Heute in der Straßenbahn (ich oute mich hiemit als Jahreskartenbesitzer)
habe ich ein wenig über das Thema "Klassische Musik" nachgedacht und was es wohl ist, daß ein kleiner Kreis geradezu fanatisch zu ihr steht, während die Mehrheit ihr gleichgültig bis ablehnend gegenübersteht.
Und weil ich grade nichts besseres zu tun hatte, ließ ich all die Aussagen, die ich zu diesem Thema schon gehört hatte, Revue passieren - allesamt sind sie nicht haltbar.
Da wäre die Bemerkung über die Komplexität, welche den Einstieg so schwer machte, man müsse sich diese Musik erst "erarbeiten".
Ich habe immer den Standpunkt vertreten, daß man Musik, die man sich erst "erarbeiten" muß, wenig taugt und man sie am besten links liegen lassen sollle - Allenfalls kann man sich eines Tage in späteren Jahren damit befassen..
Die meiste klassische Musik bedarf nämlich solch eines Prozesses nicht.
Natürlich kann man - bei Interesse - die Strukturen analysieren, die Hintergründe des Enstehens ergründen, Zeitströmungen beobachten und sich mit Interpretationsvergleichen befassen - notwendig ist derlei zum Genuss von klassischer Musik jedoch nicht.
Wollen wir uns mal vor Augen führen, daß diese Musik - wie Volks- und Schlagermusik auch - zur Unterhaltung, Freude, Ergötzung, Zeitvertreib der jeweiligen Klientel , sei sie nun Bürgertum Adel oder Herrscherhaus -
komponiert wurde.
Die Oberschicht vergangener 'Jahrhunderte gab die Musik in Auftrag, hielt sich - so sie es sich leisten konnte (was nicht immer der Fall war) eigene Hofkomponisten und Orchester. Dies geschah weder aus dem Grunde, der Nachwelt wertvolle Musik zu hinterlassen, noch um sich mit dem Innenleben der Komponisten, die ursprünglich lediglich Lakaien waren zu befassen - sondern einfach zum Vergnügen,
Ein weiterer Punkt, der angeblich abschreckend wirken soll ist die sogenannte Kleiderordnung in Konzert- und Opernhäusern: Krawattenzwang und die hohen Eintrittspreise hielten die jugendlichen Hörer fern.
Ich halte dies für Nonsens, denn zum einen ist die Kleiderordnung nur noch virtuell existent - im Gegensatz zu früher, wo man ohne Krawatte in die Wiener Staatsoper gar nicht hinein durfte. (Man konnte jedoch eine bei Garderobe oder Billeteur leihen)
Wenn man eine CD im trauten Heim hört ist jegliche Kleiderordnung ohnedies nicht existent....
Zum anderen sind die Eintrittspreise auch nicht wesentlich höher als die zu POP-Konzerten.
Und schon sind wir bei Punkt 3 angelangt: Der CD
CDs gibt es heutzutage zu Preisen, von denen man heute nur träumen kann.
Es muß also andere Gründe geben, daß - auch in Akademikerkreisen - relativ wenig "klassische Musik gehört wird.
Mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred