Sagitt meint:
es ist höchste zu einem frühen Meisterwerk der europäischen Chormusik einen eigenen thread zu eröffnen.
Die Marienvesper 1610 von Claudio Monteverdi hat keine klare Entstehungsgeschichte. Man weiss, dass Monteverdi am Hofe von Padua unglücklich war, aber wozu er die Marienvesper geschrieben hat, weiss man nicht. Es wurde vermutet, es sei eine Bewerbung für ein höheres Kirchenamt im Spiele gewesen- dass er einige Jahre später in Venedig dann auch bekam, aber von einer Aufführung dieser Vesper ist nichts bekannt ( ja, es gibt Musikwissenschaftler, die behaupten, dies sei nur eine Zusammenstellung von Stücken). Im normalen Gottesdienst ist sie nicht verwendbar, dafür zu heterogen und zu umfangreich.
Aus der Vergessenheit wurde sie eigentich gerissen durch Jürgen Jürgens mit dem Monteverdi-Chor aus Hamburg, unterstützt von Harnoncourt mit dem concentus musicus( auch wenn Kenner wieder nachweisen werden, dass es schon frühere Aufnahmen gibt, aber die wurde nicht bekannt, im Gegensatz zu dieser, 1966).
In den folgenden Jahrzehnten erschienen unzählige Aufnahmen dieses Werkes mit allen renommierten Vokalensembles Europas. Vor Jahr und Tag rezensierte Eva Pinter im FF einmal an die zwanzig Aufnahmen.
Heute wagen sich bessere Kantoreien an das Werk, wenn sie die Aufführung finanzieren können, wegen der vielen Solisten und Spezialisten alter Musik immer teuer.Ich hatte das Glück, viermal in einem Sängerleben an einer Aufführung mitwirken zu können( einmal, 1986, mit der damals noch sehr unbekannten Sopranistin Christine schäfer). Es war jedesmal ein Ereignis.
Die Marienvesper ist ein großartiges Beispiel sich entwickelnder europäischer Musikkultur, mit den Chorstücken und den Solokonzerten ( besonders schön duo serphim,besonders schön gesungen von Rene Jacobs mit einem ( zwei) Sopranen im Duett(Trio)..tres unum sunt. Concert spirituel ( harmonia mundi france).
Ich will momentan erst einmal nur auf zwei Aufnahmen verweisen. Von beiden befürchte, dass sie heute schwer zu erhalten sind.
Die erste Aufnahme ist von Michel Corboz aus Lausanne- ein äußerst erfahrener (Chor)-Dirigent, der fernab jedes Purismus eine prall-lebendige Marienvesper musizieren läßt ( man höre nur den Eingang zum Lauda). Ganz unbehelligt von historische-Spielweise-Purismus erstrahlt das Werk in unglaublicher Vielfalt- sehr katholisch,mystisch.
Die zweite Aufnahme ist von 1992 und ein LD ( laserdisc,so etwas gab es einmal) von Gardiner aus dem Marcus-Dom. Es gibt diese Aufnahme auch als CD, aber man hört da gewaltigen Hall. Sieht man die Aufführung, wird der Hall verständlich und damit akzeptabel. Gardiner hat einen großartigen Chor,großartige Solisten( u.a. den jungen Terfel) und ein großartiges Orchester und musiziert das Werk mit ungeheurer Virtuosität- durch die Atmosphäre des Markusdoms eine ganz besondere
Aufführung.
Ich bin gespannt auf weitere Anregungen und Diskussionsbeiträge