ZitatOriginal von GalloNero
den Film angesehen zu haben. Warum? Wie viele stellte ich die Glaubwürdigkeit in Frage. Ist das alles so gewesen? Hat mir der Film ein falsches Bild gegeben, dass ich nur schwer wieder aus dem Kopf bekommen würde?
Ich habe den Film ewig nicht mehr gesehen, daher mag manches aus der Erinnerung ungenau sein. Es ist kein schlechter Film, aber man muß sihc vor Augen halten, dass er historisch etwas so korrekt ist wie Costners Robin Hood. Viele Zuschauer halten die Fiktion im Falle von Amadeus aber für historisch zuverlässig, daher ist mein Verhältnis zu dem Film, untertrieben gesagt, gespalten. Ich müßte ihn wohl wieder ansehen, um fair urteilen zu
können.
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War Mozart wirklich so schrullig?
Konnte er sich tatsächlich nicht einmal bei Hofe benehmen?
War Salieri wirklich so dermaßen hasserfüllt?
War der Mann hinter der Maske tatsächlich der Mann hinter der Maske?
Gab es den Mann mit der Maske wirklich?
Woran ist Mozart gestorben?
Diktierte er tatsächlich dem Widersacher Salieri?
Das wurde ja fast alles beantwortet. Die beiden wesentlichen Kandidaten für Mozarts tödliche Erkrankung scheinen ein rheumatisches Fieber oder eine Folgeerkrankung (evtl. in Kombination mit der erwähnten Quecksilberbehandlung) einer Syphilisinfektion zu sein (ich tendiere zur ersten Möglichkeit, habe aber das Buch dieses Mathematikers, der kürzlich wieder die zweite stark gemacht hat, nicht gelesen)
Mozart hatte wohl einen skurrilen Humor, in dem Fäkalausdrücke und Wortspiele ein zentrale Rolle spielten; das scheint aber teils ein familieninternes Spiel gewesen zu sein und lange nicht so außergewöhnlich wie es mitunter dargestellt wird, der Viktorianismus bezüglich gewisser Körperfunktionen war dem 18. Jhd.s noch fremd.
(Ullis kürzliche Signatur finde ich z.B. großartig: "Das ist der dümmste Brief, den ich je geschrieben habe, aber für Sie ist er gerade recht"...)
Zitat
Eine Abschließende Frage sei mir allerdings gestattet. Nicht nur hier wird angeprangert, der Film stelle Salieri als Mörder Mozarts dar. Ist das tatsächlich so? Er ermunterte ihn (im Film) das Requiem zu vervollständigen. Er tat dies wohl wissend, dass er hieran zugrunde gehen würde. Wenn man dies als Mord definiert – OK. Von Gift habe ich aber nichts mitbekommen. Oder hab ich da was verpennt?
Das Stück von Shaffer, auf dem der Film basiert, beruht auf dem kurzen Einakter von Alexander Puschkin "Mozart und Salieri". Dort fungieren die beiden nur als Prototypen, um den Kontrast zwischen einem letzlich mittelmäßigen Arbeitstier wie Salieri und dem unverdient genialen Mozart darzustellen und es endet damit, dass Salieri Mozart Gift in den Becher tropft. Diese Darstellung war auch von Puschkin nicht als historisch gedacht, er griff nur die bestehende Legende auf. Salieri hat mit Mozarts Tod ncihts zu tun, er war auch nicht anwesend zum Diktat; ihr Verhältnis war nicht haßerfüllt, sondern wohl zwischen Kollegialität und professioneller Konkurrenz angesiedelt. Auch wenn Salieri Mozart z.B. mit "Prima la Musica" ausgestochen hatte, so war Mozart mit anderen Opern durchaus erfolgreich und in der (allerding weniger lukrativen) Instrumentalmusik war Salieri überhaupt keine Konkurrenz für ihn.
Die unverdiente Genialität eines albernen, notgeilen Spinners ist natürlich weitestgehend Klischee. Mozart hatte bekanntlich eine hervorragende Ausbildung bei seinem Vater genossen, nach allem was wir wissen, war er ein Arbeitstier und Haydn, der es ja wohl beurteilen konnte, attestiert ihm die "größte Compositionswissenschaft", nicht "unverdientes Genie". Mag bei Mozart Genie nicht wie Einstein sagt 1% "inspiration" und 99% "perspiration", sondern vielleicht 30-70 gewesen sein, so wissen wir inzwischen (da können Ulli u.a. sicher genaueres sagen), dass Mozart, besonders in seiner späteren Zeit durchaus Skizzen anfertigte. Die Briefstellen, an denen er sagt, komponiert sei alles schon, es müsse nur noch hingeschrieben werden, sind wohl nicht so zu verstehen, dass er alles im Kopf machte, sondern dass "schreiben" bei ihm eher "instrumentieren einer in den Hauptstimmen und der Struktur fertigen und auch schriftlich vorliegenden Komposition" bedeutet. All dies schmälert Mozarts unglaubliche Leistungen natürlich nur, wenn man eine völlig übertriebene und historisch falsche Idee von Kunst als genialer Inspiration hat.
viele Grüße
JR