Alcina (Händel), Neue Bühne des Bolschoi Theaters, Moskau, 24.10.2017

  • Deswegen wird für Opernfreunde, denen die Oper ein Herzensanliegen ist, weiterhin das Anprangern des Regisseurstheaters solange ein Hauptthema bleiben, bis endlich wieder Vernunft einkehrt.

    Der übliche Einwurf: Auch ich bin ein Opernfreund, dem die Oper ein Herzensanliegen ist! Und trotzdem sehe ich das alles vollkommen anders ... :untertauch:

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Dass ich sie euch gönne, habe ich schon ein paarmal hier ausgedrückt.


    bis endlich wieder Vernunft einkehrt.


    Mit Verlaub, aber du widersprichst dir hier selbst.


    Zuerst sagst du, dass du anderen ihre Aufführungen gönnst, um am Ende festzustellen, dass es solche Aufführungen gar nicht geben sollte.


    Ich habe auch schon öfter darauf hingewiesen, dass gerade die, die am "Original" hängen, kein Problem damit haben, wenn das Orchester ein Modernes ist, das, milde gesagt, die Werke ebenfalls verunstaltet. Was da an Musik oft zu hören ist, hat mit dem Werk herzlich wenig zu tun. Aber wo bleibt da der Wunsch nach "Originalklang"?


    (Nein, ich bin weder RT-Gegner noch Freund davon. Ich stehe in der Mitte und interessiere mich in erster Linie für den Willen des Komponisten, nicht für krasse Verunstaltungen, oder irgendwelche Aufführungstraditionen des 20. Jahrhunderts, die man für werktreu hält.)




    LG,
    Hosenrolle1

  • Der übliche Einwurf: Auch ich bin ein Opernfreund, dem die Oper ein Herzensanliegen ist! Und trotzdem sehe ich das alles vollkommen anders ... :untertauch:


    Hier kann ich mich vollinhaltlich nur anschließen, ich liebe die Oper so sehr wie nichts anderes! Jedes weiter Wort erspar ich mir.


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)


  • Hier kann ich mich vollinhaltlich nur anschließen, ich liebe die Oper so sehr wie nichts anderes! Jedes weiter Wort erspar ich mir.


    LG Fiesco


    Auch ich liebe die Oper sehr. Und daher bin ich froh, dass unsere Opernhäuser keine Museen sind, wie sich das manche hier wünschen, sondern lebendige Orte der immer wieder neuen Auseinandersetzung mit den Werken.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • du siehst die Sache falsch. Keiner hat etwas dagegen, dass auch ihr eure Inszenierungen in der euch zustehenden Anzahl bekommt, wenn ihr keinen Wert darauf legt, die Originalwerke zu sehen und die völlig entstellenden Inszenierungen und zum Teil das Stück brutalisierenden bzw veralbernden Darstellungen in Kauf nehmt, ja sogar noch begrüßt. Dass ich sie euch gönne, habe ich schon ein paarmal hier ausgedrückt.

    Diese gönnerhaft herablassende Geste, mit der ein "Gesunder" den "Hirnkranken" und Perversen (denn brutalisierende und veralbernde Darstellungen nicht nur in Kauf zu nehmen, sondern zu begrüßen, ist pervers) ihre kranke Kost großzügig belässt, hat etwas von einem göttlichen Gnadenakt - freilich ohne Erlösung. So etwas kann freilich nur schreiben (um ein Gustav Mahler-Wort etwas abzuwandeln), wer entweder ein Gott ist - oder ein Trottel. :hail:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Um vielleicht wieder was zum Threadthema zu sagen: ich kenne die Alcina nur vom Namen her, weil mich Barockopern generell nicht wirklich interessieren. Und selbst wenn, da müsste ich eine Menge Sekundärliteratur lesen, damit ich zumindest ansatzweise etwas von dem verstehe, was diese Musik ausmacht, eben rhetorische Figuren, usw.


    Was mich aber stutzig macht ist das Cover der verlinkten DVD hier: ich finde es irgendwie wenig interessant. Ein Mann sitzt auf einem Bett, eine Frau umarmt ihn von hinten, bzw. klammert sich an ihn. Ist das nicht irgendwie nichtssagend, und könnte genauso gut auf dem Cover anderer Opern drauf sein?
    Ohne die Oper zu kennen glaube ich, dass so ein Cover dem Werk nicht wirklich gerecht wird.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Möglicherweise bin ich auch schon senil,aber es ist auch mir unverständlich, wie ein Opernfreund Inszenierungen goutieren kann, bei denen man das Werk nur noch an der Musik erkennen kann. Egal, chacun a son gout. Wobei mir aber auch immer wider die Galle hochkommt ist, dass hier offensichtlich niemand verstehen möchte, dass auch die konservativeren Opernbesucher die Gelegenheit haben möchten, eine Vorstellung nach ihrem Geschmack zu sehen, was heutzutage schon fast unmöglich ist. Ich habe schon andernorts gesagt, dass ich nach Möglichkeit nur noch konzertante Aufführungen besuche, wenn ich Oper live erleben möchte.
    Eine Aufführung wie die von Ralf geschilderte würde ich nicht mal besuchen, wenn man mir Ticket,, Flug und Hotel bezahlen würde. Und wenn man mich jetzt prügelt, für mich hat das auch etwas mit Geschmack zu tum. Ja ja, ich weiß, über Geschmack lässt sich streiten....., aber ich wüsste doch zu gerne, warum heutzutage nur Ordinäres, Hässliches, Unappetitliches und Schlimmeres als Kunst angesehen wird, während alles schöne sofort das Etikett "Kitsch" aufgeklebt bekommt. Und das häufig zur schönsten Musik, die man sich denken kann. Eigentlich müsste man die doch den Inszenierungen anpassen. Schöne Musik, pfui Teufel.... Passt doch gar nicht mehr in unsere Zeit, oder?


    LG
    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • aber ich wüsste doch zu gerne, warum heutzutage nur Ordinäres, Hässliches, Unappetitliches und Schlimmeres als Kunst angesehen wird


    "Nur" solche Dinge werden nicht als Kunst angesehen, auch "schöne" Dinge.


    Aber natürlich wird das auch als Kunst angesehen, weil Kunst nunmal nicht ausschließlich gefällig sein muss. Kunst kann auch schockieren, aufrütteln, zum Nachdenken bzw. zur Selbstreflektion anregen, kritisch sein. Sicher, auch ich bin kein Freund von Inszenierungen eines Calixto Bieto, bei dem es eigentlich schon mehr eine Masche ist, Nackte und jede Menge Kunstblut auf die Bühne zu stellen. Aber das sind extreme Fälle, und von denen rede ich gar nicht.


    Wie viele Theaterstücke und v.a. Opern waren ursprünglich einmal kritisch gemeint, um dem Publikum einen Spiegel vorzuhalten, verlieren aber durch harmlose, biedere Inszenierungen ihre Brisanz und ihre Aussage und bieten lediglich hübsche Kostüme und Kulissen? Bei der Musik ist es übrigens ähnlich: auch da wurden von Komponisten wie Mozart und auch Händel mal absichtlich "schiefe" oder unschöne Töne eingesetzt, um Unbehagen beim Publikum zu erzeugen, was aber durch modernes Instrumentarium in belanglosen Wohlklang verwandelt wurde.


    Wie viele Zuschauer einer "konservativen" Figaro-Vorstellung denken über die Missstände dieser Zeit und die Klassenunterschiede nach, oder darüber, dass der Graf 12 jährige Mädchen anbaggert, wenn die Kulissen doch so schön prächtig sind?


    Die Zeiten waren damals nicht schön, und es gab viel mehr ordinäre, hässliche, unappetitliche Dinge, die da aufgeführt wurden. Übelste Folter, öffentliche Hinrichtungen, Sklaverei, Mord, Leute die ohne ärztliche Hilfe im Dreck gelebt haben. Mozart selbst berichtet nach einem Paris-Besuch, wie dreckig es dort war ("Zu Fuß ist es überall zu weit - oder zu kothicht, denn in Paris ist ein unbeschreiblicher Dreck"). Epidemien, grausige Krankheiten, Ausbeutung und ähnliche Dinge standen an der Tagesordnung, und was man gemacht hat, wenn Babys bei der Geburt stecken blieben und nicht herauskamen, will ich gar nicht beschreiben. Wenn Kulissen und Kostüme, die oft nur UNSERE häufig romantisierende Vorstellung dieser Zeit wiedergeben, von der Aussage eines Werkes, vom Gedanken dahinter, ablenken, dann finde ich hat so eine Inszenierung den Kern der Geschichte genauso verfehlt wie das andere Extrem, nämlich die Blutorgien eines Bieto und Co.



    während alles schöne sofort das Etikett "Kitsch" aufgeklebt bekommt


    Was ist "schön"? Was ist das "Schöne"? Und wer bestimmt was das ist?


    Ich z.B. finde es schön, wenn eine Inszenierung dafür sorgt, über ein Stück und seine Aussage nachzudenken, statt nur schöne Bilder zu liefern, oder nur provozieren oder schockieren zu wollen, im negativen Sinne.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Möglicherweise bin ich auch schon senil, aber es ist auch mir unverständlich, wie ein Opernfreund Inszenierungen goutieren kann, bei denen man das Werk nur noch an der Musik erkennen kann. Egal, chacun a son gout. Wobei mir aber auch immer wider die Galle hochkommt ist, dass hier offensichtlich niemand verstehen möchte, dass auch die konservativeren Opernbesucher die Gelegenheit haben möchten, eine Vorstellung nach ihrem Geschmack zu sehen, was heutzutage schon fast unmöglich ist. Ich habe schon andernorts gesagt, dass ich nach Möglichkeit nur noch konzertante Aufführungen besuche, wenn ich Oper live erleben möchte.

    Und was mir unverständlich ist, dass hier andauernd unterstellt wird, als jemand, der dem Regietheater zumindest nicht feindlich gegenüber steht, fände man automatisch jeden Schwachsinn auch gut. Ich habe mit keinem Wort gesagt, dass ich die Moskauer Alcina gut finde, ich kenne sie einfach nicht und erlaube mir einfach kein Urteil - zumindest keines, welches alleine auf Ralfs Schilderungen beruht. Ebenso habe ich überhaupt keinen Streß mit der Forderung, es solle mehr "konservative" Inszenierungen geben. - Aber Bitte! Verlangt nicht, dass ich mich dafür einsetze. Warum sollte ich gegen etwas kämpfen, mit dem ich prinzipiell ersteinmal kein Problem habe?
    Bereits vor Jahren habe ich an anderer Stelle hier im Forum gefragt, warum denn von den Betroffenen nichts gegen die für einige anscheinend unerträglich Situtaion getan wird? Z.B. sehe ich keine Verfechter des "konservativen" Regiestils regelmäßig mit Flugblättern vor der Oper stehen, ich höre sie nicht in jeder entsprechenden Vorstellung laut buhen (vielmehr erlebe ich es häufig, dass auch in gemäßigten oder gar "konservativen" Inszenierungen die Plätze unbesetzt bleiben ... !?). Mit anderen Worte: Ich nehme Euch in der Auswirkung schlicht nicht war! Was ich wahrnehme, ist in aller Offenheit gesagt, dass hier im Forum meistensteils undifferenziert herumgepöbelt und unqualifiziert verallgemeinert wird. Ob ein derartiges Verhalten nbun senil oder hirnkrank ist, sei dahingestellt - ernstnehmen kann ich all das aber schon lange nicht mehr.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wobei mir aber auch immer wider die Galle hochkommt ist, dass hier offensichtlich niemand verstehen möchte, dass auch die konservativeren Opernbesucher die Gelegenheit haben möchten, eine Vorstellung nach ihrem Geschmack zu sehen, was heutzutage schon fast unmöglich ist. Ich habe schon andernorts gesagt, dass ich nach Möglichkeit nur noch konzertante Aufführungen besuche, wenn ich Oper live erleben möchte.

    Wobei mir immer wieder die Galle hochkommt, ist, dass deshalb keine Gelegenheit ausgelassen wird, Berichte über Operninszenierungen, die man weder gesehen hat und mit deren Stoff man sich nie beschäftigt hat - wie im Falle Alcina - ganz egoistisch als Mittel zum Zweck funktionalisiert, seinen Frust abzureagieren ohne Rücksicht auf Verluste. D.h. ganz konkret und nicht abstrakt werden Menschen hier, die sich ganz einfach so eine Inszenierung nur anschaut haben und darüber berichten wollen völlig rücksichtlos belastet mit Eurem Problem, dass Ihr solche Art von Oper nicht ertragen könnt. Machst Du das in der Familie etwa auch so, dass Du Deinen Ärger, Deinen Frust, Deinen Hass an Deinen Kindern, Deinem Ehepartner abgreagierst? Und würdest Du Dich dann wundern, wenn denen auch irgendwann mal die Galle hochgeht, weil sie keine Lust mehr haben, ständig mit Deinem psychischen Shit übergossen zu werden und die Last Deines Lebens tragen zu sollen, die Du gefällgist selber zu tragen hast? Ich jedenfalls finde so eine Haltung schlicht befremdlich.

    Ja ja, ich weiß, über Geschmack lässt sich streiten....., aber ich wüsste doch zu gerne, warum heutzutage nur Ordinäres, Hässliches, Unappetitliches und Schlimmeres als Kunst angesehen wird, während alles schöne sofort das Etikett "Kitsch" aufgeklebt bekommt.

    Das sind wieder diese Verallgemeinerungen, die zeigen, dass man eben gar nicht mehr in die Oper geht aber trotzdem weiß, dass da nur Ordinäres und Unappetitliches zu sehen wäre. In Bezug auf die Münsteraner Alcina-Inszenierung ist das einfach falsch.


    Und was ist mit einer Oper wie "Salome", wo der Opernstoff selbst einfach "unappetitlich" ist? Warum beschimpft Ihr dann nicht Richard Strauss, dass er die Tradition der "schönen Oper" beschmutzt hat mit einem so unappetitlichen Stück? Wieso wollt Ihr solch ein Stück sehen, naturalistische Ästhetik einer Inszenierung dagegen nicht? Vielleicht, weil das Unappetitliche und Hässliche dann ja "werktreu" ist? Wenn Ihr konsequent wäret, müsstet Ihr im Falle von "Salome" für ein Regietheater plädieren, dass aus dem Ganzen eine schöne, angenehm anzuschauende Oper macht, also statt dem Kopf des Geliebten auf dem Tablett eine rührende Liebesszene einführen als Happy End.


    P.S. Und die Mythologie (das ist nun mal der Stoff von Alcina) ist schon gar nicht zimperlich. In der griechischen Mythologie z.B. werden sterbliche schöne Frauen regelmäßig von den hehren Göttern brutal vergewaltigt.


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Ich stelle klar, dass ich kein Mitglied dieses Forums als hirnkrank bezeichnet habe (wie es der Herr Doktor in einem seiner letzten Beiträge suggeriert hat). Aber Theatermacher, die den Sinn ihrer Arbeit allein in nicht jugendfreien (Ralf Reck) Provokationen sehen, verdienen es, so bezeichnet zu werden. Ich bleibe also (Die Freiheit der Meinung lebe hoch) bei meiner Meinung. Und wer meint, dass im Jahre 2017 jeglicher Anstand aus den Opernhäuser zu verbannen und Pornografie (Moskau steht in diesem Fall als Synonym für eine Menge anderer Inszenierungen an anderen Häusern) als Magnet die Häuser zu füllen habe, dem gönne ich diesen Spaß. Ganz herzlich.


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Ohne die Oper zu kennen glaube ich, dass so ein Cover dem Werk nicht wirklich gerecht wird.


    Zu verlangen, dass das Cover einer DVD dem Werk gerecht wird, ist nun doch etwas viel verlangt.


    Wobei mir immer wieder die Galle hochkommt, ist, dass deshalb keine Gelegenheit ausgelassen wird, Berichte über Operninszenierungen, die man weder gesehen hat und mit deren Stoff man sich nie beschäftigt hat - wie im Falle Alcina - ganz egoistisch als Mittel zum Zweck funktionalisiert, seinen Frust abzureagieren ohne Rücksicht auf Verluste. D.h. ganz konkret und nicht abstrakt werden Menschen hier, die sich ganz einfach so eine Inszenierung nur anschaut haben und darüber berichten wollen völlig rücksichtlos belastet mit Eurem Problem, dass Ihr solche Art von Oper nicht ertragen könnt.


    Genau das ärgert mich auch. Aber wenn man es wagt, in einem der Threads, in dem konservative Bühnenbilder oder altmodische Produktionen gefeiert werden, etwas Kritisches zu sagen (und zwar weit entfernt von solchem Unflat, wie er hier zum Besten gegeben wurde), dann gilt man gleich als intolerant.


    Und wer meint, dass im Jahre 2017 jeglicher Anstand aus den Opernhäuser zu verbannen und Pornografie (Moskau steht in diesem Fall als Synonym für eine Menge anderer Inszenierungen an anderen Häusern) als Magnet die Häuser zu füllen habe, dem gönne ich diesen Spaß.


    Erstens handelt es sich hierbei nicht um Pornographie, der Begriff hat nämlich eine bestimmte Bedeutung, die hier gerade nicht zutrifft. Und in dieser Oper geht es nun mal um die Zauberin Alcina, die Männer reihenweise verführt und als willenlose Puppen zu ihrer Verfügung hält, um sie dann in Tiere zu verwandeln, wenn sie genug von ihnen hat. Mit anderen Worten: es geht nicht nur, aber auch um Sex, und es geht um Dominanz und Unterwerfung. Wenn man das "unanständig" findet, dann sollte man sich halt von dieser Oper fernhalten.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Aber Theatermacher, die den Sinn ihrer Arbeit allein in nicht jugendfreien (Ralf Reck) Provokationen sehen, verdienen es, so bezeichnet zu werden.


    jeglicher Anstand


    Du forderst "Anstand" von anderen ein, lässt diesen aber selbst vermissen, wenn du Regisseure, die Stücke nicht nach deinem Gusto präsentieren, als hirnkrank bezeichnest bzw. eine solche unappetitliche Wortwahl gutheißt?


    Die Freiheit der Meinung lebe hoch


    Die Freiheit der Kunst lebe noch höher!


    Ich bin ehrlich gesagt froh, dass auf den Opernbühnen nicht mehr alles züchtig und bieder zugehen muss, damit sich bloß keiner aufregt oder gar in einen kataplektischen Anfall taumelt. Dass Regisseure keine willkürlich agierenden Zensurbehörden oder sonstige Obrigkeiten im Nacken haben und Stücke nach deren Geschmack umändern müssen.
    Dass es auch Regisseure gibt, denen es hauptsächlich um die Provokation geht, um in den Medien möglichst oft namentlich erwähnt zu werden ist unbestritten, und dass manche diese Freiheit ausnutzen, um Trash zu produzieren, ebenfalls.


    Aber diese Freiheit der Kunst hat auch den Vorteil, dass gut gemachte Produktionen wirklich das zeigen können, was das Stück ausmacht. Octavian und die Marschallin müssen nicht mehr "züchtig" nebeneinander sitzen und sich minutenlang verklemmt ansingen, sondern dürfen sich umarmen und küssen, sich einfach natürlicher verhalten, ohne dass die Darsteller oder die Mitarbeiter der Produktion Haftstrafen zu befürchten haben.




    LG,
    Hosenrolle1

  • Zu verlangen, dass das Cover einer DVD dem Werk gerecht wird, ist nun doch etwas viel verlangt.


    Ich habe das nicht verlangt, sondern nur darauf hingewiesen, dass ich das Cover der DVD als nicht sehr gelungen empfinde, werbetechnisch gesehen. Ich persönlich hätte kein großes Interesse mir die Scheibe zu kaufen, wenn ich das im Regal sehe, weil es irgendwie austauschbar aussieht, und nichts Neues bietet.




    LG,
    Hosenrolle1

  • ständig mit Deinem psychischen Shit übergossen zu werden



    Ja ja, pöbeln tun immer nur die anderen...


    Ich habe hier niemanden als hirnkrank bezeichnet. Es stünde dir daher gut an, deine Wortwahl auch mal zu überdenken!



    Nachtrag zur Salome: Weil Strauss den umgekehrten Weg gegangen ist und das "unappetitliche" Stück mit überwiegend wunderschöner Musik überzogen hat.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ich schwanke noch dazwischen, ob es nun erheiternd oder doch ermüdend ist, den Austausch der immer gleichen Argumente zu lesen.


    Ob frühere Zeiten weniger "gehirnkrank" waren, sei mal dahingestellt. Die Älteren unter uns sollten es ja eigentlich besser wissen.


    Und in dieser Oper geht es nun mal um die Zauberin Alcina, die Männer reihenweise verführt und als willenlose Puppen zu ihrer Verfügung hält, um sie dann in Tiere zu verwandeln, wenn sie genug von ihnen hat. Mit anderen Worten: es geht nicht nur, aber auch um Sex, und es geht um Dominanz und Unterwerfung. Wenn man das "unanständig" findet, dann sollte man sich halt von dieser Oper fernhalten.


    Dachte ich mir, ehrlich gesagt, auch, als ich mir gestern die Inhaltsangabe dieser mir bis dato nur dem Namen nach bekannten Oper durchlas.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Eigentlich habe ich mir vorgenommen, mich aus solchen geistlosen Streitereien herauszuhalten, was mir bis jetzt wohl auch weitestgehend gelungen ist.
    Entschuldigung im Voraus, wenn ich mich doch äußere. Ich habe diesen Thread gestern verfolgt und zunehmend überkommt einen da das Gefühl des Fremdschämens,
    denn es ist schier unerträglich und peinlich zu lesen, wie hier langjährige und verdienstvolle Mitglieder unseres Forums, gewohnt und wiederholt,
    auf übelste Art beleidigt und herabgewürdigt werden (Zitate erspare ich mir).
    Und was war eigentlich der Anlaß und der Ausgangspunkt? Unser Mitglied Musikwanderer, der ein Kenner, vielleicht sogar ein Spezialist auf dem Gebiet dieser Musik ist, schrieb:

    Eine Geburt aus krankem Gehirn in einer gehirnkranken Zeit - man kann sich nur noch an den A.... fassen, denn der Kopf ist zu schade dafür! :no:

    Dies ist seine Meinung - die muß niemand tolerieren oder gar teilen. Aber man hat sie zu akzeptieren, zur Kenntnis zu nehmen und vor allem - zu respektieren!!!
    Da muß man nicht über ihn und in der Folge über andere, in gewohnter, selbstgefälliger, überheblicher und mitunter unflätiger Manier herfallen!


    CHRISSY


    Für heute habe ich geplant, nach Liberec /Reichenberg zur AIDA zu fahren. Ob das wird, weiß ich noch nicht genau, denn das Wetter ist bis jetzt mehr als mies.
    Ich überlege mir aber ob es sinnvoll ist, davon einen Bericht zu schreiben, denn es vergeht einem die Lust, wenn man solche Reaktionen liest.


    Ich bitte auch, diesen, meinen Btr., nicht zu kommentieren. Ich werde mich an weiteren niveaulosen Auseinandersetzungen nicht beteiligen.

    Jegliches hat seine Zeit...

  • [...] Und was war eigentlich der Anlaß und der Ausgangspunkt? Unser Mitglied Musikwanderer, der ein Kenner, vielleicht sogar ein Spezialist auf dem Gebiet dieser Musik ist, schrieb:

    Dies ist seine Meinung - die muß niemand tolerieren oder gar teilen. Aber man hat sie zu akzeptieren, zur Kenntnis zu nehmen und vor allem - zu respektieren!!!

    Stimmt! - Anlaß des üblichen Zerwürfnisses war m.E. aber auch garnicht musikwanderers Beitrag, sondern der von Gerhard (Alcina (Händel), Neue Bühne des Bolschoi Theaters, Moskau, 24.10.2017).

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Dies ist seine Meinung - die muß niemand tolerieren oder gar teilen. Aber man hat sie zu akzeptieren, zur Kenntnis zu nehmen und vor allem - zu respektieren!!!


    Einen Menschen als gehirnkrank zu bezeichnen - hier die Regisseurin bzw. die Mitglieder des Regieteams - respektiere ich weder, noch toleriere ich es.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.


  • Einen Menschen als gehirnkrank zu bezeichnen - hier die Regisseurin bzw. die Mitglieder des Regieteams - respektiere ich weder, noch toleriere ich es.


    Aber Mitglieder anpöbeln ist erlaubt?

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Bereits vor Jahren habe ich an anderer Stelle hier im Forum gefragt, warum denn von den Betroffenen nichts gegen die für einige anscheinend unerträglich Situtaion getan wird? Z.B. sehe ich keine Verfechter des "konservativen" Regiestils regelmäßig mit Flugblättern vor der Oper stehen, ich höre sie nicht in jeder entsprechenden Vorstellung laut buhen (vielmehr erlebe ich es häufig, dass auch in gemäßigten oder gar "konservativen" Inszenierungen die Plätze unbesetzt bleiben ... !?). Mit anderen Worte: Ich nehme Euch in der Auswirkung schlicht nicht war! Was ich wahrnehme, ist in aller Offenheit gesagt, dass hier im Forum meistensteils undifferenziert herumgepöbelt und unqualifiziert verallgemeinert wird. Ob ein derartiges Verhalten nbun senil oder hirnkrank ist, sei dahingestellt - ernstnehmen kann ich all das aber schon lange nicht mehr.

    Lieber MSchenk,


    Leider kann ich Deine Ausführungen nicht bestätigen. Protest gegen Regisseure und ihre Arbeit ist nur möglich und zweckmäßig, wenn das Regieteam anwesend ist. Das ist maximal in den Premierenvorstellungen möglich, und da kann ich Dir über Dutzende lautstarke Proteste berichten. Denke nur an Bayreuth, wo nach lautstarken Protesten der Regisseur sich sogar veranlaßt sah, mit heruntergelassenen Hosen und dem Publikum zugekehrtem nacktem Hintern auf die Proteste zu reagieren. In Bayreuth und an vielen anderen Theatern sind Buhrufe bis hin zum Orkan sehr häufig. Aber eben nur in dieser einen Vorstellung. Es wäre ja auch unfair, den Darstellern dann seinen Unmut zu zeigen, wenn nur der nicht anwesende Regisseur Gegenstand des Mißfallens ist. Richtig hattest Du bemerkt, daß die Anzahl freier Plätze in den Theatern auch eine Form des Protestes darstellt. Leider kann jede Statistik jedes Ergebnis schönrechnen.


    Und Du erwähnst mit keinem Wort die Proteste, die z.B. Bernd Weikl, Marie-Louise Gilles uva. in offizieller Form angeregt und sogar dazu eine Initiative gebildet haben. Auch ich gehöre wie einige andere hier im Forum zu den Unterzeichnern. Frau Gilles hat mehrfach nachgewiesen, wie am Opernhaus Hannover Statistiken schöngerechnet wurden. Leider interessiert das die Subventionsträger nicht.


    Ich will auch nicht verschweigen, daß ich regelmäßig über besuchte und in meinen Augen mißlungene Theatervorstellungen z.B. in Chemnitz (auch über gelungene Inszenierungen) den Intendanten angeschrieben habe. Er hat es nicht einmal nötig zu antworten.


    In meiner Heimatpresse kritisiere ich auch Vorstellungen, die mir nicht gefallen haben. Leider werden diese zunehmend nicht veröffentlicht, wobei offensichtlich parteipolitische Interessen Kritik unterbinden (was ja nicht nur bei Theaterereignissen der Fall ist). Ich habe für die wenigen veröffentlichten Kritiken oft persönlichen Zuspruch erhalten. Ich will auch erwähnen, daß ich durchaus auch mit öffentlichem Lob nicht spare, doch gibt es dazu außer in den Konzerten unseres Geraer Orchesters und besonders des Gewandhausorchesters wenig Anlaß.


    Herzlichst La Roche


    PS hiermit distanziere ich mich von den persönlich beleidigenden Ausdrücken gegen Mitglieder dieses Forums, wie sie besonders in den Beiträgen 35, 40 u.a. zum Ausdruck gebracht wurden. Ich würde mich schämen.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Liebe Diskutanten,


    könnte es sein, dass es bei der sogenannten Regietheater-Debatte um mehr geht als vordergründig nur um eine Auseinandersetzung um die gegensätzlichenen Anschauungen über die Inszenierungsstile bei Opernaufführungen?


    Steckt da möglicherweise nicht auch noch etwas ganz anderes dahinter als bloße Geschmacksfragen?


    Sind es gar differierende weltanschaulichen Sichten oder stecken persönliche Animositäten dahinter, vielleicht ist es auch eine Generationsfrage ? Oder geht es tatsächlich ausschließlich immer nur rein um die Sache?


    Ansonsten ist es für mich schwer erklärlich, weshalb sich hier sich selbst Leute, die für sich doch in Anspruch nehmen würden, zu den Gebildeten zu zählen oder sogar Akademiker sind, sich derart erbittert verbal ineinander verkrallen und zu teilweise unwürdiger Sprache greifen.


    Falls dieser Aspekt in einer der letzten 350 RT-Threads schon einmal erschöpfend erörtert wurde, bitte ich um Nachsicht. Ich bin zwar ein eifriger Mitleser im Tamino-Klassikforum, aber alles habe ich dann sicherlich doch nicht aufgenommen.


    Freundlich,


    MDM


    P.S.: Lieber Ralf Reck, entschuldige bitte , dass die Beiträge zu Deinem ursprünglichen Threadthema abdriften.

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • PS hiermit distanziere ich mich von den persönlich beleidigenden Ausdrücken gegen Mitglieder dieses Forums, wie sie besonders in den Beiträgen 35, 40 u.a. zum Ausdruck gebracht wurden. Ich würde mich schämen.


    Tja, hier meint jemand anscheinend "Quod licet Iovi non licet bovi".

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Was ich wirklich ätzend finde, ist dieses ritualisierte kollektive Lagerdenken. Du kommst überhaupt nicht auf die Idee, Musikwanderer, usw. Wischniewski mal zu verstehen zu geben, dass so eine Wortwahl einfach unangebracht ist. Nein, das sind ja Gesinnungsgenossen, denen man nicht auf die Füße tritt, statt dessen keilt man aus in das andere "Lager". Von ihnen und niemand Anderem ging die Pöbelei aus. Und dass der Angepöbelte dann mit der Stichelei "senil" antwortet, ist noch eine sehr moderate Reaktion.


    Und Deine Bemerkung zu Strauss finde ich seltsam: Erst einmal bleibt das Unappetitliche unappetitlich, egal welche Musik dazu gespielt wird. Das Regietheater gibt ja auch naturalistische Bilder zu schöner Musik von Klassikern und Romantikern. Wieso lässt Du das also bei Strauss gelten, was Du bei RT-Regisseuren nicht gelten lässt? Und zweitens glaube ich wird man Strauss nicht gerecht, wenn man ihm unterstellt, er hätte szenische Grausamkeiten in musikalischem Schönklang gleichsam ersäuft. Wenn dem so wäre, hätte ich ernste Einwände gegen die ästhetische Qualität einer solchen Oper.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Leider kann ich Deine Ausführungen nicht bestätigen. Protest gegen Regisseure und ihre Arbeit ist nur möglich und zweckmäßig, wenn das Regieteam anwesend ist. Das ist maximal in den Premierenvorstellungen möglich, und da kann ich Dir über Dutzende lautstarke Proteste berichten.

    Hier in Münster gehe ich regelmäßig zur Oper und besuche auch die Matinees am Sonntag, wo das Regieteam seine Produktionen vorstellt. Die Künstler sind sehr publikumsfreundlich und Proteste gibt es nicht. Im Gegenteil: Die Atmosphäre ist freundlich bis herzlich.


    Schöne Grüße
    Holger

  • statt dessen keilt man aus in das andere "Lager".


    Ich habe nicht ins andere Lager "ausgekeilt", sondern nur gesagt, dass ich manche Einstellungen nicht verstehen kann. Wieso das für dich ein Grund für eine persönliche Beleidigung ist, kann ich schon gar nicht verstehen. Aber wie gesagt "Quod licet....."-

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Ansonsten ist es für mich schwer erklärlich, weshalb sich hier sich selbst Leute, die für sich doch in Anspruch nehmen würden, zu den Gebildeten zu zählen oder sogar Akademiker sind, sich derart erbittert verbal ineinander verkrallen und zu teilweise unwürdiger Sprache greifen.


    Hallo,


    die Meinung, Akademiker seien die besseren, wertvolleren, ethisch höher stehenden Menschen, habe ich schon lange "über Bord geworfen".


    Grundsätzlich halte ich jeden Menschen - "auch den Akademiker" - bei individuell entsprechenden Umständen zu Allem fähig.



    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Ja ja, pöbeln tun immer nur die anderen...

    Stichwort: Lagerdenken!

    Zitat von »Bertarido«
    Einen Menschen als gehirnkrank zu bezeichnen - hier die Regisseurin bzw. die Mitglieder des Regieteams - respektiere ich weder, noch toleriere ich es.




    Aber Mitglieder anpöbeln ist erlaubt?

    Wiederum: Stichwort Lagerdenken. Die "eigenen Leute" müssen natürlich vor vermeintlichen Pöbeleien und Beleidigungen der "Anderen" in Schutz genommen werden. Das gilt umgekehrt natürlich nicht, wie man sieht, das wird "toleriert".

    die Meinung, Akademiker seien die besseren, wertvolleren, ethisch höher stehenden Menschen, habe ich schon lange "über Bord geworfen".


    Grundsätzlich halte ich jeden Menschen - "auch den Akademiker" - bei individuell entsprechenden Umständen zu Allem fähig.

    Aha. Schon lange. Und vorher hast Du etwas anderes gedacht?

    Ich habe nicht ins andere Lager "ausgekeilt", sondern nur gesagt, dass ich manche Einstellungen nicht verstehen kann. Wieso das für dich ein Grund für eine persönliche Beleidigung ist, kann ich schon gar nicht verstehen. Aber wie gesagt "Quod licet....."-

    S.o.! Ich persönlich bin gar nicht beleidigt, ich finde das nur lächerlich. Ihr habt zur Sache einfach rein gar nichts zu sagen, sondern schüttet mal wieder wie der berühmte Pawlowsche Hund auf den Schlüsselreiz seinen Speichel die ewig gleichen oder gleichartigen Floskeln der Verachtung gegen Künstler und Mitdiskutierende aus ("hirnkrank"), die nicht Eure Weltsicht teilen. Eine Zumutung ist das gegenüber dem Threadstarter Ralf Reck, der gerne konkrete Antworten zum Stück und zu der Inszenierung bekommen möchte, das er gesehen hat und statt dessen mal wieder Euer übliches völlig überflüssiges Ritual der Beschimpfung erdulden muss.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Zur Vorbereitung auf den Besuch der Alcina-Aufführung am kommenden Samstag an der Staatsoper Hamburg (Insz. Christopher Loy; Premiere 02/2002) habe ich mir nun auch die Produktion aus Aix in der Inszenierung vom Katie Mitchell angeschaut und kann mich dabei im Wesentlichen der Berurteilung Bertaridos nur anschließen. Tatsächlich gelingt es der Regisseurin durch ihre Deutung dem Stoff eine psychologische Glaubwürdigkeit und Relevanz zu geben, die ich bei einer "konventionellen" Inszenierung nicht für vermittelbar halte. Interessant dabei ist, dass auch hier die Tatsache, dass es sich bei den Schwestern Alcina und Morgana um Zauberkundige handelt, keineswegs verneint wird. Jedoch handelt es sich hierbei nicht um bloßen "Budenzauber" mit Knall, Rauch und Feuer, sondern um ein geschickt eingesetztes dramaturgisches Mittel, wenn die Damen mit dem Durchschreiten der Seitentüren ihrer Schönheit beraubt in alte Hexen - und damit in ihre wahre Gestalt - zurückverwandeln. Wie hier schon durch Ralf und Bertarido beschrieben, arbeitet die Inszenierung letztlich mit recht sparsamen Mitteln, bleibt dabei aber trotzdem spannend, was schon alleine aufgrund der zu bewältigenden Länge von ca. drei Stunden Rezitativ & da capo-Arie eine Leistung ist. Hinzu kommt natürlich die m.E. absolut festspielwürdige Besetzung u.a. mit Petibon, Prohaska, Bradić, Jaroussky und - besonders hervorzuheben - dem jungen Elias Mädler in der Rolle des Oberto. Eine Figur übrigens, die in dem Libretto basierend auf Ariosts Orlando furioso keinerlei handlungstragenden Zweck zu erfüllen scheint. Händel hat diese Rolle wohl nachträglich für den Knabensopran William Savage eingefügt, der ihn zuvor als Joas in seinem Oratorium Athalia stark beeindruckt haben soll. Eine weitere Besonderheit dieser Oper ist vielleicht die einzige Ensemble-Szene, dass Terzett "Non e amor, ne gelosia" gesungen von Alcina, Bradamante und Ruggiero vor dem Chor-/Ballett-Finale im letzten Akt. Ein weitere Clou der Inszenierung ist dann die letzte Szene: Während der Chor mit "Dopo tante amare pene" den Sieg der Liebe über das Böse und die Intrige verkündet, entbrennt zwischen dem wiedervereinten Paar Bradamante und Ruggiero ein heftiger Streit, in dem sich Ruggiero wohl einiges anhören muss. Hier haben wir vielleicht eine sehr entfernte Parallele zu Mozarts Così fan tutte, denn in beiden Stücken stellt sich am Ende ja durchaus die Frage, wie es denn mit den liebenden Paaren nach allem was vorgefallen ist - hier Ruggiero, der sich zwar verzaubert, aber doch voller Liebe Alcina hingegeben hat - weitergehen soll!?


    Nachdem ich nun also die fragliche Inszenierung gesehen und diverse Beiträge in diesen Thread nochmals gelesen habe, vermag ich mir nicht wirklich vorzustellen, wie die durch Katie Mitchell ausgeloteten Dimensionen des Werkes in einer "konventionellen" Inszenierung zum tragen kommen könnten. Tatsächlich fehlt mir sogar ein wenig die Phantasie, wie denn eine solche hier von verschiedenen Seiten eingeforderte "werktreue" Darstellung eigentlich aussehen soll und ich weiß nicht, wie diese Oper im Gewand einer historischen bzw. historisierenden Ausstattung über längere Zeit ihre Zuschauer finden will.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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