Opernästhetik

  • Zitat

    Ich will in einem Forum wie diesem Meinungen zur Kenntnis nehmen, Neues erfahren und lernen und mit Menschen umgehen, die ähnliche Interessen und Hobbies pflegen wie ich.


    Mein lieber Hans!


    Genau darum geht es mir auch.


    Zitat

    ... da lohnt es sich mit zu diskutieren, an dieser Stelle ist es verschwendete Zeit.


    Das ist der Grund, warum ich hier nicht mitdiskutiere. Das belanglose "Bla, bla" eines gewissen Herrn und die Beleidigungen einem Bernd Weikl gegenüber, der mal sagt was er denkt, kann ich nicht mehr ertragen, ohne aus der Haut zu fahren. Er will sowieso immer das letzte Wort haben. Er braucht das anscheinend. Da habe ich Besseres zu tun. Da unterhalte ich mich lieber mit Menschen, denen Musik und Opern ohne Klamauk wichtiger sind.



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Also was nun? Hat Holger das Regietheater a) als positive Größe bezeichnet oder hat er gesagt, b) Ästhetik sei weder gut noch schlecht? Das wären zwei völlig unterschiedliche Ansichten. Was davon kreidest Du ihm an?


    Keine von beiden, wie ich denke, es war gegen den mathematischen Beweis gerichtet.

  • "In Lewis Carrolls Roman begegnet Alice dem arroganten Humpty Dumpty. Die beiden geraten in einen Streit um die Bedeutung eines der schönsten Worte der englischen Sprache, nämlich: glory. Es bedeutet Ehre, aber auch Pracht. Humpty Dumpty sitzt also auf seiner Mauer, in Anzug und Krawatte, schaut verächtlich auf Alice herab und sagt: "Wenn ich ein Wort benutze, heißt es genau das, was ich will. Nicht mehr und nicht weniger." Alice antwortet perplex: "Aber wie kann denn ein Wort unterschiedliche Dinge bedeuten?" Der eitle Ei-Mann schroff: "Die Frage ist doch, wer hier der Meister ist, so einfach ist das!""


    nach: Alexander von Schönburg, "Smalltalk - Die Kunst des stilvollen Mitredens"

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Das belanglose "Bla, bla" eines gewissen Herrn und die Beleidigungen einem Bernd Weikl gegenüber, der mal sagt was er denkt, kann ich nicht mehr ertragen, ohne aus der Haut zu fahren.

    Ich bin ja relativ unempfindlich und nehme das, was in Foren geäußert wird, nicht allzu persönlich. Aber das ist nicht jedem gegeben und bei den Beleidigungen, die »ein gewisser Herr Doktor« (allein ein solcher Tonfall lässt ja eine abschätzige Wertung nicht nur gegenüber seinen Äußerungen, sondern auch gegen die Person mitschwingen) wundere ich mich, dass Holger nicht öfter aus der Haut fährt. Und »belangloses "Bla, bla"« ist ja nun wohl eher eine Beleidigung als eine Kritik an wem auch immer, die mit Begründung vorgetragen worden ist (und die übrigens immer noch nicht widerlegt worden ist).

  • "Die Frage ist doch, wer hier der Meister ist, so einfach ist das!"

    Ich habe kein Problem damit, dass jemand bei manchen Sachen mehr weiß als ich. Aber wenn ich mich daran reiben würde, dann würde ich zumindest versuchen, mit dem »Meister« zu argumentieren und ihn zu widerlegen.

  • Und »belangloses "Bla, bla"« ist ja nun wohl eher eine Beleidigung als eine Kritik an wem auch immer, die mit Begründung vorgetragen worden ist (und die übrigens immer noch nicht widerlegt worden ist).


    Nun wird ja von beiden Seiten hier etwas, oder manchmal sogar weit, am Ziel vorbei geschossen, aber du hast Recht, Plumpheiten sind nicht am Platze, weder rustikale noch die in eleganten Formulierungen verkappten.


    Wenn ich schon bei eleganten Formulierungen bin, will ich hier vom größten aller Poeten einige Zeilen aus einem längeren Gedicht (Meinem Aristarch) bringen.


    Ist etwa erst ein Werk gesund,
    wenn Lust und Heiterkeit vernichtet,
    wenn sich´s nach kaltem Denken richtet,
    wenn man nicht mehr erfinden kann
    und auf die Phantasie verzichtet?
    Und wenn man streicht, was man begann?

  • Ich habe kein Problem damit, dass jemand bei manchen Sachen mehr weiß als ich. Aber wenn ich mich daran reiben würde, dann würde ich zumindest versuchen, mit dem »Meister« zu argumentieren und ihn zu widerlegen.


    Hallo Dieter,
    ich habe auch kein Problem damit, wenn jemand mehr weiß als ich. Ich habe aber ein Problem damit, wenn ich den Eindruck gewinne - und damit stehe ich sicherlich nicht alleine da-, dass es jemandem nicht mehr um die Sache geht, sondern nur noch darum, Recht zu haben und zu behalten. Deswegen halte ich mich aus dieser Diskussion auch schon lange heraus.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Das ist ja schön, ich rede auch von der "Magie des Klavierspiels", wenn ich an Horowitz oder Michelangeli denke, oder der Magie eines Taktstock-Genies wie Toscanini, Kleiber oder Celibidache. Nur was bringt uns das im Dialog miteinander? Wir verbeugen uns dann alle vor diese Größen und klopfen uns auf die Schulter: Wir sind uns alle einig! Nur was haben wir damit begriffen? Nichts! Was ist, wenn dann einer kommt und auch das Klavierspiel eines Lang Lang oder David Garretts Treiben für musikalische Magie hält? Dann hilft doch wohl nur, zu erklären, was denn das Magische dieser Magie ist, weswegen der Betreffende zu Recht oder Unrecht ein "Magier" genannt werden darf. Sonst ist das nur eine - emotional besetzte - Worthülse vergleichbar mit "toll" oder "ach wie geil"!


    Schöne Grüße
    Holger


    Ich habe nur gesagt, dass diese Äußerung, die in der Tat nicht mehr und nicht weniger wert ist als solche zum Klavierspiel einer Klaviergröße, wie Du sie hier ja auch anderweitig praktizierst, am vorliegenden Ort geflissentlich übergangen wurde, übergangen zugunsten eines abstrakten, nicht praktikablen Kunstideals. Diese "Magie" wiederum zu begründen, ist nun wirklich tausendmal reizvoller, als was in diesem Faden schlechthin abläuft.


    Schön, dass Du Garrett erwähnst, den Blender und Bluffer, Wichtigmacher und von jeglicher Magie zugunsten des Business Befreiten. Und unter den Regisseuren darf es solche per definitionem nicht geben? Merkst Du was?


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Du wirst du in der "Tüte" stecken bleiben, in die sie dich einmal gesteckt haben.


    Das ist zu befürchten, Gerhard! Man ist indes bis zuletzt voll der Hoffnung. Man möchte doch auch ein wenig Aufklärersein, obgleich ich mich in der Schar der Minderbemittelten zusammen mit hami als tertius inter pares eigentlich wohler fühle. 8o


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Es ist ja schon merkwürdig, dass der Hörer von symphonischer Musik in der Regel nicht entweder Harnoncourt oder Thielemann, entweder Karajan oder Bernstein, sondern durchaus beide hört, also konträre Musikästhetiken in der Aufführung von Werken akzeptiert. Das Opernpublikum (zumindest größere Teile) will dagegen was die Regie angeht ein Leben lang immer nur Karajan oder nur Thielemann hören und empfindet Harnoncourt und Bernstein als Provokation. :D


    Aber gewiss nicht! Rieu und Garrett (von mir aus) empfinden "zumindest größere Teile" (wie subtil!) als Provokation.


    NB: Ich bin kein Philosoph, Du hast dies studiert und praktizierst es als Universitätsdozent. Du bist belesen, kompetent und in gewissen Teilbereichen sicherlich Experte, Spezialist. Nie würde ich es wagen, dies für mich zu beanspruchen und dort auf gleicher Ebene mit Dir zu diskutieren. Mit obiger Äußerung verlässt Du quasi Deinen Kompetenzbereich. Du spekulierst im Bereich vager Quantitäten bezüglich metaphorisch verschwommener Behauptungen. Dies tust Du - wieder einmal - von oben herab. Wer erlaubt Dir eigentlich eine derartige Anmaßung? Und was soll der Smiley? Nennt man das Humor, was da abläuft? In der Tat, das muss wohl Humor sein.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Wenn er mir das aber als letztgültige Wahrheit aufdrängen will und Andersdenkende in eine faschistoide Ecke drängt, kann ich nur sagen, dass es offenbar am philosophischen Grundwissen des "Ich weiß, dass ich nichts weiß" fehlt, und ich halte seine (philosophische) Haltung für schlicht diskussionsuntauglich, weil anmaßend.

    Wer uneinsichtig ist, dem ist nicht zu helfen. Ich bin beileibe nicht der Einzige, der es skandalös findet, dass es Menschen gibt, die ganz ungeniert sich des sprachlichen Repertoires aus dem Nazi-Diskurs über entartete Kunst bedienen (durch Quellen nun wirklich eindeutig belegbar) und das völlig normal und in Ordnung finden. Was glaubst Du, was für Zuschriften ich bekomme? Vielleicht solltet Ihr mal darüber nachdenken, welches Bild Ihr mit dieser Haltung in der Öffentlichkeit abgebt. Und woher die Sturheit, in diesem Punkt nicht zur verbalen Abrüstung bereit zu sein, wenn denn schon evident ist, dass Andersdenkende von den gleichgesinnten RT-Gegnern abgesehen diese Sprache als unzumutbar empfinden?


    Aber die Diskussion gehört nicht hierher. Der Thread heißt "Opernästhetik".


    In Summe: Wer nach eigener Erklärung mit dem Hammer philosophiert, braucht sich nicht zu wundern, selbst zum Amboss zu werden (schlags nach bei Goethe).

    :D :D :D Das macht zur Abwechslung mal richtig Spaß! Ich habe es ja nun fast nicht mehr geglaubt, dass es hier Mäuse gibt, die in die von mir mit Bedacht aufgestellte Mausefalle tappen - der Speck riecht doch zu gut. :D


    Aufklärung für die gefangene Maus: "Mit dem Hammer philosophieren" ist Friedrich Nietzsche. Nur ist dieser Hammer gerade nicht der Hammer, auf den der Amboß passt. Es ist nämlich der Hammer des Arztes gemeint, der die Lunge abklopft und nach Tönen hört: Ist das hohl oder nicht? Es ist also ein Diagnosehammer - der Philosoph Nietzsche klopft mit ihm die Geschichte ab und prüft, wie weit es mit der Krankheit des Nihilismus, der Entwertung der Werte, fortgeschritten ist.


    Mit obiger Äußerung verlässt Du quasi Deinen Kompetenzbereich. Du spekulierst im Bereich vager Quantitäten bezüglich metaphorisch verschwommener Behauptungen. Dies tust Du - wieder einmal - von oben herab. Wer erlaubt Dir eigentlich eine derartige Anmaßung?

    Das erinnert nun wirklich an den Salafisten und des Werbeplakat der Drogeriekette: "Die haben das nur aufgehängt, um uns zu provozieren!" Es gibt Einschätzungen, zu denen ein guter Anteil Mutmaßung gehört, weil dies nun mal konstitutiver Bestandteil der Schätzung ist. Man kann sicher darüber diskutieren, ob oder wie weit diese Mutmaßung ihre Berechtigung hat oder nicht. Mir scheint das jedenfalls durchaus plausibel, eine Beobachtung. Ich weiß z.B. auch, dass es manche Neue Musik-Jünger gibt, die schwer eine andere Ästhetik als die ihre akzeptieren. Mich interessiert hier überhaupt nicht, das nun zu beweisen im objektiven Sinne, sondern die Motivationsquelle für solche Einstellungen zu suchen, wenn es sie dann gibt, wofür durchaus einiges spricht, wo also dafür die Gründe liegen. Nur das ist für die Ästhetik relevant - denn es ist ein rezeptionsästhetischer Gesichtspunkt zu klären: Was sind die Erwartungen, Einstellungen des Publikums und was dafür die Gründe?


    Im übrigen kann hier jeder auf seine Art ästhetische Fragen zum Thema Oper ins Spiel bringen und zur Diskussion stellen - es sollten nur wirklich ästhetische sein. Also bitte nicht wieder in die Rituale pro und contra RT-Theater verfallen. Ich habe nicht ohne Absicht das Brecht-Theater gewählt, weil es hier nicht zuletzt eine ausgearbeitete Theater-Ästhetik gibt, auf die man sich beziehen und sie zu konkreten Regieleistungen in Beziehung setzen kann. Dann hat man endlich - jenseits von bloßen Mutmaßungen über "Intentionen" eines Regisseurs - ein sachliches Fundament und kann sich die Frage stellen: Was wollen solche Künstler wirklich? Kann man das verstehen, nachvollziehen?


    Schöne Grüße
    Holger

  • "In Lewis Carrolls Roman begegnet Alice dem arroganten Humpty Dumpty. Die beiden geraten in einen Streit um die Bedeutung eines der schönsten Worte der englischen Sprache, nämlich: glory. Es bedeutet Ehre, aber auch Pracht. Humpty Dumpty sitzt also auf seiner Mauer, in Anzug und Krawatte, schaut verächtlich auf Alice herab und sagt: "Wenn ich ein Wort benutze, heißt es genau das, was ich will. Nicht mehr und nicht weniger." Alice antwortet perplex: "Aber wie kann denn ein Wort unterschiedliche Dinge bedeuten?" Der eitle Ei-Mann schroff: "Die Frage ist doch, wer hier der Meister ist, so einfach ist das!""


    nach: Alexander von Schönburg, "Smalltalk - Die Kunst des stilvollen Mitredens"


    Danke, lieber Christian, ein köstliche, gut gewählte - weil auch treffende Geschichte.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Dieter Stockert: ...Aber das ist nicht jedem gegeben und bei den Beleidigungen, die »ein gewisser Herr Doktor« (allein ein solcher Tonfall lässt ja eine abschätzige Wertung nicht nur gegenüber seinen Äußerungen ...


    Lieber Dieter!


    Bevor ich mich ganz aus diesem Thread verabschiede, möchte ich doch Eines wissen: Habe ich das so gesagt??? Mich ärgerte nur wie man mit Bernd Weikl, einem meiner Lieblingssänger, hier umging und nur darum ging es mir. Das ist nicht mein Niveau.

    W.S.

  • Das macht zur Abwechslung mal richtig Spaß! Ich habe es ja nun fast nicht mehr geglaubt, dass es hier Mäuse gibt, die in die von mir mit Bedacht aufgestellte Mausefalle tappen - der Speck riecht doch zu gut. :D


    Aufklärung für die gefangene Maus: "Mit dem Hammer philosophieren" ist Friedrich Nietzsche. Nur ist dieser Hammer gerade nicht der Hammer, auf den der Amboß passt. Es ist nämlich der Hammer des Arztes gemeint, der die Lunge abklopft und nach Tönen hört: Ist das hohl oder nicht? Es ist also ein Diagnosehammer - der Philosoph Nietzsche klopft mit ihm die Geschichte ab und prüft, wie weit es mit der Krankheit des Nihilismus, der Entwertung der Werte, fortgeschritten ist.


    Lieber Holger,
    ich diskutiere nicht gerne mit "Fallenstellern" und es wäre mir im Schlaf niemals eingefallen, Dich so zu titulieren. Aber künftig werde ich auch noch mit Bedacht auf Deine Fallen achten. Ich lag also offenbar nicht so sehr daneben, als ich Dich in einem anderen Posting mit dem listenreichen Loge verglich. Warnung! Wer dem Feuergott zu nahe kommt kann sich gewaltig die Finger verbrennen In den Zusammenhang der "Hammerphilosophie" passt auch ein Zitat von Paul Watzlawick, einem der Väter der Kommunikationspsychologie : "Wer nur einen Hammer als Werkzeug hat, sieht immer nur Nägel" (und wird immer wieder draufhauen und nageln.) Schlussfolgerung vom Schreiber dieses Beitrags.)


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Das ist jetzt wieder typtisch polemisches Entweder-oder-Extrem-Aufgezeige. Für mich ist der Maßstab, dass der Regisseur sich als Mittler zwischen dem Werk und seinen Autoren und dem heutigen Publikum betrachtet. Er muss also zumindest den Anspruch haben, die Autorenintentionen zu erforschen und dem heutigen Publikum nahezubringen, und er sollte beides so auch verbal vertreten - schon daran hapert es ja oft genug. Und diesbezüglich darf und sollte schon ein öffentlicher Druck entstehen, dass die Regisseure eben nicht selbstherrlich sich um einen Dreck der Autorenintentionen scheren, sondern ohne jede Rücksicht darauf einfach "ihr Ding" machen und das Werk als beliebig auffüllbares Gefäß betrachten, indem sie unabhängig von der ursprünglichen Handlung einfach erzählen, was sie wollen. Nein, die sollen darlegen, was sie bei der Analyse des Werkes herausgefunden haben, was sie zeigen wollen und welche Botschaften sie dem Publikum vermitteln wollen - wie sie das dann zu vermitteln versuchen, obliegt ihrer künstlerischen Freiheit und hier haben Phantasie und Kreativität immer noch ein ausreichend großes Potential, aber die Funktion als Mittler zwischen Kunstwerk und Publikum ist für mich ein ethisches Postulat, was man den Regisseuren nicht ersparen kann.


    Es ist eben kein Entweder-Oder. Es hat ja niemand dafür plädiert, die Kritik abzuschaffen. Ganz im Gegenteil: Ich meine, dass nur eine sorgfältige Kritik an vollständigen Inszenierungen, die aber gemäß einem hermeneutischen Prinzip der Nachsichtigkeit erst einmal allen Seiten guten Willen unterstellt, eine Kontrollinstanz sein kann.
    Ich vermute, dass nahezu alle Regisseure, denen z.B. Du vorwerfen würdest "ohne jede Rücksicht darauf einfach "ihr Ding" machen und das Werk als beliebig auffüllbares Gefäß betrachten, indem sie unabhängig von der ursprünglichen Handlung einfach erzählen, was sie wollen" das entschieden bestreiten würden, sondern sich natürlich als Mittler in Deinem Sinne betrachten und bislang unentdeckte Subtexte usw. herauszukitzeln beanspruchen.
    Und selbst wenn sie beanspruchen, "ihr eigenes Ding zu machen", ist es billig, das einfach abzulehnen, sondern man muss sich mit dieser Position, die, wie sich historisch zeigen lässt, keineswegs bizarr oder postmodern sein muss (Mozart machte auch sein eigenes Ding, wenn er Händels Werke bearbeitete, dito Mendelssohn mit Bach usw.) auseinandersetzen. Minimal sollte man versuchen zu verstehen, dass es eine mögliche und möglicherweise plausible und kohärente ästhetische Position ist. Solche Diskussionen als "philosophische Ablenkungsmanöver" zu bezeichnen, zeigt nur, dass man bestimmte Fragen naiv als klar beantwortet voraussetzt, anstatt sich mit ihnen auseinanderzusetzen. (Auf den letzten Satz lassen sich nahezu alle Diffamierungen philosophischer Fragestellungen zurückführen.)


    Du kannst doch auch kaum bestreiten, dass (das unterstelle ich jetzt mal) z.B. Alfred die Linie anderswo ziehen würde als Du und eine "Zeichentrick-Zauberflöte" wahrscheinlich bestenfalls als harmlosen Gag (der gleichwohl weit von einer wünschenswerten Inszenierung entfernt ist) und schlimmstenfalls als Travestie sehen würde. Ich unterstelle mal, dass Du in diesem Einzelfall auch sagen könntest, warum das eine gelungene Inszenierung ist. Aber kannst Du aus dem (gelungenen oder misslungenen) Einzelfall ableiten, was generell zulässig ist und was nicht? Ich meine nicht, sondern dass immer die Einzelfälle überprüft werden müssen.


    Zitat

    Der Druck muss größer werden, ohne diesen scheint es ja nicht zu funktionieren. Das Publikum darf nicht alles fressen, sondern muss seine Wünsche hörbar artikulieren, wenn es etwas erreichen will.


    Dagegen, dass das Publikum seine Wünsche artikuliert, hat niemand etwas. Es hilft aber nichts, ein Phänomen als reine Willkür oder Verschwörungstheorie zu erklären zu versuchen. Und noch weniger mit Schaum vorm Mund vom Untergang des Abendlandes zu phantasieren.


    Wenn man vernünftige Kritik üben will, muss man sich mit den Bedingungen und Voraussetzungen befassen, die z.B. dazu geführt haben, dass eine sehr überschaubar Anzahl von Werken immer wieder neu gebracht werden soll, man muss sich mit den Einstellungen befassen, die dazu geführt haben, dass "das saturierte Publikum aufschrecken" ein Ziel eines Regisseurs sein kann usw.


    Es wird in der Diskussion ständig schon das Bemühen um mögliche Erklärungen für ein Phänomen, um das Verständnis ästhetischer Positionen, sowie die Problematisierung von oft unhinterfragten Voraussetzungen automatisch als eine Verteidigung dieser Positionen gesehen. Oder der Hinweis auf die Schwierigkeit fixer Kriterien (den fast jeder implizit einräumt) als die Behauptung, dass nur "anything goes" eine haltbare Position wäre.


    Ein paar dieser Punkte habe ich in meinem allerersten Posting im thread angeschnitten. Leider wird darauf kaum eingegangen. Stattdessen werden relativ wahllos Beispiele für vorgeblich gelungene und misslungene Inszenierungen genannt, an denen genau mein Punkt, dass sich eben nicht ohne weiteres harte Kritierien für das, "was erlaubt ist", angeben lassen, deutlich wird. Erlaubt ist, was am Ende gefällt, das ist aber hoffnungslos subjektiv. Gleichzeitig wird mir aber "anything goes" vorgeworfen.


    Um mal ein einfacheres Beispiel zu nehmen. Ich könnte mich auf den Standpunkt stellen, dass alle Interpretationen von Beethoven-Werken, die mehr als 10% von den originalen Metronomangaben abweichen, "verfehlt" sind. Dann blieben einige Prozent der vorhandenen Beethoven-Interpretationen übrig. Das Kriterium ist objektiv, einfach und quantitativ, aber natürlich viel zu eng. Setze ich das auf 30% muss ich immer noch zahlreiche Interpretationen (z.B. Furtwänglers des adagios der 9.) rauswerfen, gleichzeitig aber hypothetische drinlassen, bei denen mir diese Abweichung (z.B. wären fast alle Scherzi 30% langsamer bizarr langsam) klar verfehlt scheint.

    D.h. ich muss das Kriterium so weit lockern, dass es kaum noch hilfreich ist. Will ich dennoch z.B. Goulds Appassionata-Kopfsatz im halben Tempo als verfehlt einordnen? Ja klar. Aber ich will eben einem genialen Sonderling wie Gould die Freiheit zu solchen Eigenheiten einräumen, weil ich vorher nicht weiß, was da evtl. sehr Erhellendes herauskommen könnte. Zwar nehme ich mir auch die Freiheit, manche solcher Experimente als misslungen zu beurteilen, aber wer bin ich denn, dass ich vorher jemandem, den ich auf dem jeweiligen Gebiet erst einmal als sehr viel kompetenter als ich es bin (wie Gould oder Flimm) anerkennen muss, Vorschriften machen kann?


    Es geht nicht darum, dass man nicht kritisieren darf oder dass manches nicht tatsächlich dämlich, bizarr oder verfehlt ist. Aber alles, was einem nicht sofort einleuchtet, abzulehnen, je nach Gusto formale Qualifikationen (Prof. Weikl und Prof. Adorno) oder allgemein professionelle Kompetenzen als revelant oder irrelevant ansehen, ist eben borniert und man muss es auch so nennen dürfen.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Es ist eben kein Entweder-Oder. Es hat ja niemand dafür plädiert, die Kritik abzuschaffen. Ganz im Gegenteil: Ich meine, dass nur eine sorgfältige Kritik an vollständigen Inszenierungen, die aber gemäß einem hermeneutischen Prinzip der Nachsichtigkeit erst einmal allen Seiten guten Willen unterstellt, eine Kontrollinstanz sein kann.

    Doch, ist es. Es soll ein Freifahrtschein für die Regisseure sein, jede noch so große bewusste Willkür in der Abweichung von den Autorenintentionen zu tolerieren und sie bis zur Premiere gewähren zu lassen. Da ist es dann aber zu spät, dann ist das Kind längst in den Brunnen gefallen. Die Kontrolle muss vorher beginnen, das nennt man Konzeptionsgespräch oder Bühnenmodellberatung, da kann man dann nicht immer alles mit Verweis auf die Freiheit des Künstlers durchwinken, sondern muss auf bestimmte Mindeststandards im Umgang mit den Werken pochen. Presse und Publikum kommen da viel zu spät ins Spiel, das muss vorher bei denen passieren, die das Geld geben bzw., das gegebene Geld verwalten. Die jetzige Situation der Beliebigkeit versagt da meines Erachtens viel zu oft. Das diesbezügliche Verantwortungsbewusstsein der Theaterleiter muss da wachsen.


    Ich vermute, dass nahezu alle Regisseure, denen z.B. Du vorwerfen würdest "ohne jede Rücksicht darauf einfach "ihr Ding" machen und das Werk als beliebig auffüllbares Gefäß betrachten, indem sie unabhängig von der ursprünglichen Handlung einfach erzählen, was sie wollen" das entschieden bestreiten würden, sondern sich natürlich als Mittler in Deinem Sinne betrachten und bislang unentdeckte Subtexte usw. herauszukitzeln beanspruchen.


    Und da vermutest du falsch! Die Kühnheit der Regisseure, verbal dazu zu stehen, dass man das eigentliche Werk und die Autorenintentionen für Schrott hält und als Gefäß betrachtet, das mit Neuem geradezu aufgefüllt werden MUSS, wird größer...


    Der von mir gerade in einer anderen Rubrik erwähnte Regisseur Adolf Dresen hat ein Buch geschrieben und ihm den Titel "Wie viel Freiheit braucht die Kunst?" gegeben, darin für sich auch diese Frage beantwortet: obwohl selbst Regisseur, also Künstler, kam er dabei nicht zu dem Ergebnis, dass diese Freiheit, total und damit grenzen- und verantwortungslos sein sollte.




    Aber kannst Du aus dem (gelungenen oder misslungenen) Einzelfall ableiten, was generell zulässig ist und was nicht? Ich meine nicht, sondern dass immer die Einzelfälle überprüft werden müssen.

    Ja, die Einzelfälle müssen (im Vorfeld, im Produktionsprozess!) überprüft werden, aber das geht nur anhand gewisser Richtlinien und Mindeststandards. Bleiben Text und Musik weitgehend unangetastet oder bleibt wie jetzt beim Berliner "Vampyr" nur noch etwa 60% der originalen Musik und nicht einmal 50% des originalen Textes übrig? Und solche Richtlinien sollte es auch für die szenische Seite geben: Ist es mit aller aufbietbaren Fantasie noch ein Handlungsschauplatz, der mit dem vorgegebenen korrespondiert? Findet die Handlung noch statt oder findet stattdessen eine völlig andere statt. Werden die Nonnen des Ordens des Karmel am Ende guillotiniert (wie historisch verbürgt und durch ihr Märtyrerschicksal den Anlass für die künstlerische Beschäftigung mit dem Thema gebend ei Le Fort, Bernanos und Poulenc) oder werden sie stattdessen in letzten Moment befreit und überleben? Dann ist das ein anderes Stück! Usw.! Die positive oder negative Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen sollte uns nicht gleichgültig sein! Totale Freiheit der Kunst fördert die Gleichgültigkeit, alles wird nivelliert, ist gleich viel oder wenig wert! Dem muss man entgegen steuern. Unsere gesellschaftliche Freiheit ist ja auch nicht total und auch Kunst hat per Definition Grenzen. Die Ermordung eines Menschen ist keine Kunst mehr. Und die Ermordung einer Figur auf der Bühne, die laut Handlung am Ende der stahlende Sieger ist, ist meines Erachtens keine gute Kunst bzw. Regiearbeit, wenn der Regisseur sich als mittler versteht und dem Publikum die Handlung nahebringen möchte. Die Frage ist, ob er das überhaupt noch möchte? Es geht um Verantwortung, um das Setzen sinnvoller Grenzen, am besten selbstgesetzte Grenzen durch die Theatermacher. Das nennt man dann Ethik! Und erst, wenn die Ethik geklärt ist, hat es Sinn, über Ästhetik zu diskutieren!


    Und noch weniger mit Schaum vorm Mund vom Untergang des Abendlandes zu phantasieren.

    Habe ich das getan? Wenn ja, dann zeige mir bitte wo! Andernfalls muss ich den Satz als böswillige Polemik einstufen!


    man muss sich mit den Einstellungen befassen, die dazu geführt haben, dass "das saturierte Publikum aufschrecken" ein Ziel eines Regisseurs sein kann usw.

    Ja, auch über die Einstellungen der Regisseure - da sind wir wieder beim Stichwort Ethik! Mit welchem Verantwortungsbewusstsein wem gegenüber führe ich meinen Beruf aus?


    Es geht nicht darum, dass man nicht kritisieren darf oder dass manches nicht tatsächlich dämlich, bizarr oder verfehlt ist. Aber alles, was einem nicht sofort einleuchtet, abzulehnen, je nach Gusto formale Qualifikationen (Prof. Weikl und Prof. Adorno) oder allgemein professionelle Kompetenzen als revelant oder irrelevant ansehen, ist eben borniert und man muss es auch so nennen dürfen.

    Als borniert empfinde ich viel eher die Position von dir und einiger anderer hier, die generelle(!) Kritik von vielen an den Realitäten unter theoretischen Verweisen als unberechtigt zu erklären. Es geht eben nicht nur um Einzelfälle, sondern um eine generelle Debatte: Wozu spielen wir eigentlich? Und für wen?

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Wer uneinsichtig ist, dem ist nicht zu helfen. Ich bin beileibe nicht der Einzige, der es skandalös findet, dass es Menschen gibt, die ganz ungeniert sich des sprachlichen Repertoires aus dem Nazi-Diskurs über entartete Kunst bedienen (durch Quellen nun wirklich eindeutig belegbar) und das völlig normal und in Ordnung finden. Was glaubst Du, was für Zuschriften ich bekomme?


    „Peter Konwitschny: „Ich habe etwas gegen diese Opernpathetik und mag es auch, diesem konservativen Publikum etwas ins Gesicht zu schleudern ...“ und weiter S. 36: „Wer die Bühne missbraucht, um dort für viel Geld schöne, perfekte Töne zu singen, ist asozial. Ich verstehe da keinen Spaß ..“


    In welche Ecke gehört dann dies? Und was glaubst du, wieviel Zuschriften man mit Konwitschny sammeln könnte?
    Wenn ich mich erinnere, werter Holger, dann warst du immer schnell damit, die Nazikeule zu schwingen, selbst bei den harmlosesten Äußerungen, wehrst dich aber gegen Anspielungen der anderen Seite.
    Dort kann man das Wüten des Herrn Konwitschny eben auch den Versuch nennen, eine Kulturrevolution anzufachen und ihn in eine Ecke stellen, wo die Geister Maos und Pol Pots ihn freudig begrüßen.


    Es ist eben so, lieber Holger, eine große Schar Opernbesucher, darunter sicher auch viele von unantasbarer moralischer Integrität, asozial zu nennen, ist schlicht pervers und zeigt überdies, dass hier Argumente schon nicht mehr gefragt sind. Man hat es einfach hinzunehmen. Nicht auszudenken, was geschähe, wenn solche Menschen an der Spitze einer Regierung ständen.

  • Nicht auszudenken, was geschähe, wenn solche Menschen an der Spitze einer Regierung ständen.


    Beispiele gefällig?
    Es gab da mal so einen Postkartenmaler, der leider nicht an der Kunstakademie angenommen wurde.
    Später, als er schon an der Macht war, hat er dann einmal den Hintergrund für eine Operninszenierung gemalt.
    Er wurde dann bekanntermaßen zum rechten Staatsterroristen, Kriegsauslöser und Massenmörder, aber es kann genauso"gut" (schlecht müsste man sagen) sein, dass sich Leute zu linkem Staatsterrorismus hinreissen lassen, wie z.B. ein Mao, der ja nicht eine Kulturrevolution, sondern eher einen extremen kulturellen Kahlschlag zu verantworten hat. Ob Mao jedoch eine künstlerische Veranlagung hatte, entzieht sich meiner Kenntnis - ich denke eher nicht.


    Ich finde in den meisten Fällen ja, dass ausgerechnet Künstler mit ihren sensibleren Emotionen in vielen Fällen besser nicht die Politik gehen sollten, allein schon, weil es schade für die Kunst ist.
    Condoleezza Rice war ja auch auf dem Wege, Konzertpianisten zu werden, fand aber dann doch nicht, dass sie genug Talent dafür hatte.
    Sie war dann zwar in der Politik sehr konservativ, aber noch nicht rechtsextrem.


    Was nun aus einem Konwitschny wohl werden würde, wenn er Diktator werden dürfte? Da kann man die Phantasie spielen lassen. Vor allem diejenigen, die ihn aus der Zusammenarbeit kennen, könnten bei diesem Gedankenspiel Interessantes beitragen.
    Ich jedenfalls will es lieber nicht wissen, was aus mir würde, wenn ich über diese Machtfülle verfügen könnte. Würde dann der Staatsfunk von morgens bis abends Bachkantaten spielen müssen? Nun ja, lassen wird das.
    Es ist schon gut, wenn man eine funktionierende Demokratie hat, bei der sich vernünftige Leute um einen gerechten Ausgleich der Interessen bemühen. Wenn es um Kunst und Kultur geht, sind allerdings die Interessen der Mehrheit ( die im Zweifelsfall lieber im Stadion "We are the champions" oder "O, wie ist das schön" anstimmt, als die Tenorarie "Was willst du dich, mein Geist entsetzen" aus BWV 8 hörend nachzuvollziehen) nicht unbedingt immer die hochwertigsten. Man merkt es auf Autobahnreisen: Bis man einen Sender mit klassischer Musik hereinbekommt ( meistens dann auch nur jene "Goldene Perlen aus Oper und Operette"...) kann dauern.


    Und wenn ein Fritz Wunderlich unter Böhm damals "Dies Bildnis ist bezaubernd schön" sang, dann war das auch bezaubernd schön, und nichts anderes. Dafür verdient er meiner Ansicht nach noch heute einen Orden, ebenso auch Fischer-Dieskau und all die anderen, die diese Oper so wunderschön einsangen und einspielten. Da stört einen dann der unsinnige Stoff irgendwann auch nicht mehr....


    Wer einer solchen Arie eine bissige Gesellschaftskritik ( vielleicht gegen Globalisierung und die Macht der Eliten....) versucht unterzuschieben, der stellt sich m.E. nicht nur außerhalb jedweder seriösen Mozart-Diskussion, sondern auch direkt gegen Mozarts Absichten, der hier ja die Überwältigung des Tamino durch den überaus schönen Anblick der Pamina musikalisch in seiner unvergleichlich meisterhaften Art in Töne fasste. Dieses Erschauern vor der Schönheit einer Frau geht dem Tamino durch und durch, und so liegt es dann wohl auch aus meiner Sicht in der Absicht Mozarts, dass es dem Publikum ganz genauso geht. Wäre es anders, dann hätte er eine andere Musik geschrieben, und Wunderlich ist es unter Böhm damals gelungen, durch seine schönen und perfekten Töne diese Wirkungen beim Publikum zu erzielen.


    Zugegeben, das ist jetzt ein von mir konstruierter Fall, aber wenn einer die Produktion schöner und perfekter Töne als asozialen Bühnenmissbrauch hinstellt, dann ist liegt es ja schon nahe, dass man nicht nur auf solche Beispiele kommt, sondern auch auf die Idee, dass solche Worte auf den Urheber früher oder später mit Wucht zurückfallen könnten. Wie im wirklichen Leben gibt es in der Kunst das Wunderschöne, aber auch das Schroffe und das Erschreckende, auch alle Zwischentöne. Wenn man nur noch erschrecken will, dann juckt es irgendwann keinen mehr im Publikum, wenn man nur gefällig unterhalten will, dann schläft das Publikum irgendwann ein.


    Auch in der Politik ist es so: Extrem ist immer auch extrem schlecht, egal ob rechts, links oder religiös, also i.S. eines Gottesstaates.



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Aber künftig werde ich auch noch mit Bedacht auf Deine Fallen achten. Ich lag also offenbar nicht so sehr daneben, als ich Dich in einem anderen Posting mit dem listenreichen Loge verglich. Warnung! Wer dem Feuergott zu nahe kommt kann sich gewaltig die Finger verbrennen

    Aber ich bin doch nicht der Feuergott, lieber Operus. Das war eher ein humoriges Experiment, das zeigen sollte, dass hier oft nur noch reflexartig nach der automatischen Art des Pawlowschen Hundes reagiert wird: Auf den entsprechenden Reiz folgt garantiert die zu erwartende Reaktion. Eine menschlich besonnene Reaktion sieht doch wohl anders aus? :D


    Zwar nehme ich mir auch die Freiheit, manche solcher Experimente als misslungen zu beurteilen, aber wer bin ich denn, dass ich vorher jemandem, den ich auf dem jeweiligen Gebiet erst einmal als sehr viel kompetenter als ich es bin (wie Gould oder Flimm) anerkennen muss, Vorschriften machen kann?

    Ich unterschreibe, lieber Johannes, jedes Wort Deines Beitrags! :)


    Es ist eben so, lieber Holger, eine große Schar Opernbesucher, darunter sicher auch viele von unantasbarer moralischer Integrität, asozial zu nennen, ist schlicht pervers

    Ich glaube, lieber Hami, Konwitschny meint nicht das Publikum, sondern die höchstbezahlten selbstgefälligen "Stars" unter den Sängern! ;)


    und weiter S. 36: „Wer die Bühne missbraucht, um dort für viel Geld schöne, perfekte Töne zu singen, ist asozial. Ich verstehe da keinen Spaß ..“


    Später Ausführliches mehr!Schöne Grüße
    Holger

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Da stört einen dann der unsinnige Stoff irgendwann auch nicht mehr....

    So unsinnig ist dieser Stoff gar nicht, sondern bei aller Widerspürchlichkeit (wofür die Gegensätzlichkeit der beiden verwendeten Hauptquellen, Liebeskind und Terrasson, verantwortlich ist) tief durchtränkt vom Geist der Aufklärung, ein zutiefst humanistisches, aber eben zugleich auch ungemein unterhaltendes Werk. Beides muss sich eben nicht ausschließen!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Und wenn ein Fritz Wunderlich unter Böhm damals "Dies Bildnis ist bezaubernd schön" sang, dann war das auch bezaubernd schön, und nichts anderes. Dafür verdient er meiner Ansicht nach noch heute einen Orden, ebenso auch Fischer-Dieskau und all die anderen, die diese Oper so wunderschön einsangen und einspielten. Da stört einen dann der unsinnige Stoff irgendwann auch nicht mehr....


    mich auch nicht, lieber Glockenton,
    ich danke dir sehr für deinen wunderbaren Beitrag. Ist hier nicht schon die gewaltige Kraft einer Kunstform angezeigt, die wie keine andere die Gemüter zu bewegen versteht? Was soll die Musik? Sie soll erheitern, erfreuen, zum Nachdenken anregen und trösten.
    Doch kann sie auch Depressionen fördern. So kann ich Mahlers geniale, doch fürchterliche Kindertotenlieder nur ganz selten ertragen, aber sie sind trotz ihrer Unerträglichket doch große Kunst und aus erster Hand.
    Wird Musik dazu benutzt, um zu jedem Preis einen neuen Besucherkreis anzulocken, dem Schockeffekte wichtiger sind als die begleitende Musik, die partout nicht mit dem Gezeigten harmoniert, dann fühle ich die Kunst vergewaltigt, usurpiert durch Menschen, die sie nicht verstehen.
    Wenn ich Goethe lese oder meinen geliebten Puschkin, dessen Poesie der Goethes ebenbürtig ist, klingt mir immer die Sehnsucht nach Schönheit in den Ohren.
    Da ich glaube, dass sie diese Sehnsucht mit einem großen Teil der Menschheit teilen, und so wird die Zeit des Bildersturms bald wieder enden.

  • Ich werde mich jetzt endgültig aus diesem Thread zurückziehen. Die Art und Weise, wie Dr. Holger Kaletha meint diskutieren zu können, hat mit echter Interaktion, Logik und fairem Umgang aus meiner Sicht nichts mehr zu schaffen. Ich wünsche allen, die mehr Zeit und Nerven haben als ich, viel Spaß!


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Ich werde mich jetzt endgültig aus diesem Thread zurückziehen. Die Art und Weise, wie Dr. Holger Kaletha meint diskutieren zu können, hat mit echter Interaktion, Logik und fairem Umgang nichts mehr zu schaffen.


    :hello: Wolfgang

    Das ist mir schon lange klar! Deshalb ist er ja die unangefochtete Nummer 1 auf meiner Ignorier-Liste...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich glaube, lieber Hami, Konwitschny meint nicht das Publikum, sondern die höchstbezahlten selbstgefälligen "Stars" unter den Sängern!


    Doch auch ein Seitenhieb auf das Publikum, verbunden mit der Ankündigung, oder Drohung wie manche es impfinden, andere Sitten einzuführen.

  • Was nun aus einem Konwitschny wohl werden würde, wenn er Diktator werden dürfte?

    Wir wissen doch nicht, lieber Glockenton, wie der Arbeitsstil von Konwitschny ist. Auch er arbeitet soviel ich weiß im "Team". :)


    Zugegeben, das ist jetzt ein von mir konstruierter Fall, aber wenn einer die Produktion schöner und perfekter Töne als asozialen Bühnenmissbrauch hinstellt, dann ist liegt es ja schon nahe, dass man nicht nur auf solche Beispiele kommt, sondern auch auf die Idee, dass solche Worte auf den Urheber früher oder später mit Wucht zurückfallen könnten.

    Ich erinnere mich an eine ziemlich schräge Äußerung von Angela Georghiu - null ernstes Interesse am Theater, nur dafür, sich mit ihrer Schönheit und ihrem Gesang vor dem beifallsklatschenden Publikum wirkungsvoll in Szene zu setzen. Das strotzte nur so vor Eitelkeit und war die Karrikatur einer Operndiva mit Starallüren. Vielleicht hatter er solche Beispiele im Blick. Und dann kann ich ihn sehr wohl verstehen ... :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Ich werde mich jetzt endgültig aus diesem Thread zurückziehen. Die Art und Weise, wie Dr. Holger Kaletha meint diskutieren zu können, hat mit echter Interaktion, Logik und fairem Umgang aus meiner Sicht nichts mehr zu schaffen. Ich wünsche allen, die mehr Zeit und Nerven haben als ich, viel Spaß!


    :hello: Wolfgang


    Schade, lieber Wolfgang Z, Du wirst in den Diskussionen fehlen, weil Du sehr strukturiert, pointiert und begründet mit diskutierst hast. Ich gestehe, dass ich auch schon versucht war auszusteigen. Meine Frau liest nicht mehr mit. Ich wollte jedoch dann den Kämpfern nicht allein das Feld überlassen. Sonst geht es so wie in der Anekdote vom Federvieh: "Warum sind Hühnereier beliebter als Enteneier? - weil die Hühner lauter gackern." - Humor ist bekannlich wenn man trotzdem lacht. :thumbsup:


    Herzlichst
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Danke, lieber Operus! Ja, ich bin mir soeben wieder untreu geworden und habe mitgelesen. Ich hoffe ganz inständig - und nur für mich selbst hoffe ich das -, dass ich mir jetzt treu bleibe und den Thread tatsächlich nicht mehr betrete. Für Kaletha noch ein Grußwort: Wer Dich als "Aufklärer" und "Skeptiker" kennengelernt hat, braucht kein Mittelalter mehr! :P


    Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Doch auch ein Seitenhieb auf das Publikum, verbunden mit der Ankündigung, oder Drohung wie manche es impfinden, andere Sitten einzuführen.

    Das kann ich dem kurzen Zitatausschnitt nicht entnehmen - ihm also auch nicht unterstellen. Der Text liefert dafür keinerlei Beleg. Das andere was er sagt ist schlicht Brechtsche Ästhetik und insofern nicht überraschend. Wer eben im Theater mehr als nur völlig anspruchslose Zerstreuung zum Feirabend sucht, braucht sich von dem gar nicht angesprochen geschweige denn provoziert zu fühlen. :)

  • Zitat

    Zitat von WolfgangZ: Ich werde mich jetzt endgültig aus diesem Thread zurückziehen.Die Art und Weise, wie Dr. Holger Kaletha meint diskutieren zu können, hat mit echter Interaktion, Logik und fairem Umgang aus meiner Sicht nichts mehr zu schaffen.

    Lieber Wolfgang,


    das habe ich auch schon überlegt. Zunächst bin ich garnicht eingetreten, nachdem ich sah, von wem dieses Thema initiiert worden war. Da konnte nichts Gutes herauskommen, denn über die Ästhetik, die er predigt, hatte er früher schon Einiges losgelassen, als ich mir seine Beiträge noch angetan habe. Aber die Beiträge dieses Herrn "hängen mir schon lange zum Halse heraus". Nach den Erfahrungen, die wir seit seinem Eintritt gemacht haben, habe ich es schon seit einiger Zeit aufgegeben, mich damit überhaupt noch zu befassen. Als ich in diesem Thema sah, dass sich einige lesenswerte Leute, wie Operus, Hami, Wolfgang 9079, Hasiewicz, du u.a. dennoch daran beteiligten habe ich wenigstens deren Beiträge gelesen, und Einiges hier gesagt. Aber gegen einen Herrn, der das alles zur Selbstdarstellung benötigt, werdet ihr wohl nie ankommen. Erich Ruthner hat heute eine schöne Anekdote dazu in das Thema "Allen Taminofreunden zur Freude und Erheiterung" eingestellt.
    Ich werde mich hier deshalb möglichst auch nicht mehr einmischen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose