Ekstase im goldenen Käfig: "Tristan und Isolde" in Düsseldorf

  • Ekstase im goldenen Käfig



    Eine grandiose Premiere von „Tristan und Isolde“ war das gestern Abend in Düsseldorf. Sängerisch und orchestral überragend, inszenatorisch phänomenal. Was will man mehr?







    Alle Fotos Copyright Deutsche Oper am Rhein


    Es ist offenkundig, an was Claus Guth bei seiner „Tristan“-Interpretation gedacht hat. „Hab acht, Richard! Botschaft von Mathilde!“ - so könnte die Überschrift dieser Rezension auch lauten. Guth siedelt das Stück in der Villa Wesendonck an, und das Konzept geht auf, komponierte der Meister sein Werk doch einst unter dem Eindruck der Liebe zu Mathilde Wesendonck. Christian Schmidt hat bei Bühne wie Kostüm ganze Arbeit geleistet, schafft im I. Akt rote, dann im II. und III. blaue, kalte Räume. König Marke ist in diesem goldenen Käfig also Otto Wesendonck. Das klingt erstmal simpel, ist aber enorm überzeugend und mitreißend.
    Wenn sich der Vorhang zum I. Akt öffnet, blicken wir in Isoldes Zimmer. Die Braut liegt in einem Doppelbett, ein Brautkleid hängt auf einem Torso an der Tür. Brangäne sitzt am Frisiertisch. Sie ist wie Isolde gekleidet, trifft ungern eigene Entscheidungen - deutlich wird das in ihrem Besuch bei Tristan, als sie sich abwimmeln lässt. Hier wechselt die Szene zu einem Flur mit sechs Stühlen, auf zweien sitzen Tristan und Kurwenal, letzterer liest Zeitung. Tristans Gefährte unterstreicht Nomen durch Gesten und ist recht karikativ gezeichnet. Als Tristan endlich zu Isolde tritt, folgt er ihr auf die mit hohen Pflanzen verstellte Terasse, die beiden müssen sich erst finden. Er folgt ihr schließlich in ein weiteres Zimmer, das wie Isoldes eingerichtet ist, doch auf dem Bett liegen blutige Kleidungsfetzen: Morold! Hier wird auch der Liebestrank eingenommen, und nachdem sich die Bühne nochmals gedreht hat, finden sich die nun Verliebten mitten zwischen den Hausbediensteten (Matrosen also) wieder, und in den letzten Takten tritt Marke in die Tür.
    Das erste Bühnenbild des II. Aktes stellt einen Flur mit drei Doppeltüren dar. Brangäne und Isolde diskutieren, bis diese schließlich die Lampen löscht und in einem Raum geht. Dort befindet sich im Freeze eine Festgesellschaft, unter den Gästen auch Tristan, der sich aus der Starre löst und Isolde erkennt. Und als dann Tristan „Oh sink hernieder, Nacht der Liebe“ anstimmt, als er und Isolde wieder an der Wand des Flures sitzen, und dazu ein Lichtspiel wie sich in der Dämmerung brechende Schatten von Blättern erscheint (Licht: Jürgen Hoffmann), da war man tatsächlich für einige Zeit dem „himmelhöchsten Weltentrücken“ verfallen und realisierte, was man hier gerade erlebte.
    Die Liebenden gehen nun in einen weiteren Raum, in dem sich ein gedeckter Banketttisch befindet. Nachdem sie zunächst an entgegengesetzten Enden Platz genommen haben, fegt Tristan Geschirr und Kerzenleuchter zur Seite, als Kurwenal hereinstürzt: „Rette dich, Tristan!“ In ihrer Not laufen die beiden genau in die Arme eines Tribunals aus dem grantelnden Marke und seinem Hofstaat, die an einem ungedeckten Banketttisch sitzen. Nach seiner Erzählung geht Marke allein auf dem Flur, ein starkes Bild. Tristan lässt sich von Melot eine Wunde mit dem Speisemesser schlagen.
    Der III. Akt beginnt vor der Fassade der Villa. Wir sehen nun erstmals, wie alt das Gebäude bereits ist: Aufgeplatzte Ziegelsteine zwischen dreckigem Naturstein. Wieder gibt es drei Türen, die mittlere ist nach hinten versetzt. Tristan sitzt reglos auf einem Stuhl, während Kurwenal Korken von Bierflaschen in seinen Stiefel zu werfen versucht. Der Hirt ist wie die beiden Helden ein Obdachloser. Tristan geht wieder in das Bankettzimmer, schließlich in Isoldes, wo ein Doppelgänger seiner auf dem Bett liegt. In Ohnmacht fällt er vor der Fassade, nun auf einer anderen Seite des Hauses. Der Kampf zwischen Kurwenal und Melot findet wieder vor dem ersten Bühnenbild statt. Das Ende, der Liebestod, begibt sich wieder im Bankettzimmer, Tristan liegt tot auf dem Tisch, der ihm und Isolde zur Erfüllung hätte dienen sollen. Isolde sinkt hin, Marke und Brangäne wenden sich zum Gehen.
    Claus Guth schafft berückende, beeindruckende Bilder, überzeugt mit ausgefeilter Personenregie und wird kongenial von Christian Schmidt unterstützt. Dass das Regietheater gefühllos sei oder gar den Komponisten verachte, diese Behauptung darf man nach dieser Inszenierung anzweifeln. Denn trotz aller Veränderungen respektiert Guth den Text: Das ist der „Tristan“. Und nicht ein „Tristan, wie ihn Guth gern hätte“.
    Auch musikalisch blieben keine Wünsche offen. Allem voran das phänomenale Dirigat von Axel Kober, der große Bögen spannt, Ekstase schafft, fast furtwänglersche dramaturgische Ausgefeiltheit erreicht. Freilich bringt er hin und wieder die Sänger leicht in Bedrängnis, die sich jedoch nicht zum Forcieren verleiten lassen, und auch die Balance zwischen Bühne und Graben wird in den Folgevorstellungen noch wachsen. Doch den orgiastischen Klängen, die Kober entfaltete, verzeiht man das gern.
    Unauffällig der Chor (Gerhard Michalski), aber der hat in dieser Oper ja eh nicht viel zu tun. Als schönstimmiger junger Seemann gefiel Jussi Myllys, gleiches gilt für den Hirten von Markus Müller und den Steuermann von Rolf Broman. Als Melot konnte Dmitri Vargin Akzente setzen. Annette Seiltgen verkörperte eine schauspielerisch untadelige, sängerisch überzeugende Brangänge. Skurill der Kurwenal von Oleg Bryjak: Mit näselndem Timbre, übertrieben weit vorn platzierten Vokalen (i!), indifferentem Kraftgebolze und Nichtbehandlung des Textes war sein Beitrag der schwächste des Abends, zudem sehr befremdlich. Dass der Mann auch den Sachs singt, nahm ich ungläubig zur Kenntnis (wie man das wohl aushalten soll?), ebenso wie seine im Programm erwähnten Auftritte in Chicago, Paris und London. Mein Nebenmann sagte bei seinem Vorhang: „Die Überraschung des Abends!“, und das ganze Haus feierte Bryjak. Die Geschmäcker sind halt verschieden. Als König Marke war Hans-Peter König aufgeboten. Die Wochen an der Met haben sich ausgezahlt. Mit noch mehr Selbstbewusstsein, so scheint es, noch mehr Ausstrahlung steht dieser Hüne auf den Brettern, und sein ohne Registerbruch geführter, warmer, runder, voller Bass strahlt durchs ganze Haus, mit makelloser Diktion und berührendem Ausdruck. Auch darstellerisch verleiht König seiner Figur beeindruckendes Profil. Wie sagte meine Nebendame nach dem II. Aufzug? „Der König hat mich noch nie enttäuscht!“ Kann ich mir vorstellen. Die darstellerische Größe war auch Janice Baird als Isolde eigen, doch gerade im I. Akt musste man sich fragen, warum sie diese Rolle auch an der Met gesungen hat. Kloßiges, gaumiges Singen mit großem, waberndem Tremolo, unsicher angegangene Spitzentöne machten ihren Beitrag nicht immer zur reinen Freude. Im II. Akt fing sie sich, fand mehr Farben, verfiel im III. aber doch wieder in groteske Vokalverfärbungen – schlicht ärgerlich, dass sie „Unbewusst, höchste List!“ sang. Die Krone des Abends gebührt jedoch Ian Storey für seinen großartigen Tristan. Er verausgabt sich schauspielerisch vollkommen, stellt sich ganz in den Dienst der Inszenierung. Auch vokal bietet er ein beeindruckendes Porträt. Ohne größere Schwächen malt er ein Gemälde aus Piani, Kantilenen und beherrschten Ausbrüchen, beglückt den Zuhörer mit der Textbehandlung eines Liedsängers. Eine bessere Interpretation dieser Partie ist heutzutage nur schwer vorstellbar.
    Dass das Opernhaus Düsseldorf nur zu etwas mehr als drei Vierteln gefüllt war, stimmte nachdenklich. Die Ausgebliebenen haben auf jeden Fall etwas verpasst. Ich für meinen Teil habe noch nie so viel "Bravo" gerufen, zumal für das Regieteam. Zum Abschluss möchte ich eine Kritik zitieren, die einst John Amis zu einem Liederabend von Dietrich Fischer-Dieskau schrieb. Sie endet mit den Worten: „Nachdem man ein paar Superlative geschrieben und das Programm geschildert hat, bleibt einem als Kritiker nur noch, 'finis' unter die Kritik zu schreiben, nach Hause zu gehen und dem Himmel zu danken, dass man das erleben durfte.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.



    DEUTSCHE OPER AM RHEIN DÜSSELDORF/DUISBURG
    Richard Wagner: Tristan und Isolde. Düsseldorfer Premiere der Koproduktion mit dem Opernhaus Zürich am 29. Mai 2010. Solisten: Ian Storey (Tristan), Hans-Peter König (König Marke), Janice Baird (Isolde), Oleg Bryjak (Kurwenal), Dmitri Vargin (Melot), Annette Seiltgen (Brangäne), Markus Müller (Ein Hirt), Rolf Broman (Ein Steuermann), Jussi Myllys (Stimme eines jungen Seemanns). Inszenierung: Claus Guth, Bühnenbild und Kostüme: Christian Schmidt. Chöre: Gerhard Michalski. Musikalische Leitung: Axel Kober.

  • Hallo Basti,


    ich war gestern auch in der Premiere auch wenn Tristan und Isolde nicht unbedingt meine Lieblingswagener Oper ist. Ich hatte mich auich gewundert das das Haus nicht vollbesetzt war. Mit der Inszenierung konnte ich wenig anfangen, das Bühnenbild hättte man auch für den Rosenkavalier und La Traviata nehmen können. Mit Frau Baird konnte ich mich überhaupt nicht anfreunden, das sie unheimlich viele Worte und Vokale verschluckt hat oder überhaupt nicht gesungen hat. AUch Herr Storey hatt mich nicht vollends überzeugt, da ich immer noch Wolfgang Schmidt als Tristan im Ohr hab. Im 2. Akt kam er kaum über das Orchester hinweg. Und was mich noch gestört hat waren die Pausen von fast 50 Minuten. Hätte die Oper nicht schon um 16 Uhr anfangen können ? ICh habe auf meinem Stammplatz im 3 Rang an der Seite gesessen und konnte dich im 1. Rang sehen, du hattest wirklich einen sehr guten Platz. Der schlussapplauss nach den einzelnen Akten hat sich auch immer mehr gesteigert. Nach dem ersten Akt gab es sogar einige Buhs für die SÄnger.

  • Aha, Du warst also der frenetisch Applaudierende und Bravo-Rufende... Schön, dass es Dir gefallen hat. Ich fand es gähnend langweilig, grauenhaft kitschig und völlig verdreht.


    Offensichtlich setzt sich die neueste Masche des Regietheaters durch: Das Publikum blenden mittels opulenter Optik - auch wenn die nix mit dem Libretto zu tun hat. So kann wenigstens niemand mehr meckern, dass das Regietheater einem immer nur den grauen Einheitsbrei - wie zu Anfangzeiten - vorsetzt. Jetzt ist es ein mit Schleifen garnierter und mit Honig aufgeppter, bunter...Einheitsbrei. Wohl bekomm's.

  • Danke dir, Basti, für den Bericht.
    Sollte ich es schaffen fahre ich noch hin.
    Oleg Bryjak muss ich mal verteidigen, mag er vielleicht auch keinen guten Abend gehabt haben....
    Ich kenne ihn vor allem als Alberich und da ist er u.a. mein Favorit in dieser Rolle. Seine im Programm erwähnten Auftritte internationaler art, hat er meiner Meinung nach zu Recht.

  • Bin letztes Jahr in dieser Inszenierung in Zürich gewesen und muss Rodolfo und Knusperhexe Recht geben: In diesem Bühnenbild könnte man so einige Opern gut spielen, aber nicht Tristan und Isolde.
    :hello:

    Einmal editiert, zuletzt von Figarooo ()

  • Zitat

    Original von WotanCB
    Danke dir, Basti, für den Bericht.
    Sollte ich es schaffen fahre ich noch hin.
    Oleg Bryjak muss ich mal verteidigen, mag er vielleicht auch keinen guten Abend gehabt haben....
    Ich kenne ihn vor allem als Alberich und da ist er u.a. mein Favorit in dieser Rolle. Seine im Programm erwähnten Auftritte internationaler art, hat er meiner Meinung nach zu Recht.


    Hallo WotanCB und Taminoeaner/innen


    Das Problem bei Bryjak, den ich vorallem in den neunziger und zu BEginn des Koelner RINGs als hervorragenden Alberich gehoert habe, ist
    dass er inzwichen eventuell ueber seinen Zenit hinaus sein koennte.


    Frau Baird habe ich in den Neunzigern in Kaiserslautern als Isolde gehoert..........ich fand sie vor ca 13 Jahren hervorragend...aber der letzte Ton "Lust" ging voellig daneben. Ich habe komplette RINGS mit ihr in Kiel und Chemnitz in den Neunzigern gehoert und immer gehofft, dass sie nie in ganz grossen Haeusern singen wird..............fuer ihre Karriere ist es seit 10 Jahren toll gelaufen....aber den "grossen Haeusern" muss sie mittlerweile wohl auch Tribut zollen.


    Hier in Chicago gibts z.Zt leider keine Oper.


    Es gruesst "Al Capone" alias "Titan"

  • Zitat

    Original von Figarooo
    Bin letztes Jahr in dieser Inszenierung in Zürich gewesen und muss Rodolfo und Knusperhexe Recht geben: In diesem Bühnenbild könnte man so einige Opern gut spielen, aber nicht Tristan und Isolde.
    :hello:


    Ich hätte den Tristan gern in dieser Dekoration inszeniert.



    :angel:
    Engelbert

  • Na,


    als kleiner Kämpe muß ich mal wieder für Bastis großen und unermüdlichen Kampf in die Bresche springen.


    Bezug nehmend auf den oben des öftern erhobenen Vorwurf der Beliebigkeit beginne ich mit einem Zitat:


    "Würden Sie es glauben, daß die Wagnerschen Heroinen samt und sonders, sobald man nur erst den heroischen Balg abgestreift hat, zum Verwechseln Madame Bovary ähnlich sehen"


    (Friedrich Nietzsche, 1 8 8 8 )



    Diese Auffassung reicht zurück bis in die die unmittelbare Zeitgenossenschaft Wagners und ist schon von daher historisch angemessener als eine Wertschätzung, die Richard mit Cosima zu verwechseln scheint.


    Einige Herren hier erinnern mich an die Hohepriester eines Kultus, dessen strikte Einhaltung desto unerbittlicher eingefordert wird, je weniger man insgeheim an ihn glaubt.


    Der Gott dieser Herren heißt Hypokrit. :stumm:


    Wagners Opern sind nun mal Wechselbäder aus Stilblüten, Hypernervsoität, martialischem Krach und künstlichen Paradiesen, und es mag dem denkenden Menschen daher fragwürdig erscheinen, diesen Wechselbälgern ein Kostüm anzuheften, das den Byzantinismus der Dichtungen in ein verträgliches Kleid stopfen möchte. Wagners Musik selbst sprengt ja schon alle Konventionen.


    Nun, es ist wie bei jedem Ball; die Wände entlang sitzen die alten Tanten, die niemand mehr auffordert und die sich dafür schadlos halten, indem sie sich über die Länge der Röcke mokieren.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Zugegeben: Die Photos sehen recht interessant aus. Die Idee, es in die Villa Wesendonck zu verlegen, klingt in der Theorie auch gut. Nur offenbar scheint es bei der praktischen Ausführung zu hapern, darf ich denen, die es gesehen haben, glauben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Oh - von wem ist denn dieser Entwurf? Wo hast Du den her? Ich bin immer ganz begeistert, was die früher für Farbspiele machten! So würde mir "Tristan und Isolde" viel besser gefallen!!!!!

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  • Zitat

    Original von rodolfo39
    Mit Frau Baird konnte ich mich überhaupt nicht anfreunden, das sie unheimlich viele Worte und Vokale verschluckt hat oder überhaupt nicht gesungen hat. AUch Herr Storey hatt mich nicht vollends überzeugt, da ich immer noch Wolfgang Schmidt als Tristan im Ohr hab. Im 2. Akt kam er kaum über das Orchester hinweg. Und was mich noch gestört hat waren die Pausen von fast 50 Minuten. Hätte die Oper nicht schon um 16 Uhr anfangen können ? ICh habe auf meinem Stammplatz im 3 Rang an der Seite gesessen und konnte dich im 1. Rang sehen, du hattest wirklich einen sehr guten Platz.


    Frau Baird war bestimmt nicht der Weisheit letzter Schluss, doch ein Totalausfall war sie auch nicht. Bei Storey hatte ich eher den Eindruck, dass er sich für den III. Akt ein wenig schonen wollte.
    Die Pausen waren tatsächlich ziemlich lang, aber die Sänger brauchen nun mal gerade bei einem "Tristan" einige Zeit zur Regeneration. Ärgerlich, dass die Vorstellung erst gut 20 Minuten später als im Programmheft angekündigt war.
    Ich saß ja zunächst im 1. Rang seitlich, doch im II. Akt fiel mir auf, dass ein Platz zwei Reihen über der Mittelloge frei war - genau der in der Mitte! Ich habe mich dann einfach da hingesetzt. Wäre (wie das ja oft vorkommt) fünf Minuten nach Beginn noch jemand (also auch erst zum III. Akt) gekommen, hätte ich ihn mit der Begründung "Selber schuld" auf meinen Platz gesetzt :pfeif:.


    Herr Bryjak gefiel mir stimmlich gar nicht, kam als Typ aber gut rüber. Vielleicht ist seine Stimme besser bei einer Charakterpartie wie Alberich aufgehoben.



    Ich bleibe bei meinem Urteil zu diesem Abend: Ich fand es großartig. Einzelne Schwächen waren natürlich vorhanden (wer/was ist schon perfekt?), aber der Gesamteindruck stimmte. Und dass es an der praktischen Ausführung mangelt, kann ich auch nicht bestätigen.



    Zitat

    Original von Knusperhexe


    Offensichtlich setzt sich die neueste Masche des Regietheaters durch: Das Publikum blenden mittels opulenter Optik - auch wenn die nix mit dem Libretto zu tun hat. So kann wenigstens niemand mehr meckern, dass das Regietheater einem immer nur den grauen Einheitsbrei - wie zu Anfangzeiten - vorsetzt. Jetzt ist es ein mit Schleifen garnierter und mit Honig aufgeppter, bunter...Einheitsbrei. Wohl bekomm's. [/quote]


    Na, da sind wir ja auf dem besten Wege zum Traditionstheater auf leerer Bühne :D.


    _____________


    In der zweiten Pause wurde ich von einem Tamino-Mitleser erkannt. Wir haben uns gut unterhalten. Er sagte, er sei eigentlich auch gegen das Regietheater, könne sich mit Guths Lesart aber durchaus anfreunden, und auch die besserere Hälfte eines Ehepaares, mit dem ich in der Pause zuvor zusammengestanden hatte, sagte: "Das ist der beste 'Tristan', den ich je gehört habe!"


    Ihr zwei hättet ja auch mal vorbeikommen können ;).
    Zum ersten Mal kam ich mir in der Oper in Jeans und T-Shirt richtig deplatziert vor :wacky:...


    :hello:

  • Interessant von verschiedenen Besuchern dieser Aufführung zu lesen, wie sie ihnen gefallen hat.
    Nach dem ersten Lesen von "Bastis" Bericht war ich spontan entschlossen, nach Düsseldorf zu fahren, da "Tristan" zumindest eine meiner Lieblingsopern ist (konkurrierend mit Rosenkavalier und Cosi), aber nach genauem Durchlesen der Kritiken, werde ich wohl darauf verzichten. Claus Guth hat also wieder einmal , wie so oft die Oper in einem Haus/Raum inszeniert und dafür Wahnfried zu nehmen , ist auch nicht neu und wenn ich die Sängerkritik von "Basti" lese, scheint es ja auch nicht gerade die "erste Sahne" gewesen zu sein - nur für einen phänomenalen Marke muss ich nicht nach Düsseldorf, dafür habe ich Tristan schon zu oft mit wirklich großartigen Sängern gesehen und gehört. Schade !

  • @ Knusperhexe


    Der Entwurf von dem abgebildeten Tristan-Schiff stammt von dem Ausstatter und Maler Nicholas Roerich. Wenn Du bei Googel-Bild als Stichwort "Tristan, Schiff" eingibst, bis Du auf der richtigen Seite.


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

  • Hallo Engelbert,


    getreu deinem Leitspruch bzgl. Zitronen und Limonade, verleibe ich diesen Entwurf meiner Sammlung ein, lasse mich davon beim Hören der Musik inspirieren und hinwegtragen, sprich: tilge damit die Erinnerung an das Duseldorfer TRISTan-Debakel.


    LG,


    Knuspi

  • Zitat

    Ich hätte den Tristan gern in dieser Dekoration inszeniert.



    :angel:
    Engelbert


    Also, das sieht aber ein bißchen nach Winnetou 2 aus? :lips:


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • @ farinelli


    Das nachstehende Foto habe ich selbst auf den Faröern-Inseln geschossen.
    Stilistisch ist also eine Übereinstimmung in Farbe und Form mit Irland vorgegeben.



    Eine verblüffende Ähnlichkeit mit dem Kunstverständnis der amerikanischen Westküste lässt sich nicht bestreiten. Winnetou ist allerdings nur selten mit dem Schiff untwegs gewesen, sondern auf die meiste Zeit seines Lebens auf dem Pferd gesessen. Das Indianermädchen ist ein blinder Passagier, welches König Marke besuchen will.


    Mit freundlichen Grüßen
    :angel:
    Engelbert

  • Nur wenn Du die Hauptrolle singst!

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • So schafft man also die Verbindung von Richard Wagner und Karl May. Syberberg hat das ja auch schon angestrebt.


    :hello: Gustav

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  • Hallo Basti,


    ich freue mich, dass Dir die Vorstellung gefallen hat.


    Aber auch ich möchte Oleg Bryjak mal verteidigen (auch wenn ich ihn an dem Abend natürlich nicht gehört habe): ich habe ihn in Düsseldorf schon öfter gehört und tue dies immer wieder gerne.


    Zitat

    Original von Basti
    Zum ersten Mal kam ich mir in der Oper in Jeans und T-Shirt richtig deplatziert vor :wacky:...


    Du gehst wirklich in Jeans und T-Shirt in die Oper? 8o
    Da käme ich mir auch deplatziert vor - gerade in Düsseldorf :stumm:

    Viele Grüße,


    Marnie

  • Ja, das tu ich tatsächlich. Schief angeguckt wurde ich deshalb zwar noch nie, aber in Düsseldorf, Dresden und Berlin fühlt man sich da schon ein bisschen underdressed :D. Andererseits: Wenn heutzutage in den meisten Inszenierungen Alltagskleidung getragen und sich gelegentlich gar auf der Bühne erleichtert wird, wieso soll ich dann feinen Zwirn (den ich gar nicht habe) anziehen ;)?


    :hello:

  • Auch wenn ich relativ oft in die Oper gehe, ist es für mich jedesmal ein besonderes Ereignis. Darum gehe ich nicht in Jeans und T-Shirt, denn das gehört für mich zur privaten, alltäglichen Freizeitbekleidung.
    Mich stört es zwar nicht, wenn andere Leute das so handhaben, aber für mich wäre das einfach nichts. Aber das ist wahrscheinlich ein Punkt, genau wie die gerade an anderer Stelle diskutierten Tippfehler, zu dem jeder seine eigene Ansicht hat.


    :hello:

    Viele Grüße,


    Marnie

  • In der NRZ war gestern ein Bericht zu lesen, indem der Kritker die Zuschauer kritisierte die die Sänger ausgebuht hätten. Das wäre doch nach 5 Stunden Aufführung nicht angebracht. Jeder Zuschauer hat doch das Recht auch die Sänger auszubuhen, wenn deren Leistung nicht gut waren. Bei Herrn Storey hatte ich immer Angst das er während der Aufführung einschläft und Frau Baird hielt sich überhaupt nicht an den Text. Die Übertitel hätte man bei ihr auch weglassen können. Desweiteren hätten die meisten Zuschauer den SInn der Inszenierung nicht begriffen. Wie soll man aber den Sinn einer Inszenierung begreifen, wenn diese überhaupt nicht zur Oper passt. ?
    Heute abend fahre ich nach Dortmund ins Konzerthaus zu DOnizettis Lucrecia Borgia mit Edita Gruberova. Das ist zum glück eine konzertante Aufführung.

  • ´Hallo Basti,
    danke für Deine ausführliche Kritik und die Photos. Das kling ja wirklich spannend und vielversprechend und ich freue mich für Dich, dass Du so einen schönen Abend in der Oper verbringen konntest.
    Deinem Bericht zu urteilen war das ja nun wirklich mal eine Inszenierung nach dem Text, die hohen Emotionen der Op wohl richtig deutlich gemacht hat ohne zu provozieren. Da kann ich die Kritik am "Regietheater" nun wirklich nicht mehr verstehen. Also soll doch noch alles mit Fell und Hörnerhelm gespielt werden? Noch nicht mal mehr eine Zeitverlagerung in die Zeit Wagners ist gestattet? Armes Operntheater.
    Wenn ich Dich richtig verstehe möchtest Du auch ein echtes Musiktheater erleben, also keine konzertante Aufführung in Kostümen, sondern die Geschichte so erzählt bekommen, dass sie in einem etwas bewegt, berührt und neue Anstöße gibt. Und das scheint Gluth ja gelungen.
    Da kann man dann nur "finis" im besten Sinne sagen.
    Grüße :hello:
    wenzeslaus

  • Rückfrage an Basti


    In der Fotostrecke zu Beginn des Threads hat eine Person ihren Stiefel ausgezogen und hält seinen Haxen hin. Wer ist diese Person? Ist der Socken
    der Auftakt zur Liebesnacht, die herniedersinken soll, oder gehört dieses Foto garnicht zur Inszenierung und hat sich in die Bilderfolge lediglich verirrt?


    Freundlichen Gruß
    :angel:
    Engelbert

  • Das ist, wie in meinem Report bereits erwähnt, Kurwenal. Er wirft Korken von Bierflaschen in seinen Stiefel. Dieses Bild von Hoffnungslosigkeit und emotionalem Stillstand ist durchaus beeindruckend und schlüssig. Und die Liebesnacht war, wie gesagt, wunderschön in Szene gesetzt.



    :hello: