SIMON RATTLE verläßt die Berliner Philharmoniker

  • Ich habe in Beitrag 76 dieses Thread am 23. April 2012 geschrieben:


    Zitat

    Es wäre aus der Sicht Thielemann vermutlich ein strategischer Fehler dieses Orchester zu dirigieren.
    SEIN Orchester ist in etwa eben so gut - dazu ideologisch besser zu ihm passend.


    Das gilt natürlich nach wie vor.


    Indes wäre er - aus Sicht des Orchesters gesehen ein Idealfall
    Ich meine hiermit nicht etwa, daß man ihn dort lieben müsse -
    Die Münchner Philharmoniker haben Celibidache schliesslch auch nicht wirklich geliebt.
    Aber CELI hat die Münchner wieder ins Blickfeld der Klassikwelt gebracht.
    Ebenso wäre es mit Thielemann, der derzeit wohl der berühmteste deutsche Dirigent überhaupt ist -
    durchaus vergleichbar mit Karajan .


    Die im letzten Beitrag genannte Namen erscheinen eher fremd und nichtssagend.
    Ich habe - obwohl meine Sammlung gigantisch ist -
    lediglich von zwei der 5 genannten Kandidaten eine Aufnahme daheim -
    und das auch eher durch Zufall , denn aus Begeisterung...
    Wahrscheinlich würde jeder von ihnen seine Sache ordentlich machen -
    Aber als Aushängeschild für eines der immer noch besten Orchester der Welt
    taugen sie wohl kaum.
    Sie würden vermutlich dem Orchester die letzten Reste seines Eigencharakters nehmen
    und es zu einem internationlen Orchester ohne Erkennungswert degradieren -
    so wie "internationale Hotelküche"


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Zitat von Alfred Schmidt

    Ebenso wäre es mit Thielemann, der derzeit wohl der berühmteste deutsche Dirigent überhaupt ist -
    durchaus vergleichbar mit Karajan .


    :hahahaha::no::stumm:



    :hello: LT

  • Lieber Liebestraum


    Ich bewundere ja im Stillen deinen Beitrag, der mit wenigen Smileys dennoch sehr aussagekräftig ist :D
    aber dennoch beharre ich auf meiner Einschätzung - mehr ist es ja nicht.


    Thielemann polarisiert, sorgt überall für Gesprächsstoff
    Seine Dirigate werden im allgemeinen als "aussergewöhnlich" gesehen
    Er ist ein erklärter Lieblingsdirigent der Wiener Philharmoniker,
    bekleidet zudem wichtige Positionen bei den Salzburger Osterfestspielen
    und den Bayreuther Festspielen
    und ist - last but not least - Chefdirigent eines der bedeutendsten deutschen Klangkörper.
    Seine Beethoven Zyklus Aufnahme wurde als "Premium"-Artikel vermarktet,
    fast wie ein Goldbarren.....


    Viel mehr Ansehen ist wohl kaum erreichbar.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred Schmidt

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Indes wäre er - aus Sicht des Orchesters gesehen ein Idealfall


    Ich meine, aus Sicht des Orchesters (=rein musikalisch) wäre er eigentlich gar keine Wahl! Sie sind das virtuose Universalorchester - warum sollten sie sich einen Chefdirigenten wünschen, der über ein für sie untragbar eingeschränktes symphonisches Repertoire verfügt und dessen unbestrittene Stärken am Opernsektor für sie nahezu wertlos sind?


    Thielemann als Chef der Berliner kann nur als medienpolitische Überlegung funktionieren...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Nichtsdestotrotz scheint mir Christian Thielemann in letzter Zeit doch etwas "out of scope" zu sein: Ein wohl recht verunglückter Ring bei der Deutschen Grammophon, ein nicht für die Radioübertragung freigegebener Rienzi und in Bayreuth reüssiert Petrenko. Zwar ein umjubeltes Gala-Konzert mit der "Zauberhaufe" in Braunschweig, aber selbst die Braunschweiger werden zugeben müssen, dass ihre Stadt sicherlich nicht im Zentrum des Medieninteresses steht. Bleibt also abzuwarten, was er aus der Saison in Dresden macht ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    Thielemann als Chef der Berliner kann nur als medienpolitische Überlegung funktionieren

    ...


    Genau davon rede ich......!!!


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Also ich fände Christian Thielemann als Nachfolger von Rattle ideal, ich bekenne mich ein Fan vom Maestro Thielemann zu sein und bin einer Meinung mit Alfred Schmidt.
    Ob er allerdings Nachfolger von Rattle wird wissen allein die Berliner Philharmoniker bei ihrer geheimen Wahl.
    Mich amüsiert hier im Forum das FÜR und WIEDER von ihm. :stumm:
    Ich hörte ihn so oft live und war bisher nur begeistert, wenn ich nur an die von mir besuchten Konzerte der Beethoven Sinfonien denke mit den Wiener Philharmonikern in der Berliner Philharmonie das war schon was BESONDERES! :jubel:
    Es heißt nun abwarten und Tee trinken, denn eines bin ich mir sicher die Demokratie der Berliner Philharmoniker funktioniert auch heute noch!
    An alle Namen die hier grassieren glaube ich nicht!


    :yes:

    mucaxel

  • Zitat

    Wie in der "Welt" zu lesen ist, mutmaßt die "London Times", dass Sir Simon Rattle 2015 Nachfolger von Valery Gergiev als Chefdirigent des London Symphony Orchestra werden könnte.


    Schauen wir uns mal an, was diese Aussage bedeutet - so sie stimmt.


    Aus meiner strategischen Sich könnte man das so interpretieren, daß Rattle das "London Symphony Orchestra den Berliner Philharmonikern vorziehen würde. Kein gute PR für das Berliner Orchester. Das könnte nur durch die Wahl eines Chefdirigenten kompensiert werden, der "berühmter" ist als Rattle. Da ist die Auswahl natürlich nicht so groß und Thielemann wäre ein idealer Kandidat - so er überhaupt möchte....

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Qualitativ braucht sich das London Symphony Orchestra wohl nach landläufiger Ansicht nicht hinter den Berliner Philharmonikern zu verstecken. Die Frage, welches Orchester nun das bessere sei, ist schlichtweg objektiv unbeantwortbar. Da spielen sicher persönliche Vorlieben auch eine Rolle.


    Sollte Rattle sich wirklich nach London "absetzen", bliebe in der Tat ein gewisser Beigeschmack, wobei man es einem Engländer wohl schwerlich verübeln kann, wenn es ihn zurück in die eigene Heimat zöge. Sicher ist das ja noch nicht einmal, ob es überhaupt stimmt.


    Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass Thielemann noch "berühmter" ist als Rattle. Sicherlich ist er der vielleicht bekannteste deutsche Dirigent, aber gilt das weltweit? Sein Repertoire ist arg eingeschränkt; es gibt wenige Anzeichen, dass sich dies bald ändern wird. Mal ehrlich: Thielemann spielt ja nicht mal essentielle Komponisten der Spätromantik (Dvorák, Sibelius), andere nur äußerst spärlich (Mahler). Damit würde er nicht einmal das sog. Standardrepetoire wirklich abdecken. Ich muss Theophilus beipflichten: Punkten kann er eher als Operndirigent, aber die Berliner Philharmoniker sind trotz herausragender Ausflüge ins Opernfach kein genuines Opernorchester. Da ist er mit der Staatskapelle Dresden besser bedient.


    Summa summarum bleibt die Nachfolgefrage nach wie vor spannend. Gewiss dürfte es eine "Thielemann-Fraktion" bei den Berliner Philharmonikern geben, aber ist das wirklich die Mehrheit? Es dürfte auch Gegenstimmen geben. Letztlich ist Thielemann wohl zu streitbar, um wirklich die Rattle-Nachfolge anzutreten. Mich würde es nicht wundern, wenn uns die Berliner Philharmoniker ein weiteres Mal völlig überraschen mit ihrer Wahl.


    LG
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Summa summarum bleibt die Nachfolgefrage nach wie vor spannend. Gewiss dürfte es eine "Thielemann-Fraktion" bei den Berliner Philharmonikern geben, aber ist das wirklich die Mehrheit? Es dürfte auch Gegenstimmen geben. Letztlich ist Thielemann wohl zu streitbar, um wirklich die Rattle-Nachfolge anzutreten. Mich würde es nicht wundern, wenn uns die Berliner Philharmoniker ein weiteres Mal völlig überraschen mit ihrer Wahl.


    Als es um die Nachfolge Karajans ging, hat man einen der bedeutendsten lebenden Musiker gewählt, vielleicht den bedeutendsten: Claudio Abbado!


    Als es um die Nachfolge Abbados ging, hat man einen der angesagtesten lebenden Dirigenten gewählt, vielleicht den angesagtesten : Simon Rattle!


    Ich bin gespannt, was man jetzt tun wird!
    Es wäre wünschenswert, dass man sich wieder darauf besinnt, nach einem Musiker zu suchen, der etwas zu sagen hat.
    Nach meiner Einschätzung käme damit Christian Thielemann durchaus in Frage.
    Ich sähe aber doch Paavo Järvi und vor allem Riccardo Chailly ganz vorne!
    Ob der von mir bereits seit seiner Zeit als Chefdirigent der Nordwestdeutschen Philharmonie (Herford) ganz hoch geschätzte Andris Nelsson schon in Frage kommt, kann ich nicht recht abschätzen. Eine schlechte Wahl wäre es nicht!


    Wie gesagt: es bleibt spannend!




    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Zitat von Caruso41

    Ich sähe Paavo Järvi und Riccardo Chailly ganz vorne!

    Nach meinen bisherigen Hörerfahrungen in Leipzig muß ich sahen, daß mir Chailly in der gesamten Bandbreite des dargebotenen Repertoires gut gefällt. Aber er hat grade in Leipzig bis 2020 verlängert, insofern will ich doch auch hoffen, daß er bleibt.
    Bei Thielemann, der ein ganz hervorragender Dirigent ist, finde ich das bisherige Repertoire insgesamt etwas zu bewußt auf die spätromantischen Werke fokussiert. An Qualität besteht zwischen der Staatskapelle und den Berliner Philharmonikern ja auch nicht grade ein riesiger Qualitätsunterschied (ich würde sogar meinen, ein eher geringer). Ob er da weg will, zumal er auch eine nette Oper zur Verfügung hat.
    Järvi ist 2015 etwa Mitte 50, das würde passen. Sollte man in Berlin auch weiterhin Wert auf Projekte außerhalb der reinen Klassik wollen, auch das hätte Järvi vorzuweisen (Music Discovery Project). Ein paar andere Namen fallen einem schon ein, genannt wurden sie hier alle schon.
    Aber wie bereits zu recht bemerkt wurde: die Berliner haben da ihren eigenen Kopf, wie schön, daß wir diesen Thread dann munter bis 2015 fortsetzen können :)


    Beste Grüße
    JLang

    Gute Opern zu hören, versäume nie
    (R. Schumann, Musikalische Haus- und Lebensregeln)

  • Wie die "Berliner Morgenpost" verlautbaren lässt, werden die Berliner Philharmoniker im Mai 2015 den Nachfolger von Sir Simon Rattle wählen, der ab 2018 das Orchester führen soll.


    Kirill Petrenko sei angeblich aus dem Rennen. Laut "Morgenpost" gilt der mittlerweile 72jährige Daniel Barenboim (!), der 1999 relativ knapp gegen Rattle verlor, als einer der Top-Favoriten. Die "üblichen Verdächtigen" Thielemann (der eine starke Fraktion hinter sich habe), Nelsons, Dudamel und Chailly und überraschenderweise auch Gatti werden ebenfalls als mögliche Nachfolger gehandelt.


    Quelle: http://www.morgenpost.de/kultu…olger-im-Mai-waehlen.html

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • und überraschenderweise auch Gatti werden ebenfalls als mögliche Nachfolger gehandelt.


    Daniele Gatti übernimmt 2016 das Royal Concertgebouw Orchestra, wo die Chefs traditionell ziemlich lange am Ruder bleiben. Da ist es praktisch auszuschließen, dass er 2018 schon wieder wechseln sollte, denn vom RCO ist kein Aufstieg mehr möglich, die Berliner wären auch nur ein Sidestep...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Wie die "Berliner Morgenpost" verlautbaren lässt, werden die Berliner Philharmoniker im Mai 2015 den Nachfolger von Sir Simon Rattle wählen, der ab 2018 das Orchester führen soll.


    Kirill Petrenko sei angeblich aus dem Rennen. Laut "Morgenpost" gilt der mittlerweile 72jährige Daniel Barenboim (!), der 1999 relativ knapp gegen Rattle verlor, als einer der Top-Favoriten. Die "üblichen Verdächtigen" Thielemann (der eine starke Fraktion hinter sich habe), Nelsons, Dudamel und Chailly und überraschenderweise auch Gatti werden ebenfalls als mögliche Nachfolger gehandelt.


    Quelle: http://www.morgenpost.de/kultu…olger-im-Mai-waehlen.html


    Mich persönlich würden weiterhin Petrenko, Nelsons und Dudamel überzeugen. Die Herren Chailly und Barenboim würden höchstens einer Interims-Herrschafft genügen, wobei Barenboim immerhin den Vorteil hätte, dass er einen nicht allzu weiten Arbeitsweg hätte - da reicht dann eine Abo-Karte für den ÖPNV ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • wobei Barenboim immerhin den Vorteil hätte, dass er einen nicht allzu weiten Arbeitsweg hätte - da reicht dann eine Abo-Karte für den ÖPNV ...


    Also ich habe Herrn Barenboim noch nie in einem öffentlichen Verkehrsmittel erspäht! :D


    Wobei Herr Chailly ja angeblich erst 61 ist und damit vom Alter her näher an Thielemann (55) als an Barenboim (72) wäre.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Gibt es berechtigte Zweifel am offiziellen Alter Chaillys?
    Also Barenboim fände ich ziemlich seltsam, der wäre beim letzten Mal (eher sogar noch beim vorletzten Wechsel) noch ein Kandidat gewesen, aber in diesem Alter ein komisches Signal, so als ob es überhaupt keinen jüngeren gegeben hätte. Freilich kenne ich den Modus nicht. Wenn wirklich ein größerer Teil des Orchesters oder ein relativ großes Kommittee abstimmt, können eigenartige Kompromisse herauskommen...

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Gibt es berechtigte Zweifel am offiziellen Alter Chaillys?

    Wenn er kommenden Monat erst 62 wird, hat er halt früh angefangen und auch bereits im letzten Jahrzehnt früh häufig aus gesundheitlichen Gründen abgesagt. Kann ja alles sein, aber ich hätte ihn deshalb für älter gehalten.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Daniele Gatti übernimmt 2016 das Royal Concertgebouw Orchestra, wo die Chefs traditionell ziemlich lange am Ruder bleiben.


    Danke für den Hinweis! 8| Das ging scheinbar nicht nur an mir, sondern auch an der "Berliner Morgenpost" vorbei. Ich halte diese Entscheidung des RCO für falsch. Ich kann mich an kein einziges herausragendes Dirigat Gattis erinnern. Aber sie wissen wohl, was sie tun.

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    – Luís de Camões

  • Natürlich ist es spannend, darüber zu diskutieren, wen denn wohl die Berliner Philharmoniker als Nachfolger von Rattle wählen sollten oder wählen könnten.


    Nur schade, dass unsere Diskussion darauf wohl keinen Einfluss haben wird.


    Trotzdem!
    Ich denke eigentlich müssen die Philharmoniker keinen Star wählen, denn der Star sind sie selber! Ob sie nun das beste Orchester der Welt sind oder eines der fünf besten Orchester der Welt mag mal dahingestellt bleiben. Auf jeden Fall sind sie als Orchester ein Star.


    Allein schon wegen der schlichtweg singulären Besetzung der ersten Pulte! Herausragende Künstler an den ersten Pulten der Streicher haben auch andere Orchester. Welches aber hat Künstler vom Range eines Emmanuel Pahud, Albrecht Mayer, Andreas Ottensamer, Stefan Dohr, Gabor Tarkövy, Christhard Gössling?


    Und: Die Philharmoniker scheinen mir als Konzertorchester vielseitiger als alle anderen Orchester. Ihr Repertoire ist gerade auch in der Ära Abbado und in der Ära Rattle noch einmal breiter geworden und sie haben ein untrügliches Stilempfinden sowie den richtigen Ton für die Werke aus unterschiedlichen Epochen und von unterschiedlichen Komponisten!
    Und: Die Berliner Philharmoniker haben eine stupende, meiner Meinung nach wirklich singuläre Fähigkeit, die Interpretationsideen und Klangvorstellungen unterschiedlicher Dirigenten umzusetzen und mit Leben zu füllen!


    Was bedeutet es nun, wenn ich sage, die Philharmoniker müssten eigentlich keinen Star wählen, da sie ja selber der Star sind? Zunächst einmal: Marktwert und Prominenz sollten nicht zum ausschlaggebenden Kriterium gemacht werden. Schließlich kommen ja ohnehin alle wichtigen Dirigenten früher oder Später ohnehin an das Pult in der Philharmonie.


    Aber ein Schwergewicht sollte der Chef dieses Starensembles schon sein!
    Ein Schwergewicht - also ein Dirigent, der in einem möglichst breiten Repertoire etwas zu sagen hat. Da kämen mir Namen wie Chailly, Jansons, Barenboim oder PaavoJärvi in den Kopf, natürlich auch Kyrill Petrenko und mit Einschränkungen (was die Breite des Repertoires angeht) Thielemann. Aber so sehr viel mehr Schwergewichte sehe ich eigentlich nicht. Oder sie kommen eben aus Altersgründen nicht in Frage (Blomstedt, Haitink, Tilson Thomas, Muti).


    Immerhin gibt es in der jüngeren Generation hochinteressante Dirigenten, von denen einige vielleicht wirklich das Zeug haben, zu Schwergewichten zu werden.
    Ich denke zunächst an Andris
    Nelssons und Yannik Nézet-Seguin.
    Dudamel ist ein mitreißender Musiker und viele Komponisten weiß er spannend aufzuführen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass er schon auf dem Wege zu einem Interpreten ist, der auch mit Werke von Mozart und Beethoven, Brahms und Bruckner überzeugen kann. Eher traue ich das
    Ticciati oder Dausgaard zu, vor allem auch Belohlavek!
    Etliche andere Herren haben ihre Stärken und Verdienste in einem bestimmten Repertoire, sind aber bisher noch nicht in einem breiteren Repertoire bewährt. Sie möchte man immer gerne am Pult in der Philharmonie erleben - aber nicht als Chef! Wieder andere Herren arbeiten mit ihren Orchestern ganz vorzüglich, scheinen aber dann doch nicht das Zeug (oder den Ehrgeiz?) zu haben, in die erste Reihe vorzustoßen. Da denke ich etwa an Ivan Fischer, Marc Albrecht oder Jonathan Nott!
    Und dann gibt es natürlich Namen, die heute hoch gehandelt sind, die ich aber bisher eher als Leichtmatrosen wahrnehme. Sie hier aufzulisten, verkneife ich mir, weil das für das Thema dieses Threads nichts austragen würde!


    Sollte nun Barenboim gewählt werden, wäre das sicher keine schlechte Wahl - aber wohl doch eher - wie hier im Thread schon angemerkt - eine Zwischenlösung! Da kann man mit leben!
    Obwohl: Ihn und seine wunderbare Staatskapelle ha man ja in Berlin sowieso! Und am Pult der Philharmoniker ist er seit über 40 Jahren einer der häufigsten Gäste!


    Irgendwann wird - Zwischenlösung oder nicht - doch der Weg in die Zukunft gegangen werden müssen.
    Ich fände nicht schlecht, wenn man sich da Paavo Järvi, Andris Nelssons oder Yannik Nézet-Seguin anvertrauen würde!
    Wäre schön, wenn ich das noch miterleben könnte


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Andris Nelsons ist erst seit wenigen Monaten Chef in Boston. Den Affront, bereits wenige Wochen nach Amtsantritt anderswo seine Zukunft festzulegen, wird er wohl kaum begehen.

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  • Die kenntnisreichen Ausführungen von Dir, lieber Caruso, kann ich eigentlich nur weitgehend unterstreichen. Interessant finde ich, dass Du auch Robin Ticciati in Betracht ziehst. Dessen Wahl sähe ich als kleine Sensation an, auch wenn ich sie persönlich auch wünschen würde, wenn es denn keine "Zwischenlösung" werden soll. Allerdings nehme ich an, dass er eher bei der übernächsten Wahl eine Mehrheit hinter sich vereinigen könnte. Dagegen spricht wohl vielleicht auch, dass man sonst zum zweiten Mal in Folge einen Engländer an der Spitze hätte.


    Wenn es denn ein Petrenko werden sollte, wäre mir Vasily lieber als Kirill, dies aber nur ganz subjektiv. Die Fennoskandinavier Dausgaard und Salonen, evtl. auch Schønwandt, würde ich durchaus als mögliche Kandidaten betrachten.


    Nelsons und Gatti sind vermutlich (im zweiten Falle hoffentlich) aus dem Rennen (Ersterer nahm sich ja selber bereits heraus). Die Wahl Thielemanns kann ich mir letztlich auch nicht wirklich vorstellen, es sei denn, man will ein so schmales Repertoire wie noch nie. Paavo Järvi als designierter Chefdirigent des NHK Symphony Orchestra in Tokio dürfte ebenfalls eher ausfallen.


    Die "letzten großen Alten" dürften aus Alters- bzw. gesundheitlichen Gründen ausscheiden. Blomstedt, Haitink, Masur, Prêtre, Roschdestwenskij sehe ich darunter. Muti und Tilson Thomas wären noch eher denkbar, aber besonders Letzterer scheint doch kaum mehr gewillt zu sein, San Francisco zu verlassen.


    Glaubt man Gerüchten, dann soll es tatsächlich Dudamel werden, was ich aus denselben Gründen wie Du, lieber Caruso, eher mit Vorbehalten betrachte.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Wenn es um eine vergleichbar hohe stilistische Kompetenz für das sehr breite Repertoire geht, das Rattle abdecken konnte, dann sehe ich eigentlich niemanden, der ihn da voll ersetzen könnte.
    Da er nun aber geht, muss die Frage ja geklärt werden.


    Für mich fiele die Wahl klar auf Kent Nagano.
    Ich wundere mich, dass ihn hier niemand sonst nennt.


    Von der Moderne über die Romantik (ein hervorragender Wagner-Dirigent) bis zur Wiener Klassik halte ich ihn für enorm gut. Wenn es um die Barockmusik geht, traue ich ihm eine Offenheit, Geschmack und Musikalität zu, auch das zu bewältigen und daran zu wachsen.
    Zu alt ist er auch nicht.


    Bei Thielemann ist das Repertoire etwas enger. Allerdings hat dieser mit seinen Wiener Beethovenaufnahmen wirklich eine hervorragende Visitenkarte abgegeben. Ihn sähe ich dort auch sehr gerne.



    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Die Wahl Thielemanns kann ich mir letztlich auch nicht wirklich vorstellen, es sei denn, man will ein so schmales Repertoire wie noch nie.

    Sorry, aber diese (auch von vielen anderen häufig nachgebetete) Aussage halte ich für groben Unfug! Thielemann kann erstens nahezu das gesamte klassisch-romantische Kernrepertoire abdecken (von Haydn und Mozart über Beethoven, Schubert, Schumann, Bruckner, Brahms und Tschaikowsk bis hin zu Strauss, Pfitzner, Hindemith, Debussy, Ravel usw. usw.) und hat zudem auch einige Schwerpunkte bezüglich zeitgenössischer Musik bzw. Musik des 20. Jahrhunderts (etwa Schönberg, Henze oder auch Operette),
    andererseits finde ich es mehr als ehrenwert, wenn man als Dirigent Repertoire, das man nicht mag bzw. zu dem man keinen Zugang findet, dann auch nicht dirigiert und die Finger davon zu lassen, anstatt es wegen falschen Pflichtgefühls oder der Kohle wegen doch zu dirigieren.


    Und dass die Berliner Philharmoniker deshalb ihr Repertoire verkleinern müssten, ist doch absoluter Unsinn, denn jede Konzertsaison stehen dutzende Gastdirigenten am Dirigentenpult dieses Orchesters, die dann genau das Repertoire abdecken können und sollen, das der Chef nicht abdecken kann oder will!


    Warum wird hier also immer künstlich ein Problem aufgezeigt, das gar keines ist??? :no:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Lieber Glockenton,


    Zitat

    Für mich viele die Wahl klar auf Kent Nagano. Ich wundere mich, dass ihn hier niemand sonst nennt.


    Klar, er hat einen populären Namen, aber hast Du ihn mal jemals live gehört? Während meines Schwedenjahres habe ich ihn sehr oft im Konzert gehabt, mit Repertoire von Klassik bis Moderne. Mehr als ein zwar technisch einwandfreies musizieren war das nicht. Da fehlte jeglicher persönlicher Zugang und Emotion... es war nett, aber mehr nicht. Da dies für die Berliner gewiss zu wenig ist, wundere mich ergo nicht, dass ihn an dieser Stelle keiner nennt. Und was seinen Wagner angeht, bin ich mir sicher, dass mindestens einer hier dies anders sieht :)
    Ich persönlich würde auch Järvi oder den Nordmann Salonen begrüßen. Leider ist der letztgenannte wohl zu selten Gast in Berlin, als das er tatsächlich als Kandidat angesehen werden könnte, zumal er mit dem Philharmonia momentan ein englisches Toporchester hat...


    LG
    Christian

  • Thielemann und Haydn? Ah ja. Von Mozart wüsste ich nur, dass er das Requiem mal aufgenommen hat. Was gibt es denn von Schubert? Die "Unvollendete" vielleicht? An Schumann ist er katastrophal gescheitert, nachzuhören auf seit Jahren totgeschwiegenen DG-Aufnahmen. Hat er das auch jemals live dirigiert? Von Tschaikowskij macht er etwa jedes Jahrzehnt die "Pathétique" (2002 in Amsterdam, 2012 in Berlin), nicht einmal die 5. Symphonie wäre mir bekannt. An Dvořák und Sibelius traut er sich gar nicht erst heran. Wo bleibt sein Beitrag zum Sibelius-Jahr? Gerade die 2. Symphonie müsste ihm doch eigentlich liegen. Ach ja: Er hat tatsächlich mal Mahlers Achte dirigiert, ich vergaß. Selbst sein Vorbild Hans Knappertsbusch hatte ein breiteres Repertoire, darunter Bach, Bartók, Berger, Berlioz, Bizet, Borodin, Charpentier, Cornelius, d'Albert, Dvořák, Franckenstein, Händel, Humperdinck, Komzák, Korngold, Lanner, Mahler, Mendelssohn Bartholdy, Nicolai, Paganini, Puccini, Respighi, Reznicek, Rossini, Schmidt, Sibelius, Smetana, Strawinskij, Suppé, Verdi, Weber, Weinberger, Wolf-Ferrari und Ziehrer. Also lassen wir doch mal die Kirche im Dorf. ;)

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für mich viele die Wahl klar auf Kent Nagano.
    Ich wundere mich, dass ihn hier niemand sonst nennt.


    Von der Moderne über die Romantik (ein hervorragender Wagner-Dirigent) bis zur Wiener Klassik halte ich ihn für enorm gut. Wenn es um die Barockmusik geht, traue ich ihm eine Offenheit, Geschmack und Musikalität zu, auch das zu bewältigen und daran zu wachsen.
    Zu alt ist er auch nicht.


    Ich schätze Nagano seit seiner Berliner Zeit sehr! Er hat großartige Programme gemacht und manch unvergessene Interpretation. Er ist ein Mann für intellektuell anspruchsvolle Auslegungen von Partituren und sympathisch finde ich seine Neugier und Entdeckerfreude - zumal am Rande des Kernrepertoires!


    ABER: Ich höre ihn lieber mit Milhaud, Poulenc, Messaien, Mahler, Schreker, Prokofieff oder Stravinsky als mit Schubert, Schumann, Dvorak oder Brahms. Und sein Mozart und seinen Beethoven finde ich nicht wirklich überzeugend, sein Bruckner ist vielleicht mal interessant, lässt mich aber merkwürdig kalt!
    Ob er der richtige Mann für den Chefsessel in Berlin ist, weiss ich nicht. So freue ich mich lieber darauf, dass er bald schon in Hamburg wirken wird! Da komme ich glücklicherweise ebenso leicht hin wie nach Berlin!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Also lassen wir doch mal die Kirche im Dorf. ;)

    Dann fang mal damit an! ;)


    Ich bin mir sicher, dass man mehr Komponisten aufzählen könnte, die Thielemann schon dirgiert hat, als Kna, der die letzten 20 Jahre seines Wirkens nur noch sehr wenige Komponisten dirigiert hat...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Dann sollen sie ihn doch wählen. Ich und wohl auch niemand sonst hier wird sie davon abhalten können. ;)
    Nach anfänglicher Begeisterung war meine "Thielemann-Phase" rasch vorüber. Ich finde persönlich, dass er nicht einmal bei Wagner "die" lebende Instanz ist, zu der er gerne stilisiert wird. Und das liegt nicht nur an den Gesangsleistungen.

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    – Luís de Camões

  • Eine Wahl Thielemanns wäre ein Zeichen in Richtung "Weg von der Globalisierung". Nach Furtwängler wäre nach über einem halben Jahrhundert wieder ein Deutscher an der Spitze des berühmtesten deutschen Orchesters. (Wobei Karajan als Österreicher aus deutsche Sicht sowieso in gewisser Weise ein Landsmann war) Die Wahl Thielemanns würde sicher in der internationalen Presse für Aufruhr sorgen - etwas Besseres kann man sich in diesen Tagen für die "Klassische Musik" gar nicht wünschen. Ich glaube, daß sein Repertoire ausreichend ist, zudem kann er es - so er will erweitern. Den Rest hat schon "Stimmenliebhaber zu diesem Thema gesagt. Aber EINE Frage wurde hier noch nicht gestellt - vermutlich weil sie nicht beantwortbar ist: Würde Thielemann - so er denn erfolgte - dem Ruf nach Berlin folgen wollen ?
    Und auch die interne Stimmung im Orchester ist ein unwägbarer Faktor; Welche Vorstellung hat denn das Orchester ? In welche Richtung möchte man gehen ? Hat man die Modernisierung unter Rattle genossen, oder war es ein Zwang, dem man folgte ? Meist atmet ja so ein Orchester auf, wenn der Chefdirigent es verlässt - und hofft auf bessere Zeiten.
    In Sachen "öffentliches Interesse" und "nationales Selbstbewusstsein" könnte ich mir derzeit keinen besseren vorstellen als Thielemann. Musikalisch ist er sowieso über jeden Zweifel erhaben.
    Immerhin haben wir noch genügend Zeit für Spekulationen bis zur endgültigen Entscheidung...


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Sorry, aber diese (auch von vielen anderen häufig nachgebetete) Aussage halte ich für groben Unfug! Thielemann kann erstens nahezu das gesamte klassisch-romantische Kernrepertoire abdecken (von Haydn und Mozart über Beethoven, Schubert, Schumann, Bruckner, Brahms und Tschaikowsk bis hin zu Strauss, Pfitzner, Hindemith, Debussy, Ravel usw. usw.) und hat zudem auch einige Schwerpunkte bezüglich zeitgenössischer Musik bzw. Musik des 20. Jahrhunderts (etwa Schönberg, Henze oder auch Operette),
    ..
    Warum wird hier also immer künstlich ein Problem aufgezeigt, das gar keines ist??? :no:


    Lieber, hochgeschätzter Stimmenliebhaber,


    ich finde nachvollziehbar und ehrenwert, dass Du dem Argument entgegentrittst, Thilemann habe ein zu enges Repertoire, um als Kandidat wirklich erste Wahl zu sein. Aber ist es auch fair gegenüber Joseph II ? ?


    Ich hatte ja auch gesagt, dass für mich Thielemann ein Kandidat sei - wegen des engen Repertoires - aber eben doch mit Einschränkungen.
    Natürlich weiss ich, was er so alles im Laufe der Zeit dirgiert hat! Bei meiner Bemerkung aber ging es nicht darum, ob er dies oder das auch dirigieren kann! Natürlich kann er! Ich habe ihn selbst mit Bach, Haydn und Mozart, Schubert und Schumann gehört. Ich würde aber sagen, dass sich mir nicht vermittelt hat, dass er zu den jeweiligen Werken dieser Komponisten etwas zu sagen hatte. Und darum war es mir ja bei meiner Argumentation gegangen. Ich denke, der Chef "ein Dirigent," sein sollte "der in einem möglichst breiten Repertoire etwas zu sagen hat"! Das sehe ich bei Thielemann eher nicht. Er hat etwas zu sagen zu Wagner und Brahms, Bruckner und Strauss, meinetwegen auch zu Reger und Pfitzner. Ganz sicher auch zu Debussy und Ravel! Vor allem zu Puccini!!!! Aber wirklich breit ist das so abgesteckte Repertoire doch wirklich nicht! Oder?


    Nichts für ungut! Du hast schon Recht: man sollte nicht immer allzu leichtfertig nachplappern ohne zu prüfen und nachzudenken!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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