggate,
    Hermann - John Rawnsley
    Andreas und Cochenille - Paul Crook,
    Franz - Bernard Dickerson,
    Stella - Deanne Bergsma


    Chor und Orchester des Covend Garden Opera House.
    Dirigent Georges Prètre.


    Bildregie: Brian Large.


    Für mich eine der besten DVD - Aufnahmen,
    wenn auch aus dem Jahr 1981,


    manche meinen etwas verstaubte Inszenierung - aber mir gefällt diese Aufnahme.

  • Diese DVD der Londoner Inszenierung des Filmregisseurs John Schlesinger ist tatsächlich großartig, egal wie früh verstaubt sie manchen anmuten mag. Mindestens musikalisch ist sie m. E. sogar die beste DVD der traditionellen Fassung. Leider hält sie sich noch an die alte Choudens-Edition und unterschlägt deshalb vieles, was auch damals schon zu der Oper dazu gehört hätte.


    Das ist aber auch (fast) der einzige Vorwurf, den ich ihr machen würde.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Herbert,


    ich habe die Aufzeichnung aus London von der Neujahrsvorstellung 1981 schon seit Jahrzehnten auf Video und es hat mich nie gestört, dass so viele Leute mitsingen. Immerhin sind Nicklausse/Muse eine Sängerin. Die Aufteilung der Damen nacht Stimmtyp ist doch ganz interessant, mit Agnes Baltsa und Ileana Cotrubas (und Luciana Serra).
    In dieser Zeit hatten wir eine Inszenierung in Düsseldorf, in der ebenfalls diese Rollen mit verschiedenen SängerInnen besetzt waren. Wenn man ein entsprechend großes Ensemble hat - wie an der Rheinoper - warum nicht?


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Guten Morgen Herbert!


    Ehre ist es keine, aber es wurde seinerzeit erwähnt als die Serra, auch in einer früheren Hoffmann Inszenierung die Olympia sang.


    Außerdem konnte sie ja die Greueltaten des Schah - Regimes auch nicht verhindern - oder?


    Liebe Grüße und einen schönen Palmsonntag wünsche ich Euch Allen. Peter aus Wien, der Staubi.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Das Konzept der Autoren ist, wie man aus Briefen erfahren kann und wie es auch im Text heißt: "Drei Frauen in ein und derselben Frau! Drei Seelen in einer einzigen Seele! Künstlerin, junges Mädchen und Kurtisane"! Bei der Uraufführung waren es drei Frauen. Olympia, Antonia und Stella, die von einer Interpretin gesungen wurden. ( Das Giuliettabild fehlte noch) Die "Dämonen"wurden, genauso wie die Dienerrollen auch von je einem Darsteller gesungen.
    Es gibt auch aus jüngerer Zeit noch Beispiele für die "Vierfrauenrolle" in einer Person,z.B. M- Muszely, E. Moser, B.Sills oder, J.Sutherland.


    :hello:Herbert.


    Lieber Harald,
    ich zitiere mich selber, sehe aber ein, daß dieses Konzept der Autoren heute nicht mehr zwingend sein kann, da sowieso von den Regisseuren alles auf den Kopf gestellt wird.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Peter,


    Du hast vollkommen recht. Eine Künstlerin kann einen Diktator nicht


    verändern. Wahrscheinlich wußte sie noch nich einmal etwas von


    den Greueltaten im Schahregime.


    Herzliche Grüße nach Wien Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert!


    Ebenfalls liebe Grüße und einen schönen Palmsonntag.


    Frau Serra wusste garantiert nichts von den Greueltaten, denn sie war ja als Künstlerin engagiert,


    aber sie hat, meines Wissens, nicht den Weg weiter gemacht von der Koleratursopranistin zum lyrischen Sopran.


    Sie blieb immer die Königin, Olympia von einer Zerbinetta weiß ich nichts.


    Nochmals schöne Grüße Peter aus Wien

  • Guten Morgen Harald!


    In der WSTO haben wir seit Jahren das Konzept der Aufteilung der 4 Frauen - in 4 Frauen - Olympia, Giuletta, Antionia - Stella.


    Ich kann mich erinnern, das muss aber an die 40 Jahre her sein, da sang Anja Silja, alle 4 Rollen,


    und an der Volksoper in franz. Sprache, dies Ilonka Szep, mit Nicolai Gedda, aber auch das ist schon mindestens 25 Jahre her.


    Nach 1945 im Theater a/d. Wien hat man das bei einer Neueinstudierung einmal Irmgard Seefried alle vier Rollen zu singen zugemutet, ging aber etwas schief und es
    wurde aber nach einigen Vorstellungen geändert und für Irmgard Seefried blieb die Antonia und Stella, die Olympia war damals Emmy Loose, später alternierend mit Wilma Lipp, und die Giuletta war fast immer Sena Jurinac oder Ljuba Weltsch.

    2 Mal editiert, zuletzt von oper337 ()

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  • Bei uns in Düsseldorf gab es vor einigen Jahren auch eine sehr ehrgeizige Sopranistin namens Alexandra von der Weth. Die woltte auch alle Frauenrollen der Oper alleine bewältigen.
    Allerdings ist es nicht mehr dazu gekommen, eine Krankheit ließ das Projekt scheitern. Sie hatte sich wohl zuviel zugemutet.


    Um nochmal auf die 1981er Londoner Aufführung zurückzukommen, Filmregisseur John Schlesinger hat ja die drei Akte vollkommen getrennt inszeniert, also auch die Dämonen - Evans, Ghiuselev und Nimsgern - , Diener usw. unterschiedlich besetzt mit den entsprechenden Charakteren für jeden Akt - nicht nur mit verschieden Sopranistinnen.
    Die Aufführung ist auch heute noch ganz sehenswert, trotz einiger Schlampereien, die der Videoregisseur Brian Large leicht hätte ausbessern können!



    LG Harald


    PS: Können wir uns auf eine einheitliche Schreibweise einigen? - Hoffmann mit 2 F
    Covent Garden mit einem T am Ende?

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Was heißt Zumutung? Das kann doch kein Problem sein, jede Sopranistin, die eine Violetta singen kann, muss auch die Vierfachrolle Stella/Olympia/Antonia/Giulietta schaffen! Oder worin liegt die besondere Schwierigkeit dieser Partie?


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Die Zumutung ist wohl nicht so sehr der Umfang der vier Rollen insgesamt, sondern der Umstand, dass die vier Charaktere sehr vierschieden angelegt sind. Ich bin da wahrlich kein Fachmann, aber die mir vertrauteren Fälle, in denen eine Sopranistin alle Rollen zu meistern versucht, leiden für mich alle etwas unter gebremster Profilierung bzw. zu großer Einheitlichkeit der verschiedenen Rollen - wobei die Sutherland nur schwer als Beleg gelten kann, da die Charakterdarstellung nie zu ihren auffälligen Stärken gehörte. Zwischen der mechanischen Puppe Olympia, die einen brillanten Koloratursopran verlangt, der leidenschaftlichen Sängerin Antonia und der kalten Kurtisane Giulietta liegen doch jeweils Welten. Nur die Stella könnte einer beliebigen von ihnen ähneln ohne dass dabei die Musik verraten würde.


    Genau da unterscheiden sich die Frauenrollen der Oper erheblich von den Schurken und den Dienern, die mit verschiedenen Sängern zu besetzen in der Tat Luxus ist. Am besten machte das in meiner Erfahrung noch Sylvia Geszty unter Dohnanyi in der Inszenierung von Vaclav Kaslik, aber so ganz befriedigend war auch das nicht. Natürlich kann ein Regiekonzept, dass davon ausgeht, dass die Frauen nur verschiedene Gesichter einer einzigen oder der Frau schlechthin verköpern, nur mit einer enzigen Sängerin arbeiten. Ich halte ein solches Konzept aber für weit weniger zwingend als manche hier, noch nicht einmal bei E.T.A. Hoffmanns Vorlage, die noch ohne die Musik auskommt und diese durch die Brille ein und desselben Lesers sieht.


    Es ist also sicher nicht nur die Lust an der Geldverschwendung oder gar Prunksucht, die fast alle Plattenproduzenten (und -dirigenten) zu der Lösung mit vier Frauenstimmen graifen lässt, obwohl sie sicher genauso gut wissen wie viele von uns, dass Offenbachs ursprüngliches Konzept vorsah, dass sowohl eine einzige Sängerin alle Rollen bewältigt als auch mehrere. Sonst hätte er es anders komponiert. Leider starb er jedoch, bevor er beide Varianten sanktionieren konnte. So wissen wir nicht, ob er nicht doch die geteilte Besetzung vorgezogen hätte.


    Jedenfalls sollte man das NUR nach dem jeweiligen Ergebnis beurteilen und nicht am Aufwand.


    :hello: Rideamus

  • Lieber Rideamus,


    da hast du zwar Recht, allerdings muss eine Sängerin (ebenso eine Schauspielerin) im Laufe ihres Bühnenlebens sowieso ganz verschiedene Charaktere spielen. Und ich glaube, es müsste zu schaffen sein, auch schnell zwischen den Rollen "umzuschalten". Erst recht bei einer Aufnahme, wo ja zwischen den Takes oft Tage liegen...
    So sind die verschiedenen Charaktere wohl ein Grund für eine Aufteilung der Partie, aber kein zwingender. Aber ich bin ja sowieso Verfechter des verschiedene-Gesichter-einer-Frau-Konzeptes, so ist vielleicht mein Urteil nicht ganz objektiv.


    Liebe Grüße,
    Martin

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Fragen: Wie ist die Klangqualität des MET-Mitschnitts zu beurteilen? Die Schnipsel hören sich o.k., allerdings auch nicht berauschend an. Würdet Ihr sie insgesamt eher besser oder schlechter (nur Ton) als Cluytens von 1948 einstufen?


    Lieber Johannes,


    Live und Studio sind verschiedene Schuhe und nur bedingt miteinander zu vergleichen. Wenn Du mir die Wahl läßt zwischen Cluytens 1948 und Monteux, wähle ich bedenkenlos den zweiten. Die 1948er Aufnahme (ich habe sie in der Naxos-Edition) ist im Ton nicht besonders; damals konnte man es schon besser. Ich schätze sie trotzdem. Bei den METs schwankt die Tonqualität oft sehr, bei Monteux ist sie vergleichswerise recht ordentlich. Superansprüchen genügt sie natürlich nicht.


    LG


    Waldi

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  • Zitat

    Original von Walter Krause


    Live und Studio sind verschiedene Schuhe und nur bedingt miteinander zu vergleichen. Wenn Du mir die Wahl läßt zwischen Cluytens 1948 und Monteux, wähle ich bedenkenlos den zweiten. Die 1948er Aufnahme (ich habe sie in der Naxos-Edition) ist im Ton nicht besonders; damals konnte man es schon besser. Ich schätze sie trotzdem. Bei den METs schwankt die Tonqualität oft sehr, bei Monteux ist sie vergleichswerise recht ordentlich. Superansprüchen genügt sie natürlich nicht.


    Vielen Dank! Ich wagte schon nicht mehr auf eine brauchbare Antwort auf diese Frage zu hoffen. Wie gesagt, finde ich Cluytens in einer "Billigausgabe" problemlos anhörbar. Dann sollte der MET-Mitschnitt demnach keine Probleme bieten. Wird vorgemerkt (so langsam beginnt mir der Kram zu gefallen, als Hoffmannianer und Kreislerianer wurde es auch Zeit. Ich habe auch noch eine neuere Aufnahme einer anderen Fassung (Cambreling)


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Kennt jemand die Hoffmann DVD von Arthaus aus der Opéra de Lyon unter Kent Nagano? (mit Dessay, Hendricks, van Dam, Bacquier und einem Hoffmann, dessen Doppel-Namen ich mir nciht merken konnte). Ich habe leider die Inszenierung auf den ersten Blick nicht verstanden und wüsste gerne, was Andere dazu meinen.
    Reihenfolge hier : Olympia, Antonia, Giulietta.
    Die vier Rollen werden von vier verschiedenen Frauen gespielt, wobei die Stella und die Giulitta für meinen Geschmack hier schon rein äusserlich ziemlich furchtbar besetzt waren.
    Nathalie Dessay oder Barbara Hendricks wären durchaus in der Lage gewesen, alle vier Frauen zu verkörpern. Wobei ich Dessay natürlich 100mal den Vorzug geben würde. :D
    Ich schliesse mich Philhellene und Herbert Henn da an.
    Ein guter lyrischer Sopran mit Koloraturanlagen kann so etwas. Wenn dann die Automatennoten nicht so ganz mechanisch klingen (taten sie bei Dessay auch nicht) und die lyrischen Partien etwas leichter genommen wird, ist das keinesfalls ein Verlust. Der inneren Dramaturgie kann das nur Glaubwürdigkeit verleihen und gut tun.


    F.Q.

  • Liebe Fairy,


    ich hab die Übertragung mal auf VHS mitgeschnitten - muss sie mir aber nochmal ansehen, um über die Inszenierung was sagen zu können.


    Hoffmann ist Daniel Galvez-Vallejo


    Lindorf etc Jose van Dam


    Olympia Natalie Dessay


    Antonia Barbara Hendriks


    Giulietta Isabella Venet


    Stella Lisetta Malidor ....


    Ich hab mir auf dem Band noch notiert, dass die Aufführung der Kaye- Edition folgt, also neuesten musikwissenschaftlichen Erkenntnissen.


    Ich hoffe, das hilft fürs erste weiter.


    LG, Elisabeth

  • Liebe Fairy,


    diese Inszenierung habe ich auch auf den zweiten und dritten Blick nur insoweit verstanden, als sie meines Erachtens in einer geschlossenen Anstalt spielt. Dennoch hat sie für mich eine gewisse Faszination. Durch die Verdoppelung der Rollen Niclausse und Giulietta (Schauspieler und Sänger) ist es allerdings ein ganz anderer Hoffmann, den wir da hören und sehen. Rein stimmlich gesehen finde ich die Giulietta nicht fehlbesetzt.


    :hello:


    Emotione

  • Danke euch beiden!
    Die Sache mit der geschlossenen Anstalt dämmerte mir auch bereits dunkel , wobei ich das sehr bedrückend fand, insbesondere in der Olympia-Szene und im Hinblick auf die Figur des Franz und die manipulierten Statisten.


    Liebe Emotione, was meinst du mit Verdopplung? Dass diese Figuren schauspielerisch aktiv sind, wenn sie nciht singen oder das sie wirklich gedoppelt sind? Wem dem so sein sollte, habe ich DAS nämlich üiberhaupt nciht verstanden :untertauch:
    Mir hat die ausgedehnte Rolle der Muse gut gefallen und auch die Manipulationen, die der vierfache Bösewicht(ein toller van Dam!!!) z.B. in der Antonia-Szene mit der Mutter und dem "Heilzauber" gemacht hat. Das leuhtete mir ein, aber den Grossteil der Inszeneirung habe ich wirklich nur vage als bedrohliche Stimmung empfunden, deren Einzelheiten sehr erklärungsbedürftig sind.
    Da ich von dem Tenor gar nicht begeistert war und mich auch einige andere Dinge abgestossen haben(so etwa die Stella und die Giulietta) bleibe ich da auf den ersten Blick recht ambivalent und eher skeptisch.
    Die berühmte Barcarole war auch sehr überraschend angelegt-immerhin bekam man dabei dann endlcih eine Ahnung, dass Giulietta eine Kurtisane sein sollte. Vorher war sie wohl eher die "Wärterin" der Anstalt, schien mir.


    Aber ich werde mir diese Aufführung sicher ein zweites Mal ansehen und dann evtl schon mehr davon haben.


    F.Q.

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